Journalistinnenbund

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Journalistinnenbund
(JB)
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Rechtsform gemeinnütziger eingetragener Verein
Gründung 31. Oktober 1987
Sitz Köln
Zweck Geschlechtergleichstellung in den Medien
Vorsitz Friederike Sittler seit 2019
Mitglieder ca. 400
Website www.journalistinnen.de

Der Journalistinnenbund e. V. ist ein bundesweites, berufsbezogenes und Generationen übergreifendes Netzwerk für Frauen, die hauptberuflich im journalistischen Bereich tätig sind. Sein Sitz befindet sich in Köln.

Der Verein wurde am 31. Oktober 1987 in Frankfurt am Main von an Frauenpolitik interessierten und in der Frauenpolitik engagierten Journalistinnen gegründet. Der Verein versteht sich als frauenpolitisches und an Geschlechtergleichstellung interessiertes Netzwerk im Bereich der Medien.[1] Frauen aus allen Bereichen der Medien können Mitglied werden.

Der Journalistinnenbund vergibt jährlich drei Medienpreise an Frauen und würdigt deren journalistische Leistungen mit der Hedwig-Dohm-Urkunde für ihr Lebenswerk, mit dem Marlies-Hesse-Nachwuchspreis und dem Courage-Preis für aktuelle Berichterstattung. 2022 wurde erstmals das Hedwig-Dohm-Recherchestipendium vergeben.

Ziele und Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Podiumsdiskussion mit Miriam Meckel (l.) und Bettina Gaus (r.) zur Jahrestagung 2007 in Herne

Von Anfang an setzt sich der Verein für eine stärkere Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen der deutschen Medien ein (1988), forderte 1990 die Einrichtung eines deutsch-deutschen Medienrates unter paritätischer Beteiligung von Frauen, bezog Stellung zu politischen Ereignissen wie dem Golfkrieg 1991, und protestierte wiederholt gegen Versuche, bestehende frauenpolitische Sendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk oder analoge Ressorts in Zeitungen zu kürzen oder zu schließen.

Im Laufe seines Bestehens gab es wechselnde Schwerpunktthemen, mit denen sich das Netzwerk intensiver beschäftigte und aus denen Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen wie Gender (soziales Geschlecht), gendersensibler Sprache im Journalismus,[2] Medienbeobachtung, Mentoring,[3] das Medienlabor[4] und Brave (Projekt zur Unterstützung von Journalistinnen in der arabischen Welt) und anderen.[5][6]

Treffen von Mitgliedern finden in den Regionalgruppen Nord, Berlin, Köln/Bonn, München, Rhein/Main, Ruhr und Südwest statt. Regelmäßig findet eine Jahrestagung statt, die sich einem aktuellen frauenpolitischen, journalistischen oder Medienthema widmet.[7]

Der Journalistinnenbund ist seit Dezember 1990 Mitglied im Deutschen Frauenrat.[8] Im Jahr 2011 gehörte der Verband mit zu den Erstunterzeichnern der Berliner Erklärung und er unterstützt seit dessen Gründung 2012 die Medien-Initiative Pro Quote Medien.

Im Laufe der Jahre wurden im Verband Schulungsunterlagen und Hilfestellungen zu medienpolitischen und journalistischen Themen erarbeitet, u. a. ein Medienkoffer, Materialien zu gendergerechtem Texten im Journalismus und in der Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2019 berät er mit der Website genderleicht.de Medien und interessierte Öffentlichkeit bei der Anwendung geschlechtergerechter Sprache (Gendern).

Bisherige Vorsitzende[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Projekte (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Journalistin Ulrike Helwerth anlässlich des GMMP 2009 beim Codieren der Printmedien, welchen Anteil Frauen in den Nachrichten haben und wie sie dargestellt werden

Global Media Monitoring Project (GMMP)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1995 bis 2015 war der Journalistinnenbund Projektpartner für das alle 5 Jahre weltweit durchgeführte Global Media Monitoring Project (GMMP), einer Medienbeobachtung, wie häufig Frauen in den Nachrichten vorkommen und in welcher Funktion sowie Rolle sie dargestellt werden.[9][10] Diese Medienbeobachtung findet weiterhin statt, der Journalistinnenbund beteiligt sich jedoch erstmals seit 2020 nicht mehr.

Mentoring im Journalistinnenbund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2001 existiert ein Mentoringprogramm. Anfangs als Old Girl’s Network gestartet, unterstützt das Programm Journalistinnen am Beginn ihres Berufsweges.[11] Das Mentoringprogramm zählt zu den ersten Programmen dieser Art in Deutschland. Erfahrene Journalistinnen aus Print, Hörfunk, Fernsehen und Onlinemedien geben in einem etwa einjährigen Zeitraum ihre Erfahrungen an den Nachwuchs weiter und unterstützen bei unterschiedlichen Fragestellungen.[3][12] Das Programm wird ehrenamtlich durch eine interne Arbeitsgruppe betreut, die sich aus ehemaligen Mentorinnen und Mentees zusammensetzt.

Watch-Salon[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2008 startete der Watch-Salon, ein Blog, in dem Mitglieder des Journalistinnenbundes aus ihrer Sicht und unter Berücksichtigung journalistischer Grundsätze ihren Blick auf Gesellschaft, Medien und Frauenrechte darstellten. Neben einer Stammredaktion beteiligten sich weitere Journalistinnen als Gastautorinnen. Am 26. Mai 2021 wurde das Projekt von den Beteiligten beendet, um sich anderen journalistischen Themen im Verein zu widmen.

Brave[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2012 startete das Projekt Brave, mit dem die Stimme von Journalistinnen aus Ländern der Arabellion hörbar wurde. Der Zusammenhang zwischen Gleichberechtigung und Demokratie und der Wunsch arabischer Kolleginnen nach gendersensibler Weiterbildung standen im Zentrum dieser Begegnungen. Erfahrungen des kollegialen Austausch in Seminaren, Tagungen und einem interkulturellen Mentoring. Ergebnisse wurden auf der Medienkonferenz „Crossing Borders – Empowering Women Journalists in Egypt“ in Kairo präsentiert.

Medienlabor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2013 gibt es das Medienlabor des Jornalistinnenbundes als medienpolitische Reihe für Interessierte aus Medien, Politik und Gesellschaft. Ansatz des Medienlabors ist es, medienpolitische Fragen aufzugreifen.[4] Seit seinem Bestehen widmete sich das Medienlabor u. a. Themen wie den Journalistinnen in der Kriegs- und Krisenberichterstattung, der Macht der Konzern- und Verlagserbinnen, der Boulevardisierung der Medien, den Frauen im Wirtschaftsjournalismus, den Medien in der Einwanderungsgesellschaft und den Frauen in der Politikberichterstattung. Medienpolitisch brisante Themen wie Investigativrecherche oder die Auswirkungen von KI auf die Arbeit Medienschaffender gehören zu den aktuellen Diskursen.

Genderleicht.de[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2019 startete der Journalistinnenbund das Online-Projekt Genderleicht.de und betreibt seit Mitte 2019 die Website genderleicht.de. Der Name bezieht sich auf Gendern als Anwendung von geschlechtersensibler Sprache (vergleiche Gender als soziales Geschlecht).[13]

Das Projekt wurde von 2019 bis 2021 vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.[14] Ab September bis Dezember 2021 wurde eine Vorrecherche zu gendergerechter Bildsprache durchgeführt. Seit September 2022 fördert das BMFSFJ die Fortsetzung des Projektes unter dem Titel bildermächtig.

2022 veröffentlichte die Journalistin und ehemalige Projektleiterin Christine Olderdissen die Erkenntnisse aus der dreijährigen Projekt- und Recherchearbeit in dem Buch Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt.

Hedwig-Dohm-Recherchestipendium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Initiative mehrerer Hedwig-Dohm-Preisträgerinnen wurde 2022 das Hedwig-Dohm-Recherchestipendium initiiert, das von ehemaligen Preisträgerinnen der Hedwig-Dohm-Urkunde getragen wird. Das Stipendium richtet sich an Nachwuchsjournalistinnen, denen ein journalistisches Vorhaben zu einem Thema mit geschlechtergerechter und gesellschaftlicher Relevanz ermöglicht wird und die mit ihrem Projekt gleichzeitig eine geschlechtersensible Perspektive einnehmen.

Journalistinnenpreise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hedwig-Dohm-Preisträgerin Susanne von Paczensky (li.) mit der jb-Vorsitzenden Ulrike Helwerth, 2004 in Frankfurt (Oder)
Bascha Mika (2.v.re) bei der Verleihung der Hedwig-Dohm-Urkunde 2017 in Frankfurt am Main

Hedwig-Dohm-Urkunde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem Jahr 1991 werden ausgewählte Journalistinnen für ihre herausragende journalistische (Lebens-)Leistung und ihr frauenpolitisches Engagement mit der Hedwig-Dohm-Urkunde[15] ausgezeichnet.

Marlies-Hesse-Nachwuchspreis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit dem Jahr 2002 wird jährlich wechselnd für herausragendes Engagement in den Medien Film und Fernsehen, Online-Publizistik, Print und Radio der JB-Nachwuchspreis Andere Worte – neue Töne, der im Jahr 2012 den Namen seiner Stifterin erhielt und in Marlies-Hesse-Nachwuchspreis[16] umbenannt wurde, an weibliche Nachwuchstalente vergeben.

Preiswürdig ist eine erkennbar gendersensible Perspektive, ein differenzierter Blick auf Menschen verschiedenen Alters, unterschiedlicher Hautfarbe, Herkunft und Religion. Die Beiträge führen an die unterschiedlichsten Lebensentwürfe von Menschen heran, jenseits gängiger Geschlechterzuschreibungen.

Courage-Preis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verleihung des Courage-Preis 2016 an Sandra Petersmann in Berlin

Seit 2016 wird der Courage-Preis für aktuelle Berichterstattung verliehen.[17]

Er steht für eine herausragende journalistische Arbeit. Die Veröffentlichung spiegelt ein Bewusstsein für Genderfragen wider, nimmt ein aktuelles nationales oder internationales Thema auf und betrachtet es mit frauenspezifischem Blick. Die Arbeit ist in einem deutschsprachigen Medium erschienen.

Die Preisträgerinnen

Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

2019 geriet der Journalistinnenbund in die Kritik, als er die Cartoonistin Franziska Becker mit der Hedwig-Dohm-Urkunde auszeichnete. Kritiker warfen Becker vor, islamfeindliche und rassistische Inhalte in ihren Werken zu transportieren.[23] Die damalige Vereinsvorsitzende Rebecca Beerheide verteidigte die Auszeichnung an Franziska Becker. Diese sei für „ihre Selbstironie ausgezeichnet“ worden und der Journalistinnenbund habe Beckers gesamtes Werk würdigen wollen, „das auch Ambivalenzen haben kann“.[23]

Texte und Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Federführend. Journalistinnen berichten über Frauen in Führungspositionen. Ulrike Helmer, Königstein/Taunus 1996, ISBN 978-3-927164-98-7.
  • Journalistinnen 1987–1997. Festschrift zum zehnjährigen Bestehen. Journalistinnenbund, Bonn 1997
  • Wer macht die Nachrichten? Zur Sichtbarkeit von Frauen in den Medien. Materialsammlung, Journalistinnenbund Bonn 2004
  • The Old Girl’s Network. Mentoring im Journalistinnenbund. Journalistinnenbund, Bonn 2004
  • Präsenz von Frauen in den Nachrichten. Medienbeobachtungen. Journalistinnenbund, Bonn 2005
  • Der G-Faktor. Gender-Perspektiven in den Medien. Journalistinnenbund, Bonn 2005
  • 20 Jahre Journalistinnenbund. Eine Festschrift. Journalistinnenbund, Bonn 2007, ISBN 978-3-00-022408-9.
  • „Iss was, Kanzlerin?“ Das Besondere an weiblicher Macht oder wie Männer wieder richtige Männer wurden. Eine Analyse des Journalistinnenbundes zur Darstellung von Angela Merkel in den Medien.
  • GMMP 2010: 15 Jahre nach Peking.[24]
  • Beständig im Wandel. 30 Jahre Journalistinnenbund. Ulrike Helmer, Sulzbach 2017, ISBN 978-3-89741-407-5.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Journalistinnenbund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Kerstin Ruskowski: Frauen in deutschen Medien. deutschlandfunk.de, 5. Februar 2011, abgerufen am 22. Februar 2024.
  2. Bettina Erdmann: Das gekillte Binnen-I. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 5. Februar 2003, abgerufen am 1. Januar 2024.
  3. a b Gudrun Sonnenberg: Positiver Druck - Erfolgreiches Mentoringprogramm des Journalistinnenbundes. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 31. Oktober 2002, abgerufen am 1. Januar 2024.
  4. a b Birgitta M. Schulte: Verlagserbinnen. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 1. Mai 2013, abgerufen am 1. Januar 2024.
  5. Gitta Düperthal: Was soll an Seifenopern bloß feministisch sein? In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 10. Dezember 1999, abgerufen am 1. Januar 2024.
  6. Nicole Tepasse: So viel Aggression. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 11. November 2013, abgerufen am 1. Januar 2024.
  7. Bärbel Röben: Journalistinnenbund: Wir bleiben am Ball! In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 3. Juli 2017, abgerufen am 1. Januar 2024.
  8. Mitglieder. In: Deutscher Frauenrat. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  9. Ulla Lessmann: Patriarchaler Hort: Die Zeitungen. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 1. April 2000, abgerufen am 1. Januar 2024.
  10. Bärbel Röben: Im Schatten großer Männer. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 18. Oktober 2010, abgerufen am 1. Januar 2024.
  11. The Old Girl's Network. Mentoring im Journalistinnenbund. In: Journalistinnenbund (Hrsg.): JB-Texte. Bonn 2004, S. 7.
  12. Journalistinnenbund (Hrsg.): Beständig im Wandel: 30 Jahre Journalistinnenbund. Helmer, Sulzbach/Taunus 2017, ISBN 978-3-89741-407-5, S. 61, 62.
  13. Bärbel Röben: Gendern – Frage von Macht und Kreativität. In: M - Menschen Machen Medien. ver.di, 3. Juli 2019, abgerufen am 1. Januar 2024.
  14. Patrizia Hecht: Gendern lernen für JournalistInnen: Mehr als nur Sternchen. In: taz.de 28. Juni 2019, abgerufen am 24. August 2020; Zitat: „Gendergerechte Sprache in Wort, Bild und Video? Der Journalistinnenbund will mit dem Angebot genderleicht.de dafür sensibilisieren.“
  15. Hedwig-Dohm-Urkunde - Journalistinnenbund. Abgerufen am 17. Dezember 2017.
  16. Marlies-Hesse-Nachwuchspreis. Journalistinnenbund, abgerufen am 17. Dezember 2017.
  17. Courage-Preis - Journalistinnenbund. Abgerufen am 17. Dezember 2017.
  18. Courage-Preis 2017 für Christine Auerbach. Journalistinnenbund, abgerufen am 17. Dezember 2017.
  19. Mutig und beharrlich – die Preisträgerinnen der jb-Medienpreise 2020. Journalistinnenbund, 30. Juni 2020, abgerufen am 30. Juni 2020.
  20. »jb-Medienpreise 2021«. 27. Juli 2021, abgerufen am 27. Juli 2021.
  21. jb-Medienpreise 2022: Drei ausgezeichnete Journalistinnen! 17. Mai 2022, abgerufen am 17. Mai 2022.
  22. Redaktion des HANAUER ANZEIGER erhält für Ausgabe am Frauentag Courage-Preis. 25. Mai 2023, abgerufen am 26. Mai 2023.
  23. a b https://www.deutschlandfunkkultur.de/rassismus-kritik-an-cartoons-warum-der-journalistinnenbund-100.html Warum der Journalistinnenbund Franziska Becker ehrt; deutschlandfunkkultur.de, vom 25. Juni 2019, abgerufen am 2. Januar 2024
  24. Marlies Hesse, Annika Noffke, Birgitta M. Schulte: GMMP 2010: 15 Jahre nach Peking. In: Journalistinnenbund (Hrsg.): PDF. Köln 2010, S. 8.