Wohnplatz

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Ein Wohnplatz ist in der Siedlungsgeographie und Demographie eine räumlich geschlossene, dauernd bewohnte Ansiedlung. Darüber hinaus wird der Begriff je nach Fachgebiet und Verwaltungseinheit auf kommunaler oder Länderebene abweichend von der rein siedlungsgeographischen Definition verwendet.

Arten von Wohnplätzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Amtliche Ortsverzeichnisse – meist Wohnplatzverzeichnis genannt – unterscheiden Wohnplätze nach Art, wobei folgende Bezeichnungen vorkommen:

  • Dorf geschlossene Ansammlung von Häusern und Höfen, in der Regel mit entsprechender Infrastruktur (z. B. Kirche, Gasthaus, Laden); das Dorf kann eine eigenständige politische Gemeinde oder Teil einer Gemeinde (bzw. Stadt) sein; zu einem Dorf können weitere Wohnplätze der nachfolgend genannten Formen gehören. In Bayern wird unterschieden zwischen Dorf, Kirchdorf und Pfarrdorf.
  • Weiler; geschlossene Siedlung ohne wesentliche Infrastruktur; ein Weiler gehört in der Regel zu einem benachbarten Dorf oder einer Stadt.
  • Siedlung; planmäßig angelegte Gruppe von Häusern oder Höfen (z. B. Neubausiedlung), in der Regel am Rande oder außerhalb eines Ortes und keine eigene Gemeinde.
  • Häusergruppe oder Hofansammlung; Siedlung, die nur aus wenigen Häusern oder Höfen besteht, ähnlich einem Weiler
  • Einöde; in Bayern gebräuchliche Bezeichnung für eine Siedlung mit ein oder zwei Wohngebäuden.[1]
  • Einzelhaus; alleinstehendes Haus (Mühle, Forsthaus, Gaststätte, Etablissement) oder Hof (Einsiedlerhof), auch so genannte Aussiedlerhöfe.
  • Schloss, Burg, Rittergut; allgemein bewohnte Adelssitze in historischen Wohnplatzverzeichnissen.

Regionale Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Baden-Württemberg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Wohnplatz wird jeder räumlich abgegrenzte, besonders benannte und dauernd bewohnte Ort bezeichnet, insbesondere auch Hauptorte von Gemeinden. Beispielsweise klassiert das 1952 erschienene Wohnplatzverzeichnis von Württemberg-Baden[2] die Wohnplätze in folgende Gruppen: Stadt (genauer: Hauptort einer Gemeinde mit der Bezeichnung „Stadt“), Pfarrdorf, Dorf, Pfarrweiler, Weiler, Schloss, Höfe, Häuser, Hof, Haus.

Die baden-württembergische Gemeindeordnung (GemO)[3] verwendet das Wort Wohnplatz nicht. Jedoch dienen Wohnplätze vielfach als Grundlage für die Definition folgender kommunalrechtlicher Einheiten, deren Abgrenzung und Benennung in der Hauptsatzung der jeweiligen Gemeinde geregelt ist:

Brandenburg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Begriff Wohnplatz werden in Brandenburg Siedlungen und Siedlungsteile erfasst, die weder Ortsteile gemäß § 45 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) sind, noch als Gemeindeteil in der Hauptsatzung der Gemeinde benannt werden. Wohnplätze sind historisch gewachsen.[4]

Nordrhein-Westfalen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Wohnplatz werden abweichend von der rein siedlungsgeographischen Definition mancherorts räumlich geschlossene, dauernd bewohnte Ansiedlungen bezeichnet, die ein politisch unselbstständiger statistischer Teil einer Gemeinde sind. Nur einige wenige Städte in NRW verwenden gemäß der örtlichen Hauptsatzung diesen Begriff und bezeichnen Untereinheiten ihrer Statistische Bezirke unabhängig von der Siedlungsgeschichte als Wohnplatz. Beispiele sind Neuss und Hennef sowie bis 2015 in Bergisch Gladbach.[5][6]

Sachsen-Anhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geoinformationsbehörde des Landes Sachsen-Anhalt, das Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt (LVermGeo) nutzt den Begriff in amtlichen Kartenwerken zur Kennzeichnung von Siedlungen, welche nicht als Ortsteil oder höher einzustufen sind.[7] Im Landesrecht wird die Bezeichnung Wohnplatz nicht verwandt.

Archäologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Archäologie, besonders in Norddeutschland, wird Wohnplatz manchmal als Synonym für Fundstelle oder Siedlung benutzt, so der „Wohnplatz von Hohen Viecheln“.[8] Anwesenheit oder Anzahl der Gebäude ist hier nebensächlich. So hat Duvensee Wohnplatz 13 als einzige Struktur eine Feuerstelle, die Funde belegen die kurzfristige Anwesenheit einer Person, die hier nicht einmal mit Sicherheit übernachtete.[9] Bokelmann verwendet daher auch den neutraleren Ausdruck „Lagerplatz“ (Speicher).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bayerisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand am 1. Oktober 1964 mit statistischen Angaben aus der Volkszählung 1961. Heft 260 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München 1964, DNB 453660959, OCLC 230947413, Abschnitt I, S. 3* (Digitalisat).
  2. Württembergisches Statistisches Landesamt (Hrsg.): Staatshandbuch für Württemberg-Baden. Wohnplatzverzeichnis. Teil Nordwürttemberg. Kohlhammer, Stuttgart 1952.
  3. Gemeindeordnung für Baden-Württemberg in der Fassung vom 24. Juli 2000
  4. Wohnplätze | Service Brandenburg. Abgerufen am 15. Februar 2022.
  5. neuss.de: Die Bevölkerung in den Wohnplätzen der Stadt Neuss am 1. Januar 2008 (Memento vom 20. September 2011 im Internet Archive) (PDF; 23 kB)
  6. Wohnplatzverzeichnis der Stadt Hennef. Abgerufen am 3. August 2017.
  7. Sachsen-Anhalt-Viewer des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (Hinweise)
  8. Ewald Schuldt: Hohen Viecheln, ein mittelsteinzeitlicher Wohnplatz in Mecklenburg. (= Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte. Band 10). Akademie-Verlag, Berlin 1961.
  9. Klaus Bokelmann: Rast unter Bäumen. Ein ephemerer mesolithischer Lagerplatz aus dem Duvenseer Moor. (= Offa 43). 1986, S. 149–163.