Kermesbeeren

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Kermesbeeren

Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana) mit hängenden Fruchtständen.

Systematik
Eudikotyledonen
Kerneudikotyledonen
Ordnung: Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie: Kermesbeerengewächse (Phytolaccaceae)
Unterfamilie: Phytolaccoideae
Gattung: Kermesbeeren
Wissenschaftlicher Name
Phytolacca
L.

Die Kermesbeeren (Phytolacca) sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Kermesbeerengewächse (Phytolaccaceae). Der deutsche Trivialname Kermesbeeren stammt vom persischen Wort قرمز qermez für rot.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration der Amerikanischen Kermesbeere (Phytolacca americana)
Phytolacca icosandra mit Blüten- und Fruchtständen
Amerikanische Kermesbeere (Phytolacca americana) mit hängenden Fruchtständen
Habitus, gestielte einfache Laubblätter und Blütenstände von Phytolacca rugosa
Habitus, gestielte einfache Laubblätter und Blütenstand von Phytolacca sandwicensis
Stamm von Phytolacca weberbaueri
Habitus und Blütenstände der Essbaren Kermesbeere (Phytolacca acinosa); sie ist in Mitteleuropa eine invasive Pflanze.
Die aufrecht stehenden Fruchtstände der Essbaren Kermesbeere (Phytolacca acinosa) mit den abgeflachten Beeren

Erscheinungsbild und Blätter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Phytolacca-Arten handelt es sich meist um ausdauernde krautige Pflanzen, selten Sträucher oder Bäume, die Wuchshöhen von etwa 1 bis 2 Metern erreichen. Der meist aufrechte, selten kletternde, bleistiftförmige, gefurchte oder kantige Stängel ist manchmal rötlich. Neben jungen Stängeln sind manchmal die Blütenstände behaart, sonst sind die Pflanzenteile unbehaart. Die Wurzeln sind meist dick und fleischig. Die meist gestielten Laubblätter haben eine einfache Blattspreite.

Blütenstände und Blüten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fünf bis hundert gestielte oder ungestielte Blüten stehen in endständigen oder den Blättern gegenüberstehenden, traubigen, ährigen oder zymösen Blütenständen zusammen.

Die meist zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig. Es sind nur fünf bis manchmal acht Blütenhüllblätter vorhanden; sie sind während der Blütezeit meist grünlich-weiß und vergrößern sich und werden rot während der Fruchtentwicklung. In ein oder zwei Kreisen stehen meist zehn (6 bis 33) Staubblätter; sie sind frei oder an ihrer Basis verwachsen und können aus der Blütenhülle herausragen oder nicht. Es sind 5 bis 16, selten bis zu 30 Fruchtblätter vorhanden; sie sind frei oder verwachsen. Wenn die Fruchtblätter verwachsen sind, dann ist der Fruchtknoten fast kugelig. Es sind gleich viele freie, pfriemförmige Griffelchen (Stylodien) wie Fruchtblätter vorhanden.

Früchte und Samen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Früchte werden meist fleischige, abgeflachte Beeren, mit meist sechs bis zwölf (selten bis zu 30) Samen, gebildet, die bis zu gleich viele Lappen besitzen wie Fruchtblätter daran beteiligt sind; oder es werden einsamige, achänenähnliche Früchte gebildet. Die schwarzen, glänzenden Samen sind nierenförmig bis zusammengedrückt mit einer harten, zerbrechlichen, unbehaarten Testa.

Systematik und Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verbreitung der Gattung Phytolacca ist fast kosmopolitisch, allerdings sind die meisten Arten ursprünglich in Südamerika heimisch, insgesamt gibt es in der Neuen Welt mehr Arten als in der Alten Welt; nur wenige Arten haben ihre natürliche Heimat in Afrika oder Eurasien. Einige Arten sind weltweit invasive Pflanzen. Kermesbeeren-Arten (Phytolacca) kommen überwiegend im tropischen bis subtropischen Raum und in Weinbaugebieten vor. Verwilderte Arten sind auf der ganzen Welt zu finden.

Die Gattung Phytolacca wurde durch Carl von Linné aufgestellt.[1] Der botanische Gattungsname Phytolacca kommt zum Teil vom griechischen Wort φυτόν (phyton) für „Pflanze“ und zum anderen vom lateinischen lacca für „Lack“ und bezieht sich auf das Aussehen der Beeren. Ein Synonym für Phytolacca L. ist Pircunia Bertero ex Ruschenb.[2]

Die Bestimmung der Arten ist schwierig, dies führte zu vielen Synonymen. Es sind etwa 25 bis 35 Phytolacca-Arten bekannt, hier eine Auswahl:

Invasive Arten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Keine der Arten ist in Mitteleuropa heimisch, sondern sie zählen in Mitteleuropa zu den Neophyten. Ob eine schädliche Wirkung auf die einheimische Flora vorliegt, war 2002 noch nicht bekannt[5]. Die Landauer Geoökologin Constanze Buhk warnt, „nach neueren Studien hätten selbst Buchen Schwierigkeiten, auf dem Boden, der von Phytolacca spec. belastet ist, überhaupt keimen zu können. Das mache sie dann entsprechend so konkurrenzstark und damit gefährlich“.[6] „In vielen Gärten Süddeutschlands findet man sie inzwischen als ‚Dauer-Gast‘.“

Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Säugetiere sind sie aufgrund der Triterpensaponine (Phytolaccagenin) und Lectine gering giftig bis giftig. Die Konzentration der giftigen Inhaltsstoffe nimmt wie folgt ab: Wurzel, Blatt, Stamm, Frucht unreif, Frucht reif.[7]

Wegen der Giftstoffe müssen nahrungsmitteltaugliche Produkte der Kermesbeeren behandelt oder entsprechend zubereitet werden. Die Beeren enthalten dunkelroten bis schwarzen Farbstoff aus der Gruppe der Betacyane (Phytolaccarot), ähnlich dem der Roten Bete. Sie wurden früher zum Färben von Rotwein, Likör sowie Gebäck verwendet, wegen der stark abführenden Wirkung wurde dies jedoch verboten. Auch wurde er zum Einfärben von Korbwaren, Wolle, Seide, Leder und für Schminke verwendet.[8][9] Die Indische Kermesbeere und die Zweihäusige Kermesbeere wurden ebenfalls zum Färben verwendet.[10] Um Wolle fuchsinrot zu färben, wird die mit Alaun oder Weinstein vorgebeizte Wolle in einen mit Essig gesäuerten Extrakt des Farbstoffes getaucht.

Die Blätter haben eine elliptische Form. In Amerika werden junge Blätter der Kermesbeeren (engl. pokeweed) ähnlich wie Spinat zubereitet. Pokeweed wird in den USA auch als polk salad bezeichnet und spielte in der Küche Louisianas früher eine wichtige Rolle.[11] Tony Joe White schrieb darüber den Song Polk Salad Annie, der auch von Elvis Presley gecovert wurde.

Die Sprossen haben spargelähnlichen Geschmack.[12]

Im Jahr 1989 erhielten Aklilu Lemma und Legesse Wolde-Yohannes für ihre profunde Erforschung der Eigenschaften der Endod-Pflanze (Phytolacca dodecandra) als preiswertes Vorbeugungsmittel gegen Bilharziose sowie für ihren Kampf zur Überwindung der Voreingenommenheit der westlichen Medizin gegenüber der Forschung der Dritten Welt den Right Livelihood Award.[13]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Phytolacca bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 23. Oktober 2018.
  2. a b c d e f g h i Phytolacca im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
  3. a b c d Dequan Lu, Kai Larsen: Phytolaccaceae: Phytolacca, S. 435 – textgleich online wie gedrucktes Werk, In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China, Volume 9 – Pittosporaceae through Connaraceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 2003, ISBN 1-930723-14-8.
  4. a b c d e f g h i j k l m Phytolacca bei Tropicos.org. In: Vascular Plants of the Americas. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  5. I. Kowarik, U. Starfinger (Hrsg.): Biologische Invasionen. Herausforderung zum Handeln? In: NEOBIOTA, 1, 2002, S. 5–24
  6. Volker Mrasek: Nächste Invasion rollt, Amerikanische Kermesbeere breitet sich massiv in südwestdeutschen Wäldern aus. Deutschlandfunk – Beitrag vom 11. Oktober 2013
  7. Bruno Vonarburg: Homöotanik: Farbenprächtiger Herbst. 3. Band, 2. Auflage, Haug, 2005, ISBN 978-3-8304-7227-8, S. 61.
  8. Wolfgang Steglich, Burkhard Fugmann, Susanne Lang-Fugmann (Hrsg.): RÖMPP Lexikon Naturstoffe. Thieme, 1997, ISBN 3-13-749901-1, S. 494.
  9. Gerhard Eisenbrand, Peter Schreier: RÖMPP Lexikon Lebensmittelchemie. 2. Auflage, Thieme, 2006, ISBN 978-3-13-736602-7, S. 604.
  10. G. Frerichs, G. Arends, H. Zörnig: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. 2. Band K–Z, 2. Auflage, Springer, 1949, ISBN 978-3-642-49483-3, S. 439.
  11. Ira S. Richards, Marie Bourgeois: Principles and Practice of Toxicology in Public Health. 2. Auflage, Jones & Bartlett, 2014, ISBN 978-1-4496-4526-7, S. 76.
  12. Bradford Angier: Field Guide to Edible Wild Plants. Stackpole Books, 1974, ISBN 0-8117-2018-7, S. 170.
  13. New Scientist. 11. Nov. 1989, S. 21.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Kermesbeere – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Kermesbeeren (Phytolacca) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien