Kaliumchlorid

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Kristallstruktur
Struktur von Kaliumchlorid
_ K+ 0 _ Cl
Kristallsystem

kubisch

Raumgruppe

Fm3m (Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225

Koordinationszahlen

K[6], Cl[6]

Allgemeines
Name Kaliumchlorid
Andere Namen
  • Sylvin (Mineral)
  • Chlorkalium (hist.)
  • Digestivsalz (hist.)
  • Kalium chloratum (latinisiert)
  • MOP
  • E 508[1]
  • POTASSIUM CHLORIDE (INCI)[2]
Verhältnisformel KCl
Kurzbeschreibung

farb- und geruchloser, hygroskopischer Feststoff[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 7447-40-7
EG-Nummer 231-211-8
ECHA-InfoCard 100.028.374
PubChem 4873
ChemSpider 4707
DrugBank DB00761
Wikidata Q184630
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Eigenschaften
Molare Masse 74,55 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,98 g·cm−3[3]

Schmelzpunkt

773 °C[4]

Siedepunkt

1413 °C[3]

Dampfdruck

10 Pa (700 °C)[3]

Löslichkeit
Brechungsindex

1,4902[6]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Kaliumchlorid (KCl), das Kaliumsalz der Salzsäure, bildet farblose, salzig-bitter schmeckende, wasserlösliche Kristalle mit einem Schmelzpunkt von 773 °C[4] und einer Dichte von 1,98 g/cm3. Es löst sich bei 20 °C zu 347 g·l−1 in Wasser.[3] Als Mineral heißt es Sylvin.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weltweit gibt es zahlreiche kaliumchloridhaltige Salzvorkommen. Von herausragender Bedeutung sind die Vorkommen in Kanada, in der GUS und Deutschland. Daneben wurde in den 2000er- und 2010er-Jahren das über 240 Millionen Tonnen große Vorkommen in der Wüste Lop Nor im Seebecken von Lop Nor in China mit der weltgrößten Produktionsstätte für 3 Millionen Tonnen Dünger erschlossen. Die Verantwortung trägt ein Tochter-Unternehmen der großen staatlichen Investmentholding SDIC namens SDIC Xinjiang Lop Nor Potash (im Logo SDIC Xinjiang Luobupo Potash geschrieben). Seit 2008 ist die Produktion in Betrieb. In der Folge wurde in umfangreiche Erweiterungsprojekte investiert.[7]

In der Natur kommt Kaliumchlorid als Sylvin (Sylvit) vor. Weitere weit verbreitete kalium- und chloridhaltige Minerale und Gesteine sind Carnallit – KCl · MgCl2 · 6 H2O, Kainit – KCl · MgSO4 · 3 H2O und Sylvinit – KCl · NaCl.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaliumchlorid ist ein hygroskopischer, kristalliner, farb- und geruchloser Feststoff, der leicht löslich in Wasser ist.[3] Je nach Konzentration schmeckt die Verbindung süß (0,009 molare Konzentration), über bitter (0,03) und bitter salzig (0,1) bis salzig, bitter, sauer (0,2–0,5).[8] Die Verbindung besitzt eine kubische Kristallstruktur mit der Raumgruppe Fm3m (Raumgruppen-Nr. 225)Vorlage:Raumgruppe/225.[9] Bei hohen Drücken geht diese in eine Caesiumchloridstruktur über.[10] Hydrate sind von Kaliumchlorid nicht bekannt.[11]

Kaliumchlorid

Gewinnung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werk in der Wüste Lop Nor zur Herstellung von jährlich 1,2 Millionen Tonnen Kaliumcarbonat-Dünger aus sylvinitischem Kalisalz (Satellitenbild von 2009)

Das Verfahren des Auskristallisierens des schwerer löslichen Kaliumchlorids beim Eindampfen von konzentrierten wässrigen Lösungen von Carnallit (KMgCl3 · 6 H2O) hat technisch die größte Bedeutung.[12] Auch durch Flotation von kaliumchloridhaltigen Salzgemengen, zum Beispiel im Kalibergbau gewonnener Rohsalze, kann Kaliumchlorid gewonnen werden.[13] Eine weitere Möglichkeit besteht im Heißlöseverfahren, welches ein selektives Herauslösen des KCl aus Salzgemengen auf Grund unterschiedlicher Temperaturabhängigkeiten der Löslichkeiten von Salzen erlaubt. Im ESTA-Verfahren gelingt die Gewinnung durch elektrostatische Trennung aus Salzgemengen. Durch Neutralisation von Salzsäure und Kalilauge gemäß der Gleichung

gelingt die Darstellung.

Verwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaliumchlorid wird in der Lebensmitteltechnik als Festigungsmittel und Geschmacksverstärker eingesetzt. Es ist in der EU als Lebensmittelzusatzstoff der Nummer E 508 ohne Höchstmengenbeschränkung (quantum satis) für alle als Zusatzstoff zugelassenen Lebensmittel erlaubt.[14] Zudem findet es Verwendung als Bestandteil künstlicher Speisesalze, z. B. Pansalz, zur Einsparung bzw. Ersatz von Natriumchlorid (Kochsalz). Hierbei legen Studien nahe, dass der 25%ige Ersatz von Natrium- durch Kaliumchlorid das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie die Gesamtsterberate senkt.[15]

Kaliumchlorid wird großtechnisch zur Herstellung von Kalidünger genutzt.[16] Des Weiteren ist Kaliumchlorid der Rohstoff für die Herstellung fast aller technisch genutzten Kaliumverbindungen wie beispielsweise Kaliumcarbonat, Kaliumhydroxid und auch der Legierung NaK.

Die Stahlindustrie nutzt Kaliumchlorid als Härtesalz, in Emaille-Suspensionen dient es als Schwebemittel.[17] In der Erdölindustrie dient es zur Stimulation von Lagerstätten. Als Streusalz ist es wegen der tieferen Schmelztemperatur einer Kaliumchlorid-Wasser-Mischung auch bei Temperaturen unter −10 °C wirtschaftlich einsetzbar.[17]

Kaliumchlorid ist ein Bestandteil künstlich hergestellter isotonischer Lösungen, einer Lösung mit gleichem osmotischem Druck wie das menschliche Blut (vergleiche Ringerlösung). Auch in schmerzhemmenden Zahncremes für schmerzempfindliche Zähne ist es enthalten. Im Labor wird es zu Elektrolyt- und Aufbewahrungslösung für pH-Messelektroden und Redox-Elektroden (annähernd gesättigt mit 3 mol/l KCl-Lösung) genutzt.[17] Durch die gleiche Ionenbeweglichkeit von Kalium- und Chloridionen ist diese Lösung potentialneutral. Es dient auch als Kalibrierstandard für Betastrahlung. Kalium enthält zu 0,0118 % das Isotop 40K, dieses liefert 16350 Bq pro Kilogramm KCl, davon sind 89,28 % Betastrahlung und 10,72 % Gammastrahlung mit 1,46083 MeV.

Beim Hydraulic Fracturing wird es als Tonstabilisator meistens mit Wasser, Sand und anderen Chemikalien in die Erde gepumpt, um die Gesteinsschichten aufzubrechen.

Toxikologie und Forensik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Injektion von hohen Dosen Kaliumchlorid kann zum Herzstillstand durch Hyperkaliämie führen. Das wird bei der Hinrichtung durch die Giftspritze und zur Verhinderung von Lebendgeburten bei späten Schwangerschaftsabbrüchen[18] genutzt. Verwendet wird es ebenfalls für kardioplegische Lösungen (Blutkardioplegie nach Calafiore) zum Einleiten des Herzstillstands bei Operationen mit Herz-Lungen-Maschinen.

Rechtsmedizinisch kann eine Vergiftung mit Kaliumchlorid nur schwer nachgewiesen werden. Der natürliche Spiegel steigt nach dem Tod durch Zellzerfall und damit Übertritt des intrazellulären Kaliums in alle anderen Kompartimente schnell an. Gelingt der Nachweis einer Vergiftung, muss ein ärztlicher Behandlungsfehler durch

von der bewussten Verabreichung abgegrenzt werden.[19]

Nachweis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der klassische Nachweis des Cl-Ions gelingt durch Fällung mit Ag+, Pb2+ oder Hg22+ als Silberchlorid AgCl, Blei(II)-chlorid PbCl2 sowie als Quecksilber(I)-chlorid Hg2Cl2. Der Nachweis des K+-Ions ist über die violette Flammenfärbung beziehungsweise Fällung als Kaliumperchlorat (KClO4) möglich. Mit Natriumtetraphenylborat kann ebenfalls ein schwerlösliches Kaliumsalz gefällt werden.

Spektroskopisch gelingt der Nachweis der Elemente zum Beispiel mittels Atomabsorptionsspektroskopie.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kaliumchlorid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eintrag zu E 508: Potassium chloride in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 1. Juli 2020.
  2. Eintrag zu POTASSIUM CHLORIDE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 26. Februar 2020.
  3. a b c d e f g h i j k l Eintrag zu Kaliumchlorid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 19. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  4. a b The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; ISBN 978-0-911910-00-1.
  5. Eintrag zu Kaliumchlorid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 13. März 2012.
  6. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Index of Refraction of Inorganic Crystals, S. 10-246.
  7. World's largest potash fertilizer project operational in China
  8. Horst Ahlers, Renate Reisch, Lei Wang: Elektronisch riechen, schmecken etc. Elektronische Sinnessensorik für Lebensmittel, Medizin, Umwelt und Technik. Beuth Verlag, 2010, ISBN 978-3-410-17387-8, S. 65 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. Walter de Gruyter, 2011, ISBN 978-3-11-083686-8, S. 317 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Andrew J. Campbell, Dion L. Heinz: Compression of KCl in the B2 structure to 56 GPa. In: Journal of Physics and Chemistry of Solids. 52, 1991, S. 495, doi:10.1016/0022-3697(91)90181-X.
  11. Grundlagen und Hauptgruppenelemente. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2016, ISBN 978-3-11-049340-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Die Geschichte der Chemischen Fabrik Kalk GmbH.
  13. Flotationsverfahren
  14. VERORDNUNG (EU) Nr. 1130/2011 DER KOMMISSION vom 11. November 2011 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelzusatzstoffe im Hinblick auf eine Liste der Europäischen Union der für die Verwendung in Lebensmittelzusatzstoffen, Lebensmittelenzymen, Lebensmittelaromen und Nährstoffen zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe (PDF), S. 189.
  15. Salzersatz mit Kaliumchlorid hat offenbar Vorteile für Herz und Gefäße. Abgerufen am 26. März 2023.
  16. S.-P. Ballstaedt, P. Reinhard, M. Rentschler, E. Rottländer, A.A. Bodenstedt, D. Briesen, A. Bruckhaus, J. Büschenfeld, A. Hauptmann, D.A. Hiller: Veränderung von Böden durch anthropogene Einflüsse: Ein interdisziplinäres Studienbuch, Verlag Springer Berlin Heidelberg, 1997, ISBN 3-540-61556-3
  17. a b c A. F. Holleman, E. Wiberg, N. Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 102. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2007, ISBN 978-3-11-017770-1.
  18. Types of Abortion Procedures (Memento vom 18. April 2009 im Internet Archive), Americanpregnancy.org
  19. B. Mahfoud, et al.: Forensische Bewertung klinischer Todesfälle unter dem Verdacht iatrogener Hyperkaliämie. In: Rechtsmedizin. 13. Jahrgang, Nr. 1, 2003, S. 18–22, doi:10.1007/s00194-002-0183-1.