Hubert Lyautey

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Hubert Lyautey (1927)
Unterschrift Louis Hubert Gonzalve Lyautey (1854–1934)
Unterschrift Louis Hubert Gonzalve Lyautey (1854–1934)

Louis Hubert Gonzalve Lyautey (* 17. November 1854 in Nancy; † 27. Juli 1934 in Thorey-Lyautey) war Marschall von Frankreich.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lyautey stammte aus einer Offiziersfamilie und schloss 1873 die Militärschule von Saint-Cyr ab. Anschließend wurde er für zwei Jahre als Kavallerieoffizier nach Algerien versetzt. Von 1880 bis 1882 diente er als Lieutenant im 2e régiment de hussards. Von 1894 bis 1897 war er in Indochina stationiert, zuletzt als Militärberater des Generalgouverneurs Armand Rousseau. In Tonkin lernte er auch Joseph Gallieni kennen, unter dem er in Madagaskar diente, wo er von 1897 bis 1902 stationiert war. 1900 wurde er Colonel, 1903 Général de brigade und 1907 Général de division. Im Oktober 1909 ehelichte er die verwitwete Inès de Bourgoing.

Sarkophag von Hubert Lyautey im Invalidendom

1912 wurde er in das neu geschaffene Amt des französischen Generalresidenten in Marokko berufen. Während des Ersten Weltkriegs war er vom 12. Dezember 1916 bis zum 14. März 1917 Kriegsminister. Von diesem Amt trat er nach einem Streit mit dem Oberkommandierenden Joseph Joffre zurück, der seine Umstrukturierungen im Bereich der Luftwaffe kritisiert hatte, als er sich gegen Joffre nicht durchsetzen konnte. Sein Rücktritt hatte den Sturz der Regierung Briand zur Folge. Lyautey kehrte 1917 wieder auf seinen Posten in Marokko zurück.

1921 wurde er zum Marschall von Frankreich ernannt.[1] Seine Gebeine wurden 1961 in den Pariser Invalidendom überführt.

Marokko[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reiterstandbild Lyauteys vor dem Konsulat Frankreichs in Casablanca

Die wichtigste Station in Lyauteys Leben war das Sultanat Marokko. Am 24. März 1907 leitete er die Besetzung der Stadt Oujda durch französische Truppen. Als Anlass diente die Ermordung des französischen Arztes Mauchamp in Casablanca. Als dort im Sommer 1907 nach einer angeblichen Friedhofsschändung bei Bauarbeiten mehrere europäische Arbeiter getötet wurden und schwere Stammesunruhen ausbrachen (bei denen die europäischen Einwohner allerdings kaum gefährdet waren), landete ein französisches Expeditionskorps in Casablanca.

Als Militärgouverneur ließ Lyautey mehrere Aufstände der Einheimischen niederschlagen. Nach Errichtung des Protektorates Französisch-Marokko durch die Konvention von Fès war er vom 28. April 1912 bis zum 25. August 1925 erster französischer Generalresident. Im Frühjahr 1913 begann der Vormarsch auf den Mittleren Atlas, um den Widerstand der dortigen Berberstämme, besonders um Khenifra, zu brechen. Unter der Bezeichnung Operation Lyautey wurde vom 10. bis 12. Juni 1914 der Angriff auf Khénifra durchgeführt. Es gelang den französischen Truppen, das kontrollierte Gebiet bis an die natürliche Grenze der Atlasberge auszudehnen und die dort an der strategischen Fernstraße zwischen Fès und Marrakesch liegenden Städte Khenifra, Kasba Tadla und Beni-Mellal zu besetzen.

In seiner Amtszeit erlebte das Land einen Modernisierungsschub, wobei ihm viel am Erhalt der traditionsreichen alten Städte lag. Die modernen Städte wurden nach allgemeinem Muster der französischen Kolonialzeit außerhalb der jeweiligen Medinas (arabische Altstädte) errichtet. Des Weiteren erließ er Gesetze zum Schutz der lokalen Kultur. Lyautey wurde auch „Vater des modernen Marokko“ genannt.

Gegen seine Politik schlossen sich einige Marokkaner dem im spanischen Teil 1921 ausgebrochenen Aufstand der Rifkabylen unter Abd el-Krim an. Die gemeinsame Niederschlagung des Aufstandes durch Franzosen und Spanier, bei der auch Chemiewaffen eingesetzt wurden, gelang erst unter Lyauteys Nachfolger.

Orden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die 1912 gegründete Hafenstadt Port-Lyautey wurde nach der Unabhängigkeit Marokkos 1956 in Kénitra umbenannt.
  • Er war Generalsekretär der Pariser Kolonialausstellung von 1931.
  • Der Bildhauer François Cogné (1876–1952) schuf im Auftrag der französischen Regierung eine Reiterstatue von General Lyautey. Dieses Denkmal wurde 1938 in Casablanca auf dem Place de la Victoire (heute Place Mohammed V.) aufgestellt. 1956 demontiert, schmückt es seit 1959 den Park des französischen Generalkonsulats in Casablanca.[2]
  • In der Ausgabe vom 11. Mai 1931 war sein Bild auf dem Titel des amerikanischen Time magazine.
  • 1953 gab die französische Post eine Briefmarke mit seinem Bild heraus.
  • Nach Angaben von Paul Distelbarth war Lyautey zusammen mit Paul Desjardins ein Gründer der Union pour l'action morale (1892), der späteren Union pour la vérité (ab 1906).[3]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • L'action coloniale. Madagascar, Sud-Oranais, Maroc. Édition Paleo, Clermont-Ferrand 2012, ISBN 978-2-84909-733-5 (Nachdr. d. Ausg. Paris 1899).
  • Lyautey l'Africain. Textes et Lettres. Plon, Paris 1953/57 (4 Bde.)
  1. 1912–1913. 1953.
  2. 1913–1915. 1954.
  3. 1915–1918. 1956.
  4. 1919–1925. 1957.
in Deutsch
  • Die soziale Rolle des Offiziers, in Paul Distelbarth, Übers.: Neues Werden in Frankreich. Zeugnisse führender Franzosen. Ernst Klett, Stuttgart 1938 S. 55–68

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Robert Kerr: Morocco after Twenty-Five Years. A Description of the Country, Its Laws and Customs, and the European Situation. Murray and Evenden, London 1912 (Online bei Archive.org)
  • Marshall Lyautey (Obituary). In: The Times, Nr. 46818 vom 28. Juli 1934, Seite 14 Spalte 2–3.
  • Charles Bugnet: Le Maréchal Lyautey. Mame, Tours 1935
  • Berthe Gaulis: Lyautey intime. Berger-Levrault, Paris 1938.
  • André Maurois: Lyautey. Vorhut-Verlag Otto Schlegel, Berlin 1938.
  • Alan Scham: Lyautey in Morocco. Protectorate administration 1912–1925. University Press, Berkeley 1970.
  • André Le Reverend: Lyautey écrivain. 1854–1934. Dissertation, Universität Montpellier 1974.
  • Janet Abu-Lughod: Rabat. Urban Apartheid in Morocco. Princeton University Press, Princeton, N.J. 1981, ISBN 978-0-691-10098-2.
  • Maurice Durosoy: Lyautey. Maréchal de France. 1854–1934. Éditions Lavauzelle, Panazol 1984, ISBN 2-7025-0054-4.
  • William A. Hoisington: Lyautey and the French conquest of Morocco. Palgrave Macmillan, New York 1995, ISBN 978-0-312-12529-5.
  • Jean-Vincent Blanchard: At the Edge of the World: The Heroic Century of the French Foreign Legion. Bloomsbury, New York 2017, ISBN 978-0-8027-4387-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hubert Lyautey – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Gerd Krumeich in Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. 2. Auflage, Paderborn 2014, S. 692 f.
  2. Jean-Luc Pierre: La statue de Lyautey à Casablanca.
  3. Paul Distelbarth: Neues Werden in Frankreich. Zeugnisse führender Franzosen. Ernst Klett, Stuttgart 1938, S. 136–140.
VorgängerAmtNachfolger
Generalresident für Marokko
28.04. 1912 – 25.08. 1925

Théodore Steeg

Pierre Auguste Roques
Kriegsminister von Frankreich
12.12. 1916 – 15.03. 1917

Lucien Lacaze