Islamisches Zentrum Hamburg

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Imam-Ali-Moschee Hamburg

Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) wird von der Imam-Ali-Moschee Hamburg getragen. Es befindet sich an der Außenalster. Das IZH ist Gründungsmitglied der Schura Hamburg, des Zentralrats der Muslime in Deutschland und der Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands und stellt das Zentrum des schiitischen Islam in Deutschland dar. Das Zentrum wird auch „Blaue Moschee“ genannt. Es steht seit 1993 unter Beobachtung des Hamburger Verfassungsschutzes und wurde 2017 von diesem als „Instrument der iranischen Staatsführung“ eingeschätzt.[1][2][3]

Leitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das IZH ist den größten Großayatollahs der schiitischen Welt unterstellt. Als deren Beauftragte amtierten bisher folgende Leiter:

Zeit Religiöser Titel Name
1955–1965 Hodschatoleslam Mohammad Mohagheghi
1965–1970 Ajatollah Mohammad Beheschti
1970–1978 Hodschatoleslam Mohammad Modschtahed Schabestari
1978–1980 Hodschatoleslam Mohammad Chātami
1980–1992 Hodschatoleslam Mohammad Reza Moghaddam
1992–1998 Hodschatoleslam Mohammad Bagher Ansari
1999–2003 Hodschatoleslam Hosseini Nassab
2004–2008 Ajatollah Abbas Hosseini Ghaemmaghami
2009–2018 Ajatollah Reza Ramezani
2018– Hodschatoleslam Mohammed Hadi Mofatteh

Imam-Ali-Moschee[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Imam-Ali-Moschee wurde in der Tradition des gleichnamigen Bauwerks im Irak 1960–1965 in Hamburg an der Außenalster (Uhlenhorst) erbaut. Die Grundsteinlegung erfolgte am 13. Februar 1960, die Einweihung 1963 und 1965. Der Bau wurde in der Anfangsphase von iranischen Kaufleuten in Hamburg finanziert. Die Grundstückskosten beliefen sich auf 250.000 DM (1958), während die Baukosten zwei Millionen Mark betrugen (1960/65). Dabei war das Fundament aufgrund des notwendigen Aufwandes wegen des feuchten Baugrundes an der Alster sehr kostenintensiv. Die Moschee mit Kuppel und zwei Minaretten ist im Typ einer „Iwan-Moschee“ ausgeführt. Bauherr und Träger der schiitischen Moschee ist das „Islamische Zentrum Hamburg e. V.“ (IZH). Der Gebetssaal fasst (bei Nutzung aller Flächen) bis zu 1.500 Personen. Die Frauen beten normalerweise im inneren Kreis des Gebetsraumes (hinter den Männern) und weichen nur bei großem Andrang auf die Galerie aus.

Baugeschichte des IZH[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 1953 gründeten in Hamburg ansässige iranische Kaufleute nach Rücksprache mit ihrem geistlichen Oberhaupt Groß-Ajatollah Hossein Borudscherdi in Qom (Iran) einen Verein zum Bau einer Moschee. Zusammen mit Hodschatoleslam Mohammad Mohagheghi, der zwei Jahre später nach Hamburg entsandt wurde, leiteten sie den Moscheebau ein. Auf Anregung von Borudscherdi taten sich gleichzeitig Geschäftsleute zu einem Förderverein zur Mitfinanzierung zusammen. Im Oktober 1957 wurde ein Grundstück im Stadtteil Uhlenhorst an der Alster erworben.

Aus mehreren Entwürfen wurde ein Bauplan ausgewählt, der dann von den Architekten Gottfried Schramm und Jürgen Elingius in Zusammenarbeit mit dem iranischen Architekten Zargarpoor ausgeführt wurde. Im Beisein vieler Muslime, Vertretern der Stadt Hamburg sowie von Hodschatoleslam Mohagheghi wurde am 13. Februar 1960 der Grundstein gelegt.

Im Mai 1963 wurde der Rohbau fertiggestellt. Schon eine Million DM war für das Projekt ausgegeben worden. Nach Ajatollah Boroudjerdis Tod und der Rückkehr Hodschatoleslam Mohagheghis in den Iran ruhten die Bauarbeiten vorläufig, bis unter dem nachfolgenden Leiter des Zentrums, Ajatollah Beheshti, und mit Hilfe von Spendengeldern von Geschäftsleuten aus Teheran und Hamburg in den Jahren 1966/67 die Büroräume im Obergeschoss und ein Teil der Fassade fertiggestellt werden konnte.

Obwohl die iranische Botschaft in Bonn (damals unter dem Schah Mohammad Reza Pahlavi) die Bankkonten der Moschee hatte sperren lassen, gelang es der Gemeinde, mit Hilfe großzügiger privater Spenden in den Jahren 1969 bis 1979 den Vortragsraum zu errichten, die Fassade fertigzustellen und mit dem Ausbau des unteren Stockwerks zu beginnen.

In der Amtszeit von Hodschatoleslam Moghaddam zwischen 1980 und 1992 wurden im Untergeschoss die Waschräume sowie eine Küche und ein Speisesaal eingerichtet. Darüber hinaus begannen die Künstler A. Meshkat und A. Sadeghian aus Maschhad mit der Ausschmückung des Gebetsraums mit Kachelmosaik, und eine Simultandolmetschanlage wurde im Vortragsraum installiert.

Im Sommer 1992 wurden unter der Leitung von Hodschatoleslam Mohammad Bagher Ansari die Kachelarbeiten abgeschlossen, einschließlich des Mihrab (Gebetsnische), einem Geschenk der Goharschad-Moschee in Maschhad. Da sich die Büro- und Studierräume bald als unzureichend erwiesen, wurde 1996 das Fundament für einen Anbau hinter der ursprünglichen Moschee gelegt, der eine Bibliothek mit einer Kuppel enthalten soll sowie Büroräume und eine Tiefgarage.

Als Kulturdenkmal in der Denkmalliste der Hamburger Behörde für Kultur und Medien ist sie mit der Nummer 29614 aufgeführt.[4]

Geschichte und Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das IZH steht unter Beobachtung des Landesamtes für Verfassungsschutz der Freien und Hansestadt Hamburg. In einer Stellungnahme aus dem Jahr 2004 heißt es: „Das IZH verfolgt als verlängerter Arm der Teheraner Revolutionsführung konsequent das Ziel, islamistisches Gedankengut nach heimatlichem Vorbild in Deutschland zu verbreiten und seinen Einfluss auf die schiitische Gemeinde zu intensivieren, u. a. durch die Gründung neuer Islamischer Zentren bzw. die Unterstützung entsprechender Vorhaben sowie durch vielfältige Formen der Kooperation mit anderen Gruppierungen und Einrichtungen in Deutschland und im europäischen Ausland. […] Bezeichnend für die politische Ausrichtung des IZH ist zudem seine Unterstützung der in Hamburg lebenden Hisbollah-Anhänger, denen u. a. Versammlungsräume zur Verfügung gestellt werden.“[5]

Das IZH trat bis 2004 regelmäßig als Mitorganisator des „Al-Quds-Tages“ auf.[6] Zum Tag im September 2010 forderte es öffentlich wieder zur Beteiligung auf und unterstützte die Veranstaltung mit Transportmöglichkeiten und Verpflegung.[7][8] Auch 2016 war das IZH laut Verfassungsschutz mit 200 Personen an der jährlichen Al-Quds-Demonstration in Berlin beteiligt.[9]

Gleichzeitig wird jedoch durch öffentliche Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Moschee, dem Fest der Liebe zu Weihnachten sowie in Seminaren und Vorträgen auch mit westlichen Wissenschaftlern ein wohlwollender, auf Kooperation setzender Islam vermittelt.

Am 24. Juli 2021 wurde die Moschee durch einen Anschlag mit roter Farbe beschädigt. Die unbekannten Täter schrieben dabei Parolen in persischer Sprache, die sich gegen das Regime der Islamischen Republik Iran richteten und Bezug auf die Proteste in Chuzestan 2021 nahmen.[10][11][12] Dem Anschlag waren zahlreiche Medienberichte über neue Kenntnisse des Verfassungsschutzes vorausgegangen, wonach das Institut gegenüber der iranischen Regierung weisungsgebunden sei.[13][14]

Im Juni 2022 wurde bekannt, dass der stellvertretende IZH-Leiter Seyed Soliman Mousavifar eine Ausweisungsverfügung der Innenbehörde erhalten hat. Ihm konnten enge Beziehungen zu Spendenvereinen nachgewiesen werden, die der Hisbollah zugerechnet werden.[15] Der Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen Omid Nouripour nannte im September 2022 das IZH „das wichtigste Spionagenest des Regimes in Deutschland“ und meinte, es sei „an der Zeit, das Treiben des IZH zu beenden“.[16]

Am 25. September 2022 wurde die Moschee wieder mit einem Farbanschlag beschädigt und ein Mitarbeiter wurde verletzt.[17]

CDU, AfD und FDP fordern seit Langem, dass der IZH-Vertrag mit dem Bundesland Hamburg gekündigt wird. Auch der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende in Eimsbüttel, Danial Ilkhanipour, und die Grünen-Landesvorsitzende Maryam Blumenthal kritisieren mittlerweile die Situation.[18] Vor dem Hintergrund der Unterdrückung der Proteste im Iran durch das theokratische Regime erwog die Bundesregierung unter Olaf Scholz im November 2022 eine Schließung des Zentrums.[19] Ein entsprechender Antrag der Regierungsfraktionen wurde am 9. November 2022 vom Bundestag verabschiedet.[20]

Im selben Monat trat das IZH aus der Schura Hamburg aus. Der Schura-Rat teilte mit, dass dies wegen der Kontroversen um das IZH geschehe. Die Entscheidung wurde auch vor dem Hintergrund einer möglichen Verlängerung des Staatsvertrag getroffen, bei der es die politische Forderung gab, dass das IZH bei Verträgen mit Hamburg keine Rolle mehr spielen dürfe.[21]

Das Verwaltungsgericht Hamburg entschied 2023, dass es rechtens war, den Verein als extremistisch zu bezeichnen.[22]

Das IZH und die zugehörige Imam-Ali-Moschee wurden am 16. November 2023 im Rahmen einer bundesweiten Razzia gegen Islamisten-Vereine, bei der über 50 Objekte in sieben Bundesländern Ziel waren,[23] von der Polizei durchsucht. Mögliche Beweismittel wie Computer und Mobiltelefone wurden beschlagnahmt.[24]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Islamisches Echo in Europa
  • Muslime im Dialog (Faltblattserie)
  • Salam Kinder (deutschsprachige Kinderhefte)
  • al-Fadschr (Die Morgendämmerung, Moschee-Magazin)

Audio[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Islamisches Zentrum Hamburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mark Spörrle: Ist das Islamische Zentrum israelfeindlich? Zeit.de vom 13. Januar 2017.
  2. Proteste in Iran: Ampelfraktionen nehmen Islamisches Zentrum Hamburg ins Visier. In: Der Spiegel. 8. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. November 2022]).
  3. Neue Erkenntnisse über das Islamische Zentrum Hamburg. Behörde für Inneres und Sport, abgerufen am 4. Januar 2024.
  4. Denkmalliste Hamburg. Abgerufen am 8. November 2023.
  5. Islamismus. Führungswechsel im „Islamischen Zentrum Hamburg“, Landesamt für Verfassungsschutz, 20. Januar 2004.
  6. Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (Bündnis 90/Die Grünen) vom 6. Oktober 2005 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Oktober 2005) und Antwort: Al-Quds-Demonstration@1@2Vorlage:Toter Link/www2.mutlu.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., 4. November 2005
  7. Verfassungsschutzbericht 2009 (PDF; 3,8 MB) Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg
  8. Verfassungsschutzbericht 2010 (PDF; 9,3 MB) Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg
  9. Islamisches Zentrum: Was geht in der Blauen Moschee mit Islamisten vor? Hamburger Abendblatt 12. Juli 2016
  10. Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg: Verfassungsschutzbericht 2021, S. 51, abgerufen am 12. August 2022.
  11. Gernot Knödler: Farbanschlag auf Blaue Moschee In: taz hamburg, 26. Juli 2021, S. 24, abgerufen am 12. August 2022.
  12. Rüdiger Gaertner: Farbanschlag: Bedrohliche Zeichen auf Hamburger Moschee In: Hamburger Morgenpost, 25. Juli 2021, abgerufen am 12. August 2022.
  13. Verfassungsschutz sieht IHZ als Außenposten Teherans In: Welt Online, 16. Juli 2021.
  14. Verfassungsschutz hat neue Erkenntnisse zur Blauen Moschee In: NDR.de, 16. Juli 2021.
  15. Philipp Woldin: Vizechef des Islamischen Zentrums wird ausgewiesen In: Welt Online, 21. Juni 2022, abgerufen am 12. August 2022.
  16. „‚Islamischem Zentrum‘ Handwerk legen“ – Grünen-Chef fordert neue Sanktionen gegen Iran In: Welt Online, 28. September 2022, abgerufen am 29. September 2022.
  17. Hamburger Abendblatt - Hamburg: Polizei Hamburg: Farbanschlag auf Islamisches Zentrum – 71-Jähriger verletzt. 26. September 2022, abgerufen am 6. Oktober 2022 (deutsch).
  18. NDR.de:Iranproteste: Kritik am Islamischen Zentrum in Hamburg wächst, 9. Oktober 2022
  19. Proteste in Iran: Ampelfraktionen nehmen Islamisches Zentrum Hamburg ins Visier. In: Der Spiegel. 8. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 8. November 2022]).
  20. Bundestag fordert Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg. In: Der Spiegel. 9. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 10. Oktober 2023]).
  21. Vom Verfassungsschutz beobachtet: Islamisches Zentrum Hamburg tritt aus Schura aus. In: Der Spiegel. 21. November 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 21. November 2022]).
  22. LTO: VG: Islamischer Verein als 'extremistisch' bezeichnet. Abgerufen am 7. Juli 2023.
  23. Alexander Dinger, Ulrich Kraetzer, Uwe Müller, Philipp Woldin: Bundesweite Razzia: Polizei geht gegen Islamisten-Vereine vor. In: welt.de. 16. November 2023, abgerufen am 27. Januar 2024.
  24. Bundesweite Durchsuchungen: Großrazzia gegen "Islamisches Zentrum Hamburg". 16. November 2023, abgerufen am 16. November 2023.

Koordinaten: 53° 34′ 28,4″ N, 10° 0′ 30,3″ O