Johannes Kerkorrel

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Johannes Kerkorrel (* 27. März 1960 in Johannesburg; † 12. November 2002 in Kleinmond; bürgerlicher Name Ralph John Rabie; als Künstlername auch Johnny K und Johannes) war ein südafrikanischer Sänger, Journalist, Theaterschauspieler und Bühnenautor.[1][2]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rabie wurde in Johannesburg geboren. Sein Vater Koos Rabie war Ingenieur in einem Kohlekraftwerk der Eskom, seine Mutter Annie Hausfrau. Ralph John Rabie wuchs in einem traditionell geprägten Haushalt auf. Mit acht Jahren bekam er ein Klavier. Bereits als Schüler trat er in der Öffentlichkeit als Musiker auf. Wegen der Tätigkeit seines Vaters zog die Familie mehrfach in verschiedene Städte Transvaals um, bis Rabie schließlich 1977 sein Matric an der Sasolburg High School machte.[3] 1978 begann er an der Universität Potchefstroom ein Studium der Industriellen Psychologie und des Journalismus. 1980 heiratete er, im Folgejahr erwarb er einen Honours-Abschluss für Englische Literatur an der Universität Kapstadt. 1982 wurde er zum zweijährigen Wehrdienst bei der South African Defence Force eingezogen. 1983 wurde sein Sohn geboren.

Nach dem Wehrdienst arbeitete er als Journalist bei der afrikaanssprachigen Wochenzeitung Rapport. 1986, während die Apartheid ihren Höhepunkt unter der Regierung der Nationalen Partei unter Staatspräsident Pieter Willem Botha erlebte, begann Rabie, unter seinem neuen Bühnennamen (kerkorrel ist das Afrikaans-Wort für Kirchenorgel) politisches Kabarett bei Kunstfesten zu machen. 1987 wurde Rabie von Rapport gekündigt, weil er Zitate aus Bothas Reden in seiner Musik verwendet hatte. Er begann, hauptberuflich mit seiner Band Johannes Kerkorrel en die Gereformeerde Blues Band (Johannes Kerkorrel und die reformierte Bluesband – der Bandname bezieht sich ironisch auf die Niederländisch-reformierte Kirche Südafrikas) – zu komponieren und aufzutreten. Mitglied der Band war auch der afrikaanische Chansonnier Koos Kombuis. Dieser neue Stil der afrikaanssprachigen Musik wurde bekannt als alternatiewe Afrikaans (alternative afrikaanssprachige Musik) – sie vermittelte einer neuen Generation Buren ein Bewusstsein für unterschiedliche politische Meinungen.[1][2] In derselben Zeit trennte sich Kerkorrel von seiner Frau.

1989 veröffentlichte die Gereformeerde Blues Band das Album Eet Kreef! (Esst Langusten!) beim Musiklabel Shifty Records. Sechs der neun Titel durften nicht im staatlichen Rundfunk und Fernsehen gespielt werden,[4] das Album war aber trotzdem kommerziell erfolgreich. Danach tourte die Band, unterstützt durch die alternative afrikaanssprachige Wochenzeitung Vrye Weekblad,[4] durch Universitäten und trat bei Kunstfesten auf. Diese Tour hieß Voëlvry (vogelfrei). Rabies umstrittene Neuorientierung in der afrikaanssprachigen Popmusik wurde daher als „Voëlvry-Bewegung“ bezeichnet.[1][2] Besonders der konservative Geheimbund Afrikaner Broederbond versuchte, Konzerte der Bewegung zu verhindern.[5]

1990 erschien Kerkorrels kommerziell erfolgreichstes Album, Bloudruk. In den Texten formulierte er seine Wünsche für ein neues, soziales Südafrika. In dem Lied Vir ’n Wit Mynwerker besingt Kerkorrels seinen Freund Carol-Brink Steenkamp. Das Album wurde aber teilweise verrissen.[6] Zeitweise nannte sich Kerkorrel nun Johnny K. 1990 besuchte er erstmals Amsterdam. Nach einem Auftritt auf dem Dranouter Festival in Belgien wurde das Lied Hillbrow aus dem Album Eet Kreef! in Belgien ein Hit. Daraufhin begann Kerkorrel eine Solotour. In den darauffolgenden Jahren hatte er wesentlichen Erfolg in Belgien und den Niederlanden. In Belgien verbrachte er viel Zeit, in der er sich mit Stef Bos, einem niederländischen Kabarettisten, anfreundete und zusammen mit ihm auftrat.[1][2] 1992 ging er gerichtlich gegen den Autor Koos Prinsloo vor, weil er sich in dessen Buch Slagplaas als homosexueller Künstler wiedererkannte, dessen Freund sich – wie zuvor Steenkamp – erhängt hatte.

1994 trat Kerkorrel mit dem Lied Halala Afrika bei der Amtseinführung Präsident Nelson Mandelas auf.[7] Im selben Jahr erschien das Album Cyanide in the Beefcake, das erstmals einige englischsprachige Lieder enthielt, darunter River of Love über den Suizid Steenkamps. In seinem 1995 erschienenen Album Ge-trans-for-meer dichtete er das Volkslied Al lê die Berge nog so blou in ein Liebeslied zweier Männer um. Ab 1997 nannte er sich Johannes. 1999 sang er zur Amtseinführung Präsident Thabo Mbekis vor rund 100.000 Menschen.[8] Ebenfalls 1999 trat er als Theaterschauspieler in dem Stück Johnny Cockroach (A Lament of Our Times) auf, dessen Text von Breyten Breytenbach speziell für ihn geschrieben worden war.[8]

Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rabie erhängte sich am 12. November 2002 in Kleinmond, in der Nähe von Hermanus an der Küste des Westkaps. Er hinterließ seinen langjährigen homosexuellen Lebenspartner, sowie seine Exfrau und einen Sohn.[9][10][11][12]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1995 SAMA – Bestes Popmusik-Album für Cyanide in the Beefcake[1]
  • 1997 SAMA – Bester männlicher Sänger und bestes Adult Contemporary Album in Afrikaans für Ge-trans-for-meer[13]
  • 2001 Geraas – Bestes Popmusik-Album und beste Adaption von Die Ander Kant[14]
  • 2013 SAMA – Award für das Lebenswerk (Lifetime Achievement Award)[15][16] (postum)

Diskografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eet Kreef! (1989)
  • Bloudruk (1992)
  • Cyanide in the Beefcake (1994)
  • Ge-trans-for-meer (1996)
  • Tien Jaar Later (1998)
  • Johannes Sing Koos du Plessis (1999)
  • Die Ander Kant (2000)
  • Voëlvry Die Toer (2002)
  • Kerkorrel – Best Of: Pêrels Voor Die Swyne (2003)
  • Hoe Ek Voel (2012) – veröffentlicht am zehnten Jahrestag von Rabies Tod[17]

Würdigungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Rabies Tod machten verschiedene Künstler Aufnahmen zur Würdigung seines Lebens und seiner Arbeit, unter anderem:

Coverversionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele Coverversionen von Rabies Musik entstanden, darunter:

Filme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Who Killed Johannes Kerkorrel? Dokumentarfilm, Südafrika, 2011.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Leswin Laubscher: Afrikaner identity and the music of Johannes Kerkorrel. In: South African Journal of Psychology. 35. Jahrgang, Nr. 2, 2005, S. 308–330 (academia.edu [abgerufen am 21. April 2013]): „As old identity verities are dislodged, post-apartheid South Africa is witness to dramatic identitary flux. This study examines Afrikaner identity and particularly that of the generational cohort who witnessed the end of apartheid as young adults. Employing a hermeneutic semiology, the study provides a reading of Johannes Kerkorrel’s music, arguing that, as cultural text, it enacts identitary discourse and tension. As such, several identitary moments and motifs are noted across a period of roughly 20 years, including that of identity as rebellion, location and individualising interiority. Finally, it is suggested that the law-of-the-father, as apartheid bequest, organises and animates identity struggles for this generation.“
  • Martina Viljoen: Johannes Kerkorrel en postapartheid-Afrikaneridentiteit. 1. November 2005, abgerufen am 21. April 2013 (Afrikaans).
  • Pat Hopkins: Voëlvry the movement that rocked South Africa. Zebra Press, Cape Town 2006, ISBN 978-1-77007-120-9 (google.co.za [abgerufen am 21. April 2013]).
  • Hendrik Michael Grobler Uys: A Psychobiographical Study of Ralph John Rabie. Master-Arbeit an der Universität der Nelson-Mandela-Metropole, 2010. Digitalisat (PDF)
  • Johannes Kerkorrel. roekeloos.co.za, abgerufen am 21. April 2013 (Afrikaans).
  • Music Artists: Johannes Kerkorrel. Entertainmentafrica Mobile, archiviert vom Original am 29. Oktober 2013; abgerufen am 21. April 2013.
  • Voëlvry. Shifty, archiviert vom Original am 29. Oktober 2013; abgerufen am 22. April 2013: „Ralph Rabie, who was at that time a journalist on an Afrikaans paper, went down to Cape Town to interview André when Vêr van die ou Kalahari was released. There was a meeting of minds which eventually led to both of them playing in the first incarnation of the Gereformeerde Blues Band. A short while later, André left to forge a solo career as Koos Kombuis, while Ralph, by then known as Johannes Kerkorrel, went on to record the seminal Eet Kreef album with the remaining members of the GBB. Both artists featured on the Voëlvry compilation, which came out around this time.“
  • Johannes Kerkorrel & GBB. Shifty, abgerufen am 22. April 2013: „Slashing their way out of the Nationalist Party ideology, the GBB charted the wide open spaces of a new Afrikaner rebellion. This time the insurrection was a musical one, with the GBB as rock & roll outlaws slinging guitars and stinging criticism against the laager mentality of volks kultuur and the apartheid way of life. Moving conventional rock into the realm of political theatre and satire as successfully as they did proved that if the GBB were to be seen as cultural upstarts, they were upstarts with a vision both innovative and lucid that could not be ignored.“

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e 'Dylan' of Afrikaans rock dies. SouthAfrica.info, 13. November 2002, archiviert vom Original am 29. Oktober 2013; abgerufen am 20. April 2013.
  2. a b c d Robyn Sassen: Just Another Day in Africa: In no-man's land I got lost. 15. Januar 2003, abgerufen am 13. November 2007.
  3. Hendrik Michael Grobler Uys: A Psychobiographical Study of Ralph John Rabie. Master-Arbeit an der Universität der Nelson-Mandela-Metropole, 2010. Digitalisat (PDF), S. 35. (Memento vom 1. Januar 2014 im Internet Archive)
  4. a b Hendrik Michael Grobler Uys: A Psychobiographical Study of Ralph John Rabie. Master-Arbeit an der Universität der Nelson-Mandela-Metropole, 2010. Digitalisat (PDF), S. 40. (Memento vom 1. Januar 2014 im Internet Archive)
  5. Porträt Kerkorrels bei entertainmentafrica.mobi (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive) (englisch), abgerufen am 1. Januar 2014
  6. Hendrik Michael Grobler Uys: A Psychobiographical Study of Ralph John Rabie. Master-Arbeit an der Universität der Nelson-Mandela-Metropole, 2010. Digitalisat (PDF), S. 43. (Memento vom 1. Januar 2014 im Internet Archive)
  7. Hendrik Michael Grobler Uys: A Psychobiographical Study of Ralph John Rabie. Master-Arbeit an der Universität der Nelson-Mandela-Metropole, 2010. Digitalisat (PDF), S. 46. (Memento vom 1. Januar 2014 im Internet Archive)
  8. a b Hendrik Michael Grobler Uys: A Psychobiographical Study of Ralph John Rabie. Master-Arbeit an der Universität der Nelson-Mandela-Metropole, 2010. Digitalisat (PDF), S. 49. (Memento vom 1. Januar 2014 im Internet Archive)
  9. Pieter Redelinghuys: Kerkorrel commits suicide. In: News24. 12. November 2002 (Online [abgerufen am 22. April 2013]).
  10. Remembering Kerkorrel. In: Mail & Guardian. 13. November 2012 (Online [abgerufen am 21. April 2013]).
  11. Jacob Rooi: 'I'm sorry mom'. In: Rapport. 17. November 2002 (Online [abgerufen am 21. April 2013]).
  12. 'Who killed Kerkorrel?' In: News24. 25. August 2005 (Online [abgerufen am 20. April 2013]).
  13. The long road ahead. In: Mail & Guardian. 2. Mai 1997 (Online [abgerufen am 21. April 2013]).
  14. Mariana Malan: First Geraas award ceremony. In: Die Burger Wes. 6. November 2001 (Online [abgerufen am 21. April 2013]).
  15. Music veterans to be honoured at SA Music Awards. In: Mail & Guardian. 3. April 2013 (Online [abgerufen am 21. April 2013]): „Kerkorrel was a prominent icon of the alternative Afrikaans music scene and a significant player in the vibrant 'Voëlvry' cultural movement. The Voëlvry movement was the 'Boere Beatlemania' of the late 1980s, whose main proponents sported undeniably kitsch names like Koos Kombuis and Johannes Kerkorrel. But far from being incidental, this eccentric bunch of young Afrikaans artists became the voice of their generation when South Africa was pushed to the brink of collapse by apartheid. Under the Voëlvry banner, their goal was the emancipation of Afrikaner youth from the strictures of their authoritarian, patriarchal culture – to make it cool to be Afrikaans. Kerkorrel's life has been celebrated in a wave of tributes following his untimely death at the age of 42 in 2002.“
  16. Charles Leonard: Johannes Kerkorrel: The wise fool who left the fray. In: Mail & Guardian. 10. Mai 2013 (Online [abgerufen am 13. Mai 2013]).
  17. Die 10-jaar herdenking van Johannes Kerkorrel se dood. ja.fm, 8. November 2012, abgerufen am 20. April 2013.