Jean Fautrier

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Jean Fautrier (* 16. Mai 1898 in Paris; † 21. Juli 1964 in Châtenay-Malabry, Département Hauts-de-Seine) war ein französischer Künstler. Er gilt als einer der wichtigsten französischen Vertreter der internationalen Strömung des Informel.

Leben und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jean Fautrier wurde am 16. Mai 1898 in Paris geboren, von wo aus er um 1907 bis 1908 mit seiner Mutter nach London zog, nachdem sein Vater, ein Londoner Gemäldehändler, verstorben war. 1912 wurde er an der Royal Academy of Arts zugelassen, verließ diese allerdings 1915 wieder, um an der Slade School of Fine Art ein Studium zu beginnen. 1917 wurde er in die französische Armee einberufen. Nachdem er eine schwere Lungenverletzung erlitten hatte, die sich zu einem chronischen Lungenleiden entwickelte, wurde er 1919 aus der Armee entlassen.

Nach Aufenthalten in Anvers, Rouen, Reisen nach Berlin, Dresden, Innsbruck, kehrte er 1922 wieder nach Paris zurück und bezog 1923 ein Atelier am Montparnasse. Seine ersten Ausstellungen wurden von Jeanne Castel organisiert, und Paul Guillaume nahm ihn unter Vertrag; er bekam seine erste Einzelausstellung 1927 in der Galerie Bernheim-Jeune. André Malraux verschaffte ihm 1928 den Auftrag, Dantes Inferno für den Verlag Gallimard zu illustrieren, dieser kam allerdings nicht zustande. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise verschlechterte sich der Verkauf seiner Bilder. Fautrier zog sich bis Ende der 1930er Jahre in die Südtiroler Berge zurück, sicherlich auch, weil das Klima seinem Lungenleiden gut tat und er eine künstlerische Katharsis suchte.

Ende der 1930er Jahre kehrte er in das später nationalsozialistisch besetzte Paris zurück, wo er sich der Résistance anschloss. 1943, nach kurzer Inhaftierung durch die SS, floh er mit Hilfe von Jean Paulhan nach Châtenay. Während dieser Zeit malte er die Geiseln und lernte Jeannine Aeply kennen. Aus der Ehe mit ihr gingen zwei Kinder hervor. Mit der Ausstellung der Arbeit Les otages in der Galerie René Drouion im Jahre 1945 gelang ihm der künstlerische Durchbruch. In der Folgezeit beschäftigte er sich hauptsächlich mit Reproduktionsverfahren, die ein Maximum an Qualität ermöglichen. 1954, nachdem er mit seinen Originaux Multiples nicht den erhofften finanziellen Erfolg hatte, begann er wieder zu malen.

Fautriers Werke zeichnen sich durch ihren tiefen, manchmal tragischen Ernst aus, der zum Teil aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs hervorgeht (Serie der Otages – Geiseln). Fautriers Farbauftrag ist von einer ungewöhnlichen Dicke. Die so entstandenen Werke – meistens die Darstellung eines einzigen, gerade noch erkennbaren Gegenstands – sind von einer ungemeinen Plastizität und Dichte, die ihren strengen Charakter noch steigert. Ein Beispiel ist das Gemälde L'homme qui est malheureux (44 × 59 cm) aus dem Jahr 1947.[1]

Das Musée d’art moderne de la Ville de Paris besitzt eine umfangreiche Sammlung von Werken Jean Fautriers aus seinem Nachlass. 1959 war Fautrier Teilnehmer der documenta II in Kassel. 1960 erhielt er zusammen mit Hans Hartung den Großen Preis der Biennale di Venezia.

Jean Fautrier starb am 21. Juli 1964, am Tag der geplanten Hochzeit mit Jacqueline Cousin.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michel Ragon: Fautrier : douze reproductions. Fall, Paris 1957. (Le musée de poche).
  • Pierre Restany: Fautrier: 30 années de figuration informelle. Paris 1957.
  • André Verdet: Fautrier. Falaize, Paris 1958.
  • Palma Bucarelli: Jean Fautrier : pittura e materia. Il Saggiatore, Mailand 1960. (Enthält: Vorwort von Giuseppe Ungaretti; 16 Farb-, 32 Schwarzweissillustrationen und 700 Reproduktionen).
  • Edwin Engelberts: Jean Fautrier : œuvre gravé, œuvre sculpté; essai d'un calatogue raisonné. Galerie Engelberts, Genève 1969.
  • Giorgio Galansino: Jean Fautrier : a Chronology of His Early Paintings (1921–1942). Univ. Microfilms International, Ann Arbor, Mich. 1973. [= Univ. Diss. Chicago, Ill. 1973].
  • Rainer Michael Mason: Jean Fautrier, die Druckgraphik : neuer Versuch eines Werkverzeichnisses. Mit zwei Beiträgen von Castor Seibel und Marcel-André Stalter. Stuttgart 1987. (Französische Ausgabe: Jean Fautrier, les estampes : nouvel essai de catalogue raisonn. Cabinet des Estampes, Genève 1986, ISBN 2-8306-0029-0).
  • Pierre Cabanne: Jean Fautrier. Éditions de la Différence, Paris 1988.
  • Yves Peyré: Fautrier, ou, Les outrages de l'impossible. Editions du Regard, Paris 1990, ISBN 2-903370-54-0.
  • Robert Droguet: Fautrier 43 / Robert Droguet. Suivi des lettres de Jean Fautrier à Robert Droguet. L'Echoppe, Paris 1995, ISBN 2-84068-053-X.
  • Yve-Alain Bois, Rosalind E. Krauss: Formless : a User's Guide. Zone Books, New York, NY 1997, ISBN 0-942299-43-4. (Französischer Originaltitel: L'informe. Ausstellungskatalog 22. Mai – 26. August 1996, Centre Goerges Pompidou, Paris).
  • Jean Paulhan: Fautrier : Fautrier, der Besessene; Briefwechsel. Verlag Gachnang & Springer, Bern/Berlin 2004, ISBN 978-3-906127-73-6.
  • Wolfgang Sauré: Jean Fautrier – deutsche und englische Einflüsse auf sein Schaffen. Pro Business, Berlin 2006, ISBN 978-3-939000-74-7.
  • Michael Semff, Andreas Strobl (Hrsg.): Die Gegenwart der Linie. Eine Auswahl neuerer Erwerbungen des 20. und 21. Jahrhunderts der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Pinakothek der Moderne 19. März bis 21. Juni 2009, München 2009, ISBN 978-3-927803-46-6.
  • Daniel Cremene: Jean Fautrier (1898–1964). Primitivismus und haute pâte. München 2009 (= Master Thesis 2009, KU Eichstätt/LMU München).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sotheby’s London, Mai 2012 ex Gunter Sachs
  2. http://www.cosmopolis.ch/kunst/d0218/jean_fautrier_d00218.htm