Joseph Kony

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Joseph Rao Kony (* um 1961 in Odek, Uganda) ist ein Kriegsverbrecher und Führer der Lord’s Resistance Army („Widerstandsarmee des Herrn“, LRA), einer Rebellengruppe, die die Zivilbevölkerung im Norden Ugandas und später auch in der Zentralafrikanischen Republik und Demokratischen Republik Kongo sowie Südsudan terrorisiert und der Regierung Ugandas unter Yoweri Museveni den Krieg erklärt hatte, mit dem Ziel, ein theokratisches Herrschaftssystem in Uganda einzuführen, das auf den biblischen Zehn Geboten basieren sollte.[1] Nach ihm wird seit dem Jahr 2005 weltweit mit Haftbefehl durch den internationalen Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag gefahndet.[2] Sein Aufenthaltsort ist unbekannt, er wird in der Grenzregion Kafia Kingi zwischen dem Sudan und Südsudan vermutet.[3] In dem Jahr erließ der IStGH ebenso Haftbefehle gegen Konys Stellvertreter Vincent Otti und die Kommandeure Raska Lukwiya, Okot Odhiambo und Dominic Ongwen. Ongwen wurde gefasst und 2021 verurteilt; Lukwiya, Odhiambo und Otti sind tot.[4]

Die von Kony seit 1987 angeführte Lord’s Resistance Army soll im LRA-Konflikt geschätzt 66.000 Kinder entführt und zu Soldaten ausgebildet haben und wird für die interne Vertreibung von mehr als zwei Millionen Menschen verantwortlich gemacht.[5] Im November 2022 will der Ankläger des IStGH gegen Joseph Kony Anklage erheben.[6]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Joseph Kony, ein Acholi, wurde 1961 als Kind einer armen Familie im nordugandischen Dorf Odek geboren. Er entwickelte sich von einem katholischen Ministranten und Schulabbrecher zu einem schwer fassbaren und brutalen Rebellenführer, der sich selbst als Geistermedium, Gebieter und Befreier bezeichnet. Kony trat erstmals im Januar 1987 im vermuteten Alter von 26 Jahren auf. Er führte die LRA an, die er als eine von zahlreichen Gruppierungen, die nach dem Zerfall des Holy Spirit Movement seiner Cousine (manche Quellen sprechen von Tante, z. B. Hope-international) Alice Auma Lakwena entstanden, begründet hatte. Von dieser wurde er maßgeblich beeinflusst.

Er erhielt 1986[7] angeblich vom „heiligen Geist“ den Befehl, die LRA zu gründen, und verließ unbewaffnet seinen Heimatort Odek zusammen mit 11 Anhängern am 1. April 1987.[8] Im selben Jahr stieß sein späterer Generalleutnant Vincent Otti zu seiner Gruppe,[9] den er 2007 wegen einer angeblichen Verschwörung gegen ihn erschießen ließ.[10]

Konys Gruppierung setzt sich für einen christlich-theokratischen Staat in Uganda auf der Basis der Bibel und der Zehn Gebote ein. Die Mehrehe ist in Konys Konzeption des christlichen Fundamentalismus gemäß dem alten Testament gestattet, das Schwein wird gemäß einschlägiger Äußerungen des Alten Testaments als ein unreines Tier aufgefasst und der Verzehr von Schweinefleisch untersagt. Kony selbst bekundete, dass er vom „heiligen Geist“ in seinem Kampf angeführt werde.

2008 hielt er sich unter anderem in der Demokratischen Republik Kongo auf, wo er aufgrund der geografischen und politischen Gegebenheiten nur schwer gestellt werden kann.[11] Seit 2010 wird er – unter sudanesischem Schutz – in der Enklave Kafia Kingi vermutet.[12][13]

Anklagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach fast 20 Jahren Terror wurden am 13. Oktober 2005[14] die Ermittlungen beim Internationalen Strafgerichtshof eingeleitet und ein Haftbefehl erhoben. Es heißt, dass Kony Ende 2003 befohlen habe, Zivilisten zu töten, zu berauben und zu verschleppen, darunter solche, die in Camps für Binnenvertriebene lebten. Darauf hätten die hohen Kommandeure der LRA und alle Brigade-Kommandeure begonnen, verschiedene Regionen in Uganda anzugreifen. Der Haftbefehl gegen Joseph Kony nennt 33 Anklagepunkte, darunter:

Im März 2009 wurde der Gesetzesentwurf des Lord’s Resistance Disarmament and Northern Uganda Recovery Act of 2009 vorgelegt[15] und im März 2010 vom US-Kongress angenommen. Im Zuge dessen wurden 100 US-Soldaten als Berater entsandt.[16]

Am 24. März 2014 berichtet die Washington Post über die Verlegung von vier US-amerikanischen VTOL-Transportern vom Typ CV-22 Osprey und die Entsendung von 150 Soldaten des Air Force Special Operations Command (AFSOC) nach Uganda. Die Soldaten sollen die Suche nach Joseph Kony unterstützen.[17][18] Im April 2017 teilte ein Sprecher der ugandischen Armee mit, dass die Suche nach Kony eingestellt werde. Seine LRA sei auf unter 100 Mitglieder geschrumpft und stelle somit keine Gefahr mehr für das Land dar.[19]

Kony 2012[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Organisation Invisible Children Inc. startete 2011/12 die Kampagne Kony 2012 zur Ergreifung Joseph Konys. Dadurch gerieten die Taten Konys stark in den Fokus der Öffentlichkeit. Wenig später kündigte die Afrikanische Union an, 5000 Soldaten nach Zentralafrika zu entsenden, um Joseph Kony dort festzunehmen.[20] Ende Juni 2012 stimmte der UN-Sicherheitsrat in einer Präsidialerklärung der Entsendung der Truppen zur Ergreifung Konys und zur Zerschlagung seiner Widerstandsarmee zu.[21] Im Januar 2013 wurde Konys Leibwächter und Chef-Logistiker getötet.[22] Anfang April desselben Jahres setzten die USA ein Kopfgeld in Höhe von 5 Mio. US-Dollar (3,9 Mio. Euro) auf Kony aus.[23]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ruddy Doom, Koen Vlassenroot: Kony’s Message: A New Koine? The Lord’s Resistance Army in Northern Uganda. In: African Affairs, Band 98, 1999, S. 5–36

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Matthew Green: The Wizard of the Nile. The Hunt for Africa’s Most Wanted. Portobello Books 2008. S. 57.
  2. Kony et al. Case. Abgerufen am 6. März 2018 (britisches Englisch).
  3. Michelle Trimborn: Massenmörder: Was wurde aus dem Warlord Joseph Kony? In: Spiegel Online. 3. Februar 2016 (spiegel.de [abgerufen am 6. März 2018]).
  4. Ilona Eveleens: Urteil gegen LRA-Kommandeur aus Uganda: Erst Opfer, dann Täter. In: Die Tageszeitung: taz. 4. Februar 2021, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 8. Oktober 2021]).
  5. Text of H.R. 2478 (111th): Lord’s Resistance Army Disarmament and Northern Uganda Recovery Act of 2009 (Introduced version). In: govtrack.us. 19. Mai 2009, abgerufen am 24. Februar 2024 (englisch).
  6. ICC prosecutor seeks to revive case against fugitive Joseph Kony. Abgerufen am 25. November 2022 (englisch).
  7. Matthew Green: The Wizard of the Nile. The Hunt for Africa’s Most Wanted. Portobello Books, 2008. S. 39.
  8. Matthew Green: The Wizard of the Nile. The Hunt for Africa’s Most Wanted. Portobello Books, 2008. S. 40.
  9. Noel Mwakugu: Obituary: LRA deputy Vincent Otti. In: news.bbc.co.uk. 23. Januar 2008, abgerufen am 24. Februar 2024.
  10. Archivlink (Memento vom 5. Juni 2011 im Internet Archive).
  11. Jane’s Intelligence Report, 7/2008, Seite 6.
  12. Simone Schlindwein: Jagd auf Warlord wird beendet, taz vom 6. September 2016, S. 11.
  13. Rodney Muhumuza: Joseph Kony’s rebels sell ivory, minerals: report, AP-Meldung auf Yahoo vom 19. November 2014 (englisch).
  14. Andrea Böhm: Menschenrechte: Akte Uganda. In: zeit.de. 13. Juli 2006, abgerufen am 27. Januar 2024.
  15. Lord’s Resistance Army Disarmament and Northern Uganda Recovery Act of 2009 (2009; 111th Congress H.R. 2478). In: govtrack.us. 19. Mai 2009, abgerufen am 24. Februar 2024 (englisch).
  16. AFP/dapd/dpa/mcz: Militärhilfe: 100 US-Soldaten gegen Ugandas brutalste Rebellen. In: welt.de. 15. Oktober 2011, abgerufen am 24. Februar 2024.
  17. Karen DeYoung: Obama boosts effort to find Kony. In: washingtonpost.com. 24. März 2014, abgerufen am 24. Februar 2024 (englisch).
  18. Thomas Scheen: Amerika weitet Jagd auf Joseph Kony aus. In: FAZ.net. 24. März 2014, abgerufen am 24. Februar 2024.
  19. hepo./dpa: Ende der Jagd auf Rebellenführer Kony. In: FAZ.net. 19. April 2017, abgerufen am 24. Februar 2024.
  20. heb/dpa/dapd/Reuters: Tausende Soldaten sollen Schlächter von Uganda Joseph Kony jagen. In: Spiegel Online. 23. März 2012, abgerufen am 24. Februar 2024.
  21. Uno billigt Jagd auf Kony. In: nzz.ch. 30. Juni 2012, abgerufen am 24. Februar 2024.
  22. dapd: Meldung: Ugandische Soldaten töten Leibwächter von Milizenchef Kony. In: welt.de. 21. Januar 2013, abgerufen am 24. Februar 2024.
  23. Reuters: USA: Fünf Millionen Dollar Kopfgeld auf Joseph Kony. In: diepresse.com. 4. April 2013, abgerufen am 24. Februar 2024.