Luise Kimme

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Luise Kimme (* 4. März 1939 in Bremen als Marie-Luise Kimme; † 19. April 2013 auf Tobago) war eine deutsche Bildhauerin.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihre Kindheit verbrachte Kimme in Berlin. Im Alter von 16 Jahren ging sie als Au-pair nach Plymouth. Von 1957 bis 1958 arbeitete sie als Sekretärin für den deutschen Autohersteller Borgward in London und stand Kunststudenten Modell. Durch das Modellstehen setzte ihr Interesse für Kunst ein.[1] Von 1959 bis 1965 studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste Berlin, unter anderem in der Meisterklasse für Skulptur bei Paul Dierkes. Von Dierkes hörte sie von Yves Klein, den sie Anfang der sechziger Jahre in Paris besuchte. Sie wurde eine der Frauen, die dem Künstler als „lebende Pinsel“ für seine Anthropometrien dienten. Klein bemalte ihren Körper in Blau und Rosa und ließ sie die noch frische Farbe auf einen Bogen Papier drücken.[2] Von 1966 bis 1968 studierte sie an der St. Martin’s School of Art in London bei Anthony Caro, von 1967 bis 1968 mit einem Stipendium des British Council Scholarship. Von 1968 bis 1972 hatte Kimme eine Dozentur an der University of Wolverhampton und unterhielt ein Studio in London. Erste Skulpturen aus Fiberglas entstanden.[3] Zusätzlich hielt sie Vortragsreisen an englischen Hochschulen über den deutschen Expressionismus. 1972 wurde sie an der Rhode Island School of Design in Providence tätig und hatte ein Appartement in New York City an der Lower East Side von Manhattan. Von 1975 bis 1976 hatte sie eine Gastprofessur am Stanislaus State College (der heutigen California State University, Stanislaus) in Turlock, Kalifornien inne. In diesen Jahren unternahm sie Reisen zu den Navajo-Indianern, nach Honduras, Guatemala und Mexiko. 1976 wurde Kimme als Professorin an die Kunstakademie Düsseldorf berufen, wo sie die Erstsemester im sogenannten „Orientierungsbereich“ betreute. Dort lehrte sie bis 2002.

Bereits in der Kindheit durch die Lektüre von Daniel Defoes Robinson Crusoe geprägt[4], ließ sich Kimme 1979 auf der Karibikinsel Tobago nieder und errichtete dort ab 1986 The Castle, ein kleines Skulpturenmuseum. Ursprünglich nur in der vorlesungsfreien Zeit, lebte sie seit 2002 ständig auf Tobago.[5] Luise Kimme starb an den Folgen einer Krebserkrankung in ihrem Museum, auf dessen Gelände sie auch beigesetzt wurde.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1967 entstanden erste Reliefs und Skulpturen aus Fiberglas wie „Plumtree“, 1967, 150 × 150 cm, „Silvestress“, 1969, 227 × 117 × 86 cm oder „Big Circus“, 1969, 236 × 149 × 122 cm. Gelegentlich wurden hängende und schwebende Einzelformen von Kimme als Rauminstallation angeordnet wie „Baby Charlotte Passes Through“ von 1970.[6]

Nach ihren Reisen zu Indianerstämmen und nach Mexiko entstanden ab 1976 Gemälde, Reliefbilder und Keramik, die an die Farb- und Formenmuster der südamerikanischen Kulturen angelehnt sind. Die Gemälde in Mischtechnik wurden in Serien angefertigt, im gleichen im Format 183 × 122 cm durchnummeriert und mit Titeln wie „Navaho“, „Huipil“ (traditionelles Gewand in Zentralamerika, das von Frauen getragen wird) oder „Serape“ (ponchoähnlicher mexikanischer Schal, der von Männern getragen wird) versehen.

In Deutschland unterhielt Kimme Ateliers in Kronenburg in der Eifel und an der Kunstakademie Düsseldorf. Erste Holzskulpturen entstanden ab 1976, deren zentrales Motiv die menschliche Figur ist. Das Eichen- oder Zedernholz für die Skulpturen wurde in der Eifel geschlagen und zur Weiterverarbeitung nach Tobago transportiert. Kimme schlug die Figuren nicht grundsätzlich aus einem Block. Bei Bedarf setzte sie einzelne Körperteile wie z. B. Arme an. Nach Fertigstellung wurden die Figuren farbig gefasst. Dargestellt sind ausschließlich Schwarze. Neben Tänzern, religiösen und mythologischen Themen schlug Kimme auch Figuren, die sich auf die Geisterwelt Tobagos beziehen wie „Mama de l´au – Die Wasserschlange“, „Papa Bois – Hüter des Waldes und Beschützer der Tiere“ oder „La Diablesse – Die Teufelin“ (Sammlung Tony Cragg, Wuppertal[7]). In ihrem Museum in Tobago stehen ca. 100 Skulpturen aus Holz. Nach diesen Vorlagen wurden Bronzeabgüsse gefertigt, unter anderem in der Bildgießerei Herbert Schmäke in Düsseldorf.

Retrospektiven[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werkdokumentation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Junge deutsche Plastik. Katalog zur Ausstellung im Wilhelm-Lehmbruck-Museum vom 29. Juni bis 22. September, Duisburg 1968.
  • Luise Kimme, Bilder und Keramik. Katalog zur Ausstellung in der Städtischen Kellergalerie Düsseldorf Palais Wittgenstein vom 18. Januar bis 15. Februar 1978. Mit einem Text von Siegfried Salzmann.
  • Luise Kimme, chachalaca. Reisetagebuch Tobago. Hrsg. von Herbert Ganslmayr, Übersee-Museum, Bremen 1985, ISBN 3-88299-044-9 (Hardcover, 200 Seiten, mit Fotos und Zeichnungen von Kimme).
  • Luise Kimme, Sculpture. Escultura 1980–86. Benedict Press, Münsterschwarzach Abtei 1986, ohne ISBN (96 Seiten, Texte in Englisch und Spanisch, zahlreiche Abbildungen in Schwarz-Weiß).
  • Luise Kimme, Sculpture 1987–91. Mit Biografie und einem Text von Luise Kimme und Textauszügen von Rainer Maria Rilke, Colette und aus Mambo Kings von Oscar Hijuelos. Hrsg. von Jeremy Taylor, Media & Editorial Projects Ltd., Port of Spain, Trinidad and Tobago 1991, ohne ISBN.
  • Luise Kimme, Sculpture. Fotografiert von Stefan Falke, F. Baruth, Reinbek 1998 (48 Seiten).
  • Luise Kimme, Sculpture. Prospect Press, Trinidad/Tobago 2002, ISBN 976-95057-3-0 (94 Seiten. Mit zahlreichen Abbildungen, Biografie und Porträtaufnahmen von Kimme).
  • Luise Kimme, Bolero. Photos: Stefan Falke. Prospect Press, Trinidad and Tobago 2010. ISBN 978-9-76950-825-5 (Autobiografie, 185 Seiten).
  • Seven Sculptors. Slete escultores: Santiago de Cuba. Hrsg. von Marino Wilson Jay, Daisy M. Villalón Bonne, Kimme Museum. Lexicon Trinidad Ltd., Trinidad an Tobago 2010, ISBN 978-9-76631-061-5 (176 Seiten).
  • Die Bildhauer. Kunstakademie Düsseldorf, 1945 bis heute. Katalog zur Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen. Kerber Verlag, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-86678-789-6.
  • Luise Kimme, Carribean Oak/Karibische Eiche. Katalog zur Ausstellung im Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal 2014, ISBN 978-3-00-047521-4 (128 Seiten, 116 vierfarbige Abbildungen).

Literatur (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Luise Kimme. Native Wood. In: Galeri, Vol. I – Art and Design Magazine of the Caribbean, 1990.
  • Ein Portrait der Düsseldorfer Bildhauerin Luise Kimme, die auf Tobago lebt. In: Düsseldorfer Hefte, 6. Mai 1991.
  • Bildhauerin Luise Kimme. In: Düsseldorfer Illustrierte, Nr. 6, 6. Juni 1991.
  • The Wild Mix of Trinidad and Tobago – Palette of people. In: National Geographic, March 1994, S. 78, 79.
  • Anna Brenken, Luise Kimme. Tobago ist eine Insel im Herzen. In: art – Das Kunstmagazin, Nr. 5, Mai 1995, S. 5, 78–83.
  • Blue doors in the sky. Luise Kimme creates unique wooden sculptures. In: Caribbean Beat, Januar/Februar 1997.
  • Cornelia Zetsche, Tanz im Paradies der Rhythmen. Geschichten über Liebe, Kunst, das Leben auf Tobago: Wie die deutsche Bildhauerin Luise Kimme zwischen zwei Welten pendelt. In: AD Architectural Digest, August/September 1999, S. 123–129.
  • Portrait der Bildhauerin Luise Kimme. In: Brigitte, Nr. 18, Gruner + Jahr, August 2000.
  • Julie Feiner, Larger than life. Luise Kimme. In: Caribbean Travel & Life, Juli 2003.
  • Princess with a Chainsaw. In: Island Life No. 20, Issue 2, 2003.
  • Beyond the Pink Flamingos. In: Maco. Caribbean Living, Vol. 5, Issue 2, 2003, S. 58,59,64.
  • Renowned German sculptor dies in Tobago. In: Trinidad Express Newspapers, 20. April 2013
  • Gestorben: Luise Kimme. In: Der Spiegel, Nr. 18 vom 29. April 2013, S. 142.

Film (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Albert Prince and Luise Kimme. Documentary. Gayelle TV, Trinidad and Tobago, 6. September 1990.
  • Luise Kimme. In: Caribiscope, Tobago, April 1991.
  • Luise Kimme. Bildhauerei. Deutsche Welle, 1992.
  • Weltkulturspiegel, WDR, 1996.
  • Wolkenlos, Vox, 12. April 1997.
  • Porträt Kimme, Vox-Tours, 8. April 2001.
  • Luise Kimme - "Ich wollte sowieso immer Apollo hauen". Regie: Eike Schmitz, Atlantis-Film 1994–2012 (55 min.).[10]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Siehe: Luise Kimme, Sculpture 1987-91. Mit Biografie und einem Text von Luise Kimme und Textauszügen von Rainer Maria Rilke, Colette und aus Mambo Kings von Oscar Hijuelos. Hrsg. von Jeremy Taylor, Media & Editorial Projects Ltd., Port of Spain, Trinidad and Tobago 1991, ohne ISBN.
  2. Siehe: Anna Brenken, Luise Kimme. Tobago ist eine Insel im Herzen. In: art – Das Kunstmagazin, Nr. 5, Mai 1995, S. 82.
  3. Siehe: Luise Kimme, Sculpture. Prospect Press, Trinidad/Tobago 2002, S. 93, ISBN 976-95057-3-0
  4. Siehe: Luise Kimme, Sculpture 1987-91. Mit Biografie und einem Text von Luise Kimme und Textauszügen von Rainer Maria Rilke, Colette und aus Mambo Kings von Oscar Hijuelos. Hrsg. von Jeremy Taylor, Media & Editorial Projects Ltd., Port of Spain, Trinidad and Tobago 1991, ohne ISBN.
  5. Luise Kimme, 29. April 2013, Der Spiegel 18/2013
  6. Siehe: Luise Kimme, Bilder und Keramik. Katalog zur Ausstellung in der Städtischen Kellergalerie Düsseldorf Palais Wittgenstein vom 18. Januar bis 15. Februar 1978. Mit einem Text von Siegfried Salzmann.
  7. Siehe: Luise Kimme, Carribean Oak/Karibische Eiche. Katalog zur Ausstellung im Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal 2014, ISBN 978-3-00-047521-4
  8. Skulpturenpark Waldfrieden: Luise Kimme - Carribean Oak. Abgerufen am 24. November 2014
  9. Interview zur Ausstellung mit Dr. Arie Hartog, Direktor des Gerhard-Marcks-Hauses auf youtube.com, abgerufen am 9. Mai 2019
  10. I always wanted to sculpt Apollo auf youtube.com, abgerufen am 9. Mai 2019