Grüner Bund

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Vihreä liitto
Gröna förbundet
Grüner Bund
Partei­vorsitzende Sofia Virta[1]
General­sekretärin Anna Moring[1]
Stellvertretende Vorsitzende Oras Tynkkynen
Silja Keränen
Bella Forsgrén[1]
Gründung 1987
Hauptsitz Fredrikinkatu 33 A
FIN - 00120 Helsinki
Ausrichtung Grüne Politik
Linksliberalismus
Farbe(n) Grün
Sitze Eduskunta
13 / 200 (6,5 %)
Mitglieder­zahl 8.079 (2023)[2]
Internationale Verbindungen Global Greens
Zentrumsgruppe
Sitze EU-Parlament
3 / 14 (21,4 %)
Europapartei Europäische Grüne Partei (EGP)
EP-Fraktion Die Grünen/Europäische Freie Allianz (Grüne/EFA)
Website www.vihreat.fi
Wahlkampfstand der Grünen 2011 in Helsinki, Iso Roobertinkatu.

Der Grüne Bund (finnisch Vihreä liitto, auch Vihreät, „Die Grünen“, kurz Vihr.; schwedisch Gröna förbundet) ist der Name der grünen Partei in Finnland. Im Jahr 1987 zunächst als eingetragener Verein gegründet, wandelte sie sich 1988 in eine politische Partei um und fasste mehrere soziale Bewegungen zusammen: Neben Anhängern der Umweltbewegung und „alternativer Gegenkulturen“ sammelte sie Menschen, die sich für Frieden, Menschenrechte, Gleichstellung von Frauen und Kindern, Behinderten und LGBT einsetzen. Neben Fragen des Umweltschutzes spielen deshalb auch der Minderheitenschutz sowie die Stärkung demokratischer Strukturen eine wichtige Rolle in den Parteiaktivitäten. Neue Formen der Mitbestimmung und ein enger Kontakt zur Zivilgesellschaft werden angestrebt.

In den großen Städten und deren Umland ist die Unterstützung für die Grünen am stärksten. In Helsinki sind sie mit einem Wähleranteil von 23,5 % stärkste Kraft.[3] Im finnischen Parlament ist das Bündnis seit 1983 vertreten. Ins Europäische Parlament konnten 2009 zwei Abgeordnete entsendet werden, 2014 eine Abgeordnete und 2019 wieder zwei.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursprünge der Grünen reichen zu den Protesten in Koijärvi und der Helsinki-Bewegung in den 1970er und 80er Jahren zurück. Zahlreiche Gründungsmitglieder waren bereits bei diesen Protesten aktiv, und von den heutigen Parteipersönlichkeiten haben Osmo Soininvaara, Pekka Sauri und Heidi Hautala dort ihre politische Sozialisation erfahren. An den Parlamentswahlen von 1983 nahm die Umweltbewegung ohne feste Organisation teil und erzielte zwei Mandate mit Kalle Könkkölä und Ville Komsi.

Mitte der 1980er Jahre wuchs der Wunsch und die Notwendigkeit, eine festere Organisationsstruktur zu finden. 1987 wurde der Grüne Bund als Dachorganisation noch ohne Parteiambitionen gegründet. Nachdem eine fundamentalistische Abspaltung eine eigene Partei gebildet hatte, führte dies 1988 zur Umwandlung des Grünen Bundes in eine politische Partei. Obwohl viele Fundis schließlich zum Grünen Bund zurückkehrten, führte der Streit zu einer Wahlniederlage bei der Kommunalwahl 1988.

Die Partei stabilisierte sich Anfang der 1990er Jahre und erzielte Erfolge bei der Parlamentswahl 1991 und den Kommunalwahlen 1992. Infolge der wirtschaftlichen Depression rückten wirtschaftliche und soziale Fragen stärker in den Mittelpunkt. Das grüne Parteiprogramm erfuhr daraufhin thematische Erweiterungen.

Obwohl die Grünen bei der Parlamentswahl 1995 leichte Verluste hinnehmen mussten, traten sie der sogenannten Regenbogenkoalition unter Führung des Sozialdemokraten Paavo Lipponen bei. Pekka Haavisto wurde Umweltminister und somit der erste grüne Minister in Westeuropa und der zweite in der Welt.[4][5] Nach der Wahl 1999 erhielten die Grünen einen weiteren Ministerposten. Aus Protest gegen die Einleitung des Genehmigungsverfahrens für ein fünftes Atomkraftwerk verließen die Grünen jedoch bald darauf die Regierung. Die Parlamentswahl von 2003 war für die Grünen erfolgreich, sie blieben jedoch in der Opposition. Nach der Wahl 2007 besetzten sie die Ministerposten für Justiz (Tuija Brax) und Arbeit (2007–09 Tarja Cronberg, 2009–11 Anni Sinnemäki). Im Kabinett Katainen stellten die Grünen seit der Wahl 2011 zwei Minister: Heidi Hautala (im Oktober 2013 von Pekka Haavisto abgelöst) übernahm das Ressort Internationale Entwicklung im Außenministerium, der damalige Parteichef Ville Niinistö wurde Umweltminister. Unter Katainens Nachfolger Alexander Stubb verließen die Grünen Ende September 2014 die Regierung, nachdem sich das Kabinett Stubb mehrheitlich für den Bau eines neuen Kernkraftwerkes ausgesprochen hatte.

Klimadebatte und Atomenergie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfangs forderten die Grünen als Teil der Anti-Atomkraft-Bewegung die Abschaffung der Kernenergie in Finnland. Das Grundsatzprogramm von 2012 enthält die Forderung, die finnischen Atomkraftwerke „so schnell wie möglich“ abzuschalten. Angesichts des Klimawandels und der Folgen der globalen Erwärmung nahm der Parteitag im Juni 2018 mit großer Mehrheit einen Antrag an, der es ermöglichen soll, „gute Kraftwerksprojekte“ mitzutragen. Damit soll die CO2-Bilanz in Ordnung gehalten werden, um die ehrgeizigen Klimaziele erreichen zu können. Am Atomausstieg als langfristigen Ziel hat man jedoch festgehalten.[6] Im Mai 2022 sprach sich die Partei für den Ausbau der Atomkraft aus. So wurde eine Reform des Atomenergiegesetzes ins Parteiprogramm aufgenommen, die den Bau sogenannter Small Modular Reactors (SMR) ermöglichen soll.[7][8]

Parteivorsitzende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahlergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Parlamentswahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahlergebnisse bei Parlamentswahlen
1,47 %
4,03 %
6,82 %
6,52 %
7,27 %
8,01 %
8,46 %
7,25 %
8,53 %
11,50 %
7,04 %
1983 1987 1991 1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019 2023
Jahr Abgeordnete Stimmen Prozent
1983 02 043.754 01,47 %
1987 04 115.988 04,03 %
1991 10 185.894 06,82 %
1995 09 181.198 06,52 %
1999 11 194.846 07,27 %
2003 14 223.564 08,01 %
2007 15 234.429 08,46 %
2011 10 213.172 07,25 %
2015 15 253.102 08,53 %
2019 20 353.654 11,50 %
2023 13 217.795 07,04 %

Kommunalwahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Kommunalwahl 2017 konnte die Partei ihren Stimmenanteil auf 12,5 Prozent erhöhen. Dies wurde euphorisch als ein Spitzenergebnis im weltweiten Vergleich gefeiert.[9][10][11] Der Anteil der grünen Mitglieder in den Gemeinderäten steigerte sich landesweit von 3,3 % auf 5,9 %.

Wahlergebnisse bei Kommunalwahlen
2,83 %
2,34 %
6,94 %
6,28 %
7,72 %
7,37 %
8,94 %
8,54 %
12,5 %
10,6 %
1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2017 2021
Jahr Ratsmitglieder Stimmen Prozent
1984 101 076.441 02,83 %
1988 094 061.581 02,34 %
1992 343 184.787 06,94 %
1996 291 149.334 06,28 %
2000 338 171.707 07,72 %
2004 314 175.933 07,37 %
2008 370 227.999 08,94 %
2012 323 213.100 08,54 %
2017 534 320.235 12,5 %0
2021 433 259.104 10,6 0%

Europawahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Abgeordnete Stimmen Prozent
1996 1 170.670 07,59 %
1999 2 166.786 13,43 %
2004 1 172.844 10,43 %
2009 2 206.439 12,40 %
2014 1 161.263 09,33 %
2019 2 292.892 16,00 %

Präsidentschaftswahlen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Kandidat Stimmen Prozent Platzierung
2000 Heidi Hautala 0.100.740 3,3 % 5.
2006 Heidi Hautala 0.105.248 3,5 % 4.
2012 Pekka Haavisto 0.574.275
1.077.425
18,76 %
37,41 %
2.
2.
2018 Pekka Haavisto 0.370.823 12,4 %0 2.
2024 Pekka Haavisto 836.357

1 476 634

25,8 %

48,4 %

2.

2.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Tynkkynen, Keränen ja Forsgrén vihreiden varapuheenjohtajiksi (finnisch) Iltasanomat, abgerufen am 10. Juni 2023
  2. Yli 4 700 vihreää antoi äänensä puheenjohtajavaalissa (finnisch) Helsingin Sanomat, abgerufen am 10. Juni 2023
  3. Offizielles Ergebnis der Parlamentswahl 2019 für den Wahlkreis Helsinki Finnisches Justizministerium (finnisch, englisch, schwedisch).
  4. [1]
  5. [2]
  6. Freddi Wahlström: Analys: De gröna vill gärna ha ett enigt parti yle.fi (schwedisch), 6. September 2018, abgerufen am 21. Oktober 2018.
  7. Parteiprogramm 2023–2027 – Vihreiden poliittinen tavoiteohjelma 2023–2027 (finnisch)
  8. Finnlands grüne Atomfreunde - Die Zeit, 23. Juni 2022
  9. Niinistö zum Wahlergebnis der Grünen: „Eins der stärksten Ergebnisse der Weltgeschichte!“ (auf Finnisch): Tämä on yksi maailmanhistorian kovimpia tuloksia, mitä vihreät ovat koskaan tehneet missään päin maailmaa. („Dies ist eins der stärksten Ergebnisse, die Grüne je irgendwo in der Welt erreicht haben.“)
  10. Offizielle Wahlergebnisse (auf Englisch)
  11. Schlappe für Rechtspopulisten. taz.de, 10. April 2017.