Hassan Nasrallah

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Hassan Nasrallah, 2005

Hassan Nasrallah (arabisch حسن نصر الله Hasan Nasrallāh, DMG Ḥasan Naṣrallāh; * 31. August 1960 in Beirut) ist ein libanesischer Politiker. Er ist seit 1992 Generalsekretär der libanesischen Partei und Organisation Hisbollah. Nasrallah ist schiitischer Muslim.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nasrallah wurde als ältestes von neun Kindern eines Lebensmittelhändlers geboren. Seine Familie stammt aus dem Dorf Bassouriyeh im vorwiegend schiitischen Süden des Libanon.[1] Während des libanesischen Bürgerkrieges musste die Familie Beirut verlassen und an ihren Herkunftsort zurückfliehen. Dort trat Nasrallah der schiitischen Bewegung Amal bei. Während des libanesischen Bürgerkrieges widmete er sich in der Hafenstadt Tyros intensiv dem Studium des Islam, woraufhin ihm der Imam der Hauptmoschee ein Empfehlungsschreiben an den Ajatollah Muhammad Baqir as-Sadr mitgab, einen führenden Geistlichen in Nadschaf, Irak, der dort 1980 oder 1981 auf Veranlassung von Saddam Hussein ermordet wurde.

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Abschluss seiner Gymnasialausbildung ging er 1976 nach Nadschaf, um in der Hauwza (islamisch-theologische Lehranstalt auf schiitischer Grundlage) zu studieren. Außerdem studierte er im iranischen Qom. 1978 wurde er, zusammen mit Hunderten von schiitischen Studenten aus dem Libanon, von der säkularen Baath-Partei aus dem Irak ausgewiesen und kehrte in den Libanon zurück. 1982, nach dem Einmarsch Israels, folgte Nasrallah Sayyid Abbas al-Musawi und trat aus der Amal aus. Er schloss sich einer Organisation von Libanesen an, die sich Hisbollah („Partei Gottes“) nennt.

Politische Leitung der Hisbollah[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als die israelische Armee im Februar 1992 den Führer der Hisbollah, Sayyid Abbas al-Musawi, dessen Frau und seinen Sohn tötete, wurde Nasrallah mit 30 Jahren durch das Zentralkomitee der Hisbollah (madschlis asch-schura) als die neue politische Führungskraft der Hisbollah gewählt. Nach seiner Wahl zum Generalsekretär der Hisbollah änderte Nasrallah die Gründungsartikel der Organisation, welche 1985 in einem offenen Manifest veröffentlicht wurden, und ernannte sich selbst zum Führer der Bewegung auf unbestimmte Zeit.[2] Hadi, eines seiner vier Kinder, wurde 1997 im Kampf gegen Israel getötet. Sein Kommentar war dazu: „Es war gottgegeben, dass Hadi zum Märtyrer wurde.“ Im Sommer 1995 wurde Nasrallah von Ali Chamenei zu dessen Delegierten (wakil-shari) ernannt.[3]

Unter Nasrallahs Führung fand die Hisbollah teilweise auch Akzeptanz bei der christlichen Bevölkerung des Libanons. So konnte er zeitweilig weite Teile der libanesischen Gesellschaft, unabhängig von Religion oder Konfession, im Kampf gegen die damalige israelische Besatzungsmacht hinter sich stellen.[4] Er gilt daher als jener Mann, unter dessen Führung die Hisbollah nach langem Guerillakrieg Israel zu der Entscheidung veranlasste, die achtzehn Jahre andauernde Besatzung des Südlibanon durch die israelische Armee im Jahr 2000 zu beenden und sich aus dem Gebiet zurückzuziehen. Ebenfalls unter seiner Initiative erfolgte im Januar 2004 die Übergabe von einem lebenden und drei toten Israelis, woraufhin Israel 23 libanesische und etwa 400 palästinensische Gefangene entließ. Die Israelis waren im Rahmen der Operation Gehaltenes Versprechen gefangen genommen bzw. getötet worden.

Unmittelbar nachdem zu Beginn des Zweiten Libanonkrieges das Haus Nasrallahs sowie sein Büro in Beirut am 14. Juli 2006 von israelischen Kampfjets bombardiert wurde, drohte er mit einem „offenen Krieg“ gegen Israel.[5]

Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nasrallah hält zu der bedrängten Assad-Regierung in Syrien, unterstützte jedoch die tunesische, ägyptische und jemenitische Opposition, die erfolgreich die Regierungen ihrer Länder stürzen konnten.[6] Zudem wird Nasrallah, der 2016 in einer Rede sagte „Solange Iran Geld hat, haben auch wir Geld“ und immer wieder betonte, dass alle Waffen, Kleidung und Lebensmittel für die Hisbollah aus dem Iran[7] stammen würden, eine enge Beziehung zu einflussreichen Mitgliedern des iranischen Klerus nachgesagt, insbesondere Ali Akbar Mohtaschami.[8][9] Nasrallah pflegt darüber hinaus ein kritisches Verhältnis zum Königreich Saudi-Arabien und warf diesem nach der Hinrichtung des schiitischen Klerikers Nimr an-Nimr vor, im gesamten Mittleren Osten sunnitisch-schiitische Spannungen zu erzeugen.[10]

Öffentliche Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nasrallah, dessen Name „Sieg Gottes“ bedeutet, wird von seinen Anhängern nahezu kultisch verehrt. In der Öffentlichkeit tritt der Generalsekretär der „Partei Gottes“ stets in traditioneller schiitischer Kleidung und mit Turban auf. Nasrallah war im April 2012 der erste Gesprächspartner in Julian Assanges umstrittener Talkshow The World Tomorrow.[6]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hassan Nasrallah – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hassan Nasrallah im Munzinger-Archiv, abgerufen am 14. Oktober 2009 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Shimon Shapira: Hizballah’s Loyalty. In: Bustan: The Middle East Book Review. Band 4, Nr. 2, 1. Januar 2013, ISSN 1878-5301, S. 137–152, doi:10.1163/18785328-13040203 (brill.com [abgerufen am 6. August 2021]).
  3. Shimon Shapira: Hizballah’s Loyalty. In: Bustan: The Middle East Book Review. Band 4, Nr. 2, 1. Januar 2013, ISSN 1878-5301, S. 137–152, doi:10.1163/18785328-13040203 (brill.com [abgerufen am 6. August 2021]).
  4. The Christian Science Monitor: Israeli strikes may boost Hizbullah base. 28. Juli 2006.
  5. Nasrallah erklärt Israel „offenen Krieg“. in: Der Tagesspiegel. 14. Juli 2006.
  6. a b F.A.Z. am 17. April 2012: Obskurantentreff im russischen Fernsehen. Abgerufen am 5. Mai 2012.
  7. Natalie Amiri: Zwischen den Welten. Von Macht und Ohnmacht im Iran. Aufbau, Berlin 2021, ISBN 978-3-351-03880-9; Taschenbuchausgabe ebenda 2022, ISBN 978-3-7466-4030-3, S. 135 und 217.
  8. Abbas William Samii: A Stable Structure on Shifting Sands: Assessing the Hizbullah-Iran-Syria Relationship. In: The Middle East Journal. Band 62, Nr. 1, 15. Januar 2008, ISSN 0026-3141, S. 32–53, doi:10.3751/62.1.12.
  9. Shimon Shapira: Hizballah’s Loyalty. In: Bustan: The Middle East Book Review. Band 4, Nr. 2, 1. Januar 2013, ISSN 1878-5301, S. 137–152, doi:10.1163/18785328-13040203 (brill.com [abgerufen am 6. August 2021]).
  10. Augustus R. Norton: Hezbollah : a short history. Updated and expanded third edition Auflage. Princeton, New Jersey 2018, ISBN 978-1-4008-8965-5, S. 206–207.