Moorlilie

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Moorlilie

Blütenstand des Beinbrechs (Narthecium ossifragum)

Systematik
Klasse: Bedecktsamer (Magnoliopsida)
Monokotyledonen
Ordnung: Yamswurzelartige (Dioscoreales)
Familie: Nartheciaceae
Gattung: Narthecium
Art: Moorlilie
Wissenschaftlicher Name
Narthecium ossifragum
(L.) Huds.
Beinbrech im Knospenstadium
Fruchtstände des Beinbrechs (Narthecium ossifragum)
Fruchtstand mit geöffneten Kapselfrüchten

Die Moorlilie (Narthecium ossifragum), auch Beinbrech, Ährenlilie oder Gelbe Moorlilie, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Narthecium. Diese Pflanzenart hat ein nur sehr kleines Verbreitungsgebiet[1] und ist in Deutschland nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders geschützt. Die Moorlilie wurde von der Stiftung Naturschutz zur Blume des Jahres 2011 gewählt.[2]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Moorlilie ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 30 cm erreicht. Die Pflanze besitzt als Überdauerungsorgan ein dünnes Rhizom, aus dem sich die klebrigen, aufrechten Blütenstängel entwickeln. Die unteren, kräftig grünen, schwertförmigen und ungestielten Laubblätter verfügen über deutliche Längsnerven und sind bis zu 4 mm breit. Im unteren Bereich sind sie schmal V-förmig mit aneinander liegenden Blatthälften.

Von Juli bis August bilden sich endständige, lockere, traubige Blütenstände, die eine Länge von 5 bis 8 cm lang erreichen und bis zu 25 Blüten entwickeln. Die dreizähligen Blüten weisen einen Durchmesser von 1 bis 1,5 cm auf. Die sechs Blütenhüllblätter sind innen gelb und an der Außenseite grünlich. Die sechs Staubblätter besitzen wollig behaarte Staubfäden und orange bis leuchtend rote Staubbeutel.

Es werden dünnwandige eiförmige bis lanzettlich-eiförmige Kapselfrüchte ausgebildet, die schwach in drei Segmente geteilt sind. Die hellgelben Samen sind schmal-ellipsoid und an beiden Enden beborstet.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 26.[3]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blüten sind Pollenblumen und unterliegen der Windbestäubung. Die dicht behaarten Staubfäden sammeln zunächst den Pollen, bis er vom Wind erfasst wird. Insektenbesuch ist selten und geschieht z. B. durch Bienen; wegen des Blütenduftes ist mindestens auch mit dem Besuch von Pollenfressern zu rechnen.[4] In diesem Zusammenhang wird die starke Behaarung der Staubfäden auch als Pollenattrappe gedeutet, die dem Bestäuber mehr Pollen vortäuscht, als wirklich angeboten wird.[5]

Die Früchte sind fachspaltige Kapseln mit lang geflügelten Samen, die sich als Segelflieger und Wasserhafter ausbreiten.[4]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verbreitungsgebiet umfasst die Länder Portugal, Spanien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Norwegen, Färöer-Inseln, Südschweden, Belgien, die Niederlande, Deutschland und früher Tschechien.[6] Das Hauptverbreitungsgebiet der Moorlilie liegt in atlantischen Klimaregionen der küstenbegleitenden Tiefländer Mitteleuropas; unter günstigen Bedingungen auch an den Nordwesträndern der Mittelgebirge. Sie wächst auf sauren, torfigen Moorböden. Diese Art braucht hohe Luftfeuchtigkeit. Der Beinbrech ist sehr selten und findet sich oft nur in kleinen Populationen. Er ist eine Charakterart des Verbands Ericion tetralicis.[7]

Name[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Volksmund wird die Moorlilie auch als „Beinbrech“ bezeichnet. Dieser Name rührt daher, dass die Pflanze für Knochenbrüche beim Weidevieh verantwortlich gemacht wurde. Der Beinbrech war früher auch im Magergrünland häufig. Der fehlende Kalkgehalt im Boden führte zu einer unzureichenden Knochenbildung und damit häufig zu Knochenbrüchen.[8]

Der wissenschaftliche Name leitet sich von altgriechisch νάρθηξ nárthēx „Stab“ ab und bezieht sich auf den stabförmigen Blütenstand. Das Art-Epitheton ossifragum leitet sich ab vom lateinischen ōs (Genitiv óssis) für „Knochen“ und frángere für „brechen“ und bezieht sich ebenfalls auf die oben genannte Knochenbrüchigkeit.[9]

Beinbrech und der Mensch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Schafen verursacht der Konsum der Moorlilie eine Krankheit, die in Norwegen als „Alvelden“ bekannt ist. Ein Saponin, das in der Pflanze enthalten ist, stört die Leberfunktion der Schafe. So können Abbauprodukte des Blattgrüns in das Blut gelangen und verursachen dort eine Lichtempfindlichkeit, die dann zu Schwellungen und Hautwunden führt. Offenbar sind nur weiße Schafe für diese Krankheit empfindlich.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. Band 5: Schwanenblumengewächse bis Wasserlinsengewächse. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1996, ISBN 3-440-06195-7, S. 147.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 526–527.
  • Abama Adanson: Narthecium. In Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 26: Magnoliophyta: Liliidae: Liliales and Orchidales. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 2002, ISBN 0-19-515208-5, S. 66 (englisch, online auf efloras.org).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Eric Hultén, Magnus Fries: Atlas of North European vascular plants: North of the Tropic of Cancer. Volumes 1-3. Koeltz, Königstein 1986, ISBN 3-87429-263-0 (Verbreitung auf der Nordhalbkugel bei Den virtuella floran).
  2. Blume des Jahres 2011: Moorlilie (‚Narthecium ossifragum‘.) Loki Schmidt-Stiftung (PDF; 422 kB) (Memento vom 19. Oktober 2014 im Internet Archive).
  3. R. J. Summerfield: Biological Flora of the British Isles 135. Narthecium ossifragum (L.) Huds. In: Journal of Ecology. Band 62, Nr. 1, 1974, S. 325–339, JSTOR:2258895.
  4. a b Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 526–527.
  5. Armin Jagel, Hubert Sumser: Narthecium ossifragum - Moorlilie (Nartheciaceae), Blume des Jahres 2011. In: Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins. Band 3, 2012, S. 246–250. (PDF 500 kB)
  6. Narthecium ossifragum. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 29. August 2016..
  7. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 122.
  8. Heinrich Egon Weber: Flora von Nordwest-Niedersachsen und dem benachbarten Westfalen. H. Th. Wenner, Osnabrück 1995, ISBN 3-87898-340-9.
  9. Rudolf Schubert, Günther Wagner: Botanisches Wörterbuch. Pflanzennamen und botanische Fachwörter mit einer „Einführung in die Terminologie und Nomenklatur“ , einem Verzeichnis der „Autorennamen“ und einem Überblick über das „System der Pflanzen“ (= UTB. Band 1476). 11. Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1993, ISBN 3-8252-1476-1.
  10. A. Stabursvik: A Phytochemical Study of Narthecium ossifragum (L.) Huds., with Additional Chapters on the Botany and the Veterinary History of the Plant. Trondheim 1959.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Moorlilie (Narthecium ossifragum) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien