Montmartre

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Basilika Sacré-Cœur
Die Treppen des Montmartre
Aussicht vom Montmartre auf Paris

Der Montmartre ([mɔ̃.maʁtʁ], französisch für Märtyrer-Hügel) ist ein Hügel im Norden von Paris. Der 1860 durch Eingemeindung der Dörfer Montmartre, La Chapelle und Clignancourt entstandene 18. Pariser Stadtbezirk trägt ebenfalls diesen Namen.

Der Hügel Montmartre (frz. Butte Montmartre) ist die höchste natürliche Erhebung der Stadt. Ihren in 130 m Höhe gelegenen Gipfel krönt die von weitem sichtbare Basilika Sacré-Cœur. Auf den Hügel führen Treppen und eine Standseilbahn, der Funiculaire de Montmartre.

Das Dorf Montmartre war im 19. Jahrhundert eine künstlerische und literarische Hochburg und beliebtes Ausflugsziel. Heute ziehen die Künstler, die auf der Place du Tertre ihre Arbeiten ausstellen und Porträts, Karikaturen und Scherenschnitte anfertigen, hauptsächlich Touristen an. Eine weitere Attraktion ist der Weinberg der Commanderie du Clos Montmartre, dessen eher säuerliche Tropfen von einer eingeschworenen Gemeinde des Künstlermilieus angebaut werden.

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Chronik des Fredegar[1] wurde der Hügel noch als Mons Mercore (Merkurhügel) bezeichnet, wahrscheinlich ist aber auch die Bezeichnung Mons Martis (Marshügel). Während frühere Viten des heiligen Dionysius Hinrichtungs- und Begräbnisort nicht trennten, lokalisiert Abt Hilduin von Saint-Denis in der Neufassung der Passio Sanctissmi Dionysii[2] den Hinrichtungsort auf dem Hügel und änderte den Namen wegen des ähnlichen Klangs in Mons martyrum.[3]

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Place du Tertre

Der Hügel liegt im nördlichen Teil der Stadt. Die seit Urzeiten über die Seineinsel – die Île de la Cité – nach Norden (Nordsee) und Nordwesten (Ärmelkanal) führenden Wege umgingen das hohe Hindernis im Osten, so dass der Hügel bis weit in das 19. Jahrhundert seinen ländlichen Charakter größtenteils bewahrte.

Als ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahn größere Bedeutung erlangte, wurde der Montmartre nicht direkt erschlossen – im Gegensatz zum Montparnasse mit dem Gare Montparnasse. Zwei Bahnhöfe, der Gare du Nord und der Gare de l’Est, liegen rund zwei Kilometer südöstlich der Sacré-Cœur.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gallo-römische Epoche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der gallo-römischen Epoche, in der Montmartre gegründet wurde, erhoben sich auf dem Hügel zwei Tempel, die den Göttern Mars und Merkur geweiht waren. Dank seiner großen Vorkommen an Gips entwickelte sich der Montmartre zu einem der reichsten Gebiete im Umkreis von Paris. Daher fand man dort zu dieser Zeit viele Villen und Tempel. Die Steinbrüche, in denen der Gips abgebaut wurde, dienten später auch als Zufluchtsorte für die ersten Christen.

Um das Jahr 272 herum wurden der Bischof Dionysius (frz. Denis; der Schutzpatron von Paris), der Priester Rustikus und der Erzdiakon Eleutherius hier enthauptet. Im Mittelalter war Montmartre ein wichtiges dem heiligen Denis geweihtes Wallfahrtszentrum. Der Legende nach nahm er nach seiner Enthauptung seinen Kopf, wusch ihn in einer Quelle und ging ungefähr sechs Kilometer bis zum heutigen Ort Saint-Denis.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 12. Jahrhundert errichtete der Orden der Benediktiner in Montmartre ein Kloster. Die ehemalige Abtei- und heutige Pfarrkirche Saint-Pierre de Montmartre ist eine der ältesten Sakralbauten von Paris und steht neben dem Place du Tertre. Sie wurde auf Geheiß Ludwig VI. auf dem Gelände eines ehemaligen Mars-Tempels (5. Jahrhundert) errichtet und am Ostermontag 1147 von Papst Eugen III. geweiht.

Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 15. August 1534 gründete der heilige Ignatius von Loyola in Montmartre den Jesuitenorden. In dieser Epoche begann man auch mit dem Bau von Windmühlen, um den Gips zu mahlen, und große Weingärten wurden angelegt.

19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vincent van Gogh – Gemüsegärten auf dem Montmartre
Wohnhaus auf dem butte Montmartre

Aufgrund der Arbeiten des Barons Haussmann, die das Leben in Paris extrem verteuerten, wuchs die Bevölkerung in Montmartre schnell an. Viele Arbeiter, aber auch angesehene Familien ließen sich nun hier nieder.

Der Gipsabbau entwickelte sich zum wichtigsten Wirtschaftszweig Montmartres. Der Place Blanche (weißer Platz) wurde nach dem so häufig vorkommenden Gestein benannt. Viele neue Gipsmühlen wurden errichtet.

In der Schlacht bei Paris, die Gebhard Leberecht von Blücher während des Sechsten Koalitionskrieges vorantrieb, sorgte der russische General Alexandre Andrault de Langeron für die Erstürmung der Höhen des Montmartre. Am Nachmittag des 30. März 1814 gaben die französischen Heerführer den Kampf auf und kapitulierten. Am Folgetag zogen die Alliierten der Befreiungskriege gegen Napoléon Bonaparte in der Hauptstadt ein.

Am 6. Juni 1859 wurde Montmartre von Paris eingemeindet, behielt aber dennoch seine eigene Identität. Ein Jahr nach der Eingemeindung hatte Montmartre ungefähr 57.000 Einwohner. Im März 1871, nach der Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges, wurde Montmartre zum Ausgangspunkt und zur Geburtsstätte der Pariser Kommune. Nach deren gewaltsamen Beendigung beschloss die französische Nationalversammlung 1873 den Bau der Kirche Sacré-Cœur, die dem Gedenken an die französischen Opfer des Französisch-Preußischen Krieges und der „Abbüßung der Verbrechen der Kommunarden“ dienen sollte. Drei Jahre später begann der Bau der Kirche Sacré-Cœur, die heute als weithin sichtbares Wahrzeichen über Montmartre thront. Die Kirche wurde 1919 geweiht.

Im 19. Jahrhundert zog der noch ländliche Montmartre zahlreiche Künstler an, die hier ein freieres und billigeres Leben führen konnten als im Zentrum der Stadt. Hier lebten und wirkten unter anderen Renoir, Van Gogh, Steinlen, Toulouse-Lautrec, Suzanne Valadon und ihr Sohn Utrillo, später auch Picasso, Braque und Modigliani. Beliebte Anlaufpunkte der Künstler und der Pariser Ausflügler waren Gaststuben, Kabaretts und Tanzlokale wie zum Beispiel „La Mère Catherine“ (seit 1793), „Le Billard en Bois“ (heute La Bonne Franquette), „Au Rendezvous des Voleurs“ (1860, heute Le Lapin Agile), Le Moulin de la Galette (Vergnügungslokal seit 1870), Le Chat Noir (1881) und Le Moulin Rouge (1889).

20. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eckhaus an der Rue Lepic/Rue Tholozé La vie à Montmartre
Le Moulin de la Galette

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts und verstärkt nach dem Ersten Weltkrieg verließen viele Künstler Montmartre, in Richtung Montparnasse, der Geburtsstätte der modernen Malerei. Die Boulevards am Fuße des Hügels, zwischen dem Place Blanche und dem Place Pigalle entwickelten sich allmählich zu einem Rotlichtviertel.

1929 fusionierte am Montmartre die von Bernard Natan gegründete, seit 1926 in dem ehemaligen Warenhaus „Grand Bazar“ (Rue Francoeur Nr. 6) ansässige Firma „Rapid Film“, die zunächst ein Filmlabor gewesen war, sich dann auf die Herstellung von Werbefilmen spezialisierte und seit 1927 über ein eigenes Filmstudio verfügte, mit dem Unternehmen Pathé. Aus den so entstandenen Pathé-Studios gingen Hunderte von französischen Filmen hervor, bevor sie in der Mitte der 90er Jahre ihre Aktivitäten einstellten. Seit 1994 beherbergen die Räume die bekannte Filmhochschule La fémis. Heute ist der Montmartre ein beliebtes Ziel für Parisbesucher. Vor allem die Basilika Sacré-Cœur und der von Künstlern bevölkerte Place du Tertre sind von Menschenmassen oft überlaufen. An einem besonders verkehrsarmen Sommermorgen ist auf den Straßen am Montmartre der Kurzfilm C’était un rendez-vous (1976) von Claude Lelouch entstanden, der exakt an der großen Freitreppe vor dem Haupteingang der Sacré-Cœur endet. Das Gebiet um die Moulin de la Galette und den Cimetière de Montmartre ist dagegen eher ruhig und verbreitet noch ein wenig den alten Jahrhundertwende-Charme des Quartiers.

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bürgermeister von Montmartre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1790–1801: Félix Desportes (1763–1849), erster Bürgermeister von Montmartre, ruht auf dem Pfarrfriedhof neben der Pfarrkirche Saint-Pierre de Montmartre
  • 1801–1809: M. Gandin
  • 1810–1816: Pierre Finot (1743–1816), zweiter Bürgermeister von Montmartre, ruht mit seiner Gattin auf dem Pfarrfriedhof neben der Kirche St. Pierre de Montmartre
  • 1817–1828: M. Faveret
  • 1829–1831: M. Bazin
  • 1831–1842: Jean-Louis Véron (Stellvertretender Bürgermeister von 1809–1830)
  • 1843–1847: Alexandre Biron
  • 1848–1850: M. Vasse
  • 1851–1854: M. Piémontési
  • 1855–1860: Jean-Baptiste Michel de Trétaigne (Baron, ehemaliger Hauptarzt der Armeen des Imperiums, letzter Bürgermeister von Montmartre, Vater von Léon Michel de Trétaigne)

1870–1871 war Georges Clemenceau Bürgermeister des 18. Arrondissements, das auch Montmartre beinhaltete.

Künstler[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wenigsten der Künstler, die den Ruhm Montmartres begründet haben, sind dort auch geboren worden. Deswegen werden hier Künstler aufgeführt, die am Montmartre und in der unmittelbaren Umgebung gelebt und gewirkt haben, in der chronologischen Reihenfolge ihres Geburtsjahres.

Aristide Bruant auf einem Poster von Henri de Toulouse-Lautrec, 1892

Weitere Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Außer Künstlern haben folgende Persönlichkeiten am Montmartre oder in der unmittelbaren Umgebung gelebt:

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hilja Droste, Thorsten Droste: Paris, Spaziergänge durch die Seine-Metropole; Plätze und Boulevards, Kirchen und Museen, DuMont, Ostfildern 2012, ISBN 978-3-7701-6622-0, S. 324 ff. (= DuMont-Kunst-Reiseführer ).
  • Dan Franck: Montparnasse und Montmartre: Künstler und Literaten in Paris zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Originaltitel: Bohèmes, übersetzt von Petra van Cronenburg), Parthas, Berlin 2011, ISBN 978-3-86964-034-1.
  • Niklaus Meienberg: Das Schmettern des gallischen Hahns: Reportagen aus Frankreich, Limmat, Zürich 1987, ISBN 978-3-85791-123-1.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Montmartre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. IV cap. 55, ed. Krusch: MG. SS. rer. Mer. II 148.
  2. Bibliotheca hagiographica latina antiquae et mediae aetatis 2175.
  3. Max Buchner, Die Areopagitika des Abtes Hilduin von St. Denis und ihr kirchenpolitischer Hintergrund. Studien zur Gleichsetzung Dionysius’ des Areopagiten mit dem hl. Dionysius von Paris sowie zur Fälschungstechnik am Vorabend der Entstehung des pseudoisidorischen Dekretalen, Paderborn 1939, 133 f.

Koordinaten: 48° 53′ N, 2° 20′ O