Josef Wund

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Josef Wund (* 11. Dezember 1938 in Eriskirch-Mariabrunn; † 14. Dezember 2017 in Waldburg bei Ravensburg) war ein deutscher Architekt und Unternehmer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Josef Wund war der Sohn eines Pferdekutschers in Mariabrunn bei Friedrichshafen und absolvierte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zunächst eine Maurerlehre.[1][2] Auf dem zweiten Bildungsweg studierte er später Architektur und Bauingenieurwesen, arbeitete als angestellter Architekt und später in Partnerschaft (Knittel und Wund Architekten). Nach der Auflösung dieser Partnerschaft, in der überwiegend regionaler Wohnungs- und Gewerbebau betrieben wurde, realisierte er im Alter von 27 Jahren die Messehalle 1 in Friedrichshafen, seinerzeit die größte freitragende Gasbeton-Hängedach-Halle der Welt. In der Folge lag sein Tätigkeitsschwerpunkt in großen Industriebauten bundesweit. Beim Bau eines kompletten Standortes für ThyssenKrupp bot er erstmals den schlüsselfertigen Bau mit Termin- und Festpreisgarantie an. Dieses Modell fand zunehmende Nachfrage und bescherte ihm zahlreiche weitere Großaufträge für Industriebauten.[3]

Anfang der 80er Jahre erkannte Josef Wund die steigende Bedeutung der Freizeit in der Lebensgestaltung der Menschen und wandte sich diesem Arbeitsfeld zu. Er entwickelte dazu zahlreiche Technologien für bewegliche Baukonstruktionen. Um große Freizeitanlagen wie Tennishallen, Schwimmbäder und Eisstadien ganzjährig attraktiv zu halten, konnten ganze Hallenkonstruktionen in wenigen Minuten entfernt oder wieder installiert werden. Um große Veranstaltungshallen wie Fußballstadien und Arenen multifunktional nutzbar zu gestalten, wurden zahlreiche technische Innovationen für bewegliche Bodenkonstruktionen sowie zur Rasenbelüftung entwickelt und zum Teil patentiert.[4]

Mitte der 1990er Jahre begann er den Bau der Therme Erding und wurde als „Bäderkönig“ bekannt.[5] Für die Expo 2000 entwarf er den deutschen Pavillon für etwa 120 Millionen DM, die er auf eigene Rechnung vorstreckte.[6] Die „Trägergesellschaft Deutscher Pavillon“ zahlte im Rahmen der 153-tägigen Nutzungsdauer 78 Millionen DM Miete.[7] Im Zuge der Flüchtlingskrise in Deutschland ab 2015 verkaufte Wund das Gebäude für 5,7 Millionen Euro an die Stadt Hannover.[8]

Weitere Großinvestitionen in Badeprojekte folgten: Er investierte unter anderem 37 Mio. Euro in das „Badeparadies Schwarzwald“ in Titisee-Neustadt, 30 Millionen Euro in die „Therme Euskirchen[9] und 50 Millionen Euro in die „Thermen & Badewelt Sinsheim“.[10] Ein weiteres „Badeparadies“ ist in Bad Vilbel in Planung (Stand 2020).[11]

2011 wurde ein Prozess wegen Bestechung und Steuerhinterziehung vor dem Stuttgarter Landgericht gegen Wund eröffnet.[12] Ihm wurde vorgeworfen, 1996 zwei Aufsichtsräte bestochen zu haben, damit diese sich dafür einsetzten, dass er den Zuschlag erhielt.[13] Gegen eine Zahlung von einer Million Euro an gemeinnützige Einrichtungen wurde das Verfahren eingestellt.[14]

2015 begründete Wund die gleichnamige Stiftung.[15][16]

Josef Wund starb am 14. Dezember 2017, drei Tage nach seinem 79. Geburtstag, beim Flugzeugabsturz einer Cessna Citation Mustang in der Nähe von Sieberatsreute, einem Ortsteil von Waldburg bei Ravensburg in Oberschwaben, während des Landeanflugs auf den Flughafen Friedrichshafen.[17][18]

Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Josef Wund vermachte seinem Sohn durch Schenkung die Thermen Erding und Bad Wörishofen. Sie bilden seit dem Ableben des Firmengründers einen eigenständigen Geschäftsbereich unter Führung von Jörg Wund. Die Familienmitglieder wurden mit Vermächtnissen bedacht.

Alleinerbin ist die 2015 von Josef Wund gegründete Josef Wund Stiftung gGmbH, Stuttgart, Geschäftsführer Christoph Palm, Oberbürgermeister a. D., mit Erbschein vom 17. Juli 2019.[19] Zum Testamentsvollstrecker mit Zeugnis vom 20. September 2019 – beide ausgestellt vom Amtsgericht Tettnang – wurde die ebenfalls 2015 gegründete JWTV-Vermögensverwaltung GmbH, Stuttgart, ernannt, Geschäftsführer Peter Baumeister und Günter Renz. Josef Wund ordnete Abwicklungs- und Dauertestamentsvollstreckung an.

Die Thermengruppe Josef Wund Stiftung gGmbH umfasst die Therme Euskirchen, die Thermen & Badewelt Sinsheim und das Badeparadies Schwarzwald in Titisee-Neustadt, sämtliche verwaltet durch die Wund Holding GmbH, Friedrichshafen, Geschäftsführer Edelfried Balle.[20] Gemeinsam mit der Therme Group, Wien, wurde im Januar 2021 der Bauantrag für den Neubau der Therme Bad Vilbel gestellt.[21] Ein ebenfalls schon von Josef Wund vorgesehener Ausbau der Therme in Sinsheim ist in Planung.[22]

Architekturprojekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unternehmensgruppe Wund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Unternehmensgruppe Wund betreibt zurzeit drei Freizeitbäder und den Deutschen Pavillon für die Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover:[25]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Expo 2000 – Der Pavillon des Josef Wund in der Deutschen Digitalen Bibliothek
  2. Rainer Stadler: Der Himmel der Bayern. In: SZ-Magazin vom Januar 2012
  3. Unternehmensgruppe Wund
  4. Europäisches und deutsches Patentverzeichnis, Lens.org,: The Lens - Free & Open Patent and Scholarly Search. Abgerufen am 3. März 2021.
  5. Siegfried Grosskopf: In: Badische Zeitung: Bestechungsvorwurf bringt Bäderkönig vor den Kadi. 19. Januar 2011, abgerufen am 3. März 2021.
  6. Klaus-Dieter Weiss: Ein Zirkuszelt für Deutschland. In: Tagesspiegel vom 18. Februar 2000
  7. Expo: Gigantische Miete für deutschen Pavillon. In: Der Spiegel vom 21. November 1999
  8. Conrad von Meding: „Jetzt schlägt die Stunde der Krisengewinnler“ Hannoversche Allgemeine vom 12. Oktober 2015
  9. Christof Ernst: Euskirchen: Ärger im „Badeparadies“. In: Express vom 24. Januar 2011
  10. Wolfgang Kächele: Größte Sauna der Welt steht in Sinsheim (Memento vom 2. Februar 2014 im Internet Archive). In: Rhein-Neckar-Zeitung vom 16. Mai 2013
  11. Frankfurter Neue Presse: Neue Mega-Therme trotzt Corona-Pandemie - Konkrete Pläne. In: fnp.de. 17. Juni 2020, abgerufen am 6. April 2022.
  12. Bernd S. Winckler: „Badeparadies“-Betreiber: Josef Wund weist alle Beschuldigungen zurück. In: Kölnische Rundschau vom 21. Januar 2011
  13. Bäderkönig: Ich muss nicht bestechen. In: Badische Zeitung vom 20. Januar 2011.
  14. Verfahren gegen Josef Wund eingestellt. In: Augsburger Allgemeine vom 29. Juli 2011
  15. JW Stiftung gGmbH - Profil. Abgerufen am 26. September 2020.
  16. Ex-Oberbürgermeister geht zur Josef Wund Stiftung. 21. Februar 2017, abgerufen am 26. September 2020 (deutsch).
  17. Frankfurter Neue Presse: Flugzeugabsturz bei Ravensburg: Thermen-Investor Josef Wund unter den Todesopfern. In: fnp.de. 15. Dezember 2017, abgerufen am 15. Dezember 2017.
  18. Flugunfalldaten und -bericht Flugzeugabsturz im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 15. November 2020.
  19. Ex-OB Christoph Palm leitet in Zukunft die Josef Wund Stiftung. In: zvw.de. 16. Februar 2017, abgerufen am 3. März 2021.
  20. Thermengruppe Josef Wund – Einzigartige Erlebnis- & Badewelten. Abgerufen am 3. März 2021.
  21. Mega-Therme in Bad Vilbel: Thermengruppe Josef Wund kooperiert mit Therme Group. 5. Februar 2021, abgerufen am 3. März 2021.
  22. Badewelt nimmt Kurs auf Rutschenpark. In: stimme.de. Abgerufen am 3. März 2021.
  23. Bernd Steinle: Die schönste Niederlage, die man sich vorstellen kann. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. März 2005
  24. Katy Cuko: Friedrichshafen: ZF-Arena darf nicht abgerissen werden: Was das für die VfB-Volleyballer in Friedrichshafen bedeutet. In: Südkurier.de. 11. September 2021, abgerufen am 15. September 2021.
  25. Unternehmensgruppe Wund