Homöostase

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Homöostase (altgriechisch ὁμοιοστάσις homoiostásis, deutsch ‚Gleichstand‘) bezeichnet einen Gleichgewichtszustand eines offenen dynamischen Systems, der durch einen internen regelnden Prozess aufrechterhalten wird. Sie ist damit ein Spezialfall der Selbstregulation von Systemen. Der Begriff wird in zahlreichen Disziplinen wie zum Beispiel in der Physik, Chemie, Biologie, Ökologie, in den Wirtschaftswissenschaften, der Soziologie, der Psychologie, der Sportwissenschaften, der Medizin oder in der Rechtswissenschaft angewendet. Ein System in Homöostase ist ein Homöostat.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Konzept der Homöostase wurde um 1860 von dem Physiologen Claude Bernard beschrieben und der Begriff und seine Bezeichnung 1929 und 1932 von Walter Cannon, der damit ausdrücken wollte, wie sich der menschliche Körper bei Krankheiten oder Einwirkungen von außen selbst regulierte, und von Karl Ludwig von Bertalanffy geprägt.[1][2] Cannons Vorstellungen ähnliche Thesen formulierte bereits 1926[3] Kurt Rüdiger von Roques in seinen Konzeptionen.[4]

Biologie und Medizin[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übergeordnet
Regulation (Biologie)
Untergeordnet
Zelluläre Hom.
Multizelluläre (organ.) Hom.
Chemische Hom.
Anatomische Hom.
Hom. der Zellanzahl
Regulation der Oberflächenspannung
Gene Ontology
QuickGO

Die Biologie kennt viele Gleichgewichtszustände, deren Wahrung durch spezielle homöostatische Prozesse geschieht. Das Gleichgewicht kann innerhalb einer Zelle, eines Organs oder über einen Organismus aufrechterhalten werden. Die zu erhaltende Eigenschaft kann anatomisch, chemisch, physikalisch oder mathematisch (Zellanzahl) sein. In der Physiologie ist der Begriff der Homöostase als Konstanterhaltung eines inneren Milieus (Soll-Zustand) definiert, die durch Regelung zustande kommt.[5] Ein Beispiel dafür ist die Homöostase des Gehirns, die durch die Blut-Hirn-Schranke aufrechterhalten wird. Weitere Beispiele für körperliche Homöostasen sind:

Sozialwissenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Falle sozialer Systeme haben Niklas Luhmann, Francisco Varela und Humberto R. Maturana dafür plädiert, den Begriff Homöostase durch den Begriff Homöodynamik zu ersetzen, da die Stasis einen Stillstand und damit den Tod eines (selbstregulierenden) Systems bezeichnen würde.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jörg Martin, Jörg Hardy, Stephan Cartier (Hrsg.): Die Welt im Fluss. Fallstudien zum Modell der Homöostase. Franz Steiner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-515-08980-7.
  • Jakob Tanner: „Weisheit des Körpers“ und soziale Homöostase. Physiologie und das Konzept der Selbstregulation, in: Philipp Sarasin/Jakob Tanner (Hg.): Physiologie und industrielle Gesellschaft – Studien zur Verwissenschaftlichung des Körpers im 19. und 20. Jahrhundert Suhrkamp, Frankfurt/M. 1998, ISBN 3-518-28943-8, S. 129–169

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Homöostase – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Joachim Flechtner: Grundbegriffe der Kybernetik. Hirzel, 1972.
  2. Cornelius Borck: Die Weisheit der Homöostase und die Freiheit des Körpers. Walter B. Cannons integrierte Theorie des Organismus. In: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History. Band 11, Nr. 3, 2014, S. 472–477, doi:10.14765/zzf.dok-1469.
  3. Emil Hartmann, Kurt Rüdiger von Roques: Bromostrontiuran, ein Mittel zur Bekämpfung juckender Hauterkrankungen. In: Münchener medizinische Wochenschrift. Band 73, 1926, S. 1841–1843.
  4. Florian G. Mildenberger: Arzt, Autor, Außenseiter: Kurt Rüdiger v. Roques (1890–1966). In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 135–146, hier: S. 137.
  5. QuickGO: GO:0042592 homeostatic process
  6. Harrisons: Innere Medizin. 18. Auflage, S. 3113.