Musik in Polen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Chopin-Denkmal in Warschau

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Geschichte der polnischen Musik umfasst den Zeitraum vom Mittelalter bis zur Neuzeit.

Mittelalter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der erste namentlich bekannte Musiker Polens ist der Dominikaner Wincenty z Kielczy, der in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebte und die Hymne „Gaude mater Polonia“ schrieb. Dagegen ist der Autor des ältesten bekannten polnischen Liedes Bogurodzica unbekannt. Neben Hymnen zeichnete sich die mittelalterliche polnische Musik durch Tänze aus. Mikołaj Radomski schrieb diese am Anfang des 15. Jahrhunderts auf.

Renaissance[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Renaissance kamen viele italienische Musiker an den polnischen Königshof. Mikołaj Gomółka war der bekannteste polnische Komponist des 16. Jahrhunderts. Er schrieb Kompositionen unter anderem zu den Gedichten von Jan Kochanowski („Melodie na Psałterz polski“). Andere wichtige Renaissancekomponisten am polnischen Königshof waren Wacław z Szamotuł und Mikołaj Zieleński.

1628 wurde in Warschau die erste Oper außerhalb Italiens aufgeführt: Galatea. Die italienischen Opernkomponisten Luca Marenzio, Giovanni Francesco Anerio, and Marco Scacchi waren zur Barockzeit in Warschau tätig. Während der relativ kurzen Regentschaft von Władysław IV. Wasa von 1634 bis 1648 wurden in Warschau mehr als zehn Opern aufgeführt, womit Warschau zu dieser Zeit zum wichtigsten Opernzentrum außerhalb Italiens wurde. Die erste Opernkomponistin der Welt, Francesca Caccini, schrieb ihre erste Oper La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina für den polnischen König, als dieser noch ein Prinz war.

Barock[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die polnischen Barockkomponisten komponierten vor allem Kirchenmusik, allen voran ihr bekanntester Schöpfer Adam Jarzębski. Zu dieser Zeit entstand auch die Polonaise als Tanz an polnischen Höfen, während die bäuerliche Gesellschaft regional unterschiedliche Tänze wie die Mazurkas, Krakowiaks und Chodzony und die auch in Tschechien bekannten Polkas entwickelte.

18. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wichtigsten Polonaise-Komponisten im 18. Jahrhundert waren Michał Kleofas Ogiński, Karol Kurpiński, Juliusz Zarębski, Henryk Wieniawski, Mieczysław Karłowicz und Joseph Elsner.

19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Frédéric Chopin brachte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Polonaise zur Vollendung. Er gilt als einer der größten polnischen Komponisten.

Im 19. Jahrhundert entwickelte Stanisław Moniuszko die moderne polnische Oper, deren berühmtestes Werk Halka ist.

Traditionelle Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Oskar Kolberg begann zu dieser Zeit die polnische Folkloremusik zu sammeln und niederzuschreiben. Seinen Werken verdanken die Folkloreensembles Mazowsze, Słowianki und Śląsk ihr Entstehen. Karol Szymanowski, der sich in Zakopane niederließ, entdeckte die traditionelle Musik der Goralen in Podhale, die er im 19. Jahrhundert weiter entwickelte.

Zwischenkriegszeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Pianist und Komponist als auch ein einflussreicher Politiker Ignacy Jan Paderewski wurde 1919 Ministerpräsident Polens und vertrat es bei der Pariser Friedenskonferenz.[1]

Berühmte Komponisten der Zwischenkriegszeit waren auch Arthur Rubinstein, Grażyna Bacewicz, Zygmunt Mycielski, Michał Spisak and Tadeusz Szeligowski.

Musik im Zweiten Weltkrieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die polnische Kultur wurde während des Zweiten Weltkrieges von den beiden Besatzungsmächten, dem Dritten Reich und der Sowjetunion, unterdrückt.[2][3] Musik war dabei die relativ am wenigsten eingeschränkte kulturelle Aktivität. Zahlreiche musikalische Veranstaltungen wurden in Cafés und in Kirchen erlaubt[4] und der polnische Untergrund beschloss lediglich Propaganda-Opern zu boykottieren.[4]

Musik im Untergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die polnische Musik, einschließlich Orchester, begab sich auch in den Untergrund.[5] Hervorragende polnische Musiker und Regisseure (Adam Didur, Zbigniew Drzewicki, Jan Ekier, Barbara Kostrzewska, Zygmunt Latoszewski, Jerzy Lefeld, Witold Lutosławski, Andrzej Panufnik, Piotr Perkowski, Edmund Rudnicki, Eugenia Umińska, Jerzy Waldorff, Kazimierz Wiłkomirski, Maria Wiłkomirska, Bolesław Woytowicz, Mira Zimińska) traten in Restaurants, Cafés und in Privathäusern auf.[5] Es wurden auch patriotische Lieder, wie „Siekiera, motyka“, das bekannteste Lied aus dem besetzten Warschau, komponiert.[6][5] Jüdische Musiker (z. B. Władysław Szpilman) und Künstler traten ebenfalls in Ghettos und sogar in Konzentrationslagern auf.[7] Auch wenn viele von ihnen starben, konnten einige im Ausland überleben, wie etwa Alexandre Tansman in den Vereinigten Staaten und Eddie Rosner sowie Henryk Wars in der Sowjetunion.

Musik im Exil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele polnische Musiker waren im Ausland, außerhalb des besetzten Europas, tätig. Es gab Künstler, die für die polnischen Streitkräfte im Westen ebenso wie für die polnischen Streitkräfte im Osten auftraten. Zu den Musikern, die für das 2. Polnische Korps im Kabarett „Polnische Parade“ auftraten, gehörten Henryk Wars und Irena Anders.[8] Das beliebteste Lied der Soldaten, die unter den Alliierten kämpften war das „Czerwone maki na Monte Cassino“ (Der rote Mohn am Monte Cassino), das von Feliks Konarski und Alfred Schütz 1944 komponiert wurde.[9]

Zeitgenössische Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassische Musik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zeitgenössische polnische Musik wird von Stanisław Skrowaczewski, Roman Palester, Andrzej Panufnik, Tadeusz Baird, Bogusław Schaeffer, Włodzimierz Kotoński, Witold Szalonek, Krzysztof Penderecki, Witold Lutosławski, Wojciech Kilar, Kazimierz Serocki, Henryk Mikołaj Górecki, Krzysztof Meyer, Paweł Szymański, Krzesimir Dębski, Hanna Kulenty, Eugeniusz Knapik und Jan A. P. Kaczmarek repräsentiert.

Polski Jazz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jazz gehört zu den bevorzugten Musikrichtungen in Polen. Die polnische Jazz-Szene zählt zu den aktivsten in Europa.[10]

In der Zeit des Tauwetters der 1950er Jahre entwickelte sich der Jazz als eigenständiger Stil – „Polski Jazz“, zu einer wichtigen Musikrichtung des Landes. 1956 trat Krzysztof Komeda auf dem Jazz-Festival von Sopot erstmals vor einem großen Publikum auf. Er wurde zum Begründer einer polnischen Jazz-Tradition.[11]

Zum wichtigsten Jazz-Festival in Polen wurde ab 1958 das Warschauer Jazz Jamboree, das zunächst im Studentenklub "Stodoła" (Die Scheune) und ab 1965 im großen Kongresssaal des Warschauer Kulturpalasts stattfand, und wo schon zur Zeit der Volksrepublik Polen US-amerikanische Musiker wie etwa Miles Davis (1983) auftraten.[12] Großer Beliebtheit erfreut sich auch das Breslauer Festival Jazz nad Odrą. Legendär wurden auch Jazzclubs, wie Warschauer Hybrydy und Akwarium oder der Krakauer Club "Pod Jaszczurami".[11]

Polnische Jazzmusiker werden zu den besten Europas gezählt.[13] Zu den international anerkannten Vertretern des polnischen Jazz gehören Jazzmusiker wie: Tomasz Stańko, Zbigniew Namysłowski, Jan Wróblewski, Adam Makowicz, Michał Urbaniak, Vladyslav Sendecki, Urszula Dudziak, Leszek Możdżer, Andrzej Trzaskowski, Marcin Wasilewski, Zbigniew Seifert, Janusz Stefański, Leszek Zadlo, Vitold Rek, Mikołaj Trzaska.

Eine spezifisch polnische Erscheinung ist der sog. Yass, eine Mischung aus (Free) Jazz, Rock und elektronischer Musik, die in den 90er Jahren v. a. in Danzig und Bydgoszcz entstand und prägend für die Entwicklung der polnischen Jazz-Szene im 21. Jahrhundert war.

Volks- und Weltmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die polnische Folklore und Volksmusik wird noch in ländlichen Gebieten gepflegt. Diese Musik steht in direkter Verbindung zum Tanz, polnischen Bräuchen und Festtagen. Eine Besonderheit ist hier die Folklore der Goralen aus den bergigen Regionen Südpolens.

Die Weltmusik ist auch Teil der Kulturlandschaft in Polen. In den letzten Jahren zeichnet sich eine Wiederbelebung der Ethno-Musik in Polen. Die Folk-Gruppe Warsaw Village Band wurde 2004 bei den BBC Radio 3 Awards for World Music als bester Newcomer geehrt.[14]

Klezmer-Bands, wie Kroke, Cracow Klezmer Band oder Max Klezmer Band, versuchen die jüdische Tradition in Polen zu beleben und fortzusetzen.

Zu den polnischen Volksmusikinstrumenten gehören das Akkordeon, das Hackbrett cymbały, die Streichlauten suka, mazanki und złóbcoki, die Sackpfeifen kozioł, dudy und koza sowie die hölzernen Langtrompeten trombita und bazuna.

Popmusik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die polnische Popmusik erfreut sich einer großen Beliebtheit innerhalb Polens. Die englische Sprache spielt eher eine kleine Rolle in den Songs der polnischen Musikkünstler.

Gesungene Poesie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein typisch polnisches Genre ist die Gesungene Poesie (poezja śpiewana), deren Künstler Gedichte vertonen – sowohl eigene als auch die von bekannten polnischen Dichtern wie Julian Tuwim, Bolesław Leśmian oder Konstanty Ildefons Gałczyński. Musikalisch bedient sich die Gesungene Poesie der Elemente vieler Genres, insbesondere Jazz, Rockmusik, Folk und Chanson. Zu den bekanntesten Vertretern dieses Genres gehören Grzegorz Turnau, Marek Grechuta, Jacek Kaczmarski, Ewa Demarczyk sowie die Bands Stare Dobre Małżeństwo, Raz, Dwa, Trzy, Wolna Grupa Bukowina.

Disco Polo[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Disco Polo ist eine genuin polnische Variante des Euro Disco, die sich durch große Popularität in Polen auszeichnet. Die nahezu ausschließlich polnischen Texte behandeln meist auf einfache Weise Themen wie Liebe und Feiern; die Musik basiert auf einfachen, oft von der Volksmusik inspirierten Melodien, die mit Hilfe eines für die Disco-Musik typischen Instrumentariums gespielt werden.

Hip-Hop[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hip-Hop genießt in Polen eine große Popularität. Seit den späten 1990er Jahren gehört er fest zur polnischen Popmusik-Szene. Dabei haben sich über die Jahre verschiedene Strömungen herausgebildet. Zu den bedeutendsten Künstlern gehören Paktofonika, Peja, DonGURALesko, Fisz, O.S.T.R.

Heavy Metal[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Polen existiert eine bedeutende Metal-Szene, deren Vertreter teilweise international bekannt sind. Dominierendes Sub-Genre ist der Death Metal. Eine internationale Bekanntheit erreichten Bands wie Vader, Decapitated, Vesania, Hate, Trauma oder Behemoth.[15]

Musikveranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Timothy J. Cooley: Making Music in the Polish Tatras: Tourists, Ethnographers, and Mountain Musicians. Indiana University Press, Bloomington 2005 (Mit CD), ISBN 0-253-34489-1.
  • Anna Czekanowska: Polish Folk Music: Slavonic Heritage – Polish Tradition – Contemporary Trends. (Cambridge Studies in Ethnomusicology) Cambridge University Press, Cambridge 2006, ISBN 0-521-02797-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Brigitte Jäger-Dabek: Mehr als nur Chopin – Musik in Polen. Das Polen Magazin, abgerufen am 18. Dezember 2011.
  2. Olsak-Glass (1999), Originalzitat: „The prisons, ghettos, internment, transit, labor and extermination camps, roundups, mass deportations, public executions, mobile killing units, death marches, deprivation, hunger, disease, and exposure all testify to the ‚inhuman policies of both Hitler and Stalin‘ and ‚were clearly aimed at the total extermination of Polish citizens, both Jews and Christians. Both regimes endorsed a systematic program of genocide.‘“
  3. Piotr Wrobel: The Devil’s Playground: Poland in World War II. Abgerufen am: 5. November 2011.
  4. a b Anna Czocher: Jawne polskie życie kulturalne w okupowanym Krakowie 1939–1945 w świetle wspomnień. In: Pamięć i Sprawiedliwość. [o. Jg.]/7. 2005, S. 227–252.
  5. a b c Stanisław Salmonowicz: Polskie Państwo Podziemne. Wydawnictwa Szkolne i Pedagogiczne, Warszawa 1994, ISBN 83-02-05500-X, S. 252–256.
  6. Czesław Madajczyk: Polityka III Rzeszy w okupowanej Polsce. Tom II, Państwowe Wydawnictwo Naukowe, 1970, S. 132.
  7. Shirli Gilbert: VII Music in the Holocaust: Confronting Life in the Nazi Ghettos and Camps. Oxford University Press, Oxford 2005, ISBN 0-19-927797-4.
  8. Anna Cholewa-Selo: Muza i Jutrzenka. Wywiad z Ireną Andersową, żoną Generała Władysława Andersa. [Abgerufen: 5. November 2011]
  9. Brian O. Murdoch: Fighting Songs and Warring Words: Popular Lyrics of Two World Wars. Routledge 1990, 195.
  10. André Prager: Lässig, slawisch, hip: Polens Jazz-Szene lebt. ARD, 28. Oktober 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. Oktober 2011; abgerufen am 18. Dezember 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ard.de
  11. a b Polski Jazz: Ein Fenster zur Freiheit. Bundeszentrale für politische Bildung, 7. September 2009.
  12. Brigitte Jäger-Dabek: Polen – Eine Nachbarschaftskunde. Bonn 2006, ISBN 3-89331-747-3, S. 81–82.
  13. Bojan Krstulovic: Fenster zur Freiheit: Die polnische Jazz-Szene setzt in Europa deutliche Akzente. Tagesspiegel, 13. September 2011, archiviert vom Original;.
  14. BBC Radio 3: Awards for World Music 2004 – Winners & Nominees, abgerufen am 22. Dezember 2011 (englisch)
  15. Polen – Land des Death Metal. Newspoint.CC, 28. April 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Juli 2010; abgerufen am 18. Dezember 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.newspoint.cc
  16. haltestelle-woodstock.de (Memento des Originals vom 6. Dezember 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.haltestelle-woodstock.de
  17. Metalmania 2008 (Memento des Originals vom 5. April 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.festivalguide.de festivalguide.de
  18. Sunrise Festival Polen 2007 (Memento des Originals vom 18. Januar 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.festivalguide.de festivalguide.de