Max Taut

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Schulkomplex in Berlin-Rummelsburg, Schlichtallee / Fischerstraße (1932)

Max Taut (* 15. Mai 1884 in Königsberg; † 26. Februar 1967 in Berlin) war ein deutscher Architekt, der zusammen mit seinem Bruder Bruno Taut und Franz Hoffmann ein Architekturbüro in Berlin unterhielt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grab von Max Taut auf dem Klosterfriedhof Chorin

Max Taut war der jüngste von drei Söhnen des Kaufmanns Julius Josef Taut (1844–1907) und Auguste Henriette Bertha Taut geb. Müller (1858–1933). Er heiratete 1914 Margarete Wollgast (1880–1975), die Tochter des Gastwirts und Schmiedes aus Chorin. Die Ehe dauerte bis zu Max’ Tod, blieb aber kinderlos. Da Max’ älterer Bruder Bruno Taut die ältere Schwester von Margarete, Hedwig Wollgast, heiratete, waren die Brüder gleichzeitig Schwippschwager. Max Taut ist auf dem Klosterfriedhof Chorin in der Gemeinde Chorin bei Eberswalde beerdigt.

Erste Bauten nach der Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Max Taut trat 1912 als Dritter in die 1909 gegründete Architektensozietät Taut & Hoffmann ein. 1919 wurde er in den Arbeitsausschuss des neu konstituierten Arbeitsrates für Kunst gewählt.[1]

Max Taut wurde besonders in den 1920er-Jahren durch seine sachlichen Bürobauten für die Gewerkschaften bekannt. Er war Mitglied der Gläsernen Kette, der Novembergruppe und der avantgardistischen Architektenvereinigung des Zehnerrings. Max Taut war ein gern gesehener Gast auf der Insel Hiddensee und konnte dort zwischen 1922 und 1925 vier Sommerhäuser entwerfen und bauen, darunter ein 1923 gebautes rundes, das 1929 von der Schauspielerin Asta Nielsen gekauft und „Karusel“ genannt wurde.[2] Keines der Häuser ist mit einem der anderen vergleichbar, aber alle sind in die Landschaft integriert. Das Verbandshaus der Deutschen Buchdrucker (1924–1926) in der Berliner Dudenstraße und das Warenhaus der Konsumgenossenschaften (1930–1933) am Oranienplatz gehören zu seinen wichtigsten Werken, die in der Berliner Denkmalliste enthalten sind.[3][4]

1927 wurde ein Wettbewerb für den Neubau eines Schulkomplexes an der Schlichtallee/Fischerstraße in Berlin-Rummelsburg ausgeschrieben, an dem sich Hans Scharoun, Heinz Stoffregen, Max Taut und Peter Jürgensen beteiligten. Die Pläne von Taut wurden in den folgenden Jahren als Pilotprojekt einer Großschule[5] umgesetzt. Der Großteil des Schulkomplexes, der zu den größten Schulneubauten der Weimarer Republik zählt, wurde 1932 fertiggestellt. Ein Oberstufenzentrum in dem Komplex heißt heute Max-Taut-Schule. Die Aula der Schule ist nach einer Sanierung (Kriegsbeschädigungen und mehr als 50 Jahre Bestand als Ruine) seit 2007 ein wichtiger Veranstaltungsort und kulturelles Zentrum des Berliner Bezirks Lichtenberg.

1933 wurde Max Taut aus politischen Gründen – ebenso wie sein Bruder Bruno – von der Beteiligung an allen öffentlichen Bauvorhaben ausgeschlossen und siedelte nach Chorin über.

Nach dem Zweiten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Zweiten Weltkrieg begründete Taut 1945 gemeinsam mit Wilhelm Büning an der damaligen Hochschule der Künste (seit 2001 Universität der Künste Berlin) eine neue Architekturschule. Im Jahr 1946 wurde das Architekturbüro Taut & Hoffmann in Berlin-Charlottenburg, jedoch ohne Bruno Taut, wiedergegründet. Zu Max Tauts Nachkriegswerken gehören u. a. der Umbau der Mendelssohn-Remise in Berlin-Mitte (1948), die Reutersiedlung (1948–1952) in Bonn, das Ludwig-Georgs-Gymnasium (1951–1955) in Darmstadt. Taut war zudem Mitglied im 1949 gegründeten, sechsköpfigen Architekturausschuß für den Aufbau der Bundeshauptstadt Bonn. (Die weiteren Mitglieder waren Eugen Blanck, Konrad Rühl, Otto Ernst Schweizer, Hans Schwippert und Robert Vorhoelzer).[6] 1964 erhielt er das Bundesverdienstkreuz.[7]

Neues Bauen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Idee des Neuen Bauens bestand vor allem darin, Architektur in ihrer Funktionalität sichtbar zu machen. Das bedeutete für Max Taut insbesondere, die Konstruktionsweise eines größeren Gebäudes durch das Zeigen und die auf der Fassade nicht kaschierte Rahmenkonstruktion. Für die innenarchitektonische Veränderung sorgte vor allem die Betonung der bis dahin als wenig gestaltungsfähig betrachteten Räume, wie den Speisekammern, Abseiten oder Liftschächten. Gerade in kleinen Wohnungen und Mehrfamilienhäusern wurden sie im Verhältnis zu den Treppenhäusern, die bereits im abgelösten Architekturdogma des Jugendstils schon betont wurden, weiter zur Geltung gebracht. Auch das bis dahin vornehmen Villen vorbehaltene Auflösen des streng rechtwinkligen Bauens beim Städtebau wurde als Demokratisierung der Architektur und Neue Urbanität verstanden.[8] In den Romanen der Neuen Sachlichkeit wird dieser neue Baustil für die Protagonisten als identitätsstiftend benannt.[9] Die von Max Taut, wagemutiger jedoch bei seinem Bruder Bruno, gepflegte Vorliebe für Heterotopien als der Suche nach räumlichen Alternativen ist die nachhaltigste Wirkung des Taut’schen Baustils.[10]

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Expressionistisches Grabdenkmal für August Wissinger auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf (1921)
Goethe-Gymnasium in Nauen
Reichsknappschaftshaus (1930) am Breitenbachplatz in Berlin-Wilmersdorf
Innenhof des Schulkomplexes Schlichtallee/Fischerstraße in Berlin-Rummelsburg (1929–32)
Gymnasium Finsterwalde (1912/13)

Bauten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bauten und Pläne. Berlin 1927 (Nachdruck), Gebr. Mann Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-7861-1866-3.
  • Neues Bauen in Deutschland. In: Nemačka savremena likovna umetnost i arhitektura. [nemačke umetničke izložbe Beograd-Zagreb. 1931.] / Deutsche zeitgenössische Kunst und Architektur. [Deutsche Kunstausstellungen in Beograd und Zagreb. 1931.] Katalog. H. S. Hermann, Berlin 1931, OCLC 8747198 (serbokroatisch, deutsch).
  • Berlin im Aufbau. Betrachtungen und Bilder. Aufbau-Verlag, Berlin 1946, DNB 455004528 (10 Bl.).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Alfred Kuhn: Max Taut – Bauten. Deutsche Architektur-Bücherei, Berlin/Leipzig 1932; Nachdruck: Gebr. Mann, Berlin 2002, ISBN 3-7861-2409-4.
  • Peter Pfankuch (Hrsg.): Max Taut. Ausstellungskatalog, mit Texten von Julius Posener. ADK, Berlin 1964, DNB 455004218.
  • Achim Wendschuh; Ursula Reich (Hrsg.): Max Taut. 1884–1967. Zeichnungen, Bauten. Ausstellungskatalog. Akademie der Künste, Berlin 1984, ISBN 3-88331-934-1.
  • Christoph Fischer: Frühlicht in Beton. Das Erbbegräbnis Wissinger von Max Taut und Otto Freundlich in Stahnsdorf. Geschichte und Hintergründe der Entstehung, Dokumentation der Restaurierung 1987/88. Gebr. Mann Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-7861-1574-5.
  • Christine Hoh-Slodczyk: Max-Taut-Schule Lichtenberg. Hrsg. von Bezirksamt Lichtenberg, Abt. Bau- und Wohnungswesen – Hochbauamt. Nicolaische Verlagsbuchhandlung, Beuermann GmbH, Berlin 1997, ISBN 3-87584-676-1.
  • Heinz Deutschland, Jonas Geist: Max Taut. Architekt und Lehrer (1884–1967). Pressestelle der Hochschule der Künste, Berlin 1999, ISBN 3-89462-066-8.
  • Annette Menting: Max Taut. Das Gesamtwerk. DVA, München 2003, ISBN 3-421-03440-0.
  • Ulrike Seeger: Max Tauts expressionistische Sommerhäuser auf Hiddensee, dem "geistigste[n] aller deutschen Seebäder. In: Architectura. Zeitschrift für Geschichte der Baukunst. Band 41, Nr. 2, 2011, ISSN 0044-863X, S. 159–194, OCLC 888655238.
  • Unda Hörner: Die Architekten Bruno und Max Taut. Zwei Brüder – zwei Lebenswege. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-7861-2662-1.
  • Annette Menting: Taut, Max. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 817 f. (Digitalisat).
  • Pepper Stetler: Reading Max Taut. Bauten und Pläne. In: The journal of architecture. Bd. 20, Nr. 4, 2015, ISSN 1360-2365, S. 648–674, doi:10.1080/13602365.2015.1070364.
  • Roland Günter: Eine dramatische Rettung. Das Max-Taut-Quartier im Duisburger Norden. In: ISG-Magazin. Nr. 3, Internationales Städteforum Graz, 2016, ISSN 2309-1215, S. 10–14.
  • Michael Hammermeister: Max Taut auf Hiddensee. Die einzigen Taut-Bauten in Pommern – Kunstwerke aus den 20ern. In: Die Pommersche Zeitung. Jg. 66, Folge 50, 17. Dezember 2016, S. 16.
  • Deutscher Werkbund Berlin (Hrsg.): Taut Baut. Geschichten zur Architektur von Max Taut. Mit Fotografien von Stefan Müller. Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-8031-3666-4.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Max Taut – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Arbeitsrat für Kunst in Berlin. In: Neues Wiener Journal, 4. Mai 1919, S. 15 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwj
  2. Die Historie zum Asta-Nielsen-Haus. In: Asta-Nielsen-Haus Hiddensee. Abgerufen am 17. November 2022.
  3. Baudenkmal Haus der Buchdrucker
  4. Baudenkmal Konsum-Warenhaus
  5. Christine Hoh-Slodcyk: Max-Taut-Schule Lichtenberg. Nicolai, Berlin 1997, S. 11–40.
  6. Kerstin Kähling; Stadt Bonn, Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek (Hrsg.): Aufgelockert und gegliedert: Städte- und Siedlungsbau der fünfziger und frühen sechziger Jahre in der provisorischen Bundeshauptstadt Bonn. (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn. Bd. 63). Bonn 2004, ISBN 3-922832-34-2, S. 71.
  7. Im Schatten des Bruders: Wie Bruno war auch Max Taut ein bedeutender Architekt – zeigt der Schulkomplex am Nöldnerplatz. In: Berliner Woche. 20. Juni 2020.
  8. Jürgen Hasse: Was Räume mit uns machen - und wir mit ihnen. Kritische Phänomenologie des Raumes. Verlag Karl Alber, Freiburg/Breisgau 2016, ISBN 978-3-495-48638-2.
  9. Ines Laufer: Poetik des Privatraums. Der architektonische Wohndiskurs in den Romanen der Neuen Sachlichkeit. Transcript, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8394-1498-9.
  10. Stanislaus von Moos (Hrsg.): Wohnkollektiv, Hospiz und Dampfer. Technische Universität München, München 1999.
  11. Iba. Anlässlich der Leipziger Ausstellung. In: Neue Freie Presse, 14. August 1913, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  12. Gustav Adolf PlatzIngenieur – Architekt. In: Oesterreichs Bau- und Werkkunst / Die Bau- und Werkkunst. Monatsschrift für alle Gebiete der Architektur und angewandten Kunst, Jahrgang 1925, S. 250 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/buw
  13. Robert LehrDie Große Ausstellung Düsseldorf 1926. In: Neue illustrierte Zeitung, 10. April 1926, S. 12 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nei
  14. Else Hofmann: Bauschaffen der Gegenwart. Neuzeitlicher Hausbau.Zeitschrift der Baumeister Oesterreichs, Jahrgang 1927, S. 138 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/zbo
  15. Das Haus der Buchdrucker. In: mediengalerie.org. Abgerufen am 17. November 2022.
  16. Abb. in: Walter Müller-Wulckow: Deutsche Baukunst der Gegenwart. Wohnbauten und Siedlungen. 3. und letzte Auflage. K. R. Langewiesche, Königstein i.. T. 1929, DNB 361247338, S. 85; Nachdruck: Ebd., 1999, ISBN 3-7845-8041-6.
  17. Historische Streifzüge – Denkmale der Stadt Senftenberg.
  18. a b Ulrike Eichhorn: Taut & Hoffmann in Berlin. Edition Eichhorn, Berlin 2014, ISBN 978-3-8442-8120-0.
  19. Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Juli 2012; Beschreibung beim LV Rheinland.