Leopold Wenger

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Leopold Wenger (* 4. September 1874 in Obervellach; † 21. September 1953 ebenda) war ein bedeutender Rechtshistoriker. Er verband juristische mit altphilologischen und historischen Forschungen. Er gilt als Initiator einer Universalgeschichte der Antike.[1]

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Leopold Wenger wurde auf dem seinen Großeltern mütterlicherseits gehörenden Schloss Trabuschgen in Obervellach geboren.[2] Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Graz. Hier besuchte er das berühmte Seminar von Gustav Hanausek. Nach der Promotion 1897 setzte er seine Studien in Leipzig bei Ludwig Mitteis fort. 1901 habilitierte er sich an der Grazer Universität für Römisches Recht.

1902 wurde Wenger außerordentlicher Professor in Graz. Ab 1904 lehrte er an den Universitäten Wien, Graz, Heidelberg und München, wo er das Seminar für Papyrusforschung gründete. Da sich in der neueren Romanistik auseinanderlaufende Forschungstendenzen abzeichneten, begann Wenger diese Bestrebungen ab seinem 1905 erschienenen Werk Römische und antike Rechtsgeschichte zu einem erweiterten Oberbegriff, den der „antiken Rechtsgeschichte“, zusammenzufassen. Seine Lehre bestand dabei in der Aufzeichnung der Entwicklungsgeschichte aller antiken Reiche innerhalb der Kultur des römischen Weltreichs, nicht darin, ein einheitliches antikes Recht aufzuzeigen.[3] 1914 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt,[4] 1926 zum korrespondierenden Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. 1935 folgte er einem Ruf zurück an die Universität Wien, wo er schon drei Jahre später emeritiert wurde. Von 1950 bis 1953 war er Mitherausgeber des Reallexikons für Antike und Christentum.

Zu Wengers Schülern aus seiner Grazer Zeit gehören Paul Koschaker, Mariano San Nicolò und Artur Steinwenter.

In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste wurden 1956 die rechtshistorischen Lehrstühle der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München unter der Bezeichnung Leopold-Wenger-Institut für Rechtsgeschichte und Papyrusforschung zusammengefasst. Den Grundstock der Ausstattung bildete Wengers reichhaltige Bibliothek.

Seit 1920 war er Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV Aenania München.

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zur Lehre von der actio iudicati. 1901, Habilitationsschrift
  • Römische und antike Rechtsgeschichte. 1905
  • Byzantinische Papyri. 1914
  • Institutionen des römischen Zivilprozeßrechts. 1925
  • Die Quellen des römischen Rechts. 1953

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Fritz Fellner, Doris A. Corradini (Hrsg.): Österreichische Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein biographisch-bibliographisches Lexikon (= Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs. Bd. 99). Böhlau, Wien u. a. 2006, ISBN 3-205-77476-0, S. 448 f.
  • Evelyn Höbenreich: Ludwig Mitteis und Leopold Wenger. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Rom. Abt. 109 (1992), S. 547 ff.
  • Evelyn Höbenreich: Der „Königsgedanke“. In: Ders. (Hrsg.): Gedächtnis des 50. Todesjahres Leopold Wengers (= Sitzungsberichte der Österr. Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 741. Bd.). Wien 2006, S. 17 ff.
  • Gerhard Thür: Leopold Wenger: Ein Leben für die Antike Rechtsgeschichte. In: Ders. (Hrsg.): Gedächtnis des 50. Todesjahres Leopold Wengers (= Sitzungsberichte der Österr. Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 741. Bd.). Wien 2006, S. 1 ff.
  • Leopold Wenger: Selbstbiographie. In: Österreichische Geschichtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen. I (1950), S. 133 ff.
  • Gunter Wesener: Römisches Recht und Naturrecht (= Geschichte der Rechtswiss. Fakultät der Universität Graz. Teil 1). Graz 1978, S. 79–85.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Reinhard Zimmermann: Heutiges Recht, Römisches Recht und heutiges Römisches Recht. In: Reinhard Zimmermann u. a. (Hrsg.): Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik. C.F. Müller, Heidelberg 1999, S. 1–39 (20 f.).
  2. Dieter Nörr: Leopold Wenger (1874 - 1953), in: Dietmar Willoweit (Hrsg.): Denker, Forscher und Entdecker: eine Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in historischen Porträts, München 2009, S. 269 (Online in der Google-Buchsuche )
  3. Max Kaser: Das Römische Privatrecht. (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Abteilung 10: Rechtsgeschichte des Altertums. Band 3.3.1: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht). C.H.Beck, München 1955, 2. Auflage 1971. Erster Abschnitt. § 2, S. 8.
  4. Mitgliedseintrag von Leopold Wenger (mit Bild) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 1. Februar 2016.
VorgängerAmtNachfolger
Karl Ritter von GoebelPräsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
1932 bis 1935
Karl Alexander von Müller