Kathedrale Unserer Lieben Frau (Sitten)

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Kathedrale von Sitten: romanischer Turm, gotisches Langhaus

Die Kathedrale Unserer Lieben Frau in Sitten im Schweizer Kanton Wallis (frz. Notre-Dame de Sion oder Notre-Dame du Glarier[1]) ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Sitten. Sie ist ein Schweizer Kulturgut von nationaler Bedeutung und steht daher unter Denkmalschutz.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen Ende des 6. Jahrhunderts wurde der Bischofssitz von Martigny (Octodurum) nach Sitten verlegt. Von einer Sittener Bischofskirche vor dem 8. Jahrhundert ist jedoch nicht einmal der Ort bekannt.[2] Um die Wende zum 9. Jahrhundert entstand als erster Bau an heutiger Stelle eine karolingische Kirche, die 1010 durch einen Brand zerstört wurde.[2] Danach wurde die romanische Kathedrale erbaut, die mit wenigen Veränderungen bis zum 15. Jahrhundert bestand. Der im Kern bis heute vorhandene Glockenturm entstand um die Wende zum 13. Jahrhundert.[2][3] In der Blütezeit der weltlichen Macht der Bischöfe von Sitten waren Burg und Basilika von Valeria Sitz des Domkapitels und Repräsentationsort des Fürstbistums. Die Kathedralwürde blieb jedoch bei Notre-Dame du Glarier.

Inneres

Mehrere Brände und Kriegshandlungen im Spätmittelalter beschädigten das romanische Gebäude so stark, dass das Langhaus zwischen 1450 und 1500 unter den Bischöfen Walter Supersaxo (1457–1482), Jost von Silenen (1482–1496), Nikolaus Schiner (1496–1499)[4] und Kardinal Matthäus Schiner (1499–1522) durch einen gotischen Neubau ersetzt wurde, das zusammen mit dem romanischen Turm im Wesentlichen die heutige Kathedrale bildet.[2]

1947/48 wurde der Chor um zwei Joche nach Osten verlängert.[2]

Architektur und Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kathedrale Unserer Lieben Frau von Sitten ist eine geostete dreischiffige Basilika mit Querhaus und langgestrecktem Chor. Der massige romanische Turm mit Kegelspitze beherrscht das Stadtbild.

Im Portaltympanon befindet sich ein Fresko im Stil des norditalienischen Trecento; es zeigt die Mutter Gottes, umgeben von zwei heiligen Bischöfen und Stifterfiguren. Das bedeutendste Stück der Ausstattung, das spätgotische Altartriptychon, stellt die Wurzel Jesse dar.

Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Orgel wurde im Jahre 1988 von dem Orgelbauer Hans Füglister erbaut. Das Orgelgehäuse stammt von einem Instrument des Orgelbauers Casper Carlen aus dem Jahr 1786 und wurde von Matthäus Carlenin geschaffen; von dem Instrument ist noch Pfeifenmaterial in dem heutigen Orgelwerk vorhanden. Das ursprünglich zweimanualige Instrument wurde 1874 von dem Orgelbauer Joseph Merklin überarbeitet und auch in der Disposition geändert. 1912 wurde das Instrument von dem Orgelbauer Henri Carlen von Glis umgestaltet und vergrößert, u. a. um ein drittes Manualwerk. 1988 wurde die Orgel dann letztmals restauriert und teilweise umgebaut. Das Pfeifenmaterial stammt teilweise noch aus dem Jahre 1912. Das Schleifladen-Instrument hat 49 Register auf drei Manualwerken und Pedal. die Trakturen sind mechanisch.[5]

Empore mit Orgelprospekt
I Positif de Dos C–g3
1. Bourdon 08'
2. Prestant 04'
3. Flûte 04'
4. Quinte 0223'
5. Doublette 02'
6. Flûte 02'
7. Tierce 0135'
8. Larigot 0113'
9. Cymbale IV 01'
10. Cromorne 08'
11. Voix Humaine 08'
Tremblant
II Grand Orgue C–g3
12. Principal 16'
13. Principal 08'
14. Suavial 08'
15. Flûte 08'
16. Bourdon 08'
17. Octave 04'
18. Flûte Ouverte 04'
19. Grosse Tierce 0315'
20. Nasard 0223'
21. Superoctave 02'
22. Flageolet 02'
23. Tierce 0135'
24. Grand Cornet V 08'
25. Fourniture IV 02'
26. Cymbale V 0113'
27. Trompette 08'
28. Clairon 04'
III Récit Expressif C–g3
29. Bourdon 16'
30. Principal 08'
31. Bourdon 08'
32. Salicional 08'
33. Voix Céleste 08'
34. Octave 04'
35. Flûte bouchée 04'
36. Flûte 02'
37. Cornet d'Écho III 0223'
38. Plein-Jeu IV 02'
39. Basson 16'
40. Trompette 08'
41. Hautbois 08'
Tremblant
Pedalwerk C–f1
42. Contrebasse 16'
43. Soubasse 16'
44. Quinte 1023'
45. Flûte 08'
46. Mixture III 0513'
47. Prestant 04'
48. Bombarde 16'
49. Trompette 08'

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Turm der Kathedrale befindet sich ein siebenstimmiges Glockengeläut. Neben zwei großen Glocken aus dem 15. Jahrhundert sind es fünf weitere aus dem 16. bis 19. Jahrhundert.[6]

Glocke Name Schlagton Durchmesser Giesser Gussjahr
1 Ave Maria d +5/16 1490 mm Pierre Quarta & Jean Perrodet, Genf 1447
2 Joyeuse f +4/16 1255 mm Pierre Quarta & Jean Perrodet, Genf 1447
3 Ste Marie, Ste Catherine, St Théodule g -1/16 1080 mm Grassmayr, Buchs 1911
4 a -1/16 885 mm Samuel Tréboux, Vevey 1837
5 Saint Théodule dis -3/16 635 mm Gustave Tréboux, Vevey 1875
6 fis -8/16 542 mm 1789
7 St Marc, St Théodore fis +0/16 445 mm Viktor Walpen, Reckingen VS 1884

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jean-Emile Tamini: La cathédrale de Sion “Notre-Dame du Glarier”. In: Annales valaisannes, Serie 2, Band 3, 1940, S. 33–41.
  • Pierre Dubuis: Documents relatifs à la cathédrale de Sion au moyen âge. In: Vallesia, 1979, S. 149–173.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Kathedrale Unserer Lieben Frau (Sitten) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. der frz. Begriff glarier bezeichnet Ablagerungen von Kies oder Sand entlang von Flussläufen. Végétations des rivages (ge.ch)
  2. a b c d e Bistumsinformation (französisch)
  3. François-Olivier Dubuis: Le clocher roman de la Cathédrale de Sion et ses transformations au XVe siècle. In: Annales valaisannes, S. 75–118.
  4. zu Schiner siehe Louis CarlenSchiner, Nikolaus. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 794 (Digitalisat).
  5. Informationen zur Orgel; vgl. auch die Informationen auf der Website der Orgelbaufirma Füglister
  6. Quasimodo, sonneur de cloches: Cloches – Sion (CH-VS) cathédrale Notre-Dame du Glarier (französisch), mit Abbildungen

Koordinaten: 46° 14′ 2,6″ N, 7° 21′ 33,9″ O; CH1903: 593888 / 120294