KZ Rab

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Italienische Flagge über dem Konzentrationslager.

Das Konzentrationslager Rab (campo di concentramento Rab) bei Kampor auf der kroatischen Insel Rab (isola de Arbe-Fiume), deshalb mitunter auch Konzentrationslager Kampor oder Konzentrationslager Arbe genannt, wurde während des Zweiten Weltkrieges im Juni 1942 errichtet. Nach dem italienischen Waffenstillstand von Cassibile wurde es im September 1943 aufgelöst.

Es handelte sich dabei um das italienische Hauptlager für Slawen während des Zweiten Weltkriegs. Die Sterberate des Konzentrationslagers lag mit 19 % über der des deutschen KZ Dachau.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Opfer
Männlicher Häftling.

Den Angaben Giacomo Scottis zufolge bot das im Juni 1942 eröffnete Lager auf der norddalmatischen Insel Rab Platz für 6.000 Häftlinge; Erweiterungsarbeiten sollten Raum für über 10.000 Gefangene schaffen. Die Höchstzahl der Gefangenen betrug 13.000. Da das Lager so gut wie keine festen Gebäude aufwies, übernachteten die Lagerinsassen in kleinen Armeezelten (je 6 Personen in einem Zweimannzelt). Es fehlten auch die sanitären Anlagen, sieht man von primitiven Latrinen ab, die die Häftlinge selbst aushoben. Im Zeitraum zwischen Ende Juni 1942 und Anfang September 1943 sollen in dem Lager 3.000–4.500 Personen umgekommen sein, davon sind 1.506 namentlich bekannt.[2]

Gefangenenzahlen[3]
Juli 1942 August 1942 1. Dezember 1942 29. Dezember 1942 Februar 1943 April 1943 Juni 1943 Juli 1943
Gefangene 198 2.532 6.577 5.562 2.853 2.628 2.232 3.296

Repression gegen Slowenen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab Ende 1941 begann die italienische Armee die slawische Bevölkerung aus den ländlichen Partisanengebieten zu deportieren und die Intellektuellen in den Städten zu inhaftieren. Gleichzeitig führte die italienische Regierung unter Mussolini eine Bevölkerungspolitik durch, die man heute ethnische Säuberung nennen würde. Dadurch wurden allein aus der Provinz Ljubljana 30.000 Menschen (10 % der Bevölkerung) interniert. Zwei der größten Lager waren das KZ Rab und das KZ Gonars.[4] Die Inhaftierten wurden nicht als Kriegsgefangene, sondern als Geiseln behandelt, die man zur Unterdrückung der Partisanentätigkeit verwendete.[5] Da viele Internierte im Rahmen der Partisanenbekämpfung während der Erntearbeiten im Sommer auf den Feldern verhaftet worden waren, trugen sie nur leichte Kleidung, die für den rauen Winter ungeeignet war.[6]

Bewahrung der Juden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um Juden vor dem Zugriff und der Auslieferung an Deutschland oder den Unabhängigen Staat Kroatien zu bewahren, internierte die italienische Armee mit Befehl vom Oktober 1942 etwa 3.000 Juden im italienisch besetzten Jugoslawien. Im Konzentrationslager Kraljevica wurden mit etwa 1.160 Menschen die meisten interniert.[7] General Mario Roatta besuchte Ende November das Lager und sagte den Internierten den Schutz des italienischen Heeres zu.[8] Die Internierten aus allen Orten wurden ab dem 19. Juni 1943 vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Niederlage Italiens aus Sicherheitsgründen in das Konzentrationslager Rab verlegt. Dort wollte der Lagerkommandant die Vorzugsbehandlung der "zur Protektion" internierten Juden gegenüber den "zur Repression" gefangen gehaltenen Slowenen in Grenzen halten, um Unruhe zu vermeiden. Die Sterblichkeit im jüdischen Teil des Lagers blieb vermutlich nur deshalb gering, weil die Internierung auf Rab nur zwei Sommermonate währte.[9] Im September 1943 nach dem Waffenstillstand von Cassibile und der Selbstbefreiung der Gefangenen schlossen sich die Juden überwiegend den Titopartisanen an.[10] Eine kleinere Gruppe, die nicht nach Jugoslawien zurückkehren wollte, konnte mit Hilfe einheimischer Fischer die von England besetzte Insel Vis erreichen. 204 Alte, Frauen und Kinder, die auf Rab blieben, wurden von Gestapo und SS über die Risiera di San Sabba in Triest nach Auschwitz deportiert.[11]

Befreiung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Konzentrationslager Rab war auch eine KPJ-Organisation aktiv, die nach dem 8. September 1943 die Selbstbefreiung der Häftlinge organisierte. Nachdem sie den italienischen Wachmannschaften die Waffen in Rab abgenommen hatten, entwaffneten die Häftlinge von Rab am 13. September 1943 auch die italienische Besatzung der Insel Cres. Mit dem Beginn der deutschen Offensive verteilten sich die bewaffneten Häftlinge auf verschiedene Partisaneneinheiten.[12]

Der von den Partisanen festgenommene Lagerkommandant von Rab, Oberstleutnant Vincenzo Cuiuli, beging in slowenischer Haft Selbstmord.[13]

Aufarbeitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel für die Opfer
Ein Teil der Anlage 2019

Im Jahr 1953 wurde nach den Plänen von Edvard Ravnikar eine Gedenkstätte errichtet. Auf einer 18 m langen Metalltafel sind die Namen von 1433 Opfern angeführt. Die Arbeiten wurden von Häftlingen des jugoslawischen Gefangenenlagers aus der nahegelegenen Sträflingsinsel Goli Otok verrichtet.[14]

Im Jahr 2003 behauptete der italienische Premierminister Silvio Berlusconi, dass es während der Zeit des italienischen Faschismus keine Konzentrationslager gegeben habe, Mussolini niemanden habe umbringen lassen und ,Leute zum Urlaub in internes Exil‘ geschickt habe.[15]

In der slowenischen Wochenzeitung Dolenjski list berichtete die Zeitzeugin Milena Kambič Vukovič von ihren Erlebnissen, als sie als Kind zusammen mit ihren Angehörigen aus dem slowenischen Dorf Gradac nach Rab verschleppt worden ist. Obwohl sie schon für tot erklärt wurde und in einem Massengrab lag, überlebte sie durch Hilfe einer internierten Krankenschwester das Lager.[16]

Häftlinge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter den Häftlingen waren

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: KZ Rab – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jörg Echternkamp, Stefan Martens: Der Zweite Weltkrieg in Europa: Erfahrung und Erinnerung. Schöningh 2007, S. 165.
  2. Rolf Wörsdorfer: Krisenherd Adria 1915–1955. Konstruktion und Artikulation des Nationalen im italienisch-jugoslawischen Grenzraum. Schöningh Verlag, Paderborn 2004, ISBN 3-506-70144-4, S. 342f., Anm. 134.
  3. Carlo Spartaco Capogreco: I campi del duce. Giulio Einaudi 2004, ISBN 88-06-16781-2, S. 270.
  4. Luigi Reale: Mussolini's Concentration Camps for Civilians: An Insight Into the Nature of Fascist Racism. S. 112.
  5. Amedeo Osti Guerrazzi und Constantino di Sante: Die Geschichte der Konzentrationslager im faschistischen Italien. in: Faschismus in Italien und Deutschland. Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus, Band 21, Hrsg. Reichardt und Nolzen, Wallstein 2004, ISBN 3-89244-939-2, S. 189.
  6. Luigi Reale: Mussolini's Concentration Camps for Civilians: An Insight Into the Nature of Fascist Racism. S. 113.
  7. Daniel Carpi: The Rescue of Jews in the Italian Zone of Occupied Croatia. S. 23 ff.
  8. Klaus Voigt: Zuflucht auf Widerruf - Exil in Italien 1933-1945. S. 233 f.
  9. Klaus Voigt: Zuflucht auf Widerruf - Exil in Italien 1933-1945. S. 238 f.
  10. Daniel Carpi: The Rescue of Jews in the Italian Zone of Occupied Croatia. S. 35 ff.
  11. Klaus Voigt: Zuflucht auf Widerruf - Exil in Italien 1933-1945. S. 239 f.
  12. Luigi Reale: Mussolini's Concentration Camps for Civilians: An Insight Into the Nature of Fascist Racism. S. 112.
  13. Rolf Wörsdorfer: Krisenherd Adria 1915–1955. Konstruktion und Artikulation des Nationalen im italienisch-jugoslawischen Grenzraum. Schöningh Verlag, Paderborn 2004, ISBN 3-506-70144-4, S. 342f., Anm. 134.
  14. ORIS: Concentration Camp Inmate Cemetery on the Island of Rab (Memento des Originals vom 12. Februar 2005 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oris.hr
  15. International Herald Tribune: Survivors of war camp lament Italy’s amnesia (29 Oktober 2003) (Memento des Originals vom 20. Oktober 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.iht.com
  16. M. Bezek-Jakše, "Živo dekletce v jami z mrtvimi" (deutsch: Ein lebendiges Mädchen in einer Grube mit Toten), slowenische Wochenzeitung Dolenjski list, 15. Mai 2012, S. 20

Koordinaten: 44° 46′ 48″ N, 14° 43′ 8,4″ O