KZ Neckargartach

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Mahnmal im KZ-Friedhof an der Böllinger Straße

Das KZ Neckargartach war ein Konzentrationslager der Schutzstaffel (SS) und ging als SS-Arbeitslager Steinbock in die Geschichte ein. Das Lager befand sich am Stadtrand von Heilbronn und ist nach dem Ortsteil Neckargartach benannt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juli 1944 wurde am Ortsende Richtung Bad Wimpfen ein Konzentrationslager Neckargartach als Außenkommando des KZ Natzweiler-Struthof im Elsass eröffnet: das SS-Arbeitslager Steinbock. Das KZ-Außenkommando Neckargartach gehörte zu den sogenannten Neckarlagern, in die im Spätsommer 1944 die Häftlinge des KZ Natzweiler und seiner im besetzten Frankreich gelegenen Außenkommandos vor den heranrückenden alliierten Armeen zurück verlegt wurden. Auf dem Areal standen die insgesamt neunzehn Baracken des KZ-Außenkommandos umgeben von Bretter- und Stacheldrahtzäunen und vier Wachttürmen.

Die ersten 200 KZ-Häftlinge kamen am 4. September 1944 zuerst aus dem KZ Kochendorf nach Neckargartach. Bis Mitte September folgten Transporte mit 600 Häftlingen aus dem Nebenlager Markirch des KZ Natzweiler. Mehrere Hundert Häftlinge aus Longwy und Deutsch-Oth in Lothringen und aus Wesserling-Urbis im Elsass folgten im selben Jahr. Im Winter 1944/45 stieg die Belegung auf 1000 bis 1100 Häftlinge an. Unter der Leitung der Organisation Todt (OT) und des Tiefbauunternehmens Berger wurden sie in zwei Stollen des Salzbergwerks Neckargartach eingesetzt, wo die I.G. Farben AG Rüstungsgüter produzierte und das Lebensmittelunternehmen Tengelmann Waren lagerte. Auch zu anderen Arbeiten wurden die Häftlinge eingesetzt, unter anderem zum Stollenausbau für die Untertageverlagerung der Produktion von Rüstungsgütern und später zu Aufräumarbeiten und zur Bergung der Bombenopfer nach dem schweren Luftangriff auf Heilbronn vom 4. Dezember 1944. Die Arbeit geschah unter schlimmsten Lebens- und Arbeitsbedingungen, wodurch bis zur Räumung des Lagers im April 1945 zahlreiche Häftlinge umkamen. Neben der Arbeit im Verlagerungsprojekt Steinbock mussten die Häftlinge an der Wimpfener Straße noch einen Luftschutzstollen für OT-Angehörige und Zivilpersonen ausbauen. Sie selbst durften diese Schutzräume generell nicht benutzen.

Gedenktafel im KZ-Friedhof Neckargartach
Gedenktafel im KZ-Friedhof Neckargartach

In der ersten Aprilwoche 1945 räumte die SS das Lager. Die Häftlinge wurden teils zu Fuß im sogenannten Hessentaler Todesmarsch, teils in Güterwaggons in das KZ Dachau gebracht. Offiziell wurde das Lager am 6. April 1945 geschlossen. Was mit den übrigen 842 Häftlingen geschah, die einst zu den Insassen von Neckargartach gehörten, ist nicht geklärt.

Nach dem Abtransport ins KZ Dachau wurde dort am 27. April 1945 ein Zugang von 258 Neckargartacher Häftlingen registriert.

Heute ist nichts mehr von dem Konzentrationslager erhalten. Die letzte der ehemaligen Häftlingsbaracken an der Böllinger Straße wurde 1986 abgerissen. Auf dem KZ-Friedhof in der Böllinger Straße erinnert an die dorthin umgebetteten 246 Toten ein Mahnmal, das nach einem Entwurf von Heinrich Schmutz aus den Trümmern der am 2. April 1945 gesprengten Neckarbrücke errichtet wurde.

Das Lager befand sich am Ortsende von Neckargartach zwischen Böllinger und Wimpfener Straße in der Nähe des heutigen Sportplatzes.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933–1945. Studienkreis Deutscher Widerstand. Bd. 5/1, Baden-Württemberg I, Regierungsbezirke Karlsruhe und Stuttgart. VAS, Frankfurt 1991, ISBN 3-88864-032-6
  • Heinz Risel: KZ in Heilbronn. Das SS-Arbeitslager Steinbock in Neckargartach. Augenzeugenberichte – Dokumente – Tatsachen mit Material über Kochendorf und Bad Rappenau. Selbstverlag, Nordheim 1987, ISBN 3-9801585-0-0
  • Maurice Voutey: Prisonnier de l’invraisemblable ou l'extravagance du rêve. Quatre saisons à Dachau et dans les camps du Neckar. Éditions de l’Armançon, Précy-sous-Thil 1995, ISBN 2-906594-48-2
  • Roger Farelle: Je suis un rescapé des bagnes du Neckar. Éditions Volets Verts 2000, ISBN 2-910090-15-9

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Koordinaten: 49° 10′ 30″ N, 9° 11′ 54″ O