Liv Ullmann

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Liv Ullmann auf dem Toronto International Film Festival 2014

Liv Johanne Ullmann (* 16. Dezember 1938 in Tokio, Japan) ist eine international bekannte norwegische Schauspielerin und Regisseurin. Ihre bekanntesten Filmauftritte hatte sie in Filmdramen von Ingmar Bergman, etwa in Persona, Szenen einer Ehe, Schreie und Flüstern und Von Angesicht zu Angesicht, sowie in Jan Troells Emigranten und Das neue Land. Sie spielte überwiegend in Norwegen, Schweden und zeitweilig in den USA; ihre Arbeitssprachen sind Norwegisch, Schwedisch und Englisch.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Liv Ullmann wurde in Tokio geboren. Ihr Vater, Ernst Viggo Ullmann, arbeitete als Luftfahrtingenieur für eine amerikanische Firma, ihre Mutter Janna Erbe Lund war Buchhändlerin.[1] 1941 zog die Familie nach Kanada.[2] Kurz vor Kriegsende (1945) starb der Vater an den Folgen eines zwei Jahre zurückliegenden Arbeitsunfalls mit einem Flugzeugpropeller.[1] Nach Kriegsende kehrte Ullmann mit ihrer Mutter und Schwester nach Norwegen zurück, wo sie sich in Trondheim niederließen. Liv Ullmann durchlief eine Schauspielausbildung, unter anderem in London, und bewarb sich mehrmals vergebens an der Schauspielschule des Nationaltheaters in Oslo. 1960 wurde sie schließlich als Ensemblemitglied des Nationaltheaters angenommen.[3]

Ullmann war bereits eine bekannte Theaterschauspielerin in ihrer Heimat, als sie Mitte der 1960er Jahre den schwedischen Regisseur Ingmar Bergman kennenlernte. Unter seiner Regie und an der Seite von Bibi Andersson spielte sie in Persona (1966) eine verstummte Bühnenschauspielerin. Die folgenden Filme, einige an der Seite von Max von Sydow, machten sie international bekannt. Auch privat wurden Ullmann und Bergman ein Paar. 1966 gebar sie eine Tochter, die spätere Schriftstellerin Linn Ullmann. Nach fünf Jahren trennten sie sich, arbeiteten aber weiterhin zusammen. In Kalter Schweiß (1970) trat sie erstmals in einem nicht-skandinavischen Film auf. Für ihre Rolle in dem schwedischen Auswanderer-Epos Emigranten (1971) wurde sie für den Oscar nominiert; danach spielte sie auch in der Fortsetzung, Das neue Land (1972). Über ihre Persönlichkeit und ihre Wirkung als Darstellerin meinte sie 1974: „Ich glaube, die Leute können sich mit mir identifizieren. In gewisser Weise bin ich gewöhnlich. Sie verwechseln mich nicht mit einem Hollywoodstar. Das ist vielleicht meine Stärke.“[4]

Neben weiteren Rollen in Filmen von Bergman, darunter die erfolgreiche Fernsehserie Szenen einer Ehe (1973), wirkte sie in zahlreichen internationalen Film- und Theaterproduktionen mit, bezeichnete jedoch ihre Hollywoodkarriere als gescheitert. Insbesondere die Zusammenarbeit mit ihrem schwedischen Kollegen Erland Josephson bezeichnete sie als symbiotisch; er sei ihr ein guter Freund geworden, und sie empfänden auch in intimen Szenen voreinander keinerlei Scheu, sodass sie ihre gemeinsamen Auftritte besonders intensiv miteinander entwickeln konnten.[5]

1975 spielte sie mit ihrer Darstellung der Nora aus Henrik Ibsens Nora oder Ein Puppenheim erstmals an einem Theater in den USA. Für ihre Schauspielarbeit in Eugene O’Neills Stück Anna Christie erhielt sie 1979 den Outer Critics Circle Award.[3] Außerdem engagierte sie sich für UNICEF und andere karitative Organisationen, wofür sie unter anderem 1984 mit dem Four Freedoms Award ausgezeichnet wurde.

1992 gab Ullmann ihr Debüt als Spielfilmregisseurin mit dem Drama Sofie, das mehrere Auszeichnungen erhielt. Mit Die Treulosen konnte sie im Jahr 2000 an diesen Erfolg anknüpfen. Der Film nach einem Drehbuch von Bergman lief im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele von Cannes. Ihre Regiearbeiten vereinten sie wieder mit den Bergman-Darstellern von Sydow und Erland Josephson sowie Bergmans Kameramann Sven Nykvist. Nach 25 Jahren trat sie mit Sarabande (2003) auch wieder in einem Bergman-Film auf, der der letzte des Regisseurs sein sollte und eine Fortsetzung von Szenen einer Ehe darstellte.

1998 wurde sie „in Anerkennung und in Würdigung ihrer herausragenden Verdienste um die Förderung der Nordischen Filmtage Lübeck als kultureller Brückenschlag im Ostseeraum“ mit der Ehrenprofessur des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet.[6] Im Dezember 2004 erhielt sie den Europäischen Filmpreis für ihren „herausragenden Beitrag zum Weltkino“. Im Jahr 2022 wurde Ullmann für ihre Arbeit als Schauspielerin der Ehrenoscar für ihr Lebenswerk verliehen.[7]

Liv Ullmann war zweimal verheiratet, zunächst mit dem Psychiater Hans Jacob Stang (1960–1965) und später mit dem Makler Donald Saunders (1985–1995). Im Jahr 2002 diagnostizierten die Ärzte bei ihr einen Hirnschlag und eine lebensbedrohliche Öffnung einer Herzkammer. Nach einer Operation ist sie vollständig genesen. Ihre Memoiren erschienen 1976 unter dem Titel Wandlungen. Eine weitere Autobiografie erschien 1985 unter dem Titel Gezeiten. Der Pianist und Autor Ketil Bjørnstad fasste 2005 Gespräche mit ihr zusammen, die unter dem Titel Livslinjer (dt. Lebenswege) erschienen sind.

Filmografie (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Darstellerin

Erzählerin

Regisseurin

  • 1982: Love (Episode „Parting“)
  • 1992: Sofie
  • 1995: Kristin Lavrans Tochter (Kristin Lavransdatter)
  • 1995: Lumière et Compagnie (Episode „Liv Ullmann“)
  • 1996: Enskilda samtal (Fernsehfilm)
  • 2000: Die Treulosen (Trolösa)
  • 2014: Fräulein Julie (Miss Julie)

Auszeichnungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oscar

1973: nominiert als beste Hauptdarstellerin für Emigranten
1977: nominiert als beste Hauptdarstellerin für Von Angesicht zu Angesicht
2022: Ehrenoscar für ihr Lebenswerk als Schauspielerin[7]

British Academy Film Awards

1976: nominiert als beste Hauptdarstellerin für Szenen einer Ehe
1977: nominiert als beste Hauptdarstellerin für Von Angesicht zu Angesicht

David di Donatello

1974: Spezialpreis für Schreie und Flüstern (zusammen mit Harriet Andersson, Kari Sylwan und Ingrid Thulin)
1975: Beste ausländische Schauspielerin für Szenen einer Ehe
1979: Beste ausländische Schauspielerin für Herbstsonate (zusammen mit Ingrid Bergman)
1986: nominiert als beste Schauspielerin für Hoffen wir, daß es ein Mädchen wird
1987: Beste Schauspielerin für Farewell Moskau

Golden Globe Award

1973: Beste Hauptdarstellerin – Drama für Emigranten
1974: nominiert als beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical für Vierzig Karat
1975: nominiert als beste Hauptdarstellerin – Drama für Szenen einer Ehe
1977: nominiert als beste Hauptdarstellerin – Drama für Von Angesicht zu Angesicht
1990: nominiert als beste Hauptdarstellerin – Drama für Der Rosengarten

National Board of Review

1969: Beste Hauptdarstellerin für Die Stunde des Wolfs; Schande
1973: Beste Hauptdarstellerin für Das neue Land
1976: Beste Hauptdarstellerin für Von Angesicht zu Angesicht

National Society of Film Critics

1969: Beste Hauptdarstellerin für Schande
1974: Beste Hauptdarstellerin für Das neue Land
1975: Beste Hauptdarstellerin für Szenen einer Ehe
1977: nominiert als beste Hauptdarstellerin für Von Angesicht zu Angesicht – Platz 3

New York Film Critics Circle Award

1970: nominiert als beste Hauptdarstellerin für Passion – Platz 3
1973: Beste Hauptdarstellerin für Schreie und Flüstern; Emigranten
1974: Beste Hauptdarstellerin für Szenen einer Ehe
1977: Beste Hauptdarstellerin für Von Angesicht zu Angesicht

World Film Festival

1992: Beliebtester Film für Sofie
1992: Preis der Ökumenischen Jury für Sofie
1992: Großer Preis der Jury für Sofie
1995: Grand Prix Special des Amériques „für ihren außerordentlichen Beitrag zur Filmkunst“

Weitere Auszeichnungen

1969: Guldbagge als Beste Hauptdarstellerin: Schande
1976: Bambi in der Kategorie „Schauspielerin International“
1976: Los Angeles Film Critics Association Award als Beste Hauptdarstellerin: Von Angesicht zu Angesicht
1980: Pasinetti-Preis als Beste Schauspielerin bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig: Richards Erbe
1988: Beste Schauspielerin bei den Internationalen Filmfestspielen von San Sebastián: La amiga
1992: Kinderfilmpreis der Nordischen Filminstitute bei den Nordischen Filmtagen Lübeck: Sofie
1997: Norsk kulturråds ærespris
1997: Premi Flaiano de Cinematografia für ihr Lebenswerk
1997: FIPRESCI-Preis der Internationalen Filmfestspiele von Valladoid: Enskilda samtal
1998: Ehrenprofessorin des Landes Schleswig-Holstein
2000: Baltischer Filmpreis für einen Nordischen Spielfilm bei den Nordischen Filmtagen Lübeck: Die Treulosen
2000: Ökumenischer Filmpreis des Internationalen Filmfestivals Norwegen: Die Treulosen
2000: Sonderpreis der Internationalen Filmfestspiele von Vlaanderen-Ghent: Die Treulosen
2002: DIVA Award
2003: Ehrenpreis der Internationalen Filmfestival Kopenhagen für ihr Lebenswerk
2004: Europäischer Filmpreis „für ihre herausragende europäische Leistung im internationalen Kino“
2005: Spezialpreis des Internationalen Filmfestivals Karlovy Vary „für ihren herausragenden Beitrag zum internationalen Kino“
2007: Donostia Lifetime Achievement Award der Internationalen Filmfestspiele von San Sebastián
2014: Benennung eines Asteroids: (96327) Ullmann

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dokumentarfilme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Liv & Ingmar. Dokumentarfilm, Norwegen, 2012, 119 Min., Buch: Dheeraj Akolkar und Ragnhild Lund, Regie: Dheeraj Akolkar, Produktion: NordicStories, Svensk Filmindustri (SF), Sveriges Television (SVT), Liv & Ingmar bei IMDb. Freunde, Kollegen und Liv Ullmann erzählen über die 42 Jahre andauernde Beziehung zwischen Bergman und Ullmann.
  • Liv Ullmann – Eine Nahaufnahme. Dokumentarfilm, Deutschland, 2013, 52:40 Min., Buch und Regie: Georg Maas, Produktion: Schnittstelle, Zinnober Film, WDR, arte, Erstsendung: 3. Dezember 2013 auf arte, Inhaltsangabe von arte, (Memento vom 25. März 2013 im Internet Archive).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Liv Ullmann – Sammlung von Bildern

Artikel

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Svend Erik Løken Larsen: Liv Ullmann. Store norske leksikon, 13. Februar 2009, abgerufen am 6. Dezember 2020.
  2. Ralph Geisenhanslüke: Liv Ullmann: „An meinen Vater habe ich nur eine einzige Erinnerung“. In: Zeit-Magazin, Serie: Ich habe einen Traum, 28. Februar 2015, S. 71.
  3. a b Robert Emmet Long (Hrsg.): Liv Ullmann: Interviews. University of Mississippi Press, Jackson/MS 2006, ISBN 978-1-57806-824-1, S. xv–xvii.
  4. Robert Emmet Long (Hrsg.): Liv Ullmann: Interviews. University of Mississippi Press, Jackson/MS 2006, ISBN 978-1-57806-824-1, S. 79.
  5. Ingmar Bergman (Regie): Scenes from a marriage. Schweden 1973, digital bearbeitet, mit Interviews der Schauspieler ..., The Criterion Collection 2004.
  6. Ehrentitel „Professorin“ oder „Professor“. In: schleswig-holstein.de. Archiviert vom Original am 22. März 2015; abgerufen am 16. Oktober 2014.
  7. a b THE ACADEMY TO HONOR DANNY GLOVER, SAMUEL L. JACKSON, ELAINE MAY AND LIV ULLMANN WITH OSCARS® AT 2022 GOVERNORS AWARDS. 24. Juni 2021, abgerufen am 25. Juni 2021.
  8. https://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.html?film_id=201902217
  9. http://www.middlebury.edu/newsletters/hillelhayom/fall2018/kent