Litauische Luftstreitkräfte

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Litauische Luftstreitkräfte
Karinės oro pajėgos

Wappen
Wappen der litauischen Luftstreitkräfte
Aktiv
  • 1919–1940
  • Neuaufstellung 1992
Staat Litauen Litauen
Streitkräfte Litauische Streitkräfte
Typ Teilstreitkraft (Luftstreitkräfte)
Stärke 1.500 Soldaten[1]
Leitung
Oberbefehlshaber der Streitkräfte Verteidigungsminister

(im Kriegsfall: Präsident der Republik Litauen)

Militärischer Befehlshaber der Streitkräfte General Valdemaras Rupšys
Befehlshaber der Luftstreitkräfte Oberst Antanas Matutis
Insignien
Flugzeugkokarde
Flagge
Luftfahrzeuge
Transportflugzeug/
-hubschrauber
L-410, C-27J, C-17 (SAC), Mi-8, AS365

Die Litauischen Luftstreitkräfte (litauisch Karinės oro pajėgos) sind eine Teilstreitkraft der Litauischen Armee und unterstehen dem litauischen Verteidigungsministerium. Der Befehlshaber der Luftstreitkräfte ist Oberst Antanas Matutis. Wichtigster Stützpunkt der Luftstreitkräfte ist der Flughafen Šiauliai.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Litauische ANBO III, entworfen von Antanas Gustaitis

Im Zusammenhang mit der staatlichen Unabhängigkeit, wurde im November 1918 mit dem Aufbau der litauischen Luftstreitkräfte begonnen. Die ersten Flugzeuge der Truppe stammten aus Russland und Deutschland. In den 1920er und 30er Jahren wurde die Luftwaffe ausgebaut und verfügte in dieser Zeit über drei größere Stützpunkte und jeweils drei Aufklärungs- und Kampfflugzeug- sowie zwei Bomberstaffeln. Ein Teil der damals eingesetzten Maschinen stammte sogar aus heimischer Produktion, auf Grundlage von Entwürfen von Antanas Gustaitis.

Litauen wurde 1940 ohne Gegenwehr von der Sowjetunion besetzt. Die eigenständigen litauischen Luftstreitkräfte wurden aufgelöst – Teile des Fluggeräts und der Mannschaften wurden in der Folgezeit von der Roten Armee genutzt.[2]

Litauische Antonow An-26

Als Litauen Anfang der 1990er Jahre die Unabhängigkeit zurückerlangte, wurde auch die Luftwaffe neu aufgestellt. Das Personal wurde zunächst aus zumeist aus Litauen stammenden Angehörigen der sowjetischen Luftstreitkräfte rekrutiert.

Nachdem man anfangs einige sowjetische Einrichtungen übernommen hatte, wurden die Anlagen in den nächsten Jahren modernisiert und erweitert (Aufbau weiterer Radarstationen, Konzentration und Sanierung bei den Flugplätzen). Dies galt und gilt auch für die Ausrüstung, die nach und nach durch neu und gebraucht erworbenes Gerät (Flugzeuge, Hubschrauber, Radargeräte und Waffensysteme) erweitert und modernisiert wurde. Zudem wurden, insbesondere seit dem NATO-Beitritt des Landes im Jahr 2004, die Standards des Bündnissystems u. a. bei der Überwachung des Luftraums schrittweise implementiert.

Aktuell steht der Ausbau der Luftabwehr, insbesondere der Aufbau eines Abwehrsystems mittlerer Reichweite, im Mittelpunkt. Daneben ist man (z. B. bei der Ablösung der Transporthubschrauber Mil Mi-8) bemüht, das verbliebene Inventar aus sowjetischer und russischer Produktion durch Ausrüstung aus dem Westen zu ersetzen.

Befehlshaber der Luftstreitkräfte

Seit ihrem Wiederaufbau im Jahr 1992 wurden die litauischen Luftstreitkräfte von folgenden Offizieren geführt:[3]

Antanas Matutis
Name Dienstzeit Bemerkung
Zenonas Vegelevičius 2. Januar 1992 – 15. Mai 2000
Edvardas Mažeikis 16. Mai 2000 – 16. Juni 2002
Jonas Patašius 17. Juni 2002 – 22. September 2002 vertretungsweise
Edmundas Adomynas 23. September 2002 – 17. August 2003 vertretungsweise
Edvardas Mažeikis 18. August 2003 – 5. September 2004
Jonas Marcinkus 6. September 2004 – 22. September 2005
Artūras Leita 20. Januar 2006 – 9. Januar 2011 amtierend bereits ab September 2005
Edvardas Mažeikis 10. Mai 2011 – 10. Juni 2014 2. Amtszeit
Audronis Navickas 10. Juni 2014 – Februar 2017 seit November 2016 suspendiert und vertreten vom Stabschef (Devis Martusevičius)
Dainius Guzas 29. Mai 2017 – 28. Juni 2022
Antanas Matutis seit 28. Juni 2022

Aufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Aufgabe der litauischen Luftstreitkräfte ist die Überwachung, Kontrolle und Verteidigung des eigenen Luftraums, sowie die Unterstützung der Land- und Seestreitkräfte, insbesondere bei Transport- und Search-and-Rescue-Aufgaben.

Aktuell verfügt die Luftwaffe nur über Trainings- und Transportluftfahrzeuge – keine Kampfflugzeuge. Daher wird der Teil der Luftraumüberwachung und -verteidigung, der von Kampfflugzeugen übernommen wird, zurzeit von anderen NATO-Partnern durchgeführt (siehe hierzu Air Policing Baltikum).

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Struktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die litauischen Luftstreitkräfte sind aktuelle in folgende Bereiche gegliedert:

  • Fliegerhorst Flughafen Šiauliai
    Nach dem Abzug der russischen Luftstreitkräfte wurden zunächst mehrere Basen übernommen. Anfang des 21. Jahrhunderts konzentrierte man sich ausschließlich auf Šiauliai und begann diese Basis nach und nach zu modernisieren.
  • Luftraumverteidigung
    Das Luftverteidigungsbataillon wurde im Jahr 2000 aufgestellt. Zur Ausrüstung und Ausbildung der Einheit war man im Vorfeld eine Kooperation mit Schweden eingegangen.
  • Luftraumüberwachung und -kontrolle
    Das Luftraumüberwachungs- und -kontrollkommando in seiner heutigen Form geht auf das Jahr 2000 zurück. Mit der Überwachung des nationalen Luftraums wurde aber bereits 1992 begonnen. Insgesamt wurden im Laufe der Jahre sechs Radarstationen eingerichtet, um den litauischen Luftraum und dessen mögliche Verletzung zu überwachen.
    Um die Leistungsfähigkeit der Einheit zu verbessern, wurde 2015 begonnen die Stationen in Antaveršis (Rajongemeinde Prienai), Degučiai (Rajongemeinde Šilutė) und Ceikiškės (Rajongemeinde Ignalina) zu modernisieren und mit neuen 3D-Langstrecken-Radarsystem auszustatten. Diese Arbeiten sollen bis 2021[veraltet] abgeschlossen werden.[4]
  • Depot der Luftstreitkräfte
    Die Reparatur- und Versorgungseinrichtung der Luftstreitkräfte in ihrer heutigen Form wurde im Jahr 2004 gegründet.

Dienstgrade[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Generäle Stabsoffiziere Offiziere
Dienstgrad Generolas Generolas leitenantas Generolas majoras Brigados generolas Pulkininkas Pulkininkas leitenantas Majoras Kapitonas Vyresnysis leitenantas Leitenantas
General Generalleutnant Generalmajor Brigadegeneral Oberst Oberstleutnant Major Hauptmann Oberleutnant Leutnant
Unteroffiziere
Dienstgrad Seržantas majoras Viršila Štabo seržantas Štabo seržantas specialistas Vyresnysis seržantas Vyresnysis seržantas specialistas Seržantas Seržantas specialistas Grandinis
Oberstabsfeldwebel Stabsfeldwebel Hauptfeldwebel Hauptfeldwebel Oberfeldwebel/
Feldwebel
Feldwebel Stabsunteroffizier/
Unteroffizier
Unteroffizier Stabsgefreiter
Mannschaften
Dienstgrad Vyresnysis eilinis Eilinis Jaunesnysis eilinis
Hauptgefreiter/
Obergefreiter
Gefreiter Flieger

Ausrüstung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fluggerät[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von den litauischen Luftstreitkräften wurden Ende 2022 folgende Luftfahrzeuge eingesetzt:[5]

Luftfahrzeuge Foto Herkunft Verwendung Version Aktiv Bestellt Anmerkungen
Flugzeuge
Let L-410 Tschechoslowakei Tschechoslowakei Kurzstrecken-Transportflugzeug L-410 UVP 2 Im Jahr 1992 wurden zwei L-410 aus Altbeständen der Nationalen Volksarmee übernommen und 2006 grundlegend überholt.[6]
Alenia C-27J Italien Italien Mittleres Transportflugzeug Spartan 3 in den Jahren 2006 bis 2009 von Alenia Aeronautica geliefert[7]
Hubschrauber
Mil Mi-8
Russland Russland Transporthubschrauber
SAR
Mi-8MTW-1
Mi-8T
2
Eurocopter AS365 Frankreich Frankreich SAR AS 365 N3+ 3 im Jahr 2015 geliefert (ersetzten z. T. die Mil Mi-8)[8]
Sikorsky UH-60 Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten Transporthubschrauber/SAR UH-60M 4 Vier Stück sollen ab 2024 geliefert werden und die letzten verblieben Mil Mi-8 ersetzen.[9] Zwei weitere Exemplare sind geplant.

Darüber hinaus besaßen die Luftstreitkräfte lange Jahre eigene Aero L-39 Schulflugzeuge. Die letzte Maschine wurde 2021 an die Ukraine abgegeben.[10]

Im Rahmen des Strategic-Airlift-Capability-Programms werden von Litauen und den anderen Teilnehmerstaaten zudem drei C-17 Globemaster III betrieben, die für den militärischen strategischen Lufttransport genutzt werden können.

Flugabwehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Flugabwehr verfügt Litauen aktuell über folgende Kurzstrecken-Abwehr-Systeme:[11]

Zudem wurden 2020 zwei NASAMS-Raketenbatterien mit mittlerer Reichweite aus Norwegen geliefert. Bis 2021 sollten diese in das Luftüberwachungs- und -verteidigungssystem der baltischen Staaten und der NATO integriert werden.[12] Für die Anschaffung und notwendige Schulung waren von Litauen Ausgaben von etwa 110 Millionen Euro geplant.[13]

Radar[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Überwachung des Luftraums werden folgende Systeme eingesetzt:

  • Langstrecken-Zielerfassungsradar P-37
  • Langstrecken-Zielerfassungsradar P-18
  • Mittelstrecken-Zielerfassungsradar TRML-3D/32

Bis zum Jahr 2019[veraltet] sollen zusätzlich fünf Kurzstreckenradarsysteme aus israelischer Produktion in Varėna, Švenčionys, Vilnius, Jurbarkas und Pagėgiai aufgebaut werden.[14] Darüber hinaus sollen, in Kooperation mit der NATO, bis 2021[veraltet] drei 3D-Langstrecken-Radarsysteme der nächsten Generation angeschafft werden.[4]

Internationale Zusammenarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

BaltNet[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

BaltNet (Baltic Air Surveillance Network) ist das seit dem Jahr 2000 bestehende radargestützte militärische Luftraumüberwachungssystem der Streitkräfte von Estland, Lettland und Litauen. Es ist seit der NATO-Mitgliedschaft der baltischen Staaten in die Luftraumüberwachung (Air Policing) des nordatlantischen Bündnisses integriert.

Die Zentrale des BaltNet, das Regional Airspace Surveillance Co-ordination Centre (RASCC), befindet sich in Kaunas.

Air Policing Baltikum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seitdem Estland, Lettland und Litauen im Jahr 2004 der NATO beitraten, wird die Überwachung und Sicherung des Luftraums von anderen NATO-Mitgliedern übernommen. Der Grund für das Air Policing Baltikum ist, dass die litauischen, lettischen und estnischen Streitkräfte zwar durch Zusammenarbeit im Baltic Air Surveillance Network (BALTNET) seit 2006 Luftraumüberwachung durchführen können, aufgrund des Fehlens fliegender Waffensysteme jedoch nicht in der Lage sind Sichtidentifikation durchzuführen oder die Lufthoheit (zum Beispiel durch Abfangen oder Abdrängen) selbst durchzusetzen.

Strategic Airlift Capability[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Strategic Airlift Capability ist eine Initiative mehrerer NATO-Mitgliedsstaaten und zweier Partnernationen (Schweden und Finnland), welche Absichtserklärungen zum gemeinsamen Kauf und Betrieb von drei C-17 Globemaster III unterzeichneten. Diese Maschinen operieren auf ähnliche Weise wie die AWACS-Flugzeuge der NATO – mit multinationalen Besatzungen und einer multinationalen militärischen Führungsstruktur und sind auf dem Luftwaffenstützpunkt Pápa in Ungarn stationiert.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karinés Oro Pajégos – von 1918 bis heute. In: Fliegerrevue Extra. Nr. 5. Möller, Berlin 2004, S. 30–55.
  • Interview mit Artūras Leita, dem damaligen Befehlshaber der Luftstreitkräfte aus dem Jahr 2009 kam.lt (PDF)
  • World Air Forces 2017, Flight Global, 2016, S. 12 flightglobal.com (PDF)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Lietuvos karinės oro pajėgos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. International Institute for Strategic Studies (Hrsg.): The Military Balance 2022. 122. Auflage. Taylor & Francis, 2022, ISBN 978-1-03-227900-8, S. 124–125.
  2. Lietuvos karo aviacija 1919–1940 metais, abgerufen am 13. November 2014 (litauisch).
  3. Nuo 1992 metų Karinėms oro pajėgoms vadovavo (litauisch)
  4. a b Veröffentlichung des Verteidigungsministeriums vom 27. November 2015, abgerufen am 14. Dezember 2015 (englisch)
  5. World Air Forces 2023. (PDF) Flight International, abgerufen am 20. Juli 2023.
  6. Transportinis lėktuvas L-410 UVP Turbolet (litauisch)
  7. Third C-27J "Spartan" Meldung auf der Webseite des litauischen Verteidigungsministeriums vom 20. Oktober 2009, abgerufen am 8. Dezember 2015 (englisch)
  8. Lithuania begins round-the-clock SAR operation of AS365 helos (Memento vom 23. Januar 2016 im Internet Archive), Meldung auf janes.com vom 14. Januar 2016, abgerufen am 23. Januar 2016 (englisch)
  9. Lithuania and the U.S. signed a contract on procurement of a new UH-60 Black Hawk helicopter platform from the U.S. Government@1@2Vorlage:Toter Link/kam.lt (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Meldung auf der Webseite des litauischen Verteidigungsministeriums vom 16. November 2020, abgerufen am 16. November 2020 (englisch)
  10. Lithuania to gift training plane to Ukraine, Onlinemeldung des litauischen Rundfunks vom 3. November 2021, abgerufen am 19. Dezember 2021 (englisch)
  11. Oro gynybos ginkluotė – Übersicht über die Flugabwehrwaffensysteme auf der Internetseite der litauischen Streitkräfte, abgerufen am 20. November 2016 (litauisch).
  12. NASAMS medium-range air defence system officially handed over to the Lithuanian Armed Forces (Memento des Originals vom 5. November 2020 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kam.lt, Onlinemeldung auf der Internetseite der litauischen Streitkräfte vom 30. Oktober 2020, abgerufen am 10. November 2020 (englisch)
  13. Lithuania to procure additional NASAMS combat and inert missiles from Norway (Memento des Originals vom 28. Dezember 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kam.lt, Onlinemeldung auf der Internetseite der litauischen Streitkräfte vom 27. Dezember 2018, abgerufen am 27. Dezember 2018 (englisch)
  14. Veröffentlichung des Verteidigungsministeriums (Memento des Originals vom 30. März 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kam.lt vom 29. März 2018, abgerufen am 29. März 2018 (englisch)