Heinrich Thannhauser

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Lovis Corinth: Bildnis Heinrich Thannhauser (1918), Kimbell Art Museum, Fort Worth, Texas

Heinrich Thannhauser (* 16. Februar 1859 in Hürben, heute Stadtteil von Krumbach (Schwaben); † 1934 an der deutsch-schweizerischen Grenze) war ein deutscher Galerist und Kunstsammler. Er war als Kunsthändler einer der wichtigsten Förderer der frühen expressionistischen Kunst in Deutschland.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincent van Gogh: Hügel bei Saint-Rémy (1888) aus der Sammlung J. K. Thannhauser

Die jüdische Familie Thannhauser stammte aus Mönchsdeggingen. Heinrich Thannhauser lernte zunächst den Beruf des Maßschneiders. In seiner Münchener 1904 gegründeten Modernen Galerie stellte Thannhauser zunächst die Kunstwerke französischer Impressionisten wie Édouard Manet, Edgar Degas und Paul Gauguin aus. Später kamen nicht zuletzt die Werke Pablo Picassos, der mit den Thannhausers befreundet war, und die von Georges Braque hinzu.

Katalogtitelblatt zur Picassoausstellung 1913

1909 trennte sich Thannhauser von seinem Kompagnon Franz Josef Brakl und führte die Galerie unter dem Namen Galerie Thannhauser weiter. Hier im Arco-Palais fand im selben Jahr die erste Ausstellung der Neuen Künstlervereinigung München statt. 1911 begann die Zusammenarbeit mit der Redaktionsgemeinschaft Der Blaue Reiter. Thannhauser war mit Theo van Goghs Witwe, Johanna van Gogh-Bonger, und deren Sohn Vincent befreundet, wodurch er seinen Bestand mit bedeutenden Werken erweitern konnte. 1918 ließ er sich in Berlin gleichzeitig von Lovis Corinth und von Max Liebermann malen; dem einen saß er vormittags Porträt, dem anderen nachmittags.[1]

1934 wollte Heinrich Thannhauser vor den Nationalsozialisten in die Schweiz fliehen; an der Grenze erlag er einem Schlaganfall.[2]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Sohn Justin Thannhauser, der ebenfalls zum erfolgreichen Kunsthändler avancierte, richtete Dependancen in Luzern (1919) und Berlin (1927) ein. Das Stammhaus im Arco-Palais, Theatinerstraße 7 in München, wurde 1928 aufgelöst. 1937 beschlagnahmten die Nationalsozialisten die Bestände. Justin Thannhauser emigrierte nach Paris, wo er bis 1941 eine Galerie führte, deren Bestand ebenfalls nach Besetzung durch die deutsche Wehrmacht beschlagnahmt wurde. Es gelang ihm, nach New York zu flüchten, wo er ein drittes Mal einen Neuanfang wagte. 1963 stiftete er seine private Sammlung und die seines Vaters dem Guggenheim-Museum, New York, in dem ein nach ihm benannter Raum an ihn erinnert.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eva Chrambach: Thannhauser, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 26, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-4, S. 79 (Digitalisat).
  • Mario-Andreas von Lüttichau: Die Moderne Galerie Heinrich Thannhauser in München. In: Henrike Junge (Hrsg.): Avantgarde und Publikum: Zur Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905–1933. Böhlau, Köln, Weimar, Wien 1992.
  • Thannhauser. Händler, Sammler, Stifter. Hrsg. v. Zentralarchiv des internationalen Kunsthandels e. V. ZADIK und SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn. Sediment – Mitteilungen zur Geschichte des Kunsthandels, 11. Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg 2006
  • Emily D. Bilski: Die „Moderne Galerie“ von Heinrich Thannhauser / The „Moderne Galerie“ of Heinrich Thannhauser. Sammelbilder / Collecting Images, 6. Minerva, München 2008. (Zur gleichnamigen Ausstellung. Jüdisches Museum München, 30. Januar 2008 – 25. Mai 2008.)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Annette Lettau: Zweimal an einem Tag. In: Die Zeit vom 8. Dezember 2016, S. 52.
  2. Norbert Göttler: Der Blaue Reiter, Rowohlt, Reinbek 2008, S. 59.
  3. Anja Walter-Ris: Die Geschichte der Galerie Nierendorf. Kunstleidenschaft im Dienst der Moderne, Berlin / New York 1920– 1995. Dissertation FU Berlin 2003, abgerufen am 6. März 2011.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]