Nattwerder

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Wegweiser in die alte Heimat

Nattwerder ist ein Gemeindeteil des Ortsteils Grube[1] der Stadt Potsdam. Der Ort befindet sich im Nordwesten Potsdams zwischen Töplitz und Golm direkt an der Wublitz. Die Ortschaft hat etwa 40 Einwohner (2006).

Dorfkirche in Nattwerder

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da die Mark Brandenburg nach dem Dreißigjährigen Krieg vielfach entvölkert war, wandte sich 1683 der Kurfürst Friedrich Wilhelm hilfesuchend an die Stadtväter von Bern mit der Bitte, doch in der Landwirtschaft erfahrene Leute in die Mark zu schicken. Da sich die wirtschaftliche Situation um Bern nicht auf dem Höhepunkt befand und viel Not herrschte, kamen 14 Familien samt ihren Knechten und Mägden, insgesamt 103 Männer, Frauen und Kinder, am 18. Juni 1685 in die Mark und begründeten das Schweizer Kolonistendorf Nattwerder.[2] Der Kurfürst ließ ihnen das zum Kauf von Werkzeugen nötige Geld auszahlen, stellte ihnen das Saatgut für die erste Aussaat und gewährte für die Dauer von 30 Jahren die Befreiung von Abgaben.[2] 1768 wurde ein Schöpfwerk zur Entwässerung der umliegenden Moore eingerichtet.[2]

Die Siedler bewahrten lange ihre Eigenart, ihre Gebräuche und ihre Sprache. Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu Heiraten zwischen den „Schweizern“ und ihren Nachbarn.[2]

Verwaltungszugehörigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nattwerder war eine Gemeinde des Kreises Osthavelland. Am 1. April 1939 wurde der Ort in den Stadtkreis Potsdam umgegliedert. Am 25. Juli 1952 wurde er aus Potsdam wieder ausgegliedert und kam als Ortsteil zur Gemeinde Grube (damals Kreis Potsdam-Land). Schließlich wurde der Ort zusammen mit Grube am 26. Oktober 2003 nach Potsdam eingemeindet.[3] Er ist heute ein Gemeindeteil des Ortsteils Grube der Stadt Potsdam[4]. Kirchlich gehört Nattwerder zum Pfarrbereich Töplitz (Stadt Werder (Havel), Landkreis Potsdam-Mittelmark).[5]

Die Fußgängerbrücke über die Wublitz

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bereits im Jahr der Ankunft der Neusiedler, 1685, wurde die reformierte Dorfkirche in Nattwerder erbaut. Sie ist die älteste genutzte und erhaltene Kirche in Potsdam. Sie wird seit 2009 rekonstruiert.
  • Im Süden von Nattwerder befindet sich eine Fußgängerbrücke, die die Insel Potsdam mit der Insel Töplitz verbindet.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Dietmar Bleyl (Hrsg.): Nattwerder 1685–2010. 325 Jahre Besiedlung des Golmer Bruches. Verein Schweizer Kolonistendorf Werder e. V. Druckerei Rüss, Potsdam 2010.
  • Dietmar Bleyl: Die Schweizer Kolonisten im Golmer Bruch bei Potsdam. Das Schicksal einer reformierten Gemein(d)e (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, Bd. 76). Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-8305-5092-1 (online).
  • Frank Bürger: Mit Schweizer Flair. Die älteste Kirche Potsdams steht im geschichtsträchtigen Ortsteil Nattwerder. In: Die Kirche. 34/2009, 23. August 2009.
  • Hermann Fellien: Zur Ansiedlung der Kolonisten im Golmer Luch. In: Potsdamer Land 1959. Heimatkalender für den Kreis Potsdam. Hrsg. vom Rat des Kreises Potsdam in Verbindung mit dem Deutschen Kulturbund, Kreisleitung Potsdam-Land. 1959, S. 88–91.
  • Henning Heese: Schweizer Kolonisten am Golmer Bruch bei Potsdam. In: Der Landkreis Potsdam. Heimatkundliche und heimatgeschichtliche Beiträge. Hrsg. vom Kreisarchiv beim Landratsamt Potsdam. Heft 1, 1992, S. 54–62.
  • Petra Krimphove: Mit Schiff und Privilegien nach Deutschland. Swissinfo.ch. 2015.[6]
  • S. Knörrich: Die Schweizer. In: Walter Iwan (Hrsg.): Das Golmer Luch. (= Berliner Geographische Arbeiten. Heft 18). Kommissionsverlag von J. Engelhorns Nachf., Stuttgart 1939, S. 20–31.
  • Dieter Mehlhardt: Nattwerder: Dorfkirche. Ein Denkmal im Zeichen des 300. Jahrestages des Edikts von Potsdam. In: Brandenburgische Neueste Nachrichten. 11. Mai 1984.
  • Werner Schmidt (Hrsg.): Havelland um Werder, Lehnin und Ketzin. Ergebnisse der landeskundlichen Bestandsaufnahme in den Gebieten Groß Kreutz, Ketzin, Lehnin und Werder. (= Werte der deutschen Heimat. Band 53). Selbstverlag des Instituts für Länderkunde Leipzig 1992, ISBN 3-86082-014-1, S. 99 f.
  • B. Wallstabe: Nattwerder. In: Walter Iwan (Hrsg.): Das Golmer Luch. (= Berliner Geographische Arbeiten. Heft 18). Kommissionsverlag von J. Engelhorns Nachf., Stuttgart 1939, S. 32–37.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nattwerder (Potsdam) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Potsdam-Seite
  2. a b c d Bernd Giesen: Freie Menschen aus hohen Bergen. Nattwerder ist ein unscheinbares Fleckchen Erde in der Mark Brandenburg. Doch es hat eine ungewöhnliche Geschichte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Februar 2024, S. R3.
  3. Beitrag zur Statistik Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005 19.1 Brandenburg an der Havel, Potsdam, Frankfurt (Oder), Cottbus (PDF)
  4. Hauptsatzung der Landeshauptstadt Potsdam vom 11.11.2004 (PDF)
  5. Pfarrbereich Töplitz
  6. Petra Krimphove: Mit Schiff und Privilegien nach Deutschland. In: swissinfo.ch. Abgerufen am 9. März 2024.

Koordinaten: 52° 26′ N, 12° 56′ O