Jürgen Pföhler

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Jürgen Pföhler (* 11. Juni 1958 in Wittlich) ist ein deutscher Jurist und Politiker (CDU). Von 2000 bis 2021 war er Landrat des rheinland-pfälzischen Landkreises Ahrweiler.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pföhler verbrachte seine Kindheit in Prüm. Er studierte Rechtswissenschaft an den Universitäten Augsburg und Trier. Anschließend trat er 1980 in den Vorbereitungsdienst des Landes Rheinland-Pfalz ein und absolvierte dort die Erste und Zweite juristische Staatsprüfung. Seine Promotion zum Dr. iur. an der Universität Trier erfolgte im Dezember 1986. Danach ging er nach London, um dort ein einjähriges Studium des Europarechts am King’s College zu absolvieren.

Erste berufliche Erfahrungen sammelte Pföhler ab 1987 in der Grundsatzabteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft in Bonn. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde er 1989 für vier Jahre als Fraktionsreferent zuständig für die Arbeitsgruppe Wirtschaft. Von Februar bis April 1993 war Pföhler im Leitungsstab des Bundesministeriums für Forschung und Technologie unter Matthias Wissmann beschäftigt, dem er im Mai 1993 ins Bundesministerium für Verkehr folgte. Nach dem Regierungswechsel von Oktober 1998 übernahm Pföhler die Leitung des Statistikreferats im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.[1]

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 16. Januar 2000 wurde Pföhler zum Landrat des Landkreises Ahrweiler gewählt.[1] In dieser Funktion war er seit dem 2. Februar 2000 sowohl Vorsitzender des Kreistages und politischer Repräsentant des Landkreises als auch der Leiter der Kreisverwaltung.[2] Gleichzeitig war er Mitglied des CDU-Kreisvorstandes,[3] der CDU-Kreistagsfraktion[4] und des vierköpfigen Aufsichtsrats der Nürburgring GmbH.[5] Um 2016 war Pföhler eine Zeitlang Vorsitzender des Aufsichtsrates der Kreissparkasse Ahrweiler.[6] Außerdem hatte er in deren Verwaltungsrat langjährig den Vorsitz inne.[7] Seit 2019 war er zudem Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord.[8] Am 3. Juni 2007 wurde er für weitere acht Jahre zum Landrat des Landkreises Ahrweiler gewählt, wobei er sich knapp gegen seinen Herausforderer Josef Meyer (FDP) durchsetzte.[9] Ein weiteres Mal gewann er die Wahl am 10. Mai 2015.[2]

Rolle beim Ahr-Hochwasser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Hochwasser im Ahrtal im Juli 2021 wurde Pföhler vorgeworfen, er habe zu spät den Katastrophenfall ausgerufen und die Teilevakuierung angeordnet. Das zuständige Landesamt für Umwelt hatte den Landkreis mehrfach vor dem nahenden Unglück gewarnt.[10] Als Pföhler den Katastrophenfall ausrief, hatten die Wassermassen die ersten Häuser mitgerissen. Zu diesem Zeitpunkt gab Pföhler den Rat aus, sich in die oberen Stockwerke der Häuser zu begeben.[11] Im Kreis Ahrweiler gab es bei der Flutkatastrophe mehr als 130 Tote,[12] darunter zwölf Bewohner eines Heims für Menschen mit geistiger Behinderung in Sinzig, die nicht mehr von ihrer Nachtwache vor dem Ertrinken bewahrt werden konnten.[13] Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) erklärte, eine Entscheidung zu einer möglichen Evakuierung habe in der Verantwortung des Landkreises gelegen.[14] Der Krisenforscher Frank Roselieb (Universität Kiel) erhob schwere Vorwürfe gegen Pföhler und begründete sie damit, dass das Katastrophenschutzmanagement zur Kernfunktion jedes Landrats gehöre.[15][16]

Pföhler wies jede Form der Schuldzuweisung gegen Beteiligte zurück.[17] Er verwahrte sich gegen den Vorwurf, für mögliche Versäumnisse bei der Warnung der Bevölkerung im Ahrtal selbst verantwortlich zu sein und sagte, die technische Einsatzleitung sei für die Alarmierung der Bevölkerung verantwortlich gewesen.[14]

Am 6. August 2021 leitete die Staatsanwaltschaft Koblenz ein Ermittlungsverfahren gegen Pföhler und ein Mitglied des Krisenstabes ein; es bestehe ein Anfangsverdacht auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen. Sie betonte zugleich die Unschuldsvermutung bis zum Abschluss des Verfahrens.[18][19][20]

Seit dem 11. August war Pföhler krankgeschrieben und übte sein Amt nicht aus.[21] Die CDU-Kreistagsfraktion teilte am 17. August 2021 mit, es sei erkennbar geworden, dass es in der Vergangenheit und am Tag der Katastrophe Versäumnisse und Fehler gegeben habe. Das Vertrauen der Menschen sei „nicht mehr gegeben“; die weitere Amtsausübung sei mit laufenden strafrechtlichen Ermittlungen unvereinbar. Daher sei ein personeller Neuanfang nötig.[22][23] Pföhler ließ am selben Tag mitteilen, er habe nicht vor zurückzutreten.[24] Am 18. August forderte der Kreistag in einer einstimmigen Resolution – bei drei Enthaltungen von Mitgliedern der CDU-Fraktion – den vollständigen Rückzug Pföhlers von seinem Amt.[25] Im September 2021 stellte Pföhler einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit.[26] Am 31. Oktober 2021 wurde er in den Ruhestand versetzt.[27]

Seit August 2021 wurden Pföhlers Aufgaben vom Ersten Kreisbeigeordneten Horst Gies wahrgenommen.[28] Bei der vorzeitigen Landratswahl am 23. Januar 2022 unterlag Gies der parteilosen Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand, die 50,2 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt.[29]

Pföhler verweigerte am 8. Juli 2022 vor dem Untersuchungsausschuss des Rheinland-Pfälzischen Landtags die Aussage.[30] Vor dem Untersuchungsausschuss kam heraus, dass er in der Flutnacht zweimal die Leitstelle im Kreishaus in Ahrweiler besuchte, letztmals um 19.20 Uhr in Begleitung von Innenminister Roger Lewentz. An diesem Abend telefonierte er 13 Mal mit seiner Geliebten. Diese verweigerte vor dem Untersuchungsausschuss die Aussage zum Aufenthaltsort von Pföhler in der Flutnacht.[31]

Persönliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pföhler ist verheiratet und hat einen Sohn.[32]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jürgen Pföhler: Zur Unanwendbarkeit des strafrechtlichen Rückwirkungsverbots im Strafprozessrecht in dogmenhistorischer Sicht. Duncker & Humblot, Berlin 1988, ISBN 3-428-06369-4. (Schriften zum Strafrecht; Heft 73) (Zugleich: Trier, Universität, Dissertation, 1986/87). (Neuausgabe 2021 bei Duncker & Humblot als pdf-Online-Ressource)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. ↑ a b Guido Orthen: Dr. Jürgen Pföhler erster direkt gewählter Landrat im Kreis Ahrweiler. In: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler. 2001, S. 24–25, abgerufen am 2. August 2021.
  2. ↑ a b Landrat & Kreisbeigeordnete: Landrat Dr. Jürgen Pföhler. In: kreis-ahrweiler.de. 22. Juni 2021, archiviert vom Original am 7. Mai 2021; abgerufen am 16. Juli 2022.
  3. ↑ Vorstand. In: cdu-aw.de. Archiviert vom Original am 11. Januar 2021; abgerufen am 15. Juli 2022.
  4. ↑ Fraktion. In: cdu-aw.de. Archiviert vom Original am 7. August 2021; abgerufen am 16. Juli 2022 (Legislaturperiode 2019–2024).
  5. ↑ Claudia Renner: Kontrolle am Nürburgring: Neuer Aufsichtsrat. Rhein-Zeitung, 9. Juni 2010, archiviert vom Original am 22. Januar 2021; abgerufen am 16. Juli 2021.
  6. ↑ Jürgen Pföhler: Manager-Profil. In: CompanyHouse.de. Abgerufen am 10. August 2021.
  7. ↑ Geschäftsbericht 2018. (PDF; 9 MB) In: kreissparkasse-ahrweiler.de. 18. Juni 2019, S. 4, abgerufen am 10. August 2021.
  8. ↑ Rheinland-Pfalz: Neuwahl der Verbandsspitze vom SPNV-Nord. In: Eurailpress. 7. August 2019, abgerufen am 17. August 2021.
  9. ↑ Günther Schmitt: Jürgen Pföhler siegt ganz knapp vor Josef Meyer. In: General-Anzeiger Bonn. 4. Juni 2007, abgerufen am 2. August 2021.
  10. ↑ Björn Widmann: Nach Flut-Katastrophe: Ahrweiler Landrat Pföhler gibt sein Amt auf. In: SWR3 Aktuell. Südwestrundfunk, 17. August 2021, abgerufen am 23. August 2021.
  11. ↑ Hilferufe in der Flutnacht. Rhein-Zeitung, 13. Januar 2022, abgerufen am 14. Januar 2022.
  12. ↑ Julian Staib: Kreis Ahrweiler wurde präzise vor Flut gewarnt. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. Juli 2021, abgerufen am 31. Juli 2021.
  13. ↑ Anke Petermann: Für eine Zukunft im Ahrtal: Fehler aufarbeiten, Wiederaufbau reglementieren. Deutschlandfunk, 31. Juli 2021, abgerufen am 2. August 2021.
  14. ↑ a b Keine Ermittlungen wegen Versäumnissen bei Unwetter-Warnung. In: SWR Aktuell. Südwestrundfunk, 31. Juli 2021, abgerufen am 31. Juli 2021.
  15. ↑ Flut in Rheinland-Pfalz: Schwere Vorwürfe gegen Ahrweilers Landrat. In: tagesschau.de. ARD, 31. Juli 2021, abgerufen am 31. Juli 2021.
  16. ↑ Dirk Eberz: Zaudern, zögern, schweigen: Krisenforscher Roselieb zerpflückt die Strategie des Ahrweiler Landrats Pföhler. In: rhein-zeitung.de. Rhein-Zeitung, 3. August 2021, abgerufen am 8. September 2021.
  17. ↑ Ahrweilers Landrat empört über Vorwürfe. In: Nachrichten. Deutschlandfunk, 1. August 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. August 2021; abgerufen am 2. August 2021.
  18. ↑ Nach Flutkatastrophe im Ahrtal: Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungsverfahren gegen Landrat von Ahrweiler ein. Der Spiegel, 6. August 2021, abgerufen am 6. August 2021.
  19. ↑ Ermittlungen nach Flut: War der Landrat nicht vor Ort? In: FAZ.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. August 2021, abgerufen am 6. August 2021. (Aktenzeichen der Ermittlungen: 2030 Js 44662/21)
  20. ↑ Jessica Pfeiffer: Ermittlungen gegen den Landrat von Ahrweiler. (Audio; MP3; 3:17 min) In: ondemand-mp3.dradio.de. Deutschlandfunk, 6. August 2021, abgerufen am 6. August 2021.
  21. ↑ Landrat von Ahrweiler legt Amt nieder. Eilmeldung. In: WDR Nachrichten. Westdeutscher Rundfunk Köln, 17. August 2021, abgerufen am 17. August 2021.
  22. ↑ Nach Flutkatastrophe im Kreis Ahrweiler: Landrat Pföhler nimmt sein Amt nicht mehr wahr. In: SWR Aktuell. Südwestrundfunk, 17. August 2021, abgerufen am 17. August 2021.
  23. ↑ Tobias Schrörs: Der Landrat, den keiner mehr will. In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. August 2021, abgerufen am 18. August 2021.
    Siehe auch: Erklärung der CDU-Fraktion im Kreistag Ahrweiler. CDU Kreisverband Ahrweiler, 16. August 2021;.
  24. ↑ Landrat von Ahrweiler will doch im Amt bleiben. In: Die Welt. 17. August 2021, abgerufen am 17. August 2021.
  25. ↑ Kreistag von Ahrweiler fordert vollständigen Rückzug von Landrat Pföhler. AFP-Meldung. In: ARTE.de. 18. August 2021, abgerufen am 19. August 2021.
  26. ↑ Landrat Pföhler beantragt dauerhafte Dienstunfähigkeit. In: Der Spiegel. 6. September 2021, abgerufen am 7. September 2021.
  27. ↑ Christian Giese-Kessler: Kreisverwaltung Ahrweiler – Stichtag ist 31. Oktober – Umstrittener Ahr-Landrat Pföhler vorzeitig im Ruhestand. In: SWR Aktuell. Südwestrundfunk, 29. Oktober 2021, abgerufen am 31. Oktober 2021.
  28. ↑ Victor Francke: Nachfolge von Jürgen Pföhler: CDU-Politiker Horst Gies will bei Landratswahl an der Ahr antreten. In: General-Anzeiger. 2. November 2021, abgerufen am 2. November 2021.
  29. ↑ Parteilose Weigand zur Landrätin im Ahrtal gewählt. In: Der Spiegel. 23. Januar 2022, abgerufen am 24. Januar 2022.
  30. ↑ Timo Steppat: Flutkatastrophe im Ahrtal: Landrat Pföhler schweigt, viele Zeugen reden. In: FAZ.NET. 8. Juli 2022, abgerufen am 14. Juli 2022.
  31. ↑ Geliebte des Landrates sagt aus – will aber nicht erklären, wo er in der Flutnacht war. In: stern.de. Abgerufen am 3. August 2022.
  32. ↑ Volker Jost: Ahrweiler Landrat Pföhler nennt sein Mandat „robust“. In: ga.de. General-Anzeiger Bonn, 11. Dezember 2006, abgerufen am 3. August 2021.
    Nominierungsversammlung der CDU im Kreis Ahrweiler: Amtsinhaber Dr. Jürgen Pföhler soll zum dritten Mal Landrat werden. In: Blick aktuell. 16. Dezember 2014, abgerufen am 2. August 2021.
Personendaten
NAME Pföhler, Jürgen
KURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist, Politiker (CDU) und Landrat
GEBURTSDATUM 11. Juni 1958
GEBURTSORT Wittlich, Rheinland-Pfalz, Deutschland
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