Kartäuserkirche (Köln)

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Kartäuserkirche in Köln
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Die Kartäuserkirche ist die Kirche des ehemaligen, 1334 gegründeten Kartäuserklosters in Köln, der Kölner Kartause. Die Kirche dient heute der Evangelischen Gemeinde Köln als Gemeindekirche.

Geschichte und Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neue Sakristei mit Thomasaltar und dem gelb leuchtenden Goldglasfenster von Charles Crodel

Die einschiffige siebenjochige Kirche mit Kreuzrippengewölben und polygonaler Apsis wurde ab der Mitte des 14. Jahrhunderts bis 1393 (Hochaltarweihe) in schlichten gotischen Formen errichtet. 1425/27 ließen wohlhabende Stifter die Engel- und die Marienkapelle an der Nordseite der Kirche bauen. 1510 erweiterte der Konvent die ebenfalls nördlich gelegene Sakristei des 14. Jahrhunderts. Ein Lettner, der Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen wurde, teilte den Kirchenraum in einen Kleriker- und einen Laienbruderteil. Das wohlhabende Kölner Bürgertum stiftete große Teile der umfangreichen Ausstattung, die zu den wertvollsten in Köln gehörte. Sie ist in Resten in Kölner und europäischen Museen erhalten. Die Kirche trug im Gegensatz zum sonst bei Kartäuserkirchen üblichen Marienpatrozinium das Patrozinium der hl. Barbara nach einem Vorgängerbau.

Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die Kirche mit einer reichen Rokoko-Malerei dekoriert (von dieser existiert noch eine Kartusche an der Südwand). Diese wird nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wiederhergestellt, um den „romanischen Gesamteindruck“ des Innenraumes wiederzuerlangen. Mitte des Jahrhunderts entstehen die Barockbauten des Klosters und die barocken Eingangstore.

1794 lösten die Franzosen das Kloster als erstes in Köln auf. Die Kirche wurde profaniert und zum Lagerraum des französischen, ab 1815 preußischen Militärlazaretts. Diese Funktion besaß der Kirchenbau bis 1923, als die Kirche und Teile des ehemaligen Klosters der Evangelischen Gemeinde Köln als Ersatz für die Pantaleonskirche übereignet wurden. Ab 16. September 1928 diente der restaurierte Bau wieder als Gotteshaus, nunmehr für die Evangelischen.

1944 zerstörten Bomben die Kirche schwer. Die Wiederherstellungsarbeiten erfolgten 1949–53 unter Leitung des Architekten Georg Eberlein (Köln); sie stellten bewusst den gotischen Zustand der Erbauungszeit wieder her und beseitigten größtenteils die Spuren späterer, insbesondere barocker Veränderungen. So entstand ein schlichter, nur durch die Architektur wirksamer evangelischer Predigtraum, der das in der Kirchenarchitektur dieser Zeit verfolgte Ziel der Reduktion deutlich veranschaulicht.

Die beiden Künstler Gerhard Marcks und Charles Crodel, die seit 1920 befreundet waren und 1927–33 gemeinsam an der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein (Halle/Saale) tätig waren, sind im Wesentlichen für die Ausstattung des Kirchenraumes (1953–59) verantwortlich.

Das Gesamtbild des Kircheninnenraums und der Engel- und der Marienkapelle an der Nordseite prägen die 23 Farbglasfenster[1] von Charles Crodel[2] (u. a. mit dem Bild des letzten Weinstockes des Kartäusergartens). Verwendet wurden besondere Glassorten, darunter Goldglas, das nur August Wagner in Berlin herzustellen vermochte.

Den Altartisch mit Kreuz und Kerzenhaltern, den Taufständer, die Kanzel sowie die Kirchenbänke entwarf Gerhard Marcks. Die Kirche stellt insgesamt – zusammen mit der zurückhaltenden Farbgebung – einen wichtigen und typischen Kirchenraum im Zeitgeist der 1950er Jahre dar und bindet den historischen Bestand in Lichtführung und Bildlichkeit ein. Crodels Achsfenster mündet oben in die Darstellung der Auferstehung. Engel- und Marienkapelle weisen hervorragende Bauplastik in den Gewölbekonsolen auf. Die Decken dieser beiden Kapellen zeigen schöne florale Malereien der Erbauungszeit, in der Marienkapelle 1950 rekonstruiert.

Seit 2011 befindet sich im Altarbereich das Triptychon „Die Heilige Familie“ des Kölner Malers Jürgen Hans Grümmer aus den Jahren 1988 bis 1990. Diese Leinwandarbeit lädt den Betrachter immer zu einer Entdeckungsreise in die Menschheitsgeschichte ein, von der Entstehung der Welt bis in die Gegenwart des 20. Jahrhunderts und den Lebensalltag des Kölner Severinsviertel. In seiner Bild- und Symbolsprache tiefgründig, kenntnisreich und mitunter fast rätselhaft verschlüsselt, stellt der Maler zahlreiche historische und zeitgeschichtliche Szenen in einen biblischen Kontext. Jürgen Hans Grümmer lebte viele Jahrzehnte in der Kölner Südstadt und nutzte in den 1990er Jahren den Kapitelsaal der Kartäuserkirche als Atelierraum. Hier entstand auch „Die Heilige Familie“, mit Vater, Mutter, Kind, so wie Jürgen Hans Grümmer sie in seinem „Veedel“ erlebte. „Die heilige Familie“ ebenso wie das Diptychon „Karfreitag in der Severinstraße“,[3] ebenfalls aus dem Jahr 1990 und in der nahegelegenen St. Severin zu sehen, gehören zu den wichtigsten Spätwerken des Malers Jürgen Hans Grümmer.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Wiederherstellung der Kirche erbaute der Orgelbauer Willi Peter (Köln) in den Jahren 1954/1960 eine neobarocke Orgel, unter maßgeblicher Mitwirkung des Professors für Kirchenmusik an der Kölner Musikhochschule, Hans Klotz, einem der renommiertesten Orgelfachleute seiner Zeit. Das Instrument hat so einen eigenen Stil, unabhängig von allen damaligen Standards. Der wohl berühmteste Organist, der ein Konzert auf der Orgel spielte, ist Marcel Dupré, der am 8. November 1961 unter anderem sein Stück Cortège et Litanie darbot.[4]

Im Sommer 2011 wurde die Orgel umfänglich für 120.000 € restauriert und mit einem Glockenspiel sowie einer elektronischen (4000-fachen) Setzeranlage ausgestattet.[5] Die Fertigstellung wurde am Sonntag, 6. November 2011, mit einem Festgottesdienst gefeiert. Das Instrument hat 45 Register auf drei Manualwerken und Pedal. Der Spieltisch der (Haupt-)Orgel enthält ein viertes Manual, von dem sich die Chororgel anspielen lässt.

II Hauptwerk C–a3
Prinzipal 08′
Rohrflöte 08′
Spitzgambe 08′
Oktave 04′
Kleingedackt 04′
Nasat 0223
Superoktave 02′
Terz 0135
Sifflet 01′
Mixtur IV 02′
Zimbel IV 0223
Bassonschalmei 00 16′
Trompete 08′
Glockenspiel
I Positiv C–a3
Gedackt 8′
Quintadena 8′
Praestant 4′
Rohrflöte 4′
Oktave 2′
Waldflöte 2′
Scharf IV 1′
Sesquialtera II 00
Quintflöte 113
None 89
Krummhorn 8′
Tremulant
III Schwellwerk C–a3
Stillgedackt 16′
Prinzipal 08′
Metallgedackt 08′
Oktave 04′
Nachthorn 04′
Spillpfeife 02′
Mixtur IV 0113
Rauschzimbel III 023
Trompete 08′
Vox humana 08′
Schalmei 04′
Tremulant
Pedalwerk C–g1
Prinzipal 16′
Subbaß 16′
Oktavbaß 08′
Violflöte 08′
Choralbaß 04′
Nachthorn 02′
Rauschpfeife IV 0223
Posaune 16′
Baßtrompete 08′
Clairon 04′
IV Chororgel C–
Gedackt 8′
Gemshorn 8′
Schwebung 8′
Prinzipal 4′
Flöte 4′
Sesquialtera II 00
Rohrflöte 2′
Mixtur III 1′


Pedal Chororgel C–
Pommer 16′
Gedacktflöte 04′
  • Koppeln: Pos/HW, SW/HW, CO/HW, SW/POS, HW/P, POS/P, SW/P, CO/P

[6]

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Besonderheit stellen die beiden Dachreiter dar. In dem Größeren mit Spitzhelm hängen die drei größeren Glocken. Der andere Dachreiter trägt weithin sichtbar die kleinste Glocke. Sie ist zum täglichen Mittagsläuten um 12 Uhr zu hören. Alle vier Glocken sind im Jahre 1954 von der Glockengießerei Rincker in Sinn gegossen worden.

Nr.
 
Name
 
Schlagton
(HT-1/16)
Ø
(mm)
Masse
(kg)
Inschrift
(Schulter, einzeilig, in Versalien)
1 Abendmahlsglocke d2 ±0 643 151,5 DAS BLUT JESU CHRISTI, DES SOHNES GOTTES, MACHT UNS REIN VON ALLER SÜNDE. + 1. JOH. 1,7 +
2 Taufglocke f2 +2 540 86,5 WER DA GLAUBET UND GETAUFT WIRD, DER WIRD SELIG WERDEN + MARK. 16,16 +
3 Kasualienglocke g2 +1 477 58,5 HERR, HÖRE UND SEI MIR GNÄDIG UND HERR, SEI MEIN HELFER + PSALM 30,11 +
4 Betglocke a2 429 44,5 HALTET AN AM GEBET + RÖM. 12,12 +

Trivia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirche und Außenanlagen sind Drehort für die ZDF-Fernsehserie Herzensbrecher – Vater von vier Söhnen gewesen, ebenso für die Pastewka-Episode Ein Engel für alle Fälle.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Ulrich Bock, Martin Hennes, Rita Wagner: Kirche und Kloster der Kartäuser in Köln. 2. neu bearbeitete Auflage. Neusser Druckerei und Verlag, Neuss 1991, ISBN 3-88094-698-1 (Rheinische Kunststätten 52).
  • Anton Henze: Rheinlande und Westfalen. Baudenkmäler. 3. völlig neubearbeitete Auflage. Reclam, Stuttgart 1964, S. 368 (Reclams Kunstführer Deutschland 3), (Reclams Universal-Bibliothek 8401-18).
  • Werner Schäfke (Hrsg.): Die Kölner Kartause um 1500. Eine Reise in unsere Vergangenheit. Aufsatzband. Kölnisches Stadtmuseum, Köln 1991, ISBN 3-927396-37-0.
  • Rainer Sommer (Hrsg.): Die Kartause in Köln. Festschrift der evangelischen Gemeinde Köln zum 50. Jahrestag der Einweihung der Kartäuserkirche in Köln zur evangelischen Kirche am 16. September 1978. Evangelische Gemeinde, Köln 1978, S. 149–153.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://www.glasmalerei-ev.net/pages/b7279/b7279.shtml Gesamtdokumentation des Fensterwerkes.
  2. Charles Crodel: Verzeichnis baugebundene Werke
  3. Karfreitag in der Severinstraße
  4. Marcel Dupré an der Kartäuserorgel. Ein Höhepunkt der Konzertreihe dieser Kirche In: Der WEG. 26. November 1961.
  5. Matthias Pesch: Den alten Klang erhalten. In: Kölner Stadtanzeiger. 21. Juni 2011.
  6. organindex.de

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kartäuserkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 55′ 29″ N, 6° 57′ 21″ O