Indigenat

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Das Indigenat (Eingeborensein, Staatsangehörigkeit, Ortsangehörigkeit, Heimatrecht, vom lateinischen indigena „Eingeborener“) ist ein Rechtstitel auf die Zugehörigkeit zu einem Gemeinwesen (Gemeinde, Staat). In einigen deutschen Teilstaaten brauchten auch Pfarrer auswärtiger Herkunft bis 1871 die Indigenatserteilung, um ihr Amt antreten zu dürfen. Bis ins 19. Jahrhundert verlieh der Landesherr und in einigen Fällen auch der Rat privilegierter Städte mit dem Inkolat ähnliche Rechte,[1] vor allem die Staatsbürgerschaft an gebietsfremde Adlige, ihre Aufnahme in den einheimischen Adel und ihr Recht zum Erwerb eines Landgutes in der neuen Heimat.

Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und zunächst auch nach dessen Auflösung war die Erteilung des Indigenats in einigen Ländern Mitteleuropas, wie Preußen (Ius indigenatus), ein Prärogativ des Souveräns, in anderen, wie Polen oder Ungarn, eine Angelegenheit des jeweiligen Reichstags.

Norddeutscher Bund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Art. 3 der Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867 wurde festgelegt, dass „der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetrieb, zu öffentlichen Ämtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genuß aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist“.[2] Die Indigenate der einzelnen Bundesstaaten bestanden also fort, ein darüber stehendes Indigenat wurde noch nicht beschlossen.

Bismarcksche Reichsverfassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Bismarcksche Reichsverfassung von 1871 ersetzte die bisherigen Landesindigenate einschließlich derjenigen der hinzugekommenen süddeutschen Bundesstaaten: Nun bestand nach Art. 3 für das gesamte Deutsche Reich ein gemeinsames Indigenat.

Ostfriesisches Indigenat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ostfriesische Landschaft verleiht das Indigenat als eine Art Ehrenbürgerwürde an Nicht-Ostfriesen, die sich um Ostfriesland besonders verdient gemacht haben.[3][4]

Grundgesetz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gedanke des Indigenats ist noch immer im Art. 33 Abs. 1 GG enthalten, wonach jeder Deutsche in jedem Land der Bundesrepublik Deutschland die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten hat.

Europäisches Recht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bestimmungen zum Indigenat wurden auch in supranationales Recht der Europäischen Union aufgenommen.[5]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg von Alten: Handbuch für Heer und Flotte. Band V, Berlin 1911.
  • Deutsches Rechtswörterbuch. Band 6, Weimar 1961–1972.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Karsten Mertens: Das neue deutsche Staatsangehörigkeitsrecht: eine verfassungsrechtliche Untersuchung, Band 2 der Juristischen Reihe Tenea, Tenea Verlag, Berlin 2004, ISBN 9783865040831.
  2. Rudolf Brückner: Ueber das gemeinsame Indigenat im Gebiete des Norddeutschen Bundes. E. F. Thienemann, Gotha 1867, S. 4 (digitale-sammlungen.de).
  3. Auszeichnungen und Ehrungen. Ostfriesische Landschaft, 16. Juni 2022, abgerufen am 4. Januar 2024.
  4. Auszeichnungen und Ehrungen der Ostfriesischen Landschaft. (PDF; 89 KB) Ostfriesische Landschaft, 26. Juni 2023, abgerufen am 4. Januar 2024.
  5. Christoph Schönberger: Unionsbürger: Europas föderales Bürgerrecht in vergleichender Sicht, Band 145 von Ius Publicum: Beiträge zum Öffentlichen Recht, ISSN 0941-0503, Verlag Mohr Siebeck, Tübingen, 2005, ISBN 9783161488375