Malmedy

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Malmedy
Malmedy (Lüttich)
Malmedy (Lüttich)
Malmedy
Staat: Belgien Belgien
Region: Wallonien
Provinz: Lüttich
Bezirk: Verviers
Koordinaten: 50° 26′ N, 6° 2′ OKoordinaten: 50° 26′ N, 6° 2′ O
Fläche: 99,96 km²
Einwohner: 12.857 (1. Jan. 2022)
Bevölkerungsdichte: 129 Einwohner je km²
Postleitzahl: 4960
Vorwahl: 080
Bürgermeister: Jean-Paul Bastin
Adresse der
Kommunalverwaltung:
Rue Jules Steinbach, 1
4960 Malmedy
Website: www.malmedy.be
lblelslh
Malmedy von Süden gesehen

Malmedy [malmədi] (wallonisch: Måmdey) ist eine Stadt in Belgien in der Provinz Lüttich. Sie ist namensgebend für den Wahl- und den Gerichtskanton Malmedy.

Malmedy hat 12.857 Einwohner (Stand 1. Januar 2022), eine Fläche von 100,62 km² und besteht aus den Ortsteilen Bellevaux-Ligneuville (dt.: Schönenthal-Engelsdorf) und Bévercé. Malmedy ist ebenfalls Sitz des Bezirkskommissariats. Die Stadt gehört zu den Fazilitäten-Gemeinden mit Spracherleichterungen für Deutschsprachige.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

648 bis 1945

Die Gründung der Stadt geht auf den Heiligen Remaclus zurück, der hier – vermutlich im Auftrag des Kölner Bischofs Kunibert – im Jahre 648 eine Abtei, das Kloster Malmedy, gründet. Eine Gründungsurkunde gibt es nicht. Schon 648 stattet König Sigibert II. das Kloster Malmedy mit Grundbesitz aus, 814 bestätigt Kaiser Ludwig der Fromme diese Güter und verleiht dem Kloster die Zollfreiheit auf Rhein und Maas (Regesta Imperii I, 545 + 546). 877 bestätigt dann König Ludwig III. dem Kloster die Immunität (Regesta Imperii I, 1555). 881 erscheint „Malmundarium“ in den „Annales Fuldenses“ und im „Reginonis Chronicon“, als die Mönche des Klosters Fulda von normannischen Heerscharen berichten, die auch die Gegend um Malmedy verwüsteten (AnnFuld 881/Regino 881 in Regnum Francorum online).

Nachdem es jahrhundertelang Teil eines geistlichen Territoriums im Heiligen Römischen Reich, der Reichsabtei Stablo-Malmedy, gewesen war, gehörte Malmedy von 1795 bis 1815 als Arrondissement Malmedy zum französischen Département Ourthe. Von 1815 (Wiener Kongress) bis 1920 (Versailler Vertrag) war Malmedy Teil der preußischen Rheinprovinz und Sitz der Kreisverwaltung Malmedy. 1920 kam Malmedy zusammen mit Eupen und Sankt Vith zum Königreich Belgien (siehe Ostbelgien). Zur Zeit der Zugehörigkeit zum Deutschen Kaiserreich war die Amtssprache Deutsch, die Umgangssprache einer großen Minderheit der Bevölkerung des Gebietes (28,7 % im Jahr 1900) jedoch Französisch bzw. Wallonisch, ein galloromanischer Dialekt. Es gab eine deutschsprachige Zeitung (Der Landbote). Malmedy ist heute Teil der Französischen Gemeinschaft Belgiens.[1]

Malmedy war seit dem 18. Jahrhundert ein Zentrum der Papier- und Lederindustrie.

Zweiter Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Zweiten Weltkrieg wurde Malmedy im Mai 1940 im Rahmen des Angriffs deutscher Verbände auf die neutralen Staaten Niederlande, Belgien und Luxemburg besetzt. Am 18. Mai 1940 wurde Malmedy dem Deutschen Reich eingegliedert und der Rheinprovinz, Regierungsbezirk Aachen, zugeteilt,[2] was nach Kriegsende durch die Wiederherstellung der vorherigen Grenzen Belgiens wiederum rückgängig gemacht wurde. Im September 1944 wurde die Stadt zunächst durch US-Truppen befreit, dann aber nach Beginn der Ardennenoffensive am 16. Dezember 1944 von deutschen Truppen überrannt. Nach der erneuten Rückeroberung durch amerikanische Truppen bombardierten US-Bomber an den Weihnachtstagen Malmedy dreimal versehentlich. Fast die Hälfte der Häuser wurde zerstört. 230 Zivilisten aus Malmedy sowie Flüchtlinge aus Belgien und Deutschland wurden getötet, daneben eine große Zahl von US-Soldaten.[3] Eine Gedenktafel in Malmedy erinnert an die Bombardierungen.

Im vier Kilometer südöstlich von Malmedy gelegenen Vorort Baugnez wurden am 17. Dezember 1944 in der gleichen Offensive 82 US-amerikanische Soldaten gefangen genommen. Die Gefangenen wurden kurze Zeit nach der Festnahme durch Angehörige der Waffen-SS der Kampfgruppe Peiper getötet (Malmedy-Massaker).[4]

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1930
Jahr Einwohner Anmerkungen
1818 3668 [5]
1852 4060 [6]
1875 5671 [7]
1880 5978 [7]
1890 4447 davon 87 Evangelische (überwiegend französisch-wallonische Bevölkerung)[7]
1900 4680 Einwohner sind größtenteils Wallonen und sprechen Französisch[8]
1905 4833 [7]
1910 4992 am 1. Dezember[9][7]
1930 5321 [7]

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Malmedy liegt an der Autobahn A 27 (E 42). Durch die Stadt führen die Nationalstraßen N 62, N 68 (E 421) und N 632. Letztere mündet in Baugnez in die N 62 ein.

Von 1889 bis 2002 hatte Malmedy über die Bahnstrecke Waimes–Trois-Ponts Eisenbahnanschluss. Am 1. April 1959 wurde der Personenverkehr eingestellt. In den 1980er Jahren endete auch der Güterverkehr, doch gab es bis 2002 noch touristische Züge der Vennbahn. Ab 2003 wurde die Strecke abgerissen.[10][11] Heute befindet sich hier der Vennbahnradweg.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Obelisk auf der Place Albert I.
Innenstadt mit Blick auf das Villershaus
  • Kathedrale Saints-Pierre, Paul et Quirin: an der Place du Châtelet, 1775–1784 als Abteikirche erbaut, Pfarrkirche seit 1819 und 1921 zur Kathedrale erhoben (siehe Bistum Eupen-Malmedy), schlichte Inneneinrichtung aus dem 18. Jahrhundert
  • Der 1728 auf Initiative des Kapuzinerpaters Albert von Dinant angelegte Kreuzweg von der Kathedrale auf den Kalvarienberg. Er führt über 13 Stationen zu einer Kapelle mit hexagonalem Grundriss, die den Heiligen Agathe und Apolline geweiht ist. Die derzeitigen Reliefs (seit 1913) wurden von dem Bildhauer Carl Burger geschaffen.
  • Die alte Innenstadt
  • Das Kloster von 1708
  • Die Auferstehungskapelle: an der Place du Pont-Neuf, erbaut 1755–1757, Renaissance-Stil
  • Die Kapuzinerkirche: südlich der Kathedrale in der Ruelle des Capucins, 1626 fertiggestellt und 1631 eingeweiht, Inneneinrichtung aus dem 17. Jahrhundert
  • Die Krankenkapelle: eingeweiht 1188, wurde 1544 wieder errichtet und eingesegnet
  • Das Villers oder Cavenshaus: 1714–1724 erbaut vom Aachener Baumeister Laurenz Mefferdatis
  • Das Rathaus: liegt südlich unweit der Kathedrale und wurde 1900 von Jules Steinbach erbaut, 1904 gelangte es durch Schenkung in den Besitz der Stadt Malmedy.
  • Villa Lang: liegt gegenüber dem Rathaus und wurde 1901 erbaut; Jules Steinbach ließ sie für seine Tochter Juliette errichten; der Name geht auf den Ehemann Juliettes, den Lederfabrikanten Hubert Lang zurück.
  • Villa Steisel: befindet sich hinter der Villa Lang und wurde 1897 erbaut (ebenfalls von Jules Steinbach für seine Tochter Laure), Laure heiratete Louis Steisel, den Gründer der Papierfabrik, daher der Name der Villa, die auch Fliedervilla genannt wurde
  • Der Sitz der Baltia-Regierung
  • Der Naturpark Hohes Venn
  • Der Obelisk auf der Place Albert I.: vom Fürstabt von Stavelot-Malmedy, Jacques de Hubin, 1781 errichtet
  • Die benachbarte Formel-1-Rennstrecke Spa-Francorchamps.

Geologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seismische Risiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In den Provinzen Lüttich, Limburg und Hennegau ist die seismische Aktivität höher als im Rest des Landes. Malmedy gehört zu den Gemeinden, die sich in Zone 2 befinden, das heißt die Zone, die den Erdbeben in Belgien ausgesetzt ist.

Das Erdbeben von 1692, das die Region von Verviers betroffen hat, ist vielleicht verantwortlich für die Erdrutsche, die im Tal Warche im Osten von Bévercé beobachtet wurden (im Süden des Zusammenflusses mit dem Bach Trô Maret). Diese drei Erdrutsche, die den Puddingstein von Malmedy betreffen, sind im März 2015 bei den Geländeaufnahmen entdeckt worden, die mit der Revision der geologischen Karte zusammenhängen.

Städtepartnerschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • FrankreichFrankreich Beaune (Frankreich), seit 1962
  • Deutschland Cochem (Deutschland), seit 1975

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter der Stadt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrenbürger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Martin Thomas, Michael Neumann-Adrian: Belgien – Luxemburg. Verlag C. J. Bucher GmbH, München 1996, ISBN 3-7658-1097-5.
  • Reinhard Tiburzy: Belgien – Brüssel, Flandern und die Wallonie. Verlag DuMont, Köln 2004, ISBN 3-7701-6097-5.
  • Autorenteam: Belgien. Verlag Karl Baedeker GmbH, Ostfildern 2004, ISBN 3-87504-417-7, S. 303–304.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Malmedy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Geschichte des GrenzEchos in Kurzfassung. (Memento des Originals vom 25. Februar 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.grenzecho.be
  2. Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Wiedervereinigung der Gebiete Eupen, Malmedy und Moresnet mit dem Deutschen Reich v. 18. Mai 1940 (RGBl. 1940 I S. 777). Abgerufen am 28. September 2020.
  3. Peter Schrijvers: The unknown dead – Civilians in the Battle of the Bulge. Lexington 2005, S. 63–68.
  4. John M. Bausermann: The Malmédy Massacre. Shippensburg 1995, S. 94.
  5. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 3: Kr–O, Halle 1822, S. 159, Ziffer 265,
  6. Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.). Berlin 1856, S. 375.
  7. a b c d e f Michael Rademacher: Rheinprovinz – Landkreis Malmedy. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 173 Leipzig/Wien 1908, S. 185.
  9. Malmedy, Rheinland, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912)
  10. Der Zug kommt. Geschichts- und Museumsverein Zwischen Venn und Schneifel, ohne Datum, abgerufen am 16. März 2021.
  11. Der Betrieb im Bahnhof Weywertz. Geschichts- und Museumsverein Zwischen Venn und Schneifel, ohne Datum, abgerufen am 16. März 2021.