Hans Max von Aufseß

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Burg Oberaufseß

Hans Max Freiherr von Aufseß (geboren am 4. August 1906 in Berchtesgaden; gestorben am 22. November 1993) war ein Schriftsteller, der bevorzugt zu Themen der fränkischen Kulturgeschichte publizierte. Der Großneffe von Hans Freiherr von und zu Aufseß, dem Gründer des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, lebte und schrieb auf seiner Burg Oberaufseß in Oberfranken.[1]

Von Aufseß studierte Rechts- und Forstwissenschaften und ließ sich 1934 als Anwalt in Naila nieder. Im Zweiten Weltkrieg war von Aufseß, der gut Französisch und Englisch sprach, bei der deutschen Spionageabwehr im besetzten Paris tätig, bevor er 1942 zunächst als Stellvertreter, dann als Leiter der deutschen Zivilverwaltung auf die britischen Kanalinseln versetzt wurde.[2] Die britischen Kanalinseln waren seit Sommer 1940 von der Wehrmacht besetzt.[3] Im Rahmen seiner Tätigkeit lassen sich Hinweise auf eine moderierende Rolle von Aufseß’ finden, der bemüht war, zwischen britischer Zivilbevölkerung und deutscher Besatzung zu vermitteln und Übergriffe zu vermeiden. Dennoch kann nicht verschwiegen werden, das von Aufseß Teil eines völkerrechtswidrigen Besatzungsregimes war, das auf den Inseln auch Zwangsarbeiter unter menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigte.[4] Unter seiner Verantwortung wurden 1944 die Künstlerinnen Claude Cahun und Marcel Moore auf der Insel Jersey festgenommen. Diese hatten ihr künstlerisches Tun für den Widerstand gegen die Nazis benutzt.[5] Aufsess beschreibt in seinen Tagebüchern die beiden Festgenommenen als „zu einer unangenehmen Kategorie“ gehörend, deren Haus mit „hässlichen kubistischen Gemälden vollgestopft war“.[4]

Seine Frau Marilies von Aufseß wurde im August 1944 wegen regierungskritischer Äußerungen von der Gestapo verhaftet.[6]

In der für die deutsche Aristokratie typischen Mischung aus snobbistischem Abscheu vor dem Nazi-Parvenü und gleichzeitigem Konsens mit deren Kriegszielen und Methoden schrieb von Aufseß in seinem Essay Nürnbergs Aufstieg aus Sand - und Asche über die Stadt: „So kann es nur als einer der vielen fatalen Irrtümer Hitlers bedauert werden, dass dieser anmaßende, größte Scharlatan und Halbgebildete aller Zeiten, in Schändung des Gastrechts, das einst den deutschen Kaisern in Nürnberg gewährt worden ist, seine Paraden und Mammutgebäude der maßlosen Hybris dorthin verlegte.“[7] Derartige nach 1945 getätigte Äußerungen stehen allerdings im Gegensatz zur NSDAP-Mitgliedschaft des Freiherrn. Hans Max von Aufseß trat zum 1. Mai 1933 in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 2.524.705).[8][9] Der Freiherr war zwar kein überzeugter Nationalsozialist, teilte allerdings bis 1945 einige Grundannahmen der NS-Ideologie. Der Parteieintritt folgte vermutlich aus Opportunismus. Als gerade zugelassener Anwalt zu Beginn einer Karriere wird von Aufseß der Parteieintritt notwendig erschienen sein. Von 1945 bis 1947 war er im nordenglischen NS-Umerziehungslager Camp 18 (Featherstone Park) interniert.[10] Die dortige Umerziehung war im Fall des Freiherrn erfolgreich. Nach 1945 hat sich von Aufseß überzeugend vom Nationalsozialismus abgewendet. Eine kritische Würdigung der Tätigkeit des Freiherrn auf den Kanalinseln erschien 2020.[11]

Hans Max von Aufseß, der sich selbst häufig HMA nannte, ließ sich nach seiner Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft als Anwalt in einer Kanzleigemeinschaft zuerst in Bamberg, später in Naila nieder und war zuletzt in Coburg Generaldirektor der Herzoglichen Familienverwaltung Haus Sachsen-Coburg-Gotha. Kein Essayist des 20. Jahrhunderts hat so viel über Nürnberg, Fürth, Erlangen, Bamberg, Bayreuth, über jedes Zentrum, jede Stadt und jedes Dorf in Franken gewusst, geschrieben und in Radiosendungen vorgetragen wie Hans Max von Aufseß, „ein sprachgewaltiger Anwalt fränkischer Eigenart“.[7]

1972 wurde er mit dem Kulturpreis der oberfränkischen Wirtschaft ausgezeichnet. Der Frankenwürfel, die höchste Auszeichnung für fränkischen Humor, die von den drei fränkischen Regierungsbezirken vergeben wird, geht auf sein Buch Der Franke ist ein Gewürfelter von 1983 zurück.[7] 1986 erhielt er von den Münchner Turmschreibern den Bayerischen Poetentaler. Am 11. November 1997 wurde ihm der Frankenwürfel posthum verliehen.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bilderbogen der Britischen Kanalinseln. 1942.
  • Tagebuch aus der Okkupationszeit der britischen Kanalinseln 1943–1945, Osburg Verlag, Hamburg 2020, ISBN 978-3-95510-217-3
  • Burg Aufseß – Lebensbild einer fränkischen Ritterburg. 1956.
  • In Franken fangen sich die Winde. 1960.
  • ... hier röhrt sich was. 1962.
  • Nuremberg. in englischer Sprache; 1962.
  • Nürnberg schaut nicht mehr durch Butzenscheiben. 1963.
  • Don Quijote in Franken. 1965.
  • Zauber der Geste. 1965.
  • Fränkische Impressionen. 1966.
  • Erlangen – Das Reißbrett im Frankenland. 1966.
  • Nürnberg. 1967.
  • Eine Fränkin gewinnt Weimar. 1967.
  • Die Wendeltreppe : 20 Essays. 1968.
  • Ulrich von Hutten – Publizist und Partisan. 1970.
  • Mainfranken in Farben und Konturen. Mitautor; 1970.
  • Franken in Farben. Mitautor; 1971, ISBN 3-7991-5671-2.
  • Die Vielfalt Frankens. 1971, ISBN 3-920701-36-4.
  • Des Reiches erster Konservator : Hans von Aufseß. 1972.
  • Wunsiedels großer Auftritt im Biedermeier. 1976.
  • Burgen 1976, ISBN 3-7991-5888-X
  • Frankens offene Türen : 14 Essays. 1977, ISBN 3-920701-49-6.
  • Fränkische Impressionen. 1980, ISBN 3-920701-59-3.
  • Der Landkreis Kronach. Mitautor; 1981, ISBN 3-921615-43-7.
  • Der Franke ist ein Gewürfelter. 1983, ISBN 3-921615-52-6.
  • Romantik vor der Tür: Mit Feder und Pinsel durch die Fränkische Schweiz. 1983, ISBN 3-922716-12-1.
  • Buntgewürfeltes Oberfranken oder die Konstitution einer Konfusion. Mitautor 1984.
  • Seitensprünge. 1984.
  • The von Aufsess occupation diary, Chichester : Phillimore, 1985, ISBN 0-85033-543-4
  • Fränkische Schweiz. Mitautor, 1989.
  • Burgen. 1990, ISBN 3-7991-5888-X.
  • Meine Fränkische Schweiz. 1991.
  • Impressions of the channel Islands. 1991, ISBN 0-86120-034-9.
  • Tagebuch aus der Okkupationszeit der britischen Kanalinseln 1943–1945, hrsg. v. Tobias Arand. Hamburg: Osburg 2020. ISBN 978-3-95510-217-3

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Ort Aufsess.
  2. Arand, Tobias: Der gute Deutsche von Jersey? Hans Max Freiherr von Aufseß und seine Tagebücher von den Kanalinseln. In: Arand, Tobias (Hrsg.): Hans Max von Aufseß. Tagebuch aus der Okkupationszeit der britischen Kanalinseln 1943–1945. 1. Auflage. Osburg, Hamburg 2020, ISBN 978-3-95510-217-3, S. 27.
  3. Zur auffallend grossen Anzahl deutscher Adliger in NS-Diensten, die die Kanalinseln verwalteten: The British Channel Islands under German Occupation 1940-1945 ISBN 978-0953885831, Abschnitt „High, high society“.
  4. a b Hans Max von Aufseß, Tagebuch aus der Okkupationszeit der britischen Kanalinseln 1943-1945, ISBN 978-3955102173.
  5. Louise Downie, Don't Kiss Me: Art of Claude Cahun and Marcel Moore, 2006, ISBN 9781854376794.
  6. http://www.mqmagazine.co.uk/issue-15/p-37.php
  7. a b c (Memento vom 1. März 2013 im Internet Archive)
  8. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/170474
  9. Arand, S. 26.
  10. Arand, S. 38 f.
  11. Arand, S. 24 ff.