James Tissot

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James Tissot: Selbstporträt (Detail), um 1898
Edgar Degas: Porträt James Tissots, um 1867

James Tissot (eigentlich Jacques Joseph Tissot; * 15. Oktober 1836 in Nantes; † 8. August 1902 in Buillon) war ein französischer Maler und Grafiker. Der vor allem für seine Porträts im viktorianischen England der 1870er Jahre bekannte Künstler widmete sich in seinem Spätwerk überwiegend religiösen Themen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der aus einer wohlhabenden Familie in Nantes stammende Jacques Joseph Tissot kam im Alter von 19 Jahren nach Paris und begann dort seine Ausbildung als Maler an der École des Beaux-Arts, wo er bei Jean-Auguste-Dominique Ingres, Hippolyte Flandrin und Louis Lamothe studierte. In Paris lernte er zudem Edgar Degas und Édouard Manet kennen, mit denen er eine lebenslange Freundschaft pflegte. Von Degas stammt ein 1867 entstandenes Porträt von Tissot. 1859 stellte er erstmals im Salon de Paris aus, seit dieser Zeit nannte er sich James. Sein 1861 im Salon gezeigtes Gemälde Rencontre de Faust et de Marguerite, ein Motiv aus der Tragödie Faust von Johann Wolfgang von Goethe, wurde umgehend vom französischen Staat für das Musée du Luxembourg angekauft und befindet sich heute in der Sammlung des Musée d’Orsay. Tissot etablierte sich in den 1860er Jahren als erfolgreicher Maler der Pariser Oberschicht, wandte sich aber auch der Darstellung von Lebedamen zu. Seine Serie der La Femme a Paris gehört zu diesen Motiven.

Nach seiner Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 schloss sich Tissot der Pariser Kommune an und war nach deren Niederschlagung gezwungen, Frankreich zu verlassen. Im Mai 1871 floh er nach London, wo er sich im Stadtteil St. John’s Wood. Hier lebte er ab 1876 mit seiner irischen Geliebten Kathleen Newton, einer geschiedenen Frau mit zwei Kindern, was gegen die Moralvorstellungen im viktorianischen England verstieß. Kathleen Newton wurde Tissots Muse und bevorzugtes Modell.

Karikatur von Otto von Bismarck, 1870

In den 1870er Jahren fertigte er zahlreiche zeitgenössische Genrebilder und Porträts der englischen Oberschicht, mit denen er große Erfolge feierte. Unter dem Einfluss von James McNeill Whistler und Alphonse Legros widmete er sich in dieser Zeit auch der Radierung, einer Technik, die er bei Francis Seymour Haden studierte. Darüber hinaus zeichnete er Karikaturen für die britische Zeitschrift Vanity Fair. Eine Einladung von Degas zur Teilnahme an der ersten Gruppenausstellung der Impressionisten 1874 lehnte er ab und kam erst 1876 nach Paris zurück, wo seine Werke großen Beifall fanden. 1880 gründete er zusammen mit Haden, Legros und anderen Künstlern die Society of Painter-Etchers and Engravers, um die Radierung (Etching) und den Kupferstich (Engraving) als anerkannte Kunstformen zu etablieren.

1882 starb die erst 28-jährige Kathleen Newton an Tuberkulose. Nur fünf Tage nach ihrem Tod zog Tissot endgültig wieder nach Paris. Sein Londoner Haus verkaufte er später an seinen Freund Lawrence Alma-Tadema. Als etablierter Künstler stellte er in Paris mit immer größerem Erfolg regelmäßig seine Werke aus. Er bewegte sich in der Pariser Hautevolee und zählte beispielsweise die Brüder Goncourt zu seinen Freunden.

Durch den Tod seiner Geliebten zunächst in eine persönliche Krise gestürzt, wandte sich Tissot dem Spiritualismus zu und war hierbei besonders von dem Medium William Eglinton (1858–1933) beeinflusst. Ab 1886 konzentrierte sich Tissot vornehmlich auf religiöse Themen. Er bereiste in den Folgejahren mehrmals Palästina und schuf eine Serie mit Illustrationen des Alten Testaments. 1896 stellte er in Paris 350 Grafiken zum Leben Christi aus, die später in zwei Bänden verlegt wurden. Einige solcher Bilder sakralen Inhalts inspirierten später immer wieder Filmschaffende. So beruht beispielsweise die bekannte Gestaltung der Bundeslade in Steven Spielbergs Jäger des verlorenen Schatzes auf Werken Tissots.

Werke in öffentlichen Sammlungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bild Titel (Entstehungsjahr) Größe, Material Sammlung
Margarete in der Kirche
(um 1861)
50,2 cm × 75,5 cm
Öl auf Leinwand
National Gallery of Ireland
in Dublin
Zwei Schwestern
(1863)
210 cm × 136 cm
Öl auf Leinwand
Musée d’Orsay
in Paris
Porträt der Mlle L. L.
(1864)
124 cm × 99,5 cm
Öl auf Leinwand
Musée d’Orsay
in Paris
Selbstporträt
(um 1865)
49,8 cm × 30,2 cm
Öl auf Holz
Fine Arts Museums of San Francisco,
Legion of Honor
in San Francisco
Young Ladies Looking
at Japanese Objects

(1869)
70,5 cm × 50,2 cm
Öl auf Leinwand
Cincinnati Art Museum
in Cincinnati
The Dreamer
(Summer Evening)

(1871)
34,9 cm × 60,3 cm
Öl auf Leinwand
Musée d’Orsay
in Paris
On the Thames. A Heron
(1871/72)
92,7 cm × 60,3 cm
Öl auf Leinwand
The Minneapolis Institute of Arts
in Minneapolis
The Captain’s Daughter
(1873)
104,8 cm × 72,4 cm
Öl auf Leinwand
Southampton City Art Gallery
in Southampton
The Last Evening
(1873)
72,4 cm × 102,9 cm
Öl auf Leinwand
The Guildhall Art Gallery
in London
London Visitors
(um 1874)
160 cm × 114 cm
Öl auf Leinwand
Toledo Museum of Art
in Toledo
Ball on Shipboard
(um 1874)
84,1 cm × 129,5 cm
Öl auf Leinwand
Tate Gallery of British Art
in London
Hush!
(um 1875)
73,7 cm × 112,2 cm
Öl auf Leinwand
Manchester Art Gallery
in Manchester
Captain Frederick
Gustavus Burnaby

(um 1875)
49,5 cm × 59,7 cm
Öl auf Leinwand
National Portrait Gallery
in London
Portrait of Miss Lloyd
(1876)
91,4 cm × 50,8 cm
Öl auf Leinwand
Tate Gallery of British Art
in London
A Passing Storm
(um 1876)
76,8 cm × 99,7 cm
Öl auf Leinwand
Lord Beaverbrook Art Gallery
in Fredericton
October
(1877)
216 cm × 108,7 cm
Öl auf Leinwand
Musée des beaux-arts de Montréal
in Montreal
Hide and Seek
(1877)
73,4 cm × 53,9 cm
Öl auf Holz
National Gallery of Art
in Washington D.C.
Seaside
(um 1878)
87,5 cm × 61 cm
Öl auf Leinwand
Cleveland Museum of Art
in Cleveland
The Ball
(1880)
90 cm × 50 cm
Öl auf Leinwand
Musée d’Orsay
in Paris
A Woman of Ambition
(1883–85)
142 cm × 101,6 cm
Öl auf Leinwand
Albright-Knox Art Gallery
in Buffalo
The Shop Girl
(1883–85)
146,1 cm × 101,6 cm
Öl auf Leinwand
Art Gallery of Ontario
in Toronto
Women of Paris,
The Circus Lover

(1883–85)
147,2 cm × 101,6 cm
Öl auf Leinwand
Museum of Fine Arts
in Boston
The Artists’ Wives
(1885)
146 cm × 101 cm
Öl auf Leinwand
Chrysler Museum of Art
in Norfolk

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Cyrille Sciama: James Tissot et ses maîtres. Somogy Édition d’Art, Paris 2005, ISBN 2-85056-923-2.
  • Nancy Rose Marshall, Malcolm Warner: James Tissot: Victorian life, modern love. Yale University Press, New Haven 1999, ISBN 0-300-08173-1.
  • Christopher Wood: Tissot. Weidenfeld and Nicolson, London 1986, ISBN 0-297-78930-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: James Tissot – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien