Klientelpolitik

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Klientelpolitik bezeichnet die Verfolgung einer Politik unter Ausklammerung des Gemeinwohls. Die handelnden Akteure verfolgen zu Gunsten ihrer Klientel eigene Interessen und treffen Entscheidungen, die auch zu Lasten der Allgemeinheit gehen können. Der Ausgleich verschiedener Teilinteressen wird zu Gunsten eines Einzelinteresses vernachlässigt.

Überblick[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Allgemeinsprache wird der Begriff Klientelpolitik vor allem als politisches Schlagwort zur Kritik am jeweiligen politischen Gegner verwendet. Eine allgemeine wissenschaftliche Definition des Begriffs existiert nicht. Die Grenzen zu Phänomenen wie Korruption, Lobbyismus und Nepotismus sind fließend.

Klientelpolitik findet in der Beziehung zwischen einem Patron und einem Klienten statt (siehe Klientelismus). Voraussetzung für eine Beziehung zwischen Patron und Klient sind soziale Ungleichheit und der Austausch von Leistungen bzw. Diensten. Die Leistungen des Patrons sind dabei Schutz, Sicherheit, Vermittlung und Interessenvertretung. Der Klient bietet dafür Gefolgschaft und Loyalität. Politisch wird diese Beziehung, wenn es um den Austausch zwischen einem Politiker und seinen Unterstützern (Wählern) geht. Als kennzeichnend für derartige politische Beziehungen gelten Wahlkämpfe, die nicht an Programmen, sondern an Personen orientiert sind.

In modernen Gesellschaften handelt es sich bei Patron-Klient-Beziehungen vor allem um Beziehungen innerhalb großer Netzwerke zwischen Gruppen (Clans, Fraktionen, „Schulen“ etc.). Die persönliche Beziehung zwischen zwei Personen ist für die individuelle Teilnahme an einem Netzwerk jedoch wichtig, da sie Sicherheit und Vertrauen schafft.

Nimmt Klientelpolitik in einer Demokratie überhand, besteht die Gefahr, dass öffentliche Diskussion politischer Themen zur Farce wird, wenn Entscheidungen in einer privaten Beziehung zwischen Patron und Klient ausgehandelt und als allgemeine Entscheidung präsentiert werden. Zudem erleichtert dies Korruption.

Als Vorteil der Klientelpolitik wird in der Wissenschaft genannt, dass es sich um eine weitere Form der Interessenvertretung handelt. Dabei wird durch die Beziehungsstrukturen der Zugang zu den Entscheidungsinstanzen vereinfacht. Auf diesem Weg können Interessen erfolgreich und konfliktvermeidend kanalisiert werden.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Vorwurf der Klientelpolitik wurde in der deutschen politischen Auseinandersetzung zum Beispiel in folgenden Fällen erhoben:

Eine zweifelsfreie, objektive Einordnung als Klientelpolitik zu Lasten der Allgemeinheit ist jedoch kaum möglich. Die Verwendung des Begriffs ist damit stets mit einer politischen Bewertung verbunden.

Politisches Handeln zu Gunsten Wohlhabender als Klientel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut einem Forschungsbericht von 2016 im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales werden in Deutschland bei politischen Entscheidungen die Präferenzen von sozialen Gruppen unterschiedlich stark berücksichtigt. Ausgewertet wurden dabei Daten aus der Zeit zwischen 1998 und 2015. Es zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang von Entscheidungen zu den Einstellungen von Personen mit höherem Einkommen, aber keiner oder sogar ein negativer Zusammenhang für die Einkommensschwachen.[2]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hüstebeck, Momoyo: Klientelpolitik als kulturübergreifendes Phänomen. Eine Annäherung an Klientelismus-Konzepte. Dynasties and Female Political Leaders in Asia. Project Discussion Paper No. 6/2004, Universität Duisburg-Essen und Universität Erlangen-Nürnberg, 2004 (PDF)
  • Piattoni, Simona (Hrsg.): Clientelism, Interests, and Democratic Representation: The European Experience in Historical and Comparative Perspective. Cambridge University Press, Cambridge 2001, ISBN 0-521-80477-9
  • Nolte, Hans-Heinrich (Hrsg.): Patronage und Klientel. Ergebnisse einer polnisch-deutschen Konferenz. Böhlau, Köln und Wien 1989, ISBN 3-412-10188-5
  • Weber Pazmiño, Gioa: Klientelismus. Annäherung an das Konzept. Dissertation der Universität Zürich. ADAG, Zürich 1991

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. dpa/cn: Brandenburg: Stasi-Vergangenheit lohnt sich für Beamte. In: welt.de. 21. Januar 2010, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  2. Lea Elsässer, Svenja Hense, Armin Schäfer: Systematisch verzerrte Entscheidungen? Die Responsivität der deutschen Politik von 1998 bis 2015. Hrsg.: Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (= Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Bundesregierung). 2016, ISSN 1614-3639.