Gerhard Schick

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Gerhard Schick (2014)

Gerhard Schick (* 18. April 1972 in Hechingen) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (Bündnis 90/Die Grünen) und Volkswirt. Er war von 2005 bis 2018 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit Juli 2018 ist er Vorstand des Vereins Bürgerbewegung Finanzwende, der sich für eine nachhaltige Finanzwirtschaft einsetzt.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abitur 1991 am Gymnasium Hechingen leistete Schick seinen Zivildienst ab und absolvierte ab 1992 ein Studium der Volkswirtschaftslehre in Bamberg, Madrid und Freiburg im Breisgau, welches er 1998 als Diplom-Volkswirt beendete. Anschließend war er bis 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Walter Eucken Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, von 2001 bis 2004 bei der Stiftung Marktwirtschaft in Berlin und danach Projektmanager bei der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh. 2003 erfolgte seine Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität Freiburg mit der Arbeit Doppelter Föderalismus in Europa – eine verfassungsökonomische Untersuchung.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerhard Schick (2010)
Schick mit Jürgen Trittin im Bundestagswahlkampf 2009

Schick wurde 1996 Mitglied bei den Grünen. Er war von 2000 bis 2001 Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Finanzen der Grünen in Baden-Württemberg und war von April 2001 bis September 2007 Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Finanzen von Bündnis 90/Die Grünen. Schick war von 2008 bis 2018 im Parteirat der Grünen vertreten. Im November 2008 wurde er mit sechs Stimmen Vorsprung vor Fritz Kuhn in den Parteirat gewählt und im November 2012 mit dem zweitbesten Ergebnis der männlichen Kandidaten (nach Jürgen Trittin) erneut in den Parteirat gewählt. 2018 schied er aus dem Gremium aus.[2]

Zwischen 2005 und 2018 war er Mitglied des Deutschen Bundestages und war zunächst Leiter der Arbeitsgemeinschaft „Wirtschaft und Arbeit“ der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Im September 2007 wurde er zum finanzpolitischen Sprecher seiner Fraktion gewählt. Er war stellvertretender Vorsitzender des Finanzausschusses und stellvertretendes Mitglied des Haushaltsausschusses. Weiterhin war er Mitglied im Parlamentarischen Finanzmarktgremium, welches das Banken-Rettungspaket des Bundes überwacht.[3]

Gerhard Schick war 2015 als einer von zehn grünen Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg von Platz 4 über die Landesliste Baden-Württemberg in den Bundestag eingezogen.[4] In dieser Legislaturperiode war er Mitinitiator des Untersuchungsausschusses zu den Cum-Ex-Geschäften, der auf Bestreben der Grünen und Linken eingesetzt wurde.[2]

Zum 31. Dezember 2018 legte er sein Bundestagsmandat nieder, um sich auf die Arbeit in seinem neu gegründeten Verein Bürgerbewegung Finanzwende zu konzentrieren;[5] für ihn rückte Gerhard Zickenheiner nach.[6]

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahlkampfplakat zur Bundestagswahl 2013

Schick ist hauptsächlich in den Bereichen Finanzmärkte, Wirtschaft und Steuern aktiv. Im Zuge der Eurokrise setzte er sich für einen europäischen Fonds zur Restrukturierung des Bankwesens ein.[7][8] Zur Bewältigung der Eurokrise forderte Schick 2012 unter anderem einen Altschuldenfonds.[9] Zudem war er einer der Initiatoren für einen Sonderparteitag von Bündnis 90/Die Grünen zur Eurokrise.[10]

2010 veröffentlichte Schick zusammen mit dem grünen Parteivorsitzenden Cem Özdemir ein Papier, das eine drastische Umverteilung zugunsten der unteren und mittleren Einkommen in Deutschland fordert.[11] Schick ist zudem aktiv in den Bereichen des Verbraucherschutzes bei Finanzprodukten,[12] des Steuervollzugs,[13] der Geldwäsche[14] und der Steuerhinterziehung.[15] Das ausgehandelte Steuerabkommen Deutschlands mit der Schweiz lehnt er ab.[16][17]

Schick unterstützte zahlreiche Initiativen zur Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren im Steuerrecht.[18][19]

Schick ist Mitverfasser des 2012 von mehreren grünen Politikern katholischen Glaubens formulierten Papiers Echter Aufbruch, in dem die Einführung einer „Kultursteuer nach italienischem Vorbild“ gefordert wird, die alle Menschen an eine gemeinnützige Institution ihrer Wahl entrichten müssen.[20] Eine solche Abgabe, in manchen Medien als „Zusatzsteuer für Konfessionslose“ kritisiert,[21] hatten Juristen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) schon 2007 als „verkappte Staatsfinanzierung“ und daher mit Artikel 140 des Grundgesetzes unvereinbar bezeichnet.[22] Alexander Marguier kritisierte die Idee in einem Artikel der Zeitschrift Cicero als „allgemeine Kirchenaustritts-Verhinderungssteuer“.[23] Auch innerhalb der eigenen Partei gab es Kritik am Positionspapier.[24]

In seinem Buch Machtwirtschaft – nein danke! Für eine Wirtschaft, die uns allen dient plädiert Schick dafür, das Ökonomische im Interesse einer menschenwürdigen Ordnung zu begrenzen. Er wirbt u. a. für ein neues „Progressive Movement“ in Deutschland und Europa nach US-amerikanischem Vorbild.[25][26]

Schick gehörte als zivilgesellschaftlicher Vertreter dem Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung an,[27] der im Februar 2021 seinen Abschlussbericht vorgelegt hat.[28]

Gerhard Schick ist Vorstand des im Juli 2018 in Berlin gegründeten Vereins Bürgerbewegung Finanzwende.

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • mit Lüder Gerken & Jörg Märkt: Internationaler Steuerwettbewerb. Mohr Siebeck, Tübingen 2000, ISBN 3-16-147457-0
  • Doppelter Föderalismus in Europa. Eine verfassungsökonomische Untersuchung. Lang, Frankfurt [u. a.] 2003, ISBN 3-631-50858-1
  • (Hrsg.): Veranlagung – Abgeltung – Steuerfreiheit. Besteuerung von Kapitalerträgen im Rechtsstaat. Stiftung Marktwirtschaft, Berlin 2003, ISBN 3-89015-090-X
  • (Hrsg.): Wirtschaftsordnung und Fundamentalismus. Stiftung Marktwirtschaft, Berlin 2003, ISBN 3-89015-092-6
  • mit Elmar Sing: Wertorientierung und Unternehmertum – Überlegungen zu einer grünen Wirtschaftspolitik. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2005; lag-wirtschaft-nrw.de (PDF; 156 kB)
  • Machtwirtschaft – nein danke!. Campus Verlag, Frankfurt 2014, ISBN 978-3-593-39926-3
  • Die Bank gewinnt immer. Wie der Finanzmarkt die Gesellschaft vergiftet. Campus, Frankfurt am Main und New York 2020, ISBN 978-3-593-51275-4.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gerhard Schick – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Anne Seith: Ex-Abgeordneter Schick. Warum ein Politiker glaubt, er könne als Nichtpolitiker mehr bewirken. In: Der Spiegel. Nr. 4, 2019 (online).
  2. a b Bundestag untersucht Dividendentrick. In: Spiegel Online Wirtschaft. 19. Februar 2016, abgerufen am 3. September 2020.
  3. Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen – Mitgliedschaften und Ämter im Bundestag. (Memento vom 19. Januar 2015 im Internet Archive) Bundestag; abgerufen am 16. Februar 2015.
  4. Landesgruppe im Bundestag Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg; abgerufen am 16. Februar 2015
  5. Hannes Koch: Gerhard Schick legt sein Mandat nieder, Mannheimer Morgen, 13. September 2018.
  6. Wie geht es weiter nach Gerhard Schicks Ausscheiden aus dem Bundestag? In: swr.de. 13. September 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 13. September 2018;.
  7. Schuldenkrise in Griechenland: Banken als Bremsklotz, Tagesspiegel, 3. Juni 2011, abgerufen am 28. Juni 2012.
  8. Gerhard Schick: Spanien im Fokus der Finanzmärkte – was hilft? (PDF) 24. Mai 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Januar 2012; abgerufen am 28. Juni 2012 (Positionspapier).
  9. Grüne warnen vor falschem Optimismus, Handelsblatt, 19. Juni 2012, abgerufen am 28. Juni 2012.
  10. Grünen-Finanzpolitiker für Euro-Sonderparteitag. Welt Online, 31. Mai 2012; abgerufen am 28. Juni 2012.
  11. Grüne fordern massive Umverteilung. sueddeutsche.de, 17. November 2010; abgerufen am 28. Juni 2012.
  12. Entschließungsantrag zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts. (PDF; 98 kB) Bundestags-Drucksache 17/4723; abgerufen am 28. Juni 2012.
  13. Laxe Steuerprüfung: Millionäre bevorzugt. sueddeutsche.de, 4. März 2011; abgerufen am 28. Juni 2012.
  14. Boom bei Spielhallen – Leichtes Spiel für Geldwäscher. (Memento vom 22. April 2014 im Internet Archive; PDF; 53 kB) Frontal 21, 16. August 2011; abgerufen am 28. Juni 2012.
  15. Bundestagsrede zur Aktuellen Stunde „Steuerhinterziehung“, 26. April 2012 (Memento vom 3. April 2016 im Internet Archive), abgerufen am 28. Juni 2012.
  16. Gerhard Schick: Steuerflucht gemeinsam bekämpfen. (PDF) 23. Januar 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 3. Januar 2013; abgerufen am 28. Juni 2012 (Positionspapier).
  17. G. Schick, F. Bausch, W. Kogler: Die bilateralen Abkommen mit der Schweiz untergraben die Anstrengungen der EU-Länder. In: Süddeutsche Zeitung. 23. Januar 2012.
  18. Antrag zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft vollenden, Drucksache 16/497 (PDF) abgerufen am 14. Februar 2015.
  19. Antrag zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerinnen mit Ehegatten im Bereich des Abstammungsrechts und beim Zugang zu reproduktionsmedizinischen Leistungen, Drucksache 17/7030 (PDF; 129 kB) abgerufen am 14. Februar 2015.
  20. Echter Aufbruch – Ein Beitrag zum Dialog in der Katholischen Kirche, online unter „Der Geist Gottes wohnt in uns“ (1. Korinther 3.16) (Memento vom 22. Mai 2012 im Internet Archive) (PDF; 124 kB) josef-winkler.de, 13. Mai 2012; abgerufen am 16. Mai 2012.
  21. Grüne wollen Konfessionslose mit „Kultursteuer“ belegen. Heise, 16. Mai 2012
  22. Alternativen zur Kirchensteuer. (Memento vom 9. Mai 2012 im Internet Archive) ekd.de; abgerufen am 16. Mai 2012.
  23. Kirchen-GEZ für alle? Cicero; abgerufen im Februar 2021
  24. Ulrike Winkelmann: Katholiken gegen Säkulare. In: die Tageszeitung. 16. Mai 2012, abgerufen am 7. November 2022.
  25. Debatte zur Wirtschaftspolitik: Ludwig Erhards linker Erbe. Spiegel Online; abgerufen am 12. Februar 2015
  26. Ungesunde „Machtwirtschaft“ wächst heran. (Memento vom 16. Februar 2015 im Internet Archive) Norddeutscher Rundfunk online; abgerufen am 12. Februar 2015
  27. Mitglieder. In: Sustainable-Finance-Beirat. Abgerufen am 15. März 2021 (deutsch).
  28. Publikationen. In: Sustainable-Finance-Beirat. Abgerufen am 15. März 2021.