Leo Igwe

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Leo Igwe 2012 in Las Vegas
Leo Igwe stellt sich vor (2017).

Leo Igwe (* 26. Juli 1970) ist ein nigerianischer Menschenrechtsaktivist und Humanist. Er war Repräsentant der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union für West- und Süd-Afrika. Er hat sich darauf spezialisiert, gegen den Glauben an Hexenkinder in Afrika vorzugehen, sowie dessen Auswirkungen zu dokumentieren. Seine Menschenrechtsarbeit brachte ihn in Konflikt mit hochrangigen „Hexen-Gläubigen“ wie der Liberty Foundation Gospel Ministries. Er wurde bei seinen Menschenrechtsaktionen in Nigeria mehrmals festgenommen. Er ist seit 2012 Research Fellow der James Randi Educational Foundation, bekämpft die Effekte von Aberglaube und ist Teil der Skeptikerbewegung.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Igwe wuchs im Südwesten Nigerias auf. Er beschreibt sein Elternhaus als streng katholisch inmitten einer extrem abergläubischen Nachbarschaft.[1] Mit zwölf Jahren besuchte Igwe ein Seminar, um sich zu einem katholischen Priester ausbilden zu lassen, doch der Konflikt zwischen christlicher Theologie und dem Glauben an Hexen und Zauberer, der „tief in der nigerianischen Gesellschaft verwurzelt ist“[1], beschäftigte ihn. Nachdem er eine Weile geforscht hatte, fühlte er einen inneren Konflikt aufgrund der „merkwürdigen Mischung von Tribalismus und fundamentilistischem Christentum“, von der er glaubt, dass sie „die Entwicklung Afrikas behindere“. Er schied mit 24 Jahren aus dem Seminar aus und zog nach Ibadan, Nigeria.[1]

Igwe betreibt Forschungen zu diesem Thema an der Universität Bayreuth im Rahmen seines Doktoratsstudiums, nachdem er bereits ein Studium in Philosophie an der Universität von Calabar in Nigeria mit einem Master abgeschlossen hat.

Menschenrechtsarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Igwe ist ein Junior Fellow der Bayreuth International Graduate School of African Studies, ein Teil des Instituts für Afrikastudien der Universität Bayreuth. Sein Forschungsprojekt trägt den Titel „Witchcraft Accusation – A Case Study of Northern Ghana“.[2]

In einem Artikel für die Zeitschrift Free Inquiry im Herbst 2000, zählte Igwe verschiedene Wege auf, in denen religiöse Extremisten in Nigeria die lokalen Verwaltungen vereinnahmten und zum Durchsetzen religiöser Rechtsprechung benutzten, womit sie die Menschenrechte in diesen Gebieten beeinträchtigten.[3]

2004 schrieb Igwe, dass in Nigeria der Glaube an Zauberei zu rituellen Tötungen und Menschenopfern führt, wobei er anmerkte, dass Frauen und Kindern mit höherer Wahrscheinlichkeit „negative“ Zauberfähigkeiten oder -tätigkeiten zugeschrieben, Männer hingegen häufiger als Besitzer gutmütiger Zauberkräfte dargestellt werden.[4]

In einem Dokumentarfilm der BBC von 2008, Saving Africa's Witch Children,[5] ist Igwe zu sehen, da eine der Hauptpersonen die „Hexenjägerin“ Helen Ukpabio war.[6] Der Film erzählt von „schrecklichen Verbrechen gegen Kinder, denen Hexerei vorgeworfen wird“,[6] und wurde 2010 auch von HBO gezeigt.[6][7] Außerdem folgt er den Bemühungen Sam Itaumas, Gründer des Child Rights and Rehabilitation Network (CRARN), das missbrauchten oder ausgesetzten Kindern Unterkunft und Schutz bietet, sowie denen Gary Foxcrofts, dem Gründer von Stepping Stones Nigeria.[7]

Bei der Afrikanischen Kommission der Menschenrechte und der Rechte der Völker in Banjul 2009 vertrat Igwe die Internationale Humanistische und Ethische Union, wobei er für die IHEU die Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit in Afrika kritisierte.[8] In seiner Rede wies er auf die Diskriminierung der Osu hin, eine Gruppe die von manchen als Zugehörige einer niederen Klasse angesehen werden: „[Die Osu] werden weiterhin diskriminiert und erniedrigt, besonders in den Bereichen Heirat und Familie, Recht auf Eigentum und Erbschaft, Zugang zu Land, politische Rechte und Vertretung, Bildung, Entwicklung, Infrastruktur und Verteilung der grundlegenden Notwendigkeiten“.[8]

Nach einem Bericht der Europäische Humanistische Föderation drangen im Jahr 2010 Soldaten und Polizisten in Igwes Haus ein, aufgrund einer „falschen Mordanzeige“, die angeblich von einem Mann erhoben wurde, den Igwe zuvor versucht hatte wegen angeblicher sexueller Übergriffe auf eine Zehnjährige vor Gericht zu bringen.[9] Es heißt dort auch, Igwe sei bereits dreimal verhaftet worden, seit er an dem Vergewaltigungsfall arbeitete, jedes Mal aufgrund angeblicher böswilliger Anschuldigungen,[9] weshalb David Pollock von der EHF dem damaligen Vizepräsidenten Nigerias, Goodluck Jonathan, schrieb, um auf Igwes Fall aufmerksam zu machen.[10]

Nach Berichten der EHF wurden später, im August 2010, Igwes Haus und seine Familie attackiert, wobei zwei Unbekannte seinen Vater tätlich angriffen und ihm die Augen verbanden, was „schwere Verletzungen in seinem Gesicht und an seinem Kopf“ zur Folge hatte und die chirurgische Entfernung eines Auges notwendig machte.[9] Der Fall wurde von Amnesty International aufgenommen, nachdem die Polizei sich Berichten zufolge weigerte, Ermittlungen aufzunehmen.[9]

Am 11. Januar 2011 wurde Igwe „von Polizisten festgehalten und geschlagen“,[11] während er in Uyo, Akwa Ibom, versuchte, zwei Kinder die Opfer von Hexereivorwürfen waren, zu retten. Laut Sahara Reporters (New York), als Teil von Anstrengungen des lokalen Gouverneurs Godswill Akpabio, „die Kontrolle von Aktivisten zu erhöhen, die die Rettung von Kindern, denen Zauberei vorgeworfen wird, betreiben“.[12] Igwe wurde später ohne Anklageerhebung entlassen,[13] so Gary Foxcroft von Stepping Stones Nigeria, und sei wohlauf.[14]

Liberty Gospel Church[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Igwes Arbeit gegen Hexereivorwürfe umfasste auch Lobbyarbeit für die Durchsetzung eines nigerianischen Gesetzes, das es verbietet, Kinder der Zauberei zu bezichtigen,[15] was ihn in Konflikt mit den Liberty Foundation Gospel Ministries, einer Pfingstbewegungsgruppe, brachte, insbesondere mit Pastorin Helen Ukpabio, der von Igwe und anderen vorgeworfen wird, so ein Artikel in der New York Times, mit ihren Lehren „zu Folter oder Aussetzen tausender nigerianischer Kinder – darunter Kleinkinder und Säuglinge –, die unter Verdacht stehen, Hexen oder Zauberer zu sein“ beigetragen zu haben.[16]

Am 29. Juli 2009 sollte Igwe auf einer Konferenz in Calabar, Nigeria, sprechen um „das Aussetzen, Foltern und Töten von Kindern, die für Hexen gehalten werden“ zu verurteilen.[17] Als er gerade seine Rede beginnen wollte, stürmten mehr als 150 Mitglieder der Liberty Gospel Church in den Saal und griffen Igwe an. Er wurde „geschlagen und beraubt, seine Kamera, sein Geld und sein Mobiltelefon entwendet, bevor er in eine nahegelegene Polizeistation flüchten konnte, um Hilfe zu suchen“.[16][17] Ein Teil der Vorgänge wurde auf Film festgehalten.[18] Nach diesem Angriff verklagte das Oberhaupt der Liberty Gospel Church, Pastorin Helen Ukpabio, die lokale Regierung, verschiedene Kritiker und auch Igwe auf 2 Milliarden Naira (etwa 13,4 Millionen Euro, 2009) und einen „zeitlich unbegrenzten Unterlassungbefehl“, der ihre Kritiker zum Schweigen bringen sollte.[15][16] Ukpabios Klage wurde später von Richter P.J. Nneke vom Federal High Court in Calabar abgewiesen.[13] Als Antwort auf die Kritik von Igwe und Anderen sagte Ukpabio im Interview mit Mark Oppenheimer von der New York Times, dass „ihre filmischen Darstellungen von besessenen Kindern, die sich im Mondschein versammeln, um menschliches Fleisch zu verschlingen“ (wie man es in ihrem Film End of the Wicked sieht), nicht ernst gemeint seien. Sie sagt auch, dass der Dokumentarfilm Saving Africa's Children der BBC „das Problem der ausgesetzten Kinder übertreibt oder erfindet“.[15] Oppenheimer schreibt weiter: „Gefragt, wie sie sich so sicher sein könne, sagte sie ‚weil ich aus Afrika bin!‘ In Afrika, sagte sie ‚sind Familienverbände zu stark, um ein Kind auf der Straße zu haben‘“.[15]

Skeptiker[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leo Igwe

Igwes Rolle als Koordinator der nigerianischen Humanistenbewegung führte dazu, dass er für seinen außergewöhnlichen Beitrag zum weltweiten Atheismus den Freidenker Award während der Stars of Freethought Convention 2005 verliehen bekam. Die Veranstaltung wurde von der Atheist Alliance International und Atheists United veranstaltet.[19] Außerdem war Igwe auch ein führender Organisator und Moderator für die erste internationale humanistische Konferenz in Subsahara-Afrika 2007.[20] Igwe war auch Mitglied des Verwaltungsrats der Atheist Alliance International, wo er dazu beitrug, die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Humanistenbewegung zu verbessern, was dazu führte, dass diese sowohl den AAI International Freidenker Award als auch den AAI Community Cooperation Award verliehen bekam.[21]

Als ein Direktor des Center For Inquiry–Nigeria wurde Igwe 2009 für den BBC World Service interviewt. Er sprach über die Anstrengungen der Organisation, das Bewusstsein für die Gewalt und die Vernachlässigung, die Folgen des Glaubens an Hexerei seien, zu steigern. Dies seien Folgen, die sowohl aus dem Glauben an die Praktizierung von Hexerei, als auch aus Angst vor Magie resultierten.[22][23] 2012 schrieb Igwe A Manifesto for a Skeptical Africa,[24] was die Unterstützung mehrerer Aktivisten in Afrika sowie die von Mitgliedern der Skeptikerbewegung weltweit erfuhr.[24]

Igwe präsentierte auf der 6. Weltskeptikerkonferenz (18.–20. Mai 2012) in Berlin ein Plakat mit grausamen Schilderungen der Unsäglichkeiten, die ihm und vielen seiner Unterstützer in Afrika widerfahren sind, während sie gegen die Verfolgung und Ermordung von Kindern und Randgruppen protestierten, sowie des Unvermögens der Strafverfolger und religiöser Führer, diesen Grausamkeiten zu begegnen.[25]

Am 12. Juli 2012 nahm Igwe an einer Podiumsdiskussion auf dem Amaz!ng Meeting 2012 teil.[26][27] Igwes Präsentation beschäftigte sich mit der Tatsache, dass Armut sowohl das Angebot von als auch die Nachfrage nach selbsternannten Exorzisten antreibt, welche, so Igwe, verzweifelte Gemeinschaften ausnutzen und damit das Aussetzen oder die Vernachlässigung von Kindern hervorrufen.[26] Mit dem Podiumsteilnehmer Eran Segev (zu dem Zeitpunkt President der Australian Skeptics) und dem Moderator Brian Thompson (Outreach Director, JREF) diskutierte Igwe seine Anstrengungen für Menschenrechte und die schädlichen Auswirkungen von Aberglaube und Zaubereivorwürfen in Nigeria, Ghana und Malawi, sowie die Absicht, öffentlich auf die Aktivitäten von Hexenjägern aufmerksam zu machen.[26]

Im Oktober 2012 wurde Igwe zum Research Fellow der James Randi Educational Foundation (JREF) ernannt.[28][29]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Leo Igwe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Anne-Louise Brown: Fighting the Darkness, 8. Oktober 2011, S. 9 (englisch). 
  2. Igwe, Leo - Junior Fellow. Bayreuth International Graduate School of African Studies, archiviert vom Original am 4. September 2014; abgerufen am 21. März 2024.
  3. Leo Igwe: When Sharia becomes the law of the land. In: Free Inquiry. 20. Jahrgang, Nr. 4, 2000, S. 42 (englisch).
  4. Leo Igwe: A Skeptical Look at African Witchcraft and Religion. In: Skeptic. 11. Jahrgang, Nr. 1, 2004, S. 72 (englisch).
  5. Saving Africa's Witch Children. Internet Movie Database, abgerufen am 12. Juni 2015 (englisch).
  6. a b c CFI/Nigeria Leader Leo Igwe Featured Tonight on ‘Saving Africa’s Witch Children’. Center for Inquiry, 26. Mai 2010, abgerufen am 19. Februar 2013 (englisch).
  7. a b HBO: Saving Africa's Witch Children. HBO Documentaries, abgerufen am 19. Februar 2013 (englisch).
  8. a b Caste discrimination in Africa: IHEU speaks out at African Human Rights Commission. International Humanist and Ethical Union, 14. Mai 2009, abgerufen am 18. Februar 2013 (englisch).
  9. a b c d Protest at Harassment of Leo Igwe in Nigeria. European Humanist Federation, 9. März 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 29. August 2012; abgerufen am 21. März 2024 (englisch).
  10. David Pollock: Letter to Vice-President Goodluck Jonathan. (PDF; 65 kB) European Humanist Federation, 8. März 2010, archiviert vom Original am 4. September 2014; abgerufen am 21. März 2024.
  11. IHEU representative Leo Igwe jailed and beaten for human rightswerk. International Humanist and Ethical Union, 18. Januar 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 16. Februar 2013 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.iheu.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  12. Clampdown On Child Rights Activists In Akwa Ibom State: Leo Igwe Arrested By Police On the Orders Of Gov. Akpabio. In: Sahara Reporters. Abgerufen am 17. Februar 2013 (englisch).
  13. a b Martin Robbins: The dangerous fight for the 'child witches' of Nigeria. In: The Guardian. 14. Januar 2011, abgerufen am 14. Februar 2013 (englisch).
  14. Paul Sims: Humanist campaigner Leo Igwe arrested in southern Nigeria. New Humanist Blog, 13. Januar 2011, abgerufen am 22. Juli 2013 (englisch).
  15. a b c d Mark Oppenheimer: On a visit to the U.S., a Nigerian witch-hunter explains herself. In: The New York Times. 21. Mai 2010, S. A11, abgerufen am 22. Juli 2013 (englisch).
  16. a b c Mandy De Waal: Suffer the little children. In: Mail & Guardian. 10. April 2012, abgerufen am 14. Februar 2013.
  17. a b Martin Robbins: Face to faith: Christian and Islamist extremists in Nigeria are exporting dangerous ideas. In: The Guardian. 7. August 2009, abgerufen am 22. Juli 2013.
  18. Helen Ukpabio militia invade child rights conference in Calabar, Nigeria. Youtube.com, 29. Juli 2009, abgerufen am 22. Juli 2013.
  19. Mehul Kamdar: Atheist Alliance International’s 11th Annual Stars of Freethought Convention - Some Afterthoughts. Mukto-mona, abgerufen am 17. Februar 2013.
  20. Norm R. Allen Jr.: African Americans for Humanism in Africa. Council for Secular Humanism, abgerufen am 25. Februar 2013.
  21. Atheist Alliance of America - Leo Igwe. 27. Mai 2010, abgerufen am 30. Januar 2013.
  22. Director of CFI—Nigeria Leo Igwe interviewed on BBC World Service. In: Center for Inquiry. 15. Juni 2009, abgerufen am 18. Februar 2013.
  23. Do traditional beliefs in witchcraft or the power of juju hold back development in Africa? In: BBC World Service - Africa. 14. Juni 2009, abgerufen am 18. Februar 2013.
  24. a b Leo Igwe: A Manifesto for a Skeptical Africa. In: James Randi Educational Foundation. Abgerufen am 17. Februar 2013.
  25. Leo Igwe. Interview von Kylie Sturgess. Leo Igwe - The Constant Fight Against Irrationality. (Committee for Skeptical Inquiry). 6. Juni 2012. (englisch)
  26. a b c The Amaz!ng Meeting 2012 — Program. James Randi Educational Foundation, abgerufen am 21. Januar 2013.
  27. New Video from the Amaz!ng Meeting 2012: Supporting Skepticism Around the World. James Randi Educational Foundation, abgerufen am 21. Februar 2013.
  28. Sharon A. Hill: Leo Igwe partners with JREF to respond to witchcraft problem in Africa. In: Doubtful News. 30. Oktober 2012, abgerufen am 17. Februar 2013.
  29. Leo Igwe Appointed as New JREF Research Fellow. In: James Randi Educational Foundation. Abgerufen am 16. Februar 2013.