Lärmschutzwand

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Lärmschutzwand entlang der Autobahn A 4 in Horrem

Lärmschutzwände und Lärmschutzwälle werden genutzt, um Lärm, der von einer linienförmigen oder flächigen Schallquelle ausgeht (z. B. Straßen, Schienenwege, Fabrikanlagen) zu dämmen, so dass an einem zu schützenden Immissionsort (z. B. Wohnbebauung, Krankenhäuser) der Lärm so weit abgeschwächt wird, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden. Diese können durch Maßnahmen des passiven Lärmschutzes (z. B. Schallschutzfenster) ergänzt werden.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten Lärmschutzwände wurden Mitte des 20. Jahrhunderts in den USA wegen des aufkommenden Kraftverkehrs gebaut. In den späten 1960er Jahren wurde begonnen, akustische Phänomene in Zusammenhang mit Schallschutzwänden mittels mathematischer Methoden zu beschreiben und so deren Effektivität zu ermitteln. Dies ermöglichte die bessere Planung neuer Projekte.

Der Noise Pollution and Abatement Act von 1972 gilt als ein wichtiger Schritt der USA bei der Bekämpfung von Lärm.

Um die Bevölkerung vor Lärmemissionen zu schützen, sind aufgrund des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bei Überschreitung gesetzlicher Richtwerte Lärmschutzmaßnahmen erforderlich, wenn die Schallquelle zu stark ist. Betroffene Anwohner können bei ihrer Gemeinde entsprechende Gutachten oder Geräuschemissionsprognosen einfordern.

Häufig werden Lärmschutzwände an Bahnstrecken installiert. Zum Schallschutz an Bahnstrecken sind Niedrigschallschutzwände eine neuere Innovation. Aufgrund ihrer Wirkweise sind niedrige, weniger als 50 cm hohe Wände, die direkt neben den Gleisen montiert sind, ähnlich effektiv wie hohe, weiter entfernte, traditionelle Wände. Der Großteil des Schienenverkehrslärms wird vom Lauf der Radsätze im Gleis verursacht (Vibrationen, Bogenquietschen etc.).[1]

Wirkungsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mauerelement aus Leichtmetall
Sockelplatten als Betonfertigteile

Lärmschutzwände haben eine lärmabschirmende Wirkung; sie verhindern teilweise die Ausbreitung des Schalls. Auf diese Weise lassen sich Lärmminderungen von bis zu 20 dB(A) erreichen.[2] Die Wirksamkeit einer Lärmschutzwand als Schallschirm hängt von folgenden Faktoren ab:

  • Höhe der Lärmschutzwand
  • akustische Konzeption der Lärmschutzwand
  • Abstand von der Lärmquelle (Emissionsort)
  • Abstand vom Immissionsort
  • Höhe des Immissionsortes
  • Frequenzspektrum des Schalls
  • Krümmung der Wand[3]
Vorbereitung zur Fundamentlegung

Des Weiteren beeinflussen noch folgende Faktoren die Dämmwirkung:

  • Reflexionen an gegenüberliegenden Gebäuden oder einer gegenüberliegenden Lärmschutzwand können die Lärmdämmung vermindern. Der reflektierte Schall trifft unter einem flacheren Winkel auf die Wand- bzw. Dammkrone, so dass der Dämmeffekt durch Schallstreuung nicht mehr so groß wird. Außerdem addiert sich der reflektierte Schall zum Direktschall.
  • Reflexionen am Boden können die Dämmwirkung vermindern. Am Immissionsort wird der Schallpegel nicht nur durch den Direktschall über die Wand- bzw. Dammkrone beeinflusst, sondern auch durch Bodenwellen, die z. B. an der Oberfläche entlanglaufen. Ist der Boden schallhart (z. B. Asphalt), kann sich die Bodenwelle gut ausbreiten und den Pegel erhöhen. Ist der Boden schallabsorbierend (z. B. Waldboden), wird der Pegel geringer.
  • Wetterbedingungen (Wind, Temperaturschichtung) können die Schallwellen nach oben oder nach unten hin brechen.
  • Der Schallweg zwischen Quelle und Empfänger um das Hindernis herum ist länger als der direkte Weg, da die Schallwellen einen Umweg über die Wand- bzw. Dammkrone nehmen müssen. Damit kommt es zu einer Pegelreduzierung aufgrund des Abstandsgesetzes.
  • Beugungseffekte an der Oberkante mindern die Effektivität. Die Schallwellen, die auf die Wand- bzw. Dammkrone treffen, werden an dieser gebeugt. Hierdurch erreicht der Schall teilweise auch Immissionsorte, die hinter der Wand verborgen sind. Die Immission, die nach dem Queren der Krone einen Empfänger erreicht, hängt hierbei von dem Winkel ab, um den der Schall hierzu abgelenkt wird. Der Beugungswinkel ist frequenzabhängig (er ist umso geringer, je höher die Frequenz ist). Ein einfaches Modell zur Berücksichtigung dieser Effekte wurde 1968 von Meakawa präsentiert (→ siehe Schallschatten).

Mit Sound Screen Improvers (SSI) wird versucht, den Wirkungsgrad von Schallschutzwänden zu erhöhen. Im Allgemeinen sind es zylinder- oder prismaförmige Objekte, die an der Oberkante der Wand befestigt sind. Aufgrund der Verwendung von absorbierenden Materialien und ihrer abgerundeten Form (im Gegensatz zur scharfen Kante) werden Beugungseffekte reduziert und so ein größerer Raum hinter der Wand vor Schallwellen geschützt. Messungen der ÖBB auf einer Teststrecke ergaben Senkungen des Schallpegels von 1,5 dB(A) bis 5,5 dB(A) gegenüber dem Ursprungszustand.[4]

Unerwünschte Nebeneffekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lärmschutzwände versperren Reisenden oft die Sicht und werden mit Graffiti besprüht

Lärmschutzwände

In der Fachzeitschrift Eisenbahn-Revue International wurden (hohe) Lärmschutzwände als „ästhetisch-kulturelles Problem“[8] bezeichnet, das mitursächlich sei für eine fortschreitende „ästhetische Verwahrlosung der Eisenbahn“.[9]

Begrünung und gläserne Wandelemente können städtebauliche und landschaftspflegerische Beeinträchtigungen mildern. Allerdings ist der Vogelschlag zu beachten (s. Abschnitt „Varianten“). An Schienenbahnen kommen die o. g. Niedrigschallschutzwände sowie Maßnahmen an Fahrzeug und Gleis in Betracht.

Lärmschutzwände in der Industrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einen ganz eigenen Anwendungsfall finden Schallschutzwände in der Industrie. Denn hier werden sie meist in Innenräumen aufgestellt. So bestehen sie meist aus Aluminium und Mineralwolle oder Kunststoffen.

Sie werden unter anderem Verwendet für:

  • Hallen-Abtrennungen
  • Maschinen-Abtrennungen
  • Hallen- und Meisterbüros,
  • Arbeitsplatz-Abtrennungen oder
  • bessere Schallabsorption der Wände
Neben innerörtlicher Veloroute und Spazierweg in eng gebauter Stadt am Flussufer. Abhilfe: Begrünung mit Kletterpflanzen

Varianten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lärmschutzwand Garten Feinstaubbindung
Eine voll begrünte Lärmschutzwand entlang einer viel befahrenen Straße bietet den dahinter gelegenen Anwohnern effektiven Schutz vor Lärm bei gleichzeitig ökologischer Integration in das Landschafts- und Ortsbild.
Lärmschutzwand aus Metallelementen in der Bauabschlussphase

Schallschutzwände werden in einer Vielzahl von Materialien und Formen hergestellt. Schallabsorbierende Materialien sind von Vorteil, da sie den reflektierten und durchdringenden Schall besonders reduzieren. Dies sind besonders poröse Materialien, etwa aus Kunststoff.

Die Materialien sollten eine hohe Lebensdauer aufweisen und der Witterung widerstehen. Bei Anwendungen im Bahnbereich ist auch zu berücksichtigen, dass durch vorbeifahrende Hochgeschwindigkeitszüge große Druckunterschiede entstehen können.[10]

Die verschiedenen Formen und Bauweisen haben vor allem ästhetische Gründe. Besondere Krümmungen oder spezielle Oberkantenformen können deutlich zur Effizienzsteigerung beitragen.

Verschiedene Bauweisen mit Materialien sind:

  • Beton-Mauern werden vor allem wegen ihrer großen Lebensdauer verwendet.
  • Holzbetonelemente
  • Metalle wie Stahl und Aluminium finden häufig Anwendung.
  • Holz ist CO2-neutral und gliedert sich sehr gut in die Landschaft ein. Durch modernen Holzschutz wird eine lange Lebensdauer gewährleistet.
  • Glas wird primär aus ästhetischen Gründen eingesetzt. Fenster in der Wand sollen die Monotonie auch für den Autofahrer brechen. Allerdings ist hier die so genannte Vogelschlag-Problematik zu beachten, d. h. dann müssen Markierungen (z. B. Streifen) auf dem Glas oder Netze davor angebracht werden, damit Vögel die Scheiben erkennen und nicht dagegenfliegen.
  • Gabionen finden immer mehr Anwendungen im Lärmschutz.
  • Kunststoffe oder poröse Materialien werden wegen ihrer guten schalldämmenden Eigenschaften eingesetzt.
  • Lärmschutzwälle können direkt mit dem Aushub beim Straßenbau gebaut werden und sie lassen sich mit Bepflanzung gut in die Landschaft einfügen. Ihre Effektivität (Schallpegelreduktion zu Höhe) ist jedoch in der Regel geringer als bei Mauern und der Platzbedarf ist enorm.[2]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lärmschutzwand – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Kapitel 7.1.6 Schallabschirmung. In: Städtebauliche Lärmfibel online, herausgegeben vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, abgerufen am 2. September 2017

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. E. Hohnecker: Funktionsintegrierte Schallschutzmaßnahmen am Schienenfahrweg. (PDF; 3,4 MB) Archiviert vom Original am 18. Juni 2010; abgerufen am 29. Juli 2011.
  2. a b Maßnahmen zur Lärmminderung aus dem Lärmaktionsplan der Stadt Leipzig. Stadt Leipzig
  3. Gekrümmte Lärmschutzwände sind effektiver. (Memento vom 14. Juli 2012 im Webarchiv archive.today) auf: ORF.at, 28. August 2007.
  4. ÖBB Infrastruktur Bau: Themenblatt Lärmschutzlösungen. auf: oebb.at, März 2009.
  5. Eisenbahnfreunde fordern freien Blick auf Städte und Landschaften! In: Signal. 4, 2012.
  6. Stellungnahme der Stadt Dinslaken zum Planfeststellungsverfahren nach § 18 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) für die ABS 46/2 Grenze D / NL - Emmerich - Oberhausen betreffend den dreigleisigen Ausbau und die Bahnübergangsbeseitigungen auf der Strecke 2270 im Planfeststellungsabschnitt 1.3 Dinslaken dinslaken.de
  7. Vgl. Stellungnahmen der Feuerwehren im Arbeitskreis Streckensicherheit Betuwe zum Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes (EBA) zum „ABS 46/2, Dreigleisiger Ausbau und Bahnübergangsbeseitigungen, Planfeststellungsabschnitt 1.1 (PFA 1.1)“ in Oberhausen (Rhld.) vom 18.11.2015.[1]
  8. Reinhard Hanstein: Schallschutzwände - ein ästhetisch-kulturelles Problem. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 5, 2017, S. 224.
  9. Reinhard Hanstein: Die ästhetische Verwahrlosung der Eisenbahn. In: Eisenbahn-Revue International. Nr. 12, 2019, S. 659.; ders.: Lärmschutzwände: Wo bleibt die Abwägung?. In: Eisenbahn-Revue International 8–9/2023, S. 390f.
  10. B. Hofmeister: Lärmschutzwände an Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn – eine Herausforderung für den Leichtbau. S. 2 ff. (PDF; 4,5 MB)