Karl Ebner

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Karl Ebner (* 27. Oktober 1901 in Franzensfeste, Österreich-Ungarn; † 11. November 1983 in Lienz, Osttirol) war ein österreichischer Jurist, Gestapo-Chef und SS-Obersturmbannführer. In der Zeit des Nationalsozialismus arbeitete er als stellvertretender Leiter der Geheimen Staatspolizei Wien und rühmte sich seiner führenden Rolle bei der Deportation von 58.000 Juden in seinem Bereich.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Ebner stammte aus einem katholischen Elternhaus. Als er 1923 – seine engere Heimat war nach dem Ende des Ersten Weltkriegs von Italien annektiert worden – in das italienische Heer eingezogen werden sollte, übersiedelte er ins österreichisch gebliebene Osttirol und betrat Südtirol nie wieder.

Als Student an der Universität Wien wurde er Mitglied des österreichischen Cartellverbandes. Der 1928 promovierte Jurist begann seine Polizeilaufbahn in der Ersten Republik, wurde aber schon 1936, während der Ständestaatsdiktatur, illegales Mitglied der NSDAP und trat am 3. Januar 1937 der SS bei (SS-Nummer 302.994).[2] Am 28. Mai 1938 beantrage er die reguläre Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 6.242.415).[3]

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich, 1938, trat Ebner in die Gestapo ein, die im Wiener Stadtzentrum, im ehemaligen Hotel Métropole am Morzinplatz, ihren Sitz errichtete und sich zur größten Staatspolizeileitstelle des Deutschen Reiches entwickelte. Ebner war die „graue Eminenz“[4] der Wiener Gestapo. Chef der Leitstelle Wien war Franz Josef Huber, ein Münchner, mit dem Ebner befreundet war und in dessen Haushalt er zeitweilig lebte. Huber delegierte praktisch alle exekutiven Aufgaben an seinen Stellvertreter Ebner und es war auch Ebner, der dem Amtsdirektor der Kultusgemeinde am 1. Februar 1941 die Weisungen zur endgültigen Deportation der in Wien verbliebenen Jüdinnen und Juden bekanntgab.[5] Darin werden alle Vermögenswerte der Deportierten als „Schenkung“ bezeichnet, deren Erlös „zur Deckung der Kosten der Umsiedlung und Auswanderung sowie der endgültigen Lösung des Judenproblems“ bestimmt sei.[6]

Ebner leitete von Juni 1939 bis April 1942 das Referat Weltanschauliche Gegner der Gestapo und spielte damit eine Schlüsselrolle bei der Verfolgung, Beraubung und Deportation der vom NS-Regime als jüdisch eingestuften Menschen. 1942 avancierte Ebner zum stellvertretenden Leiter der Gestapoleitstelle Wien, im gleichen Jahr wurde er zum SS-Obersturmbannführer, seinem höchsten SS-Rang, ernannt.

Anfang 1943, als sich im Zweiten Weltkrieg das Blatt zuungunsten Deutschlands wendete, begann Ebner für ausgewählte Personen, darunter Angehörige des höheren Klerus und Mitglieder des Cartellverbandes wie er selbst, zu intervenieren: Er warnte und schützte Menschen, die mit der Gestapo in Konflikt geraten waren, und rettete einer Reihe von ihnen das Leben. Unter anderem half er der jüdischen Frau des prominenten Schauspielers Hans Moser, die in Budapest von der Deportation nach Auschwitz bedroht war, zu ihrem Ehemann nach Wien zurückzukehren.[7] (1948, bei seinem Volksgerichtsprozess in Wien, sagten über 20 Menschen, denen Ebner angeblich oder tatsächlich geholfen hatte, als Entlastungszeugen für ihn aus und retteten ihn damit vor der geforderten Todesstrafe.)

Mit der Ablöse Hubers als Gestapochef am 1. Dezember 1944 durch Rudolf Mildner verlor Ebner zunehmend Einfluss und Kompetenzen. Schließlich wurde ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet und er wurde am 16. März 1945 von einem SS-Gericht wegen Wehrkraftzersetzung, Häftlingsbegünstigung und Korruption dreifach zum Tod verurteilt. In einem Gnadengesuch an Heinrich Himmler schrieb Ebner: „Insbesondere auf dem Gebiete der Judenmaßnahmen ist wohl mein Name mit der Tatsache aufs Engste verknüpft, dass ich es gewesen bin, der die Judenfrage in Wien, wohl der verjudetsten Großstadt des Großdeutschen Reiches, in einwandfreier und kompromissloser Weise gelöst habe. Rund 1 Milliarde Sachwerte wurden durch die von mir aufgezogene Organisation dem Reiche zugeführt.“ Himmler reagierte auf das Gesuch nicht, das Todesurteil wurde aber in den Wirren der letzten Kriegstage nicht mehr ausgeführt.

Nach Kriegsende wurde Ebner in britische Internierungslager verbracht und am 20. Februar 1947 an die österreichischen Behörden übergeben. Am 11. Dezember 1948 wurde er aufgrund seiner Funktion als Abteilungsleiter bzw. stellvertretender Leiter der Gestapo Wien vom Wiener Volksgericht zu 20 Jahren schweren Kerkers verurteilt. Am 16. Mai 1953 begnadigte ihn Bundespräsident Theodor Körner auf Wunsch der großkoalitionären Bundesregierung Raab I. Er wurde aus der Haft entlassen, war krank und erwerbslos und arbeitete dann als Hausverwalter bei einer Tochtergesellschaft der Creditanstalt.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Judith E. Innerhofer: Der Engel der Gestapo. In: Falter, Wien, Nr. 41, 9. Oktober 2013, S. 18 f.
  • Thomas Mang: Die Unperson. Karl Ebner, Judenreferent der Gestapo Wien. Eine Täterbiografie. Edition Raetia, Bozen 2013, ISBN 978-88-7283-464-0.
  • Matthias Gafke: Heydrichs Ostmärker. Das österreichische Führungspersonal der Sicherheitspolizei und des SD 1939-1945. WBG Academic, Darmstadt 2015, ISBN 978-3-534-26465-0, S. 276f.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Tanja Malle: Zeitgeschichte: Neue NS-Täterbiografie aus Südtirol. Website des ORF, Abschnitt Wissenschaft, 18. Oktober 2013
  2. Bundesarchiv R 9361-III/522315
  3. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/7220026
  4. Thomas Mang: Gestapo-Leitstelle Wien – Mein Name ist Huber (Referat). In: Mitteilungen (PDF; 285 kB) des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, Wien, Nr. 164, Dezember 2003
  5. Dokument VEJ 3/114 in: Andrea Löw (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung) Band 3: Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren, September 1939-September 1941, München 2012, ISBN 978-3-486-58524-7, S. 382–384.
  6. VEJ 3/114, S. 383.
  7. Ein guter Tag für Dr. Ebner. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 9. Dezember 1948, S. 3.