Keystone-Pipeline

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Die Route der Keystone-Pipeline (Anfang 2015)
Ogallala-Aquifer und Keystone-Pipeline
Pipeline-Rohre auf einer Baustelle der Keystone-Pipeline in Swanton vor dem Verlegen (August 2009)
Umweltaktivist Bill McKibben spricht auf einer Demonstration gegen die Pipeline-Verlängerung (Oktober 2011)

Die Keystone-Pipeline transportiert Rohöl aus den Erdölfeldern der Athabasca-Ölsand-Vorkommen aus der westkanadischen Provinz Alberta zu Erdölraffinerien in den US-Bundesstaaten Illinois, Oklahoma und Nebraska. Die Strecke von Alberta bis Steele City (Nebraska) ist 3.456 km lang; die Verlängerung bis Cushing (Oklahoma) beträgt 480 km. Die Pipeline hat einen Durchmesser von 30 bzw. 36 Zoll (76 bzw. 91 cm). Sie kann bis zu 622 000 Barrel pro Tag transportieren.[1]

Eine Erweiterung unter dem Namen Keystone XL sollte den alten Strang durch eine direkte und wesentlich größere Leitung ersetzen. Das Projekt war umstritten, weil die Gewinnung von Rohöl aus Ölsanden einen hohen Energieaufwand bedeutet und schwere Umweltschäden mit sich bringt. Außerdem war die Route der „vierten Phase“ problematisch, weil sie das Gebiet des Grundwasserspeichers Ogallala-Aquifer quert. Dieser ist für die Landwirtschaft in den Great Plains unverzichtbar. Eine Schädigung hätte unabsehbare Folgen für die Lebensmittelproduktion der Vereinigten Staaten gehabt. Im November 2015 stoppte US-Präsident Barack Obama schließlich den Bau der Keystone XL; sein Amtsnachfolger Donald Trump genehmigte am 24. März 2017 erneut ihren Weiterbau, bevor dessen Nachfolger, Joe Biden, die Genehmigung am ersten Tag seiner Amtszeit wiederum zurückzog.[2][3] Im Juni 2021 gab die Betreibergesellschaft das Projekt endgültig auf.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

TransCanada schlug das Projekt 2005 vor. 2008 stieg der US-Ölkonzern ConocoPhillips mit einer 50-%-Beteiligung ein[4] doch schon 2009 kaufte TransCanada den Anteil zurück[5], um wieder Alleineigner zu sein. Es dauerte zwei Jahre, um alle erforderlichen Genehmigungen zu erhalten; die reine Bauzeit betrug weitere zwei Jahre.[6] 2010 ging die Pipeline in Betrieb.[7][8]

Vorfälle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei einem Leck 2017 flossen mehr als 407.000 US. Gallonen (1540 Kubikmeter) Rohöl auf landwirtschaftliche Flächen in South Dakota.

2019 traten 1,4 Millionen Liter (1400 Kubikmeter) Rohöl bei der Stadt Edinburg in North Dakota aus und versickerten im Boden, der daraufhin abgetragen wurde.[9]

2022 liefen im US-Bundesstaat Kansas mehr als 2,2 Millionen Liter (2200 Kubikmeter) Rohöl aus, teilweise in den Mill Creek, nahe Washington.[10][11]

Keystone XL[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die geplante Ergänzung und Erweiterung Keystone XL der Keystone-Pipeline sollte über 2.700 km, mit einem Durchmesser von nahezu einem Meter und damit einem Transportvolumen von ca. 700.000 Barrel Rohöl täglich[12] schließlich bis in den US-Bundesstaat Texas am Golf von Mexiko führen.[13] Weil die Pipeline über die kanadisch-amerikanische Grenze führte, war es nach US-Recht ein Projekt der US-Außenpolitik. Der US-Präsident und seine Regierung können ohne inhaltliche Beteiligung des US-Kongresses agieren und entscheiden.

Das Vorhaben war politisch umstritten. Die Versorgung der US-Wirtschaft mit Öl vom nordamerikanischen Kontinent ist, wie auch die Förderung des Hydraulic Fracturing (Fracking) zeigt, ein Ziel der nationalen Politik, um von Öl-Importen aus Konfliktregionen unabhängiger zu werden. Gewerkschaften sprachen sich für das Projekt aus; in der Bauzeit sollte das Projekt rund 3900 Menschen beschäftigen, im Betrieb aber nur 35.[14] Dagegen sprechen Umweltbedenken: Die Pipeline verläuft über Grundwasserspeichern, die für die Landwirtschaft großer Gebiete der USA wichtig sind.

Die Entscheidung über den Bau des nördlichen Teils von der kanadischen Grenze bis Oklahoma sollte zunächst frühestens Anfang 2013 fallen, nachdem das US-Außenministerium im November 2011 angekündigt hatte, alternative Strecken zu untersuchen.[15] Ende 2011 versuchte der US-Kongress die Regierung mit einer Frist von 60 Tagen unter Druck zu setzen. Präsident Obama verweigerte unter diesen Umständen, in eine Prüfung einzusteigen, und wies am 19. Januar 2012 das Projekt ab, da er in der kurzen, vorgegebenen Frist keine fundierte inhaltliche Bewertung für möglich hielt.[16] Zum Stopp des Projektes zugunsten einer Alternativplanung trugen auch massive Proteste von Umweltschützern, mehrerer Nobelpreisträger sowie prominenter Persönlichkeiten wie Desmond Tutu und Dalai Lama bei.[12]

Der südliche Teil des Keystone-XL-Projekts von Oklahoma zur Golf-Küste wurde weiter verfolgt[17] und nahm im Januar 2014 den Betrieb auf.[18] Sie verbindet das Öl-Umschlagszentrum in Cushing, Oklahoma, mit der Küste des Golfs von Mexiko in Port Arthur, Texas.

Im März 2013 stellte die Betreibergesellschaft einen erneuten Antrag. Darin wurde die Trassenführung so geändert, dass die ökologisch besonders empfindlichen Sandhills in Nebraska nicht mehr durchquert werden. Präsident Obama machte im Sommer 2013 in einer Rede über Maßnahmen gegen den Klimawandel eine Zustimmung zur Pipeline Keystone XL davon abhängig, dass die USA ihre CO2-Emissionen deckeln und Fortschritte in der Klimapolitik und beim Energiesparen machen.[19] Die Frage des Pipeline-Baus wurde in den USA als Symbol für die Entschlossenheit der Regierung Obama angesehen, den Klimawandel zu einem politischen Projekt des Präsidenten zu machen.[20]

In einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Auftrag des Außenministeriums vom Januar 2014[21] kam diese zum Ergebnis, dass Öl aus den kanadischen Ölsanden rund 17 % mehr CO2 freisetzt als der Durchschnitt aller Öllieferungen in den USA. Ansonsten seien die Umweltauswirkungen der Keystone-XL-Pipeline vergleichbar mit allen anderen Projekten.[22]

Anfang 2015 räumte ein Gericht im US-Bundesstaat Nebraska weitere juristische Hindernisse für das Projekt aus dem Weg.[23] Ende Januar stimmte der US-Kongress dem Bau der Pipeline mit 270 zu 152 Stimmen zu (darunter 29 Stimmen demokratischer Abgeordneter).[24] Das Gesetz verpflichtete die Regierung, die Pipeline zu bauen.[25] Wie zuvor angekündigt legte Präsident Obama ein Veto ein, das er mit nationalem Interesse begründete, wonach die Umwelt- und Außenpolitikinteressen eine ausführliche Abwägung und Untersuchung erforderten. Demnach werde er die Gutachten abwarten und widerspreche der vorgezogenen Entscheidung durch den Kongress.[26] Etwa gleichzeitig zweifelte die Environmental Protection Agency (EPA) die Studie des Außenministeriums an und sah durch das Keystone-Projekt erheblich höhere Risiken als in früheren Studien angenommen.[27]

Im September 2015 sprach sich Hillary Clinton im Präsidentschaftswahlkampf erstmals gegen das Projekt aus. Sie sagte: „Der Bau der Pipeline ist nicht das, was wir tun sollten, um die globale Erwärmung zu bekämpfen.“[14]

Anfang November 2015 bat das Betreiber-Consortium TransCanada Corporation überraschend das US-Außenministerium, das Prüfverfahren auszusetzen.[28] Als Gründe galten neben der anhaltenden Kritik die gesunkenen Ölpreise und politische Entwicklungen in Kanada, wo im Mai 2015 Alberta eine neue Provinzregierung mit kritischer Haltung zur Erdölgewinnung bekam und im Oktober 2015 mit Justin Trudeau ein neuer Ministerpräsident gewählt wurde, der das Projekt zwar unterstützte, aber mit deutlich weniger Einsatz als sein Vorgänger Stephen Harper.[29]

Daraufhin lehnte Obama am 6. November 2015 den Antrag ab. Er verwies darauf, dass die Pipeline weder Arbeitsplätze schaffen noch die Energieversorgung der USA signifikant verbessern könnte. Unter Bezug auf die UN-Klimakonferenz in Paris erhob er den Anspruch der USA, im Klimaschutz führend zu sein, und äußerte, der Pipelinebau würde dazu nicht passen.[30] Umweltschützer Bill McKibben nannte die Erklärung einen Wendepunkt für die Klimapolitik der Vereinigten Staaten; erstmals habe ein Spitzenpolitiker ein großes Projekt wegen seiner Auswirkungen auf das Klima gestoppt.[31]

Drei Tage nach seinem Amtsbeginn unterzeichnete der neue US-Präsident Donald Trump am 24. Januar 2017 Dekrete zum Weiterbau der beiden umstrittenen und von Obama gestoppten transnationalen Pipeline-Projekte Dakota-Access und Keystone.[32][33][34][35][36] Am 24. März 2017 genehmigte Trump das Projekt endgültig.[37][38] Umweltverbände und Vertreter indigener Stämme klagten gegen die erneute Genehmigung.[39][40] Im Juli 2020 entschied das oberste Gericht der USA, dass Keystone XL umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfungen erfordere, bevor der Bau durchgeführt werden könne.[41] Am 20. Januar 2021 wurde Joe Biden als US-Präsident vereidigt. Am selben Tag widerrief er die Baugenehmigung für Keystone XL per Dekret.[42] Im Juni 2021 gab die Betreibergesellschaft das Pipelineprojekt auf.[43]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Keystone-Pipeline – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heizölpreise steigen stark | HeizOel24. 13. Dezember 2022, abgerufen am 13. Dezember 2022.
  2. DLF24, 24. März 2017: Öl-Pipeline Keystone XL - Trump gibt grünes Licht (24. März 2017)
  3. Biden kills Keystone XL permit, again. Abgerufen am 21. Januar 2021 (englisch).
  4. ConocoPhillips Acquires 50% Stake in Keystone In: ConocoPhillips, Downstream Today, 22. Januar 2008. Abgerufen am 18. Juli 2008 
  5. 16. Juni 2009: TransCanada to Become Sole Owner of the Keystone Pipeline System (Memento vom 26. Februar 2015 im Internet Archive) (transcanada.com)
  6. Koch Brothers Positioned To Be Big Winners If Keystone XL Pipeline Is Approved, reuters.com, 10. Februar 2011. Abgerufen am 26. Februar 2015 
  7. Ken Newton: Oil Flows Through Keystone In: St. Joseph News-Press, Downstream Today, 9. Juni 2010. Abgerufen am 1. August 2010 
  8. Keystone XL: #TimeToBuild Zugriff am 26. Februar 2015.
  9. North Dakota: Leck in Keystone-Pipeline - große Menge Rohöl ausgetreten. In: Spiegel Online. 1. November 2019 (spiegel.de [abgerufen am 1. November 2019]).
  10. tagesschau.de: Keystone-Pipeline: Mehr als zwei Millionen Liter Rohöl ausgelaufen. Abgerufen am 10. Dezember 2022.
  11. Nebraska Examiner: Leak on Keystone Pipeline released more than half a million gallons of crude oil, 9. Dezember 2022
  12. a b Klaus Remme: Obama lässt Bau einer Mega-Ölpipeline verschieben (Archiv). In: dradio.de. 15. November 2011, abgerufen am 26. Februar 2015.
  13. Patrick Welter: Naturschutz obsiegt über Ölinteressen. In: FAZ.net. 11. November 2011, abgerufen am 26. Februar 2015.
  14. a b Spiegel online: Umstrittenes Projekt: Clinton lehnt Bau von Keystone-Pipeline ab, 23. September 2015.
  15. Keystone XL Pipeline Project Review Process: Decision to Seek Additional Information. In: state.gov. 10. November 2011, archiviert vom Original am 1. März 2015; abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  16. Öltransport aus Kanada: Obama stoppt umstrittene Pipeline - vorerst. In: Spiegel Online. 19. Januar 2012, abgerufen am 26. Februar 2015.
  17. In Oklahoma, Obama Declares Pipeline Support In: nytimes.com 22. März 2012
  18. Clare Foran: Crude Shipments Begin in Keystone Pipeline's Southern Leg. In: nationaljournal.com. 22. Januar 2014, abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  19. ORF: Obama mobilisiert gegen den Klimawandel - Deutliche CO2-Reduktion angestrebt, 25. Juni 2013
  20. Ryan Lizza: The President and the Pipeline, The New Yorker, 16. September 2013.
  21. New Keystone XL Pipeline Application. In: keystonepipeline-xl.state.gov. Abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  22. Philip Bump: The Nine Things You Need to Know About the Keystone XL Pipeline Report. In: thewire.com. 25. Februar 2015, abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  23. National Journal: Keystone XL Supporters Score Victory in Nebraska Court Decision, 9. Januar 2015.
  24. Deutschlandfunk, Nachrichten, 12. Februar 2015, deutschlandfunk.de: US-Kongress stimmt für Bau der Keystone-Pipeline
  25. David Francis: The Senate Just Approved a Pipeline to Nowhere. In: foreignpolicy.com. 29. Januar 2015, abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  26. Veto Message to the Senate: S. 1, Keystone XL Pipeline Approval Act. In: whitehouse.gov. 24. Februar 2015, abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  27. Ben Geman: EPA Questions Finding of Limited Climate Impact of Keystone XL. In: nationaljournal.com. 3. Februar 2015, abgerufen am 26. Februar 2015 (englisch).
  28. Spiegel online: Umstrittene Keystone-Pipeline: Projektplaner beantragen Aussetzung des Prüfverfahrens, 3. November 2015.
  29. NPR: 5 Things To Know About The Keystone XL Pipeline, 3. November 2015
  30. Whitehouse.gov: Statement by the President on the Keystone XL Pipeline, 6. November 2015.
  31. Rolling Stone: Bill McKibben on Obama's Keystone XL Rejection: 'The Tide Is Starting to Turn', 6. November 2015.
  32. whitehouse.gov: Presidential Memorandum Regarding Construction of the Keystone XL Pipeline; Presidential Memorandum Regarding Construction of the Dakota Access Pipeline, Presidential Memorandum Regarding Construction of American Pipelines
  33. deutschlandfunk.de, Nachrichten vom 25. Januar 2017: Umstrittene Ölpipelines neu genehmigt (Memento vom 28. Januar 2017 im Internet Archive) (27. Januar 2017)
  34. deutschlandfunk.de, Hintergrund, 13. Januar 2017, Kerstin Zilm: Donald Trump und die Sioux (27. Januar 2017)
  35. faz.net, 24. Januar 2017: Trump macht Obamas Pipeline-Stopp rückgängig
  36. washingtonpost.com, 24. Januar 2017: Trump seeks to revive Dakota Access, Keystone XL oil pipelines
  37. Trump-Regierung bewilligt Ölpipeline Keystone XL
  38. www.whitehouse.gov (March 24, 2017)
  39. spiegel.de: Umweltverbände klagen gegen Trump, 30. März 2017
  40. zeit.de: Keystone XL: Indigene Stämme klagen gegen Ölpipeline, 11. September 2018
  41. CNN: Supreme Court deals major blow to Keystone XL project, 6. Juli 2020.
  42. spiegel.de: Newsblog zur Amtsübernahme, 21. Januar 2021.
  43. faz.net: Umstrittene Erdöl-Pipeline Keystone XL wird nicht gebaut.