Ministerium für Leichtindustrie

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Der erste Minister für Leichtindustrie, Wilhelm Feldmann (r.) im Oktober 1954

Das Ministerium für Leichtindustrie (MfL) war ein Ministerium der DDR. Das Ministerium wurde 1950 gegründet und bestand in seiner ersten Phase bis 1961, als alle Industrieministerien der DDR in den Volkswirtschaftsrat eingegliedert wurden. 1965 wurde das Ministerium neu gegründet. Als Zentrales Organ des Ministerrats war das Ministerium für die Planung und Leitung der Herstellung und Bearbeitung von Textilien, Strick- und Lederwaren in der DDR zuständig. 1990 ging das Ministeriums in neugegründete Ministerium für Wirtschaft ein, das mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik aufgelöst wurde.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ministerrat der DDR verfügte über eine größere Reihe einzelner „Industrieministerien“. Aus dem bereits 1949 eingerichteten Ministerium für Industrie gingen zusammen mit dem Ministerium für Leichtindustrie 1950 das Ministerium für Schwerindustrie und das Ministerium für Maschinenbau hervor. Gleichzeitig wurde ein Staatssekretariat für Nahrungs- und Genussmittelindustrie gegründet. Offiziell wurde das Ministerium für Leichtindustrie mit Gesetz vom 8. November 1950 gegründet.[1] 1955 gab es nach weiteren Aufspaltungen bereits acht Industrieministerien.[1]

Die Industrieministerien wurden seit 1950 von der Staatlichen Plankommission koordiniert und kontrolliert. Die Staatliche Plankommission war selbst 1950 aus dem Ministerium für Planung hervorgegangen und war dem Rang eines Ministeriums gleichgestellt, in der faktischen Planungsorganisation den einzelnen Industrieministerien jedoch übergeordnet.[1] Das Ministerium für Leichtindustrie (MfL) war eines der von der Plankommission beaufsichtigten Industrieministerien.

1958[2] wurden alle Industrieministerien, einschließlich des MfL, als eigenständige Behörden aufgelöst und 1961[2] in den neu gegründeten Volkswirtschaftsrat (VWR) zusammengeführt. Allerdings bewährte sich dieses „Gesamtindustrieministerium“ nicht, sodass 1965[2] die einzelnen Ministerien erneut eingerichtet wurden. Damit unterstand das MfL wieder direkt der Staatlichen Plankommission.

Das Ministerium für Leichtindustrie war wie die meisten Industrieministerien der DDR im Berliner Haus der Ministerien an der Ecke Leipziger Straße / Wilhelmstraße ansässig. Das Gebäude wurde 1935/36 für das Reichsluftfahrtministerium errichtet und wird seit 1999 vom Finanzministerium genutzt.

Zu Beginn der 1970er Jahre wurden einzelne Zuständigkeitsbereiche herausgelöst und das Ministerium war danach verantwortlich für die Bekleidungs-, Leder-, Schuh- und Rauchwarenindustrie. 1988 war es für 18 Kombinate zuständig.[3] Mit Auflösung der Ministerien für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie und Glas- und Keramikindustrie 1989 übernahm das MfL zum 1. Januar 1990 deren Geschäftsbereiche.

Das Ministerium für Leichtindustrie existierte bis März 1990, als es in das neugeschaffene Ministerium für Wirtschaft eingegliedert wurde.[3] Der Grund dafür war die Angleichung der Regierungsstruktur der DDR an die der Bundesrepublik mit Hinblick auf die Deutsche Wiedervereinigung durch Ministerpräsident Lothar de Maizière ab April 1990.[2]

(siehe Regierung de Maizière).

Aufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das MfL erfüllte Funktionen hinsichtlich

  • mittels Automatisierung und Rationalisierung,
  • zur Vermeidung von Versorgungsengpässen;
  • des Einsatzes ausländischer Arbeitskräfte;
  • der internationalen Zusammenarbeit innerhalb des RGWs.

Unterstellte Betriebe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Näherinnen im VEB Thüringer Obertrikotagenkombinat Apolda (1978), später Teil des VEB Kombinat Trikotagen Karl-Marx-Stadt

Dem Ministerium für Leichtindustrie unterstanden folgende zentralgeleitete Kombinate und Volkseigene Betriebe (Stand 1981/1982):[4]

Betrieb Sitz Beschäftigte Anmerkungen
VEB Kombinat Baumwolle Karl-Marx-Stadt 70.000 Einer der größten Betriebe der DDR
VEB Kombinat Technische Textilien Karl-Marx-Stadt 28.000
VEB Kombinat Deko Plauen 40.000
VEB Kombinat Wolle und Seide Meerane 42.000
VEB Kombinat Strumpfkombinat „Esda“ Thalheim 17.000
VEB Kombinat Trikotagen Karl-Marx-Stadt 58.000
VEB Kombinat Kunstleder und Pelzverarbeitung Leipzig 8.700
VEB Kombinat Schuhe Weißenfels 42.000
VEB Kombinat Lederwaren Schwerin 11.000
VEB Kombinat Oberbekleidung Berlin Berlin 14.000
VEB Textilkombinat Cottbus Cottbus 25.000 Stammbetrieb 1968 neugegründet[5]
VEB Kombinat Oberbekleidung Lößnitz Lößnitz 18.000
VEB Kombinat Oberbekleidung Erfurt Erfurt 20.000
VEB Kombinat Solidor Heiligenstadt 5.000

Die Warenproduktion in den direkt unterstellten Betrieben des Ministeriums lag 1976 bei knapp 20,8 Milliarden DDR-Mark, etwa 9 % der gesamten industriellen Warenproduktion in der DDR.[4]

Mit anderer Datenbasis (meist Stichtag 30. Juni 1990) sind die Betriebe dieser Tabelle auch in der Liste von Kombinaten der DDR enthalten.

Minister und Stellvertreter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Minister
Stellvertreter
  • 1956–1958: Johann Wittik (SED)
  • 1966–1971: Karl Bettin (SED), 1966 stellvertretender Minister und 1967 Staatssekretär

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Hellmut Heuer: Zur Organisation der Betriebsplanung in der volkseigenen Industrie des sowjetischen Besatzungsgebiets. Duncker & Humblot, Berlin 1958, S. 67–69.
  2. a b c d Behördengeschichte der DDR. (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bundesarchiv.de In: Das Bundesarchiv. 13. April 2010; abgerufen am 11. Oktober 2011.
  3. a b Grundorganisation der SED – Ministerium für Leichtindustrie der DDR. (Memento des Originals vom 29. Mai 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.landesarchiv-berlin.de Landesarchiv Berlin. Abgerufen am 12. Oktober 2011
  4. a b Bundesministerium des Innern (Hrsg.): DDR-Handbuch, 3. und erweiterte Auflage. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1985, ISBN 978-3-8046-8642-7, S. 907. (Stichwort „Ministerium für Leichtindustrie“, Stand 1981/1982)
  5. VEB Textilkombinat Cottbus: Betriebsgeschichte, Kürzel 907 TKC Ctb, Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Abgerufen im Dezember 2022)