Lars Henrik Gass

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Lars Henrik Gass (* 11. Juni 1965 in Kaiserslautern) ist ein deutscher Autor, Filmhistoriker und Filmkurator. Seit Oktober 1997 ist er Leiter der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Er ist ein Sohn von Peter Gass, lange Jahre Leiter des Kulturamts Kaiserslautern, und Annemarie Liebrich, die in zweiter Ehe mit dem Fußballspieler Werner Liebrich verheiratet war. Während der Schulzeit in Kaiserslautern arbeitete er journalistisch für die Lokalseiten von Die Rheinpfalz. Er wirkte mit im Filmclub Kaiserslauterns Alternativer Film und war Bassist der Band Brain Trust, die sich nach drei öffentlichen Auftritten auflöste. Gass studierte Literatur- und Theaterwissenschaften sowie Philosophie an der Freien Universität Berlin. Er promovierte bei Karsten Witte und Winfried Menninghaus mit einer Studie über die französische Schriftstellerin und Filmemacherin Marguerite Duras, die als Buch unter dem Titel Das ortlose Kino. Über Marguerite Duras (2001) erschien.[1] In den Jahren 1996/97 war er Geschäftsführer des Europäischen Dokumentarfilm Instituts in Mülheim an der Ruhr und dort Gründer und Redakteur der Buchreihe Texte zum Dokumentarfilm im Verlag Vorwerk 8 sowie Mitarbeiter der Zeitschrift DOX – Documentary Film Quarterly.

Gass publizierte zahlreiche Kritiken, Essays und Vorträge zu Fotografie, Film und kulturpolitischen Themen, insbesondere zur Phänomenologie der Filmfestivals und des Kinos sowie zur Entwicklung der Kultur- und Filmförderung. Er gilt als einer der profiliertesten Aktivisten und Theoretiker des Kinos, für das er eine „geregelte Musealisierung“[2] fordert, wie das auch für das Theater der Fall war. Er hatte verschiedene Lehraufträge zu Film und Kulturmanagement und war Gastredakteur des Themenhefts Die Zukunft der Filmfestivals von Schnitt (Filmzeitschrift).[3] Auf dem Onlineportal Filmdienst veröffentlicht er regelmäßig Beiträge. Gass ist Mitherausgeber der Bände Provokation der Wirklichkeit. Das Oberhausener Manifest und die Folgen (2012) und after youtube. Gespräche, Portraits, Texte zum Musikvideo nach dem Internet (2018) sowie Autor des Buches Film und Kunst nach dem Kino (2012),[4] „eine Streitschrift gegen die Auflösung des Kinos in die multimediale Konsumwelt“,[5] das auf positive Kritik stieß.[6] 2017 erschien eine aktualisierte und erweiterte Neuausgabe des Buches. Eine englischsprachige Ausgabe erschien 2019. Ebenfalls 2019 erschien Filmgeschichte als Kinogeschichte. Eine kleine Theorie des Kinos. „Das Interessante an Gass’ Verfahren ist, dass es sich keinem larmoyanten Kulturpessimismus und entsprechenden Rettungsmissionen verschreibt. Gass mag im Kino eine längst verflossene Utopie sehen – er weiß auch, dass sie nicht mehr zu retten ist.“[7] Filmpolitisch gilt sein Engagement vor allem dem Kino als kultureller Praxis, die er im Gespräch mit Tacita Dean mediengeschichtlich begründet: „Das Geschenk des Kinos an die Gesellschaft ist der Zwang zur Wahrnehmung“.[8]

Er wurde als Erneuerer des Festivals in Oberhausen bezeichnet,[9] weil er den Kurzfilm auf Popkultur, Zeitgenössische Kunst und eine „postkinematische Gegenwart“[10] zu beziehen begann.

Von 2002 bis 2007 war Gass Mitglied der Jury des Deutschen Kurzfilmpreises in den Kategorien Animations- und Dokumentarfilm, 2009 Mitglied der Berlinale Shorts Jury, von 2011 bis 2013 war des Künstlerischen Beirats der Emscherkunst. Im Februar 2019 wurde er für ein Jahr Vorstandsmitglied im Bundesverband kommunale Filmarbeit.[11][12] Er ist Mitgründer der AG Kurzfilm sowie der AG Filmfestival.

Gass ist engagiert für ein bedingungsloses Grundeinkommen sowie in der Solidargemeinschaft Artabana. Darüber hinaus bewegen ihn Fragen zu den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz.[13][14]

Ehrungen und Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2014: Ehrenpreis von Interfilm und Signis.[15]

Buchveröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 4./5. Mai 2002
  2. Lars Henrik Gass: Geregelte Musealisierung. kultur.west, 27. April 2018, abgerufen am 19. Februar 2023.
  3. Die Zukunft der Filmfestivals, Schnitt, Nr. 54, 2/2009
  4. Wie das Kino immer mehr aus den Filmen verschwindet. Welt am Sonntag, 12. August 2012.
  5. Bert Rebhandl in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Juni 2012
  6. Wolfram Schütte in: Deutschlandradio Kultur, 10. August 2012
  7. Peter Körte in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 7. Juli 2019
  8. Lars Henrik Gass: Über Film als Medium sprechen. Lars Henrik Gass im Gespräch mit Tacita Dean über die Zukunft des Analogfilms. Filmdienst, 22. Juni 2021, abgerufen am 23. Juni 2021.
  9. SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Ein Vierteljahr im Kino: Sie können nicht aufhören, doch aufhören müssen sie – SPIEGEL ONLINE – Kultur. Abgerufen am 22. März 2017.
  10. Manfred Hermes in: junge Welt, 11./12. Mai 2013
  11. Fabian Schauren: Neuer Vorstand gewählt (Memento vom 9. Juni 2019 im Internet Archive), Bundesverband kommunale Filmarbeit, 15. Februar 2019
  12. Vorstand, Bundesverband kommunale Filmarbeit, abgerufen am 29. Februar 2020
  13. Lars Henrik Gass: Die Party ist aus. Ein Essay über die Crux von Filmfestivals, das neue Bewusstsein für Klimaschutz mit dem Wunsch nach Aufwand unter einen Hut zu bringen. Filmdienst, 19. September 2019, abgerufen am 17. April 2020.
  14. Lars Henrik Gass zum „Öko-Dilemma“ internationaler Filmfestivals. MDR Fernsehen, 19. März 2020, abgerufen am 17. April 2020.
  15. 60. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen | inter-film.org. Abgerufen am 18. April 2020.