Jean-Marie Pfaff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Jean-Marie Pfaff
Jean-Marie Pfaff (2007)
Personalia
Geburtstag 4. Dezember 1953
Geburtsort LebbekeBelgien
Größe 180 cm
Position Tor
Herren
Jahre Station Spiele (Tore)1
1973–1982 SK Beveren 276 (0)
1982–1988 FC Bayern München 156 (0)
1988–1989 Lierse SK 23 (0)
1989–1990 Trabzonspor 22 (0)
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1972 Belgien U19 6 (0)
1974 Belgien U21 1 (0)
1976–1987 Belgien 64 (0)
Stationen als Trainer
Jahre Station
1998–1999 KV Oostende
1 Angegeben sind nur Ligaspiele.

Jean-Marie Pfaff (* 4. Dezember 1953 in Lebbeke, Flandern, Belgien) ist ein ehemaliger belgischer Fußballtorwart, der von 1998 bis 1999 kurzzeitig auch als Fußballtrainer in Erscheinung trat.

Pfaff zählte in den 1980er Jahren zu den weltbesten Spielern auf der Torwartposition und feierte seine größten Erfolge im Vereinsfußball mit dem FC Bayern München. Von Pelé wurde er 2004 auf die Liste der besten 125 noch lebenden Fußballer gesetzt (FIFA 100).

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vereine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pfaff wuchs mit elf Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen auf und musste schon früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, begann aber auch gleichzeitig mit dem Fußball. Schnell erkannte man das Talent des Jungen als Torwart und er wechselte als Jugendspieler zum SK Beveren. Dort war Pfaff ab der Saison 1973/74 mit 20 Jahren Stammtorhüter und gewann 1978 den Vereinspokal. Pfaff war einer der besten Spieler der gesamten Liga und wurde Belgiens Fußballer des Jahres 1978. Ein Jahr später folgte der Gewinn der Meisterschaft, der erste Titel für den kleinen Verein aus Ostflandern.

Im Anschluss an die Weltmeisterschaft 1982 verließ Pfaff den SK Beveren und wechselte für die Ablösesumme von rund einer Million DM in die Bundesliga zum FC Bayern München. Gleich in seinem ersten Bundesligaspiel am 21. August 1982 (1. Spieltag) sorgte er mit einem kuriosen Eigentor[1] für eine Anekdote, die bis heute immer wieder in diversen Rückblenden zu sehen ist: Gegen Werder Bremen lenkte er einen Einwurf des Bremer Stürmers Uwe Reinders ins eigene Tor. Ohne Pfaffs Ballberührung hätte das Tor nicht gegolten, weil mit einem Einwurf nicht direkt ein Tor erzielt werden kann. Trotz dieses Fehlstarts erlebte Pfaff erfolgreiche Jahre in München und mit starken Leistungen zählte er bald zu den besten Torhütern der Bundesliga. Bei den Bayern sah man Pfaff als würdigen Nachfolger der Bayern-Legende Sepp Maier, der seine Karriere 1979 hatte beenden müssen. Auch die Erfolge gaben ihm recht, da er in der Mannschaft um Lothar Matthäus, Klaus Augenthaler, Andreas Brehme und Dieter Hoeneß Titel an Titel reihte. In der Saison 1984/85 war Pfaff nach einer Verletzung zeitweise nur zweite Wahl hinter Raimond Aumann. Erst als sich Aumann seinerseits verletzte, fand Pfaff wieder den Weg ins Tor. 1987 stieß er mit München sogar ins Finale des Europapokals der Landesmeister vor, in dem man jedoch dem FC Porto mit 1:2 unterlag.

Nach sechs Jahren und 215 Pflichtspielen, davon 156 in der Bundesliga,[2] für die Bayern kehrte er im Sommer 1988 nach Belgien zurück und schloss sich Lierse SK an, wo er noch eine Saison verbrachte, die jedoch von Verletzungen gekennzeichnet war. Der inzwischen 35-Jährige absolvierte lediglich 23 Partien. Seine letzte Karrierestation war Trabzonspor in der Türkei, jedoch bestritt Pfaff nur 22 Saisonspiele und beendete im Sommer 1990 seine Laufbahn.

Nationalmannschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1974 stand Pfaff als 21-Jähriger erstmals im Aufgebot der A-Nationalmannschaft seines Landes. Seine Premiere im Tor des Teams absolvierte er jedoch erst zwei Jahre später im EM-Viertelfinale 1976 gegen die Niederlande.[3] Da der bisherige Stammtorwart Christian Piot seine Karriere verletzungsbedingt beenden musste, avancierte Pfaff zur unumstrittenen Nummer 1 der „Roten Teufel“.

Sein internationaler Stern ging bei der Europameisterschaft 1980 in Italien auf. Pfaff spielte sein erstes großes internationales Turnier und Belgien belegte überraschend den ersten Platz in der Vorrunde. Spanien wurde mit 2:1 besiegt, gegen England (1:1) und Italien (0:0) gelangen Unentschieden. Im Finale unterlag man aber Deutschland 2:1; Horst Hrubesch traf dabei doppelt. Dieser Überraschungserfolg sollte der Auftakt einer starken Phase der Belgier sein, die wohl die erfolgreichste Zeit ihrer Nationalmannschaft erlebten. Trainer Guy Thys formte eine starke Mannschaft um Pfaff, Eric Gerets, Jan Ceulemans und Erwin Vandenbergh.

1982 nahm Belgien erstmals seit 1970 wieder an einer Weltmeisterschaft teil. In Spanien überraschten die Belgier, als sie im Eröffnungsspiel Titelverteidiger Argentinien mit 1:0 bezwangen und nach einem Sieg über El Salvador und einem Unentschieden gegen Ungarn Gruppensieger wurden. Pfaff verletzte sich und konnte danach kein Spiel bei der WM mehr bestreiten; Belgien verlor in der Zwischenrunde gegen Polen und die Sowjetunion und musste die Heimreise antreten. Dennoch hatte sich Belgien nach der Europameisterschaft 1980 und der Weltmeisterschaft 1982 auf der großen Fußballbühne zurückgemeldet.

Bei der Weltmeisterschaft 1986 sollte der große Wurf folgen; Pfaff zählte zu den stärksten Torleuten des Turniers. Nach einer durchwachsenen Vorrunde wurde die Sowjetunion in einer dramatischen Partie mit 4:3 besiegt, wobei Pfaff seine Vorderleute immer wieder angetrieben hatte. Im Viertelfinale gegen Spanien lieferte er eine Weltklasse-Partie ab und brachte die spanischen Stürmer mit seinen Paraden zur Verzweiflung; Belgien gewann im Elfmeterschießen mit 5:4. Doch im Halbfinale, welches mit 0:2 verloren ging, erwies sich Argentinien um Superstar Diego Maradona als eine Nummer zu groß. Im Spiel um Platz drei siegte Frankreich mit 4:2, doch der vierte Platz für Belgien war bis dahin der größte Erfolg in der Fußballgeschichte des Landes.

Ein Jahr später beendete Pfaff seine Karriere im Nationalteam nach 64 Länderspielen, wobei er von 1974 bis 1987 insgesamt 84 Mal im Nationalkader stand.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits sein Vater Jean-Baptist war in den 1960ern im belgischen Fußball aktiv, brachte es aber nur auf wenige Einsätze in der höchsten belgischen Liga. Auch Jean-Maries Brüder Antonius „Toon“ und Danny waren einst im belgischen Profifußball aktiv.

1987 hatte Pfaff eine Gastrolle im Film Zärtliche Chaoten neben Thomas Gottschalk, Michael Winslow, Helmut Fischer und Pierre Brice. Außerdem nahm Pfaff eine in Deutschland weitgehend unbekannte Platte auf, auf der er „Ich war ein Belgier und jetzt bin ich ein Bayer“ sang.[4] Diese Single bekam aber laut Pfaffs Aussage in Belgien Gold-Status. Die dazugehörige Goldene Schallplatte spendete er während einer Audienz bei Papst Johannes Paul II., die er auch in Lederhosen absolviert haben soll. Laut eigener Aussage geschah diese Übergabe, weil bei einem von ihm nicht verschuldeten Autounfall eine Nonne zu Tode kam.[5]

Nach seiner aktiven Karriere arbeitete er als PR-Manager im Sportbereich, u. a. war er für den Beerschot AC tätig.

Ab 2003 zeigte der belgische Fernsehsender VTM eine Doku-Soap mit 267 Folgen („De Pfaffs“), in welcher Pfaff und seine Familie wöchentlich in einer 40-Minuten-Episode zu sehen waren.[6]

In Deutschland war Jean-Marie Pfaff als Mitglied des BFC Dynamo kurzzeitig wieder fußballerisch-unterstützend aktiv. Er förderte beim damaligen Berliner Oberligisten vornehmlich den Aufbau eines Jugendleistungszentrums, das auch seinen Namen tragen sollte. Nach gut einem Jahr kündigte er im August 2006 diesen Vertrag.

In Brasschaat bei Antwerpen hat Pfaff sich ein Haus im Ranchstil bauen lassen, wo er mit seiner großen Familie wohnt.

Pfaffs Autobiografie Mein Leben – Vom Straßenfußballer zum Welttorhüter erschien Ende 2021.[7]

Erfolge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Jean-Marie Pfaff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pfaffs Eigentor
  2. Matthias Arnhold: Jean-Marie Pfaff - Matches and Goals in Bundesliga. RSSSF.org, 16. Januar 2020, abgerufen am 17. Januar 2020.
  3. Karel Stokkermans: Jean-Marie Pfaff - International Appearances. RSSSF.org, 16. Januar 2020, abgerufen am 17. Januar 2020.
  4. Pfaffs Geheimnisse von Leberkäs mit Eiern, sueddeutsche.de vom 5. April 2013 abgerufen am 1. Juli 2013
  5. Torwartlegende Jean-Marie Pfaff (Memento vom 1. Juli 2013 im Webarchiv archive.today) Audio abgerufen am 1. Juli 2013
  6. Jean-Marie Pfaff: „Früher Belgier, jetzt Bayer“: Abendzeitung vom 1. Oktober 2012, abgerufen am 1. Juli 2012
  7. Ex-FCB-Keeper veröffentlicht Biografie, sport1.de, abgerufen am 15. September 2022