Mirjam Pressler

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Mirjam Pressler und Amos Oz auf der Leipziger Buchmesse 2015
Mirjam Pressler bei einer Lesung im Berliner Anne Frank Zentrum, 2012

Mirjam Pressler (* 18. Juni 1940 als Mirjam Gunkel in Darmstadt; † 16. Januar 2019 in Landshut[1]) war eine deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin. Sie gilt als eine der erfolgreichsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen, schrieb aber auch Bücher für Erwachsene und übersetzte andere Autoren aus dem Hebräischen, dem Englischen, dem Niederländischen und dem Afrikaans ins Deutsche.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mirjam Pressler war das nichteheliche Kind einer jüdischen Mutter. Sie wuchs in einer Pflegefamilie[2] und einem Heim auf. Mit elf Jahren kam sie in ein Internat und besuchte Gymnasien in Darmstadt und Bensheim.[3] Später studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste in Frankfurt am Main sowie Englisch und Französisch an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Pressler verbrachte ein Jahr in einem Kibbuz in Israel, 1970 kehrte sie nach München zurück. Sie heiratete einen Israeli und bekam drei Töchter. Nach der Scheidung zog sie die Kinder in einer Wohngemeinschaft mit einer ebenfalls alleinerziehenden Frau auf. Sie fuhr Taxi und arbeitete acht Jahre lang halbtags im eigenen Jeans-Laden. Nachdem die Ladenimmobilie gekündigt worden war, arbeitete sie als freie Schriftstellerin und Übersetzerin. Pressler übersetzte 500 Bücher ins Deutsche und verfasste selbst über 40 Kinder- und Jugendbücher.[4]

Zuletzt lebte sie in Landshut, wo sie im Januar 2019 im Alter von 78 Jahren ihrer langen Krebserkrankung erlag. Pressler war Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.

Die Internationale Jugendbibliothek in München erhielt ihren literarischen Nachlass.[5]

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Bitterschokolade, ihre erste Geschichte, erhielt Pressler die wichtigste Auszeichnung für Debüts in der Kinder- und Jugendliteratur, den Oldenburger Jugendliteraturpreis. Dieses Buch war ihr erfolgreichster Titel mit 400 000 verkauften Exemplaren. Ihr Werk wuchs auf über fünfzig Titel.[6]

Ihre Bücher konfrontieren die Leser mit der Realität von Kindern und Jugendlichen in Gegenwart und Vergangenheit und stellen schwierige Lebenssituationen ins Zentrum. Sie enttäuschen jede Hoffnung auf einfache Lösungen. Am Ende scheint aber oft Zuversicht auf. Das Thema Holocaust zieht sich durch eine ganze Reihe ihrer Werke: In Malka Mai etwa steht der Überlebenskampf einer achtjährigen Jüdin im Zentrum.

„Ich finde es einfach spannend, wenn Menschen es hinkriegen, aus Scherben und Trümmern wieder etwas aufzubauen.“

Mirjam Pressler[7]

Biographische, auch autobiographische Elemente flossen zwar oft in ihre Bücher ein, aber sie bildeten nur die Basis für die Geschichten.

Als Übersetzerin übertrug Mirjam Pressler mehr als 300 Titel aus dem Hebräischen, dem Englischen und dem Niederländischen ins Deutsche, darunter Werke von John Steinbeck (Von Mäusen und Menschen), Peter van Gestel, Uri Orlev (Lauf, Junge, lauf), Amos Oz (Unter Freunden, Judas, Sumchi), Orly Castel-Bloom oder Zeruya Shalev. Als ein Hauptwerk gilt die von ihr übertragene Kritische Werkausgabe der Tagebücher von Anne Frank. Ihr Roman Grüße und Küsse an alle. Die Geschichte der Familie von Anne Frank stand im Mittelpunkt des Lesefestes Frankfurt liest ein Buch 2015.

Presslers letzter Roman Dunkles Gold, in dem ein Bogen von den Pestpogromen im Mittelalter zu aktuellen antisemitischen Entwicklungen geschlagen wird, erschien postum im März 2019.

Bücher (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bitterschokolade. Beltz & Gelberg, Weinheim 1980, ISBN 3-407-80630-2.
  • Kratzer im Lack. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 1981, ISBN 3-407-74148-0.
  • Nun red doch endlich. Kinderroman. Beltz & Gelberg, Weinheim 1981.
  • Stolperschritte. Roman. Spectrum, Stuttgart 1981.
  • Novemberkatzen. Kinderroman. Beltz & Gelberg, Weinheim 1982.
  • Zeit am Stiel. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 1982.
  • Katharina und so weiter. Erzählung. Beltz & Gelberg, Weinheim 1984.
  • Riesenkuß und Riesenglück. Oetinger, Hamburg 1984.
  • Mit 64 stirbt man nicht. Kriminalroman. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1986.
  • Nickel Vogelpfeifer. Erzählung. Beltz & Gelberg, Weinheim 1986.
  • Goethe in der Kiste. Loewe, Bindlach 1987.
  • Bär Brumm Bär. Maier, Ravensburg 1988.
  • Sieben und eine Hex. Hexengeschichten. Loewe, Bindlach 1992.
  • Ich sehne mich so. Die Lebensgeschichte der Anne Frank. Beltz & Gelberg, Weinheim 1992, ISBN 3-407-74097-2.
  • Der schönste Hund der Welt. Arena, Würzburg 1992.
  • Auch Vampire können sich irren und andere Geschichten zum Gruseln. Arena, Würzburg 1994.
  • Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 1994, ISBN 3-407-79648-X.
  • Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs (mit Yaakov Shabtai). Hanser, München 1998.
  • Shylocks Tochter. Venedig im Jahre 1568, Ghetto von Venedig 5327/8. Roman. Alibaba, Frankfurt am Main 1999.
  • Ben und Lena freuen sich auf Weihnachten 2000.
  • Malka Mai. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2001.
  • Für Isabel war es Liebe. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2002.
  • Die Zeit der schlafenden Hunde. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2003.
  • Rosengift. Roman. Bloomsbury, Berlin 2004.
  • Wundertütentage. Roman für Kinder. Beltz & Gelberg, Weinheim 2005.
  • Alle Geschichten von Jessi. Beltz & Gelberg, Weinheim 2006, ISBN 3-407-78936-X.
  • Golem, stiller Bruder. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2007, ISBN 978-3-407-81021-2.
  • Nathan und seine Kinder. Beltz & Gelberg, Weinheim 2009, ISBN 978-3-407-81049-6.
  • „Grüße und Küsse an alle“. Die Geschichte der Familie von Anne Frank (mit Gerti Elias). S. Fischer, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-10-022303-6.
  • Ein Buch für Hanna. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2011, ISBN 978-3-407-81079-3.
  • Guten Morgen, gute Nacht. Gedichte, ill. v. Helga Bansch. Beltz & Gelberg, Weinheim 2011, ISBN 978-3-407-79338-6.
  • Wer morgens lacht. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2013, ISBN 978-3-407-81143-1.
  • Was wir schon alles können! podolino, Blindach 2016, ISBN 978-3-8112-3393-5.
  • Ich bin’s, Kitty. Aus dem Leben einer Katze. Roman, ill. v. Rotraut Susanne Berner. Beltz & Gelberg, Weinheim 2018, ISBN 978-3-407-82357-1.
  • Spukgeschichten. Mit Bildern von Erhard Dietl. Arena, Würzburg 2018, ISBN 978-3-401-71103-4.
  • Dunkles Gold. Roman. Beltz & Gelberg, Weinheim 2019, ISBN 978-3-407-81238-4.

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfilmungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1985: Novemberkatzen. Regie: Sigrun Koeppe.
  • 1991: Die Honigkuckuckskinder (Mitarbeit am Drehbuch), Regie: Willy Brunner

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Thomas Daum (Bearb.): Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz 2001: Mirjam Pressler. Eine Würdigung. Brandes und Apsel, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-933086-80-9
  • Anne Goebel: So etwas wie Zuversicht. Mehr als 60 Bücher hat Mirjam Pressler in den vergangenen 30 Jahren veröffentlicht. In ihren Geschichten konfrontiert sie den Leser meist mit der ungeschönten Wirklichkeit. Süddeutsche Zeitung, Nr. 217, 20./21. September 2014 ISSN 0174-4917 S. R20.
  • Peter Goßens: Mirjam Pressler. In: Andreas Kilcher (Hrsg.): Metzler Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur. Jüdische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklärung bis zur Gegenwart. 2., aktual. und erw. Auflage. Metzler, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-476-02457-2, S. 411–413
  • Nachruf auf Mirjam Pressler, Übersetzen, 2, 2019, S. 16

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mirjam Pressler – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gestorben: Mirjam Pressler. buchmarkt.de, erschienen und abgerufen am 16. Januar 2019.
  2. Deutschlandfunk Kultur: „Ich habe alles gelesen, was ich in die Finger bekam“
  3. Mirjam Pressler im Munzinger-Archiv, abgerufen am 19. März 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  4. Zum Tod von Mirjam Pressler. In: Tachles. 16. Januar 2019.
  5. Pressler-Nachlass geht an die IJB. In: www.boersenblatt.net. 15. Juni 2020, abgerufen am 15. Juni 2020.
  6. Roswitha Budeus-Budde: Kinder- und Jugendbuchautorin: Mirjam Pressler ist tot. Abgerufen am 15. Dezember 2020.
  7. Anne Goebel: So etwas wie Zuversicht. Mehr als 60 Bücher hat Mirjam Pressler in den vergangenen 30 Jahren veröffentlicht. In ihren Geschichten konfrontiert sie den Leser meist mit der ungeschönten Wirklichkeit. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 217, 20./21. September 2014, ISSN 0174-4917, S. R20.
  8. Verdienstkreuz für Kinderbuchautorin Mirjam Pressler (Memento vom 20. Dezember 2018 im Internet Archive), Kulturnachrichten im Deutschlandfunk Kultur, erschienen und abgerufen am 19. Dezember 2018.