Karl Lichnowsky

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Fürst Karl Lichnowsky

Fürst Karl Alois Johann Nepomuk Vinzenz Leonhard Lichnowsky, Edler Herr von Woschütz (* 21. Juni 1761 in Wien;[1] † 15. April 1814 ebenda), war der zweite Fürst Lichnowsky sowie Kammerherr am kaiserlichen Hof in Wien. Bekannt ist er vor allem als Musik-Mäzen und aufgrund seiner Beziehungen zu Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven.

Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Lichnowsky war der älteste Sohn des Grafen und 1773 durch Friedrich II. König von Preußen in den Fürstenstand erhobenen Friedrich Carl Johann Amadeus Lichnowsky (1720–1788) und seiner Ehefrau, Gräfin Carolina, geb. Reichsgräfin von Althann. Obwohl er den größten Teil seines Lebens in Wien verbrachte, hatten er und seine Familie den Hauptteil ihres Besitzes in Grätz im habsburgischen Mähren und in dem seit einigen Jahrzehnten preußischen und zuvor ebenfalls habsburgischen Schlesien, wo ihm Schloss Kreuzenort gehörte.

Von 1776 bis 1782 studierte er in Leipzig und Göttingen Jura. In Göttingen hatte er Kontakt mit Johann Nikolaus Forkel, der später als erster Biograf Johann Sebastian Bachs bekannt wurde. Lichnowsky selbst begann in dieser Zeit, Manuskripte mit Bachkompositionen zu sammeln.[2] Auch betätigte er sich als Musiker.

Seine letzte Wohnung befand sich in der Hinteren Schenkenstraße Nr. 60, wo er am 15. April 1814 an einem Schlaganfall starb.[3] Seine letzte Ruhestätte fand er in der Familiengruft auf dem Friedhof Podolí bei Grätz.

Beziehung zu Mozart[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lichnowsky war Freimaurer und gehörte der gleichen Loge wie Wolfgang Amadeus Mozart an.[4] Als er 1789 zu einer Reise nach Berlin aufbrach, bot er seinem Logenbruder an, ihn auf seine (Lichnowskys) Kosten zu begleiten. Sie brachen am Morgen des 8. April 1789 von Wien auf und erreichten Potsdam am 25. April, wo Mozart von König Friedrich Wilhelm empfangen wurde.

Auch lieh Lichnowsky Mozart Geld, das dieser aber nicht zurückzahlen konnte, so dass Lichnowsky ihn verklagte. Am 9. November 1791, wenige Wochen vor Mozarts Tod wurde die Klage zugunsten Lichnowskys entschieden, dem laut Urteil eine Summe von 1435 Gulden und 32 Kreuzer zustand – das Gericht wies den Kämmerer des kaiserlichen Hofs als Arbeitgeber Mozarts an, die Hälfte von Mozarts Gehalt von jährlich 800 Gulden zu pfänden.[5]

Beziehung zu Beethoven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz nach Mozarts Tod wurde Lichnowsky einer der wichtigsten Unterstützer Ludwig van Beethovens. 1796 begleitete der Komponist den Fürsten auf einer Reise nach Prag und Schloss Kreuzenort, von wo aus Beethoven nach Berlin weiter reiste.[6] Im Jahr 1800 bewilligte Lichnowsky Beethoven eine Unterstützung von 600 Gulden jährlich, die solange gezahlt werden sollte, bis Beethoven eine feste Anstellung als Musiker erlangt – was aber nie geschah.[7] Noch in einem Brief von 1805 nennt Beethoven ihn einen seiner loyalsten Freunde und Unterstützer seiner Kunst[2]. Lichnowskys Zahlungen endeten infolge eines schweren Zerwürfnisses, als Beethoven im Herbst 1806 oder 1807 zu Gast auf Schloss Grätz war und sich weigerte, für französische Offiziere zu musizieren, die beim Fürsten zu Besuch waren. Wie Ferdinand Ries berichtete, hatte Beethoven „den Stuhl schon aufgehoben, um ihn auf des Fürsten Kopf in seinem eigenen Hause zu zerbrechen, nachdem der Fürst die Zimmerthür, die B. nicht aufmachen wollte, zertreten hatte, wenn Oppersdorf ihm nicht in die Arme gefallen wäre“.[8] Nach seiner Rückkehr nach Wien zerstörte Beethoven daraufhin eine Büste des Fürsten.[9]

Widmungen Beethovens[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beethoven widmete Lichnowsky sieben Kompositionen:

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Alois Fürst Lichnowsky heiratete am 25. November 1788 in Wien Wilhelmina Christina Reichsgräfin von Thun und Hohenstein (* 25. Juli 1765 in Wien; † 11. April 1841), Tochter von Franz de Paula Johann Joseph Reichsgraf von Thun und Hohenstein.[10] und von Maria Wilhelmina Anna Josefa, geb. Reichsgräfin von Uhlfeld (Ulfeld, Uhlfeldt). Schon diese Gräfin war in Wien eine Gönnerin von Mozart und Beethoven. Diese verkehrten dort im musikalischen Salon der Gräfin, der sich im Palais ihres Gemahls befand.[11] Einziges Kind der Ehe Lichnowsky/Thun-Hohenstein war der Sohn Eduard (1789–1845), der nach dem Tod seines Vaters auch den Fürstentitel erbte.

In einigen Genealogien wird erwähnt, Fürst Karl Lichnowsky sei eine zweite Ehe mit Katharina Leinböck (* 27. Mai 1793 in Wien; † 23. Juni 1840 ebenda) eingegangen. Es handelte sich jedoch nicht um eine Ehe, sondern um eine außereheliche Liaison.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Constantin von Wurzbach: Lichnowsky, Karl Fürst. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 15. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1866, S. 76 (Digitalisat).
  • Stephan Ley, Schloß Grätz bei Troppau. Beethoven und die fürstliche Familie Lichnowsky. In: Atlantis, Jg. 9 (1937), Heft 1, S. 59–64
  • Otto Erich Deutsch, Mozart: A Documentary Biography. Stanford, CA: Stanford University Press, 1965
  • Jan Racek, Beethoven auf Schloss Grätz (Hradec) bei Troppau in den Jahren 1806 und 1811. In: Beethoven-Symposion Wien 1970. Bericht, Wien: Böhlau 1971, S. 215–235
  • Walther Brauneis, „…wegen schuldigen 1435 f 32 xr“ – Neuer Archivfund zur Finanzmisere Mozarts im November 1791. In: Mitteilungen der Internationalen Stiftung Mozarteum, Jg. 39, Heft 1–4, Juli 1991, S. 159ff
  • Maynard Solomon, Mozart: A Life, New York: Harper Collins, 1995
  • Klaus Martin Kopitz, Das Beethoven-Erlebnis Ludwig Tiecks und Beethovens Zerwürfnis mit Fürst Lichnowsky. In: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 53 (1998), S. 16–23
  • Karel Boženek, Beethoven und das Adelsgeschlecht Lichnowsky. In: Beethoven und Böhmen, hrsg. von Oldřich Pulkert und Hans-Werner Küthen, Prag 2000, S. 119–170
  • Peter Clive, Beethoven and his World: A Biographical Dictionary, Oxford University Press, 2001
  • Elliot Forbes, William Meredith, Lichnowsky. In: Grove Dictionary of Music and Musicians, Oxford University Press, 2007
  • Kurt Dorfmüller, Norbert Gertsch und Julia Ronge (Hrsg.), Ludwig van Beethoven. Thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis, 2 Bände, München 2014

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wien, Pfarre St. Michael, Taufbuch Tom. C, S. 287
  2. a b Grove
  3. Wiener Zeitung, 20. April 1814, S. 444 (Online)
  4. Solomon 1995
  5. Eine diesbezügliche Eintragung im Exhibitenprotokoll der k.k. Hofkammer wurde erst 1991 von Otto Mraz entdeckt, so dass der Vorgang in älteren Mozartbiografien nicht erwähnt ist.
  6. Deutsch
  7. Vgl. Beethovens Brief an Carl Amenda vom 1. Juli 1801, in: Ludwig van Beethoven, Briefwechsel, Band 1, hrsg. von Sieghard Brandenburg, München 1996, S. 85
  8. Klaus Martin Kopitz, Rainer Cadenbach (Hrsg.) u. a.: Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen in Tagebüchern, Briefen, Gedichten und Erinnerungen. Band 2: Lachner – Zmeskall. Hrsg. von der Beethoven-Forschungsstelle an der Universität der Künste Berlin. Henle, München 2009, ISBN 978-3-87328-120-2, S. 711f.
  9. Klaus Martin Kopitz, Das Beethoven-Erlebnis Ludwig Tiecks und Beethovens Zerwürfnis mit Fürst Lichnowsky. In: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 53 (1998), S. 16–23
  10. Lichnowskys Schwiegervater besaß Sympathie für Friedrich Christoph Oetingers Theosophie und für Astromechanik: Graf Franz Josef von Thun und Hohenstein war dabei ein Kunde des Mechanikerpfarrers und Astronomen Philipp Matthäus Hahn. Er bestellte wie sein Onkel Josef Friedrich Wilhelm Reichsfürst von Hohenzollern-Hechingen eine von Hahn (ehemals Pfarrer in Onstmettingen bei Hechingen) konstruierte und von Philipp Gottfried Schaudt, Schulmeister in Onstmettingen gefertigte astronomische Maschine. Vgl. Reinhard Breymayer: Erhard Weigels Schüler Detlev Clüver und sein Einfluss auf Friedrich Christoph Oetinger (1702–1782) […] In: Katharina Habermann, Klaus-Dieter Herbst (Hrsg.): Erhard Weigel (1625–1699) und seine Schüler. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2016, S. 269–323, hier S. 317–322: Nachweis einer Verbindung zwischen dem mit Mozart und Beethoven vertrauten Franz Josef Reichsgraf von Thun und Hohenstein, dem Mechaniker Philipp Gottfried Schaudt und dem Pfarrer Philipp Matthäus Hahn. Findet sich eine Spur von Hahns Theologie in Schillers Ode "An die Freude"?
  11. Vergleiche zu dieser Gräfin den exzellenten Artikel in der englischen Wikipedia
    en:Maria Wilhelmine von Thun und Hohenstein („englisch“).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eintrag in der Literarischen Landkarte der deutschmährischen Autoren (Palacký-Universität Olmütz)