Heidelberger Versammlung der 51

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Badischer Hof im September 2011

Die Heidelberger Versammlung der 51 (nicht zu verwechseln mit der „Heidelberger Volksversammlung“ vom 26. März 1848[1]) war ein Treffen von 51 liberalen und demokratischen Politikern, das am 5. März 1848 im Gasthaus Badischer Hof in Heidelberg stattfand und als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Frankfurter Nationalversammlung gilt.

Ablauf und Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Heidelberger Versammlung der 51, die unter dieser Bezeichnung bereits 1850 erscheint,[2] war von einigen Teilnehmern der Heppenheimer Tagung, darunter Adam von Itzstein, ausgeschrieben worden. Die Teilnehmer des Heidelberger Treffens waren im Wesentlichen süddeutsche Parlamentarier, die aber im Gegensatz zur Heppenheimer Tagung unterschiedliche politische Richtungen innerhalb der nationalstaatlich-parlamentarischen Bewegung vertraten.

In der Deutschen Zeitung veröffentlichte die Versammlung eine – in zahlreichen anderen Presseorganen nachgedruckte – Erklärung, die wesentlich dazu beitrug, dass es innerhalb von zehn Wochen zu einer von allen Wahlberechtigten, also nur Männern, gewählten verfassungsgebenden Nationalversammlung gekommen ist.[3] Der Weg dorthin führte über die von Carl Theodor Welcker angeregte Einsetzung des Heidelberger Siebenerausschusses, der die Einladungen für das Vorparlament in Frankfurt am Main organisierte. Daneben wurde eine gegen Russland und pro Frankreich gerichtete außenpolitische Stellungnahme abgegeben. Über die Ausgestaltung des angestrebten parlamentarischen Nationalstaats war die Versammlung uneins, da vor allem Struve auf eine von einem Direktorium geführte, den Vereinigten Staaten nachempfundene Sociale Demokratie pochte, während die Mehrheit der Versammlung, insbesondere Heinrich von Gagern, den Schritt in die Revolution ablehnte und sich für eine konstitutionelle Monarchie aussprach. Wenige Tage nach der Versammlung verbreitete der radikaldemokratische Agitator Joseph Fickler, dass man sich in Heidelberg „insgeheim“ über die Abschaffung der Monarchie beraten habe, und rief das Volk zur Bewaffnung auf. Dem Gerücht, in der Versammlung am 5. März sei „die Gründung einer deutschen Republik insgeheim beschlossen worden“ traten daraufhin die am Treffen in Heidelberg beteiligten Abgeordneten Bassermann, Bissing, von Itzstein, Kapp, Schmitt, von Soiron, Stößer, Welcker und Weller öffentlich entgegen.[4]

Bewertungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zeitgenössischen Auffassungen, wie die Versammlung in Heidelberg zu bewerten sei, gingen naturgemäß weit auseinander. Einerseits sah man in dem Treffen eine „Versammlung von der radicalen Partei angehörigen Ständemitgliedern aus verschiedenen deutschen Staaten“, deren in der Deutschen Zeitung veröffentlichtes Manifest „auf den Umsturz aller gesetzlichen Ordnung in ganz Deutschland“ gerichtet sei,[5] andererseits wurde sie schon früh als diejenige Veranstaltung erkannt, nach der „wie durch einen Zauberschlag, durch die Machtvollkommenheit des Volkes“ das Vorparlament mit seinem Anspruch auf den „Grundsatz der Volkssouveränität“ entstanden sei.[2] Nach Veit Valentin war die Heidelberger Tagung vom 5. März „gewissermaßen der geschichtliche Gipfelpunkt“ in einer Reihe vergleichbarer Versammlungen im Vormärz. Die von ihr herausgegebene Erklärung habe auch in der Frage der politischen Neuorganisation Gesamtdeutschlands „die völlige und entschlossene Revolution“ bedeutet.[6] Auch noch nach aktueller Einschätzung sorgte die Versammlung der 51 tatsächlich für den wohl wichtigsten Impuls Richtung Vorparlament und damit für die Entwicklung einer modernen parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten allerdings konservative Historiker darin den Beginn der „Usurpation politischer Rechte [des preußischen Königs] durch das Volk“ gesehen.[7]

Liste der Teilnehmer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicht befolgte Einladungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gustav von Mevissen – „Mit Rücksicht auf die am 2. und 3. März [1848] in Köln ausgebrochenen Unruhen erschien es Mevissen aber zu bedenklich,“ heißt es, „seine Familie zu verlassen; er blieb in Köln.“[12]

Falschzuweisungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ernst Leisler – Sowohl die Teilnehmerliste in der Deutschen Zeitung[13] als auch diejenige in der Parlaments-Chronik[14] nennen mit „Leisler, Emil, Nass.“ bzw. „Leisler, Emil, Nassauer“ nur eine Person mit Namen Leisler. Die verschiedentlich vorkommende Nennung von Emil Leislers Bruder Ernst als (diesfalls 52.) Teilnehmer der Heidelberger Versammlung der 51 wird daher auf Verwechslung mit seinem Bruder beruhen.
  • Carl Joseph Anton Mittermaier – Bei der Angabe, Mittermaier habe sich „natürlich“ unter den „51 Vaterlandsfreund(n) aus Baden, Württemberg, Bayern und Hessen“ befunden, die am 5. März 1848 „in Heidelberg sich vereinigten und den Ausschuss einsetzten, welcher das Vorparlament nach Frankfurt berief“,[15] liegt offenbar eine Verwechslung mit der „Heidelberger Volksversammlung“ vom 26. März 1848 vor, als deren Teilnehmer Mittermaier genannt wird.[16]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Erklärung der Heidelberger Versammlung vom 5. März 1848. In: Deutsche Zeitung. Nr. 67 vom 7. März 1848, S. (1) (online bei Google Books und – in besserer Qualität – online bei digipress.digitale-sammlungen.de).
  • Deutsche Parlaments-Chronik. Ein politisches Schulbuch für's Deutsche Volk. Hrsg. von Joseph Meyer. Bd. 1. Bibliogr. Institut, Hildburghausen 1848, S. 18–20 (online bei sammlungen.ub.uni-frankfurt.de).
  • Alexander Bergengrün: David Hansemann. Guttentag, Berlin 1901, S. 415 f.
  • Veit Valentin: Geschichte der deutschen Revolution 1848–1849. Bd. 1: Bis zum Zusammentritt des Frankfurter Parlaments. Ullstein, Berlin 1930, S. 375–377.
  • Ferdinand Haag: Die Universität Heidelberg in der Bewegung von 1848/49. Krauth, Eberbach a. N. 1934 (zugleich Diss. phil. Heidelberg), S. 23–25 (online bei Google Books).
  • Elisabeth Fehrenbach: Verfassungsstaat und Nationsbildung 1815–1871 (= Enzyklopädie deutscher Geschichte. Bd. 22). 2. erw. Aufl. Oldenbourg, München 2007, ISBN 978-3-486-58217-8, S. 41 f. (als Vorschau online bei Google Books).
  • Roland Hoede: Die Heppenheimer Versammlung vom 10. Oktober 1847. Kramer, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-7829-0471-0, S. 141–144.
  • Auf dem Weg zur Paulskirche. Die Heidelberger Versammlung vom 5. März 1848. Begleitband zu der Ausstellung im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg vom 5. März – 3. Mai 1998. Hrsg. von Frank Engehausen. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1998, ISBN 3-929366-81-9.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. An der „Volksversammlung“ nahmen u. a. Louis Hentges, Theobald Kerner und Carl Joseph Anton Mittermaier teil; ausdrücklich als dabei nicht anwesend werden Friedrich Hecker und Adam von Itzstein genannt: vgl. Die Volksversammlung in Heidelberg. In: Mannheimer Abendzeitung. Nr. 88 vom 29. März 1848, S. (1) f. (online bei Deutsches Zeitungsportal) und Die Heidelberger Volksversammlung. In: Aachener Zeitung. Nr. 90 vom 30. März 1848, S. (2) (online ebda.).
  2. a b Fränkischer Kurier. Jg. 17. Nr. 260 vom 17. September 1850, S. (1) unter Deutsche Staaten (online bei Google Books).
  3. Frank Lorenz Müller: Die Revolution von 1848/49. WGB Darmstadt, 2012, ISBN 978-3-534-24584-0, S. 53.
  4. Vom Bodensee. In: Deutsche Allgemeine Zeitung, 19. März 1848, S. 876 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/dea
  5. Artikel in: Mährisch-Ständische Brünner Zeitung, 17. März 1848, S. 613 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/bru
  6. Veit Valentin: Geschichte der deutschen Revolution 1848–1849. Bd. 1: Bis zum Zusammentritt des Frankfurter Parlaments. Ullstein, Berlin 1930, S. 376.
  7. Joseph Hansen: Gustav von Mevissen. Ein rheinisches Lebensbild 1815–1890. Reimer, Berlin 1906, S. 530 (online bei Google Books).
  8. Zur Person vgl. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Jg. 1894. Kohlhammer, Stuttgart 1895, S. I.61 Nr. 59.4 (online bei Google Books).
  9. Zur Person vgl. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Jg. 1894. Kohlhammer, Stuttgart 1895, S. I.61 Nr. 58.2 (online bei Google Books).
  10. Zur Person vgl. Christian Friedrich Winter. In: Rhein-Neckar-Wiki. Abgerufen am 6. September 2023.
  11. Zur Person vgl. Württembergische Jahrbücher für Statistik und Landeskunde. Jg. 1894. Kohlhammer, Stuttgart 1895, S. I.62 Nr. 63.8(online bei Google Books).
  12. Joseph Hansen: Gustav von Mevissen. Ein rheinisches Lebensbild 1815–1890. Bd. 1. Reimer, Berlin 1906, S. 519 mit Anm. 1 (online bei Google Books).
  13. Erklärung der Heidelberger Versammlung vom 5. März 1848. In: Deutsche Zeitung. Nr. 67 vom 7. März 1848, S. (1) (online bei Google Books und – in besserer Qualität – online bei digipress.digitale-sammlungen.de).
  14. Deutsche Parlaments-Chronik. Ein politisches Schulbuch für's Deutsche Volk. Hrsg. von Joseph Meyer. Bd. 1. Bibliogr. Institut, Hildburghausen 1848, S. 18–20 (online bei sammlungen.ub.uni-frankfurt.de).
  15. K. und F. von Mittermaier: Bilder aus dem Leben von K. J. A. Mittermaier. Zur fünfhundertjährigen Jubelfeier der Universität Heidelberg. Weiß, Heidelberg 1886, S. 47 (online bei Google Books).
  16. Die Volksversammlung in Heidelberg. In: Mannheimer Abendzeitung. Nr. 88 vom 29. März 1848, S. (1) f. (online bei Deutsches Zeitungsportal) und Die Heidelberger Volksversammlung. In: Aachener Zeitung. Nr. 90 vom 30. März 1848, S. (2) (online ebda.).