Martin Büsser

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Martin Büsser (2009)

Martin Büsser (* 12. Februar 1968; † 23. September 2010) war ein deutscher Autor und Verleger mit Schwerpunkt Popkultur.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Büsser studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. In den 1980er und 1990er Jahren war er für das Punk- und Hardcore-Fanzine Zap tätig, für das er diverse Interviews führte, unter anderem mit Henry Rollins, Courtney Love, den Butthole Surfers, Half Japanese, Sonic Youth, den The Flaming Lips und Nirvana. Er sorgte innerhalb der Hardcore-Punk-Bewegung für zahlreiche Debatten, weil er den seiner Ansicht nach engstirnigen Musikgeschmack der Szene nicht akzeptierte, sondern auch über Künstler wie Heiner Goebbels oder John Zorn schrieb.

Ab Mitte der 1990er arbeitete er als freier Journalist mit den Schwerpunkten Popkultur, Musik, Film, Gender Studies und zeitgenössische Kunst, unter anderem für konkret, die Süddeutsche Zeitung, Die Wochenzeitung, Intro, Jazzthetik, Jungle World und Emma. Er war Mitbegründer und -herausgeber der seit 1995 im Mainzer Ventil Verlag erscheinenden Buchreihe testcard – Beiträge zur Popgeschichte. Mit seiner Arbeit als Herausgeber, Autor und Journalist war Büsser einer der letzten Vertreter der sogenannten Poplinken in Deutschland, die in der Tradition u. a. von Diedrich Diederichsen, Jutta Koether und Dietmar Dath Popkultur einer emanzipatorisch linken Kritik unterziehen. Schwerpunkt seiner Analysen waren jedoch nicht „populäre“ (im Sinne von: massenkulturell rezipierte) Phänomene, sondern avantgardistische Randbereiche von Musik und Film, die nur deshalb noch immer mit dem Begriff des Pop versehen werden, da sie nicht dem traditionellen (Hoch-)Kulturbetrieb entstammen. Obwohl der kritischen Theorie nahestehend, machte sich Büsser in zahlreichen Publikationen dafür stark, die tradierte Trennung von „E“- und „U“-Kultur aufzuheben, da zahlreiche als „U“ klassifizierte Kunst/Musik (z. B. Bands wie Black Dice, Japanther, Fuck Buttons) ganz in der Tradition modernistisch-avantgardistischer Konzepte stehen und z. B. John Cage näher sind als all jenem, was seit den 1990ern unter Pop gefasst und rezipiert wird.

Büsser arbeitete auch als Lektor und Co-Verleger des Ventil Verlags. Er war Mitarbeiter mehrerer Anthologien, unter anderem von Kursbuch Jugendkultur (Hrsg. von SpoKK, 1997), Pop und Mythos (Hrsg. von Heinz Geuen und Michael Rappe, 2001) und dem Text + kritik Sonderband: Pop-Literatur (Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold und Jörgen Schäfer, 2003). Gleichfalls arbeitete er am Neuen Funkkolleg Popkultur des Hessischen Rundfunks 1998 mit. 2005 beteiligte er sich am Buch-CD-Projekt I Can’t Relax in Deutschland gegen den Pop-Nationalismus in Deutschland. Büsser gab 2007 die Trikont erschienene CD Sidewalk Songs & City Stories mit einer Auswahl an zeitgenössischen Songwritern von LoFi-Underground bis zu Anti-Folk heraus. Büsser war maßgeblich daran beteiligt, die Antifolk-Szene in Deutschland bekannt zu machen. Bevor Kimya Dawson durch ihren Soundtrack zum Film Juno bekannt wurde, machte er durch sein Buch und zahlreiche Zeitungsartikel auf die Bedeutung dieser Musik im Sinne einer neuen, popkulturellen Befindlichkeit Post-9/11 aufmerksam, woraufhin in der New York Times stand, dass Antifolk zwar bereits in Deutschland mit einem eigenen Buch gewürdigt wurde, in der eigenen Stadt dagegen noch völlig unbekannt sei.

In den letzten Jahren lag ein Schwerpunkt von Büssers Arbeiten bei Themen aus dem Bereich der Gender- und Queer Studies, unter anderem als Herausgeber der „Sex“-Ausgabe von testcard (2008).[1] 2009 erschien seine Graphic Novel Der Junge von nebenan im Verbrecher Verlag. Sie handelt von einem Jungen, der in den 1970er Jahren als Sohn zweier Top-Terroristen in der BRD aufwächst und seine schwule Identität entdeckt, während die Eltern damit beschäftigt sind unterzutauchen. Postum erschien 2018 im Ventil Verlag der Reader Für immer Pop. Texte, Artikel und Rezensionen aus zwei Jahrzehnten mit wichtigen Texten Büssers, ediert von Jonas Engelmann.[2]

Büsser war Sänger (Spoken-Word) und Texter der Band Pechsaftha, die im Juli 2007 ihr letztes Album Dick in Frisko veröffentlichte. Außerdem war er auch für das Artwork verantwortlich. Weitere Mitglieder der Band waren Junge von EA80 sowie Musiker von „Klotzs“ und „grafzahl“.

Am 23. September 2010 erlag er einer Krebserkrankung. Im April 2022 wurde in Mainz-Neustadt die Benennung einer Straße nach Büsser beschlossen.[3]

Audios[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. testcard, Nr. 17, 2008
  2. Julian Weber: Feine Sahne Selbstironie. In: tageszeitung. 12. Februar 2018, S. 16.
  3. LokaleZeitung.de: Umbenennung der Pfitznerstraße. Abgerufen am 20. Februar 2023.