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Mikrobiologie

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Beispiel aus der Bakteriologie:
Escherichia coli, einer der wichtigsten Modellorganismen der Mikrobiologie (Sekundärelektronenmikroskopie)
Beispiel aus der Mykologie:
Konidiophoren mit Konidien von Trichoderma fertile. Der Pilz baut biotische Polymere in Böden ab.
(Phasenkontrast-Lichtmikroskopie)
Beispiel aus der Protozoologie:
Colpoda inflata, ein Vertreter der Bodenprotozoen, der sich von Bakterien ernährt und das Nährstoffmilieu in Böden beeinflusst
Beispiel aus der Virologie:
Tabakmosaikvirus, der Erreger der Mosaikkrankheit bei Tabakpflanzen (Transmissionselektronenmikroskopie, Negativdarstellung)

Mikrobiologie (zusammengesetzt aus altgriechisch μικρός mikrós „klein“, und „Biologie“) ist die Wissenschaft und Lehre von den Mikroorganismen, also Lebewesen, die als Individuen nicht mit bloßem Auge erkannt werden können: Archaeen, Bakterien, Pilze, Protozoen (Urtierchen) und ein- und wenigzellige Algen (Mikroalgen), sowie von den Viren, die nicht als Lebewesen gelten. Die Mikrobiologie ist ein Teilgebiet der Biologie und der Medizin.

Teilgebiete[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mikrobiologie wird nach verschiedenen Gesichtspunkten in Spezialgebiete unterteilt. Die Einteilung richtet sich nach der Anwendung in anderen Disziplinen (z. B. Medizinische Mikrobiologie, Lebensmittelmikrobiologie, Technische Mikrobiologie), nach dem Lebensraum der Mikroorganismen (Geomikrobiologie, Meeresmikrobiologie, Bodenmikrobiologie) oder nach den behandelten Mikroorganismengruppen:

  • Bakteriologie, die Wissenschaft und Lehre von den Bakterien
  • Mykologie, die Wissenschaft und Lehre von den Pilzen
  • Protozoologie, die Wissenschaft und Lehre von den Urtierchen
  • Virologie, die Wissenschaft und Lehre von den Viren

Die Zugehörigkeit der Viren zu den Lebewesen und damit zu den Mikroorganismen ist in der Biologie umstritten. Meist werden Viren nicht zu den Lebewesen gezählt oder sie gelten als Grenzform des Lebens. Dieser unklare Status ändert nichts daran, dass Mikrobiologen auch Viren erforschen. Deshalb ist die Virologie als Teilgebiet der Mikrobiologie anzusehen.

Methoden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Mikrobiologie werden Methoden der Zytologie (Wissenschaft und Lehre von den Zellen), der Genetik, der Biochemie, der Ökologie und der Systematik eingesetzt. Wegen der geringen Größe der Mikroorganismen spielen Mikroskopie und Methoden zu ihrer Kultivierung eine bedeutende Rolle.

Anwendung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mikrobiologie und ihre Ergebnisse werden unter anderem in der Biotechnologie einschließlich Lebensmitteltechnologie, Abfalltechnik, Materialtechnik und Medizin angewendet. Zudem sind Mikroorganismen hervorragend geeignet als Modellorganismen in der genetischen Forschung, da sie relativ kleine, überschaubare Genome besitzen und leicht in sehr großer Individuenzahl untersucht werden können.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die mikrobiologische Forschung begann mit dem Einsatz von Mikroskopen zur Untersuchung vielfältiger kleiner Lebewesen und Gegenstände durch Robert Hooke im Auftrag der Royal Society und vor allem der erstmaligen Entdeckung mehrerer Mikroorganismen durch den Privatgelehrten und Tuchhändler Antoni van Leeuwenhoek (etwa 1665–1670). Beide waren unter den Ersten, die brauchbare Mikroskope (erfunden zwischen 1590 und 1610) als unentbehrliche Voraussetzung für die Entwicklung der Mikrobiologie[1] konstruierten. Im 19. Jahrhundert waren weitere Anschübe für die entstehende Mikrobiologie die Entdeckung der Hefegärungspilze 1837, im selben Jahr die eines Pilzes durch Agostino Bassi[2] als Erreger einer Seidenraupenkrankheit. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dann fadenförmige Stäbchen im Blut von an Milzbrand erkrankten Schafen und Kühen gefunden.[3]

Weitere wichtige Grundlagen, neben der zunehmend sich verbreitenden Erkenntnis, dass lebende Krankheitserreger das Contagium animatum von Infektionskrankheiten sind, lieferten die Forschungen von Louis Pasteur (1822–1895), der 1864 die Grundlagen für das Verfahren der Pasteurisierung schuf: Durch kurzzeitiges Erhitzen von Nahrungsmitteln wird die Gärung verhindert und damit die Haltbarkeit der Lebensmittel erhöht. Darüber hinaus widerlegte Pasteur die bis dahin gültige Theorie von der Urzeugung, die seit der Antike von einer spontanen Entstehung von Mikroorganismen aus unbelebter Materie ausging.

Die medizinische Mikrobiologie wurde maßgeblich gefördert durch die Arbeit des Berliner Bakteriologen Robert Koch (1843–1910), der als Erster systematisch nach Mikroorganismen suchte, die Krankheiten auslösen, und diesen Zusammenhang mit der Entdeckung des Tuberkuloseerregers (Mycobacterium tuberculosis) bewies. Außerdem verdankt ihm die Mikrobiologie die Einführung fester Nährmedien zur Kultivierung von Mikroorganismen. Koch verwendete dazu zunächst Kartoffelscheiben, später nutzte er Gelatine, um flüssige Nährmedien zu verfestigen, und schließlich führte er den Agar als Mittel zur Verfestigung von Nährmedien ein.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Merck KGaA: Mikrobiologisches Handbuch : Trockennährböden, Nährbodengrundlagen u. sonstige Präparate f. d. Mikrobiologie, E. Merck, Darmstadt 1972, Mikrobiologisches Handbuch
  • Moselio Schaechter, John Ingraham, Frederick C. Neidhardt: Microbe: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2006, ISBN 3-8274-1798-8.
  • Heribert Cypionka: Grundlagen der Mikrobiologie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg u. a. O. 2006, ISBN 3-540-24084-5. (Einführendes Lehrbuch)
  • Georg Fuchs (Hrsg.): Allgemeine Mikrobiologie, begründet von Hans-Günter Schlegel, 9. Auflage. Thieme, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-13-444609-8. (Einführendes Lehrbuch)
  • Michael T. Madigan, John M. Martinko, Paul V. Dunlap, David P. Clark: Brock – Biology of Microorganisms, 12. Auflage. Pearson, San Francisco u. a. O. 2009, ISBN 0-321-53615-0. (Umfangreiches Lehrbuch)
  • Moselio Schaechter (Hrsg.): Encyclopedia of microbiology. 3. Auflage. 6 Bände, Academic Press (Elsevier), Amsterdam u. a. O. 2009, ISBN 978-0-12-373939-1.
  • Hans Günter Schlegel: Geschichte der Mikrobiologie. 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004, ISBN 3-8047-2086-2.
  • Hans G. Schlegel: Allgemeine Mikrobiologie. Thieme. Stuttgart 1969; 5., überarbeitete und erweiterte Auflage, unter Mitarbeit von Karin Schmidt, ebenda 1981, ISBN 3-13-444605-7; 10. Auflage, ebenda 2017, ISBN 978-3-13-241885-1.
  • Herbert Hof, Rüdiger Dörries, Gernot Geginat, Robert Lee Müller: Mikrobiologie. Thieme Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-13-125311-8. (Duale Reihe: Lehrbuch/Repetitorium)
  • Gerhard Mittenhuber, Michael Hecker: Blätter zur Berufskunde Diplom-Biologe/Diplom-Biologin Mikrobiologie. W. Bertelsmann Verlag, Gütersloh 1999, ISBN 3-7639-2761-1.
  • Eckhard Bast: Mikrobiologische Methoden. Spektrum Akademischer Verlag Gustav Fischer, Heidelberg/Berlin 2001, ISBN 3-8274-1072-X.
  • Herbert Weber (Hrsg.): Wörterbuch der Mikrobiologie. Gustav Fischer Verlag, Jena/Stuttgart/Lübeck/Ulm 1997, ISBN 3-437-35040-4.
  • Allen I. Laskin, Hubert A. Lechevalier (Editors): Handbook of Microbiology - Condensed Edition. CRC Press Inc., Cleveland, Ohio 1974, ISBN 0-87819-585-8. (Nachschlagewerk).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Portal: Mikrobiologie – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Mikrobiologie

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mikrobiologie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Medizinische Mikrobiologie – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Werner Köhler: Mikrobiologie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 988.
  2. Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 37.
  3. Friedrich Wilhelm Gierhake: Asepsis. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 33–42, hier: S. 39.