Karl Baedeker

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Karl Baedeker

Karl Baedeker (* 3. November 1801 in Essen; † 4. Oktober 1859 in Koblenz, zeitgenössische Schreibweise: Karl Bædeker) war ein deutscher Verleger und als Autor Begründer der Baedeker-Reiseführer.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Baedeker wurde am 3. November 1801 als Sohn einer alteingesessenen Buchdrucker- und Verlegerfamilie in Essen geboren. Er ging in Essen und in Hagen zur Schule und begann 1817 eine Buchhändlerlehre bei Mohr & Winter in Heidelberg. Anschließend studierte er 1819 bis 1822 an der Universität Heidelberg Geisteswissenschaften. 1823 bis 1825 war er Gehilfe bei Georg Reimer in Berlin.[1] Er heiratete am 4. Oktober 1829 Emilie geborene Heintzmann (* 16. Oktober 1808 in Zabrze, † 28. Juli 1879 in Koblenz). Die beiden hatten fünf Töchter und fünf Söhne, von denen Ernst, Karl junior und Fritz die Arbeit ihres Vaters fortsetzten.[2]

Am 1. Juli 1827 eröffnete Karl Baedeker in Koblenz eine Verlagsbuchhandlung (Verlag Karl Baedeker). Fünf Jahre später erwarb er dort den Verlag von Franz Friedrich Röhling, der 1828 den ersten Rheinreiseführer Rheinreise von Mainz bis Cöln, Handbuch für Schnellreisende des Historikers Johann August Klein (1778–1831) herausgegeben hatte. Für die zweite Auflage 1835 überarbeitete und erweiterte Karl Baedeker die Rheinreise, sodass man mit dem Erscheinen der Rheinreise von Mainz bis Cöln vom ersten Baedeker-Reiseführer sprechen kann. Das Buch wurde innerhalb von zwölf Jahren dreimal neu aufgelegt.

Baedekers Berlin, Reiseführer von 1910, 19. Auflage

Baedeker revolutionierte die Reiseliteratur, um die Benutzer unabhängig von Fremdenführern zu machen. Seine handlichen, in charakteristischem roten Einband gebundenen Führer zu Zielen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und anderen europäischen Ländern festigten den Ruf der Baedeker-Reiseführer als faktenreiche und niveauvolle Reisebegleiter. Baedeker legte besonderen Wert auf Übersichtlichkeit, Genauigkeit und Aktualität. Alle Reisebeschreibungen wurden mehrfach überarbeitet. Der Name Baedeker wurde im 19. und frühen 20. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum zum Synonym für Reiseführer. Karl Baedeker gilt heute als einer der Wegbereiter des Massentourismus, da die Baedeker-Reiseführer (nach dem Vorbild des Engländers John Murray) das Reisen als Vergnügungsform institutionalisierten sowie einen zum Teil bis heute gültigen Kanon an Reiserouten und Sehenswürdigkeiten vorgaben. Er selbst aber argumentierte 1849 in seiner „Rheinreise“, wieso die der Fußwanderer im Pfälzerwald genießen könne, wie folgt: „er braucht nicht zu befürchten, hier jenem anmaßenden übersättigten R e i s e p ö b e l bei jedem Schritte zu begegnen, der in dem engeren Rheinthal vermöge des leichten Dampf-Verkehres das Land heuschreckenartig überfluthet, das Anziehendste widerwärtig zu machen geeignet ist, und in allerlei Zungen bekundet, daß er nichts gelernt und nichts vergessen hat.“[3]

Baedeker arbeitete unbestechlich, nüchtern und genau. Nach einer Anekdote war er ein Erbsenzähler im wahrsten Sinne des Wortes. Beim Besteigen des Mailänder Doms beobachtete der westfälische Freiherr Karl Gisbert Friedrich von Vincke 1847, wie Karl Baedeker alle 20 Stufen stehen blieb und eine trockene Erbse von der Westen- in die Hosentasche steckte. Mit 20 multipliziert, ergab die Zahl der Erbsen plus Reststufen die präzise Stufenangabe für den späteren Reiseführer. Beim Abstieg machte er dann die Gegenprobe.

Eben jener Genauigkeit verdankt er auch seine Erwähnung in der humoristischen britischen Oper La Vie Parisienne[4] von Alan Patrick Herbert und Alfred Robert Davies Adams (die sich entgegen weitverbreiteten Angaben nur vage am französischen Original von Jacques Offenbach orientiert)[5]. Im Libretto von A. P. Herbert heißt es:

“For Kings and Governments may err // But never Mr. Baedeker.”
Grabmal von Karl Baedeker auf dem Hauptfriedhof Koblenz (links)

Karl Baedeker starb an einem Herzinfarkt;[6] an seiner Beisetzung am 7. Oktober 1859 nahm auch Adolf von Pommer Esche, der Oberpräsident der Rheinprovinz teil.[7] Baedekers Grab befindet sich auf dem Koblenzer Hauptfriedhof.

Bis heute erscheinen Reiseführer unter der Marke Baedeker im Verlag Karl Baedeker, der inzwischen zur Verlagsgruppe MairDumont in Ostfildern bei Stuttgart gehört.

Veröffentlichungen (kleine Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Rheinreise von Mainz bis Köln. Historisch, topographisch, malerisch bearbeitet vom Prof. Joh. Aug. Klein. Mit zwölf lithographirten Ansichten merkwürdiger Burgen ec. in Umrissen. Koblenz, bei Fr. Röhling 1828. [378 S.] (Digitalisat). Dieses Buch wurde 1832 von Baedeker neu gedruckt.
  • Rheinreise von Straßburg bis Rotterdam. 2. erweiterte und verbesserte Auflage. Bädeker, Koblenz [1835].
  • Rheinreise von Basel bis Düsseldorf mit Ausflügen in das Elsaß und die Rheinpfalz, das Murg- und Neckarthal, an die Bergstraße, in den Odenwald und Taunus, in das Nahe-, Lahn-, Ahr-, Roer-, Wupper- und Ruhrthal und nach Aachen, bearb. von K. Bädeker. 6. verb. u. verm. Aufl. der Klein'schen Rheinreise. Bädeker, Koblenz 1849 (Digitalisat).
  • Die Schweiz. Handbuch für Reisende, nach eigener Anschauung und den besten Hülfsquellen bearbeitet. 5., verb. Aufl. Bädeker, Coblenz 1854 (Digitalisat).
  • Herausgeber: Das Rheinthal von Mainz bis Köln. In malerischen Ansichten, besonders der Ritterburgen. Nach der Natur gezeichnet von J. A. Lasinsky. In Aquatinta geätzt von R. Bodmer. 45 Blätter. K. Bädeker. (O. O., o. J.)
  • Handbuch für Reisende in Deutschland und dem Österreichischen Kaiserstaat, Coblenz, 6. Auflage 1855 (Google-Digitalisat).
  • Deutschland und das Österreichische Ober-Italien – Handbuch für Reisende, Coblenz, 8. Auflage 1858 (Google-Digitalisat).
  • Deutschland nebst Theilen der angrenzenden Länder, Erster Theil: Oesterreich, Süd- und West-Deutschland, Ober-Italien, Coblenz, 9. Auflage 1860 (Google-Digitalisat).

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der deutsche Astronom Freimut Börngen benannte den im Jahre 1995 in der Sternwarte Tautenburg von ihm entdeckten Asteroiden (23578) Baedeker nach Karl Baedeker.
  • Auf der IC-Linie 5 von Köln nach Leipzig über Hannover und Magdeburg verkehrte 2001 und 2002[8] der IC Karl Baedeker, der als IC 624 von Köln nach Leipzig und IC 625 in der Gegenrichtung lief.
  • Baedekerstraßen gibt es in seiner Geburtsstadt Essen sowie u. a. in Koblenz, Dortmund und in Leipzig.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(chronologisch geordnet)

  • Otto Mühlbrecht: Baedeker (1. Art.). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 1, Duncker & Humblot, Leipzig 1875, S. 759 f. (Familienartikel)
  • Karl Friedrich PfauBaedeker (2. Art.). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 46, Duncker & Humblot, Leipzig 1902, S. 180–182. (Familienartikel)
  • Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler, deutsche Buchdrucker. Beiträge zu einer Firmengeschichte des deutschen Buchgewerbes. Band 1. Verlag von Rudolf Schmidt, Berlin/Eberswalde 1902, S. 18–21 (Online bei Zeno.org).
  • Hans LülfingBaedeker, Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 516 f. (Digitalisat).
  • Alex W. Hinrichsen: Baedeker, Karl. In: Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Band 1. Gütersloh/München 1988, S. 287.
  • Burkhart Lauterbach: Baedeker und andere Reiseführer. Eine Problemskizze. In: Zeitschrift für Volkskunde. Halbjahresschrift der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde. Jahrgang 85. Verlag Otto Schwartz & Co, Göttingen 1989, ISSN 0044-3700, S. 206–234 (Digitalisat).
  • Alex W. Hinrichsen: Baedeker´s Reisehandbücher 1832–1990; Bibliographie 1832–1944; Verzeichnis 1948–1990; Verlagsgeschichte. 2. Auflage. Hinrichsen, Bevern 1991, ISBN 3-922293-19-0.
  • Peter H. Baumgarten, Monika I. Baumgarten: Baedeker. Ein Name wird zur Weltmarke. Baedeker, Ostfildern 1998, ISBN 3-89525-830-X.
  • Hans Joachim Bodenbach: Vues du bords du Rhin – Ein Rheinalbum des frühen 19. Jahrhunderts mit Aquatintastichen aus den Koblenzer Verlagen Fr. Röhling und K. Bädeker (Baedeker) in einem Band. Die bei Röhling verlegten Ansichten. In: Bonner Geschichtsblätter. Band 49/50. Bonn 2001, ISSN 0068-0052, S. 285–304.
  • Dorothea Bessen: Karl Baedeker und die Reiseliteratur. In: Buchkultur inmitten der Industrie. 225 Jahre G. D. Baedeker. Klartext-Verlag, Essen 2000, ISBN 3-88474-786-X, S. 52–69.
  • Georg Jäger, Dieter Langewiesche, Wolfram Siemann (Hrsg.): Baedeker. In: Geschichte des Deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert – Das Kaiserreich 1870–1918. Teil 1. Verlag der Buchhändler-Vereinigung, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-7657-2351-7, S. 533 f.
  • Hans Joachim Bodenbach: 200 Jahre Rheinromantik – Vues du bords du Rhin – Rheinansichten aus dem Verlag Karl Bädeker (Baedeker) in Koblenz. In: Beiträge zur Rheinkunde (Rhein-Museum Koblenz) Heft 54, 2002, ISSN 0408-8611, S. 26–55.
  • Katja Mittl: Baedekers Reisehandbücher. Funktionen und Bewertungen eines Reisebegleiters des 19. Jahrhunderts (= Alles Buch. Studien der Erlanger Buchwissenschaft. Band 22). Erlangen/Nürnberg 2007, ISBN 978-3-940338-02-0 (Digitalisat).
  • Benedikt Bock: Baedeker & Cook. Tourismus am Mittelrhein 1756–bis ca. 1914. Lang, Frankfurt am Main (u. a.) 2010, ISBN 978-3-631-59581-7.
  • Christoph Suin de Boutemard: Vom ersten "Baedeker" zum modernen Reiseführer. Das Programm des Karl Baedeker Verlages in den ersten drei Jahrzehnten seines Bestehens. In: Christoph Suin de Boutemard, Peter Kleber (u. a.): Verleger und Verlagshaus Baedeker in Koblenz. Zum 150. Todestag von Karl Baedeker (= Schriften des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz. Band 7). Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Koblenz 2011, DNB 1018158561, S. 7–38.
  • Peter Kleber: Baedekers Wegbereiter? Die Koblenzer Buch- und Kunsthandlung Franz Friedrich Röhling 1827–1832. In: Christoph Suin de Boutemard, Peter Kleber (u. a.): Verleger und Verlagshaus Baedeker in Koblenz. Zum 150. Todestag von Karl Baedeker (= Schriften des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz. Band 7). Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Koblenz 2011, DNB 1018158561, S. 39–49.
  • Susanne Müller: Die Welt des Baedeker. Eine Medienkulturgeschichte des Reiseführers 1830–1945. Campus-Verlag, Frankfurt am Main/New York 2012, ISBN 978-3-593-39615-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Karl Baedeker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Baedeker, Familie. In: Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin 1902, S. 18–21 (Digitalisat). Abgerufen am 27. April 2017.; Baedeker. Verlag und Redaktion. In: Baedeker.com. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 9. Juni 2014; abgerufen am 27. April 2017.
  2. Stammbaum Familie Baedeker (Karl Baedeker, Coblenz); abgerufen am 27. April 2017
  3. Karl, Baedeker, Rheinreise von Basel bis Düsseldorf, Koblenz 1849, [Nachdruck bei Die bibliophilen Taschenbücher, Dortmund 1978], Kapitel 1, Rheinpfalz", Seite 15
  4. A. P. Herbert, A. Davies-Adams: La Vie Parisienne. A Comic Opera in Three Acts (Very remotely related to the Offenbach opera with the above title). Ernest Benn Limited, London 1929. Baedeker-Zitat auf S. 39.
  5. Auch der Baedeker-Verlag selbst sprach von „der englischen Übersetzung des Librettos zu Jacques Offenbachs Operette ‚La Vie Parisienne‘“, z. B. auf seiner Webseite (Memento vom 9. Juni 2014 im Internet Archive). Herbert und Davies-Adams unterstreichen allerdings mit einer Vorbemerkung auf S. 5: “This is not a translation, or even, strictly, an ‘adaptation’ [...] We have borrowed from MM. Meilhac and Halévy the title of their libretto, but very little else. Indeed (under instruction) we have never read it.”
  6. Todes-Anzeige. In: Königlich-privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen Nr. 242, 16. Oktober 1859, 6. Beil., S. 5 (Web-Ressource).
  7. Preußen. In: Landshuter Zeitung Jg. 11, Nr. 240, 21. Oktober 1859, S. 974 (Web-Ressource).
  8. Vergleiche die Webseiten Züge mit Namen, bei der vor 2001 kein Eintrag des IC Karl Baedeker vorhanden ist, und Datenbank Fernverkehr, die ab 2003 keinen Eintrag des IC Karl Baedeker mehr erhält.