Nehru-Gandhi-Familie

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Die Nehru-Gandhi-Familie ist eine einflussreiche Politikerfamilie in Indien, der mehrere Premierminister angehörten. Trotz des Namens „Gandhi“ ist sie nicht mit Mohandas Karamchand Gandhi (dem „Mahatma“) verwandt. Die Namensgleichheit kommt durch Feroze Gandhi, der seinen Geburtsnamen „Ghandy“ änderte, als er sich der Unabhängigkeitsbewegung um den ähnlich genannten Mahatma anschloss.[1]

Familiengeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Nehru-Gandhi-Familie hat seit der Unabhängigkeit Indiens die Kongresspartei während der meisten Zeit ihrer Geschichte dominiert. Drei Familienmitglieder hatten das Amt des Ministerpräsidenten inne, ein viertes Familienmitglied verzichtete auf dieses Amt im Mai 2004.

Die Nehrus sind ursprünglich Brahmanen aus Kaschmir, so genannte Kashmiri Pandits. Die Fundamente ihres Einflusses wurden von Motilal Nehru (1861–1931) gelegt, der ein herausragender Anwalt und früher Aktivist der indischen Unabhängigkeitsbewegung war. Motilal war Präsident der Kongresspartei, sein Sohn Jawaharlal Nehru folgte ihm in dieses Amt 1929. Jawaharlal wurde daraufhin der prominenteste politische Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung. Er stand in engem Kontakt zum Aushängeschild dieser Bewegung Mahatma Gandhi, der aber nicht mit der Nehru-Gandhi-Familie verwandt ist. Diese auf einer bewussten Namensänderung begründete Namensgleichheit mit dem in allen indischen Gesellschaftsschichten hochangesehenen Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung ist für die Nehru-Gandhi-Familie von größtem politischem Nutzen gewesen. Der positive Klang des Namens Gandhi hat Millionen von Wählern beeinflusst.

Als Indien 1947 die Unabhängigkeit erlangte, wurde Jawaharlal Nehru Premierminister und blieb es bis zu seinem Tode im Jahre 1964. Nehrus Schwester, Vijaya Lakshmi Pandit (1900–1990) war ebenfalls eine prominente Politikerin der Kongresspartei und leitete als führende Diplomatin 1953 die Generalversammlung der Vereinten Nationen als Präsidentin.

Nehru unterstützte sein einziges Kind, Indira Gandhi, wo er es konnte, und holte sie in sein Kabinett. Indira hatte durch die Heirat mit Feroze Gandhi (1912–1960), einem Parsen, dessen Nachnamen erhalten. Im Jahre 1966, zwei Jahre nach dem Tode ihres Vaters und nach einem kurzen Zwischenspiel unter Lal Bahadur Shastri als Ministerpräsidenten, übernahm Indira den Posten ihres Vaters, den sie bis zu ihrer Wahlniederlage 1977 behielt. In dieser ersten Amtsperiode als Ministerpräsidentin brachte sie ihren Sohn Sanjay Gandhi in führende Positionen, was jedoch wegen Vorwürfen des Machtmissbrauchs auch ihres Sohnes zu ihrer Wahlniederlage 1977 beitrug. Sanjay, der Maneka Gandhi, eine Sikh, geheiratet hatte, starb bei einem Flugzeugabsturz 1980.

Indira Gandhi gelangte nach den Wahlen 1980 wieder an die Macht und blieb bis zu ihrer Ermordung 1984 im Amt. Nach dem Tode Sanjays baute sie ihren ältesten Sohn Rajiv Gandhi, der bis dahin wenig Interesse an der Politik gezeigt hatte und Pilot bei einer Fluggesellschaft war, zu ihrem Nachfolger auf. Dieser folgte ihr dann nach ihrer Ermordung auch problemlos in das Amt des Ministerpräsidenten. Rajiv Gandhi verlor die Wahlen von 1989 und damit auch sein Amt, hatte aber vor seiner Ermordung 1991 Aussichten, das Amt des Ministerpräsidenten wieder zu erlangen. Er hinterließ seine Frau Sonia Gandhi und seine beiden Kinder Rahul und Priyanka.

Arun Nehru, der Cousin von Rajiv Gandhi hatte nacheinander zwei Ministerposten im Kabinett von Rajiv inne, wechselte aber später zur konkurrierenden Bharatiya Janata Party (BJP).

Nach Rajivs Tod wurde die Kongresspartei von P. V. Narasimha Rao, einem langjährigen Vertrauten der Nehru-Gandhi-Familie, geführt, aber viele Loyalisten in der Partei wollten ein Mitglied der Nehru-Gandhi-Familie als Parteiführer. Vorsichtig begab sich Sonia Gandhi in die Politik und wurde schnell zur grauen Eminenz der Partei, bis sie 1998 offiziell die politische Bühne betrat und den Parteivorsitz übernahm.

Zwar verlor die Kongresspartei die Wahlen von 1999, aber Sonia Gandhi hatte der Partei neuen Schwung gegeben. 2004 gewann die Kongresspartei überraschend die Wahl, bei der auch Rahul Gandhi, der Sohn von Rajiv und Sonia, einen Sitz im Parlament errang. Sonia verzichtete unerwartet auf das Amt der Premierministerin, nachdem sie wegen ihrer italienischen Abstammung von verschiedenen Seiten angefeindet wurde.

Sanjay Gandhis Witwe Maneka Gandhi zerstritt sich nach seinem Tod mit ihrer Schwiegermutter Indira Gandhi und verließ die Kongresspartei. Sie schloss sich 1989 der Janata Dal an, wurde dort 1996 ausgeschlossen, und im Jahr 2004 traten sie und ihr mittlerweile erwachsener Sohn aus der Ehe mit Sanjay, Varun Gandhi, der Bharatiya Janata Party (BJP) bei.[2]

Stammbaum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 
 
 
Jawaharlal Nehru
1889–1964
 
 
 
Kamala Nehru
1899–1936
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Feroze Gandhi
1912–1960
 
Indira Gandhi
1917–1984
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Rajiv Gandhi
1944–1991
 
 
 
Sonia Gandhi
* 1946
 
 
Sanjay Gandhi
1946–1980
 
 
 
Maneka Gandhi
* 1956
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Rahul Gandhi
* 1970
 
 
 
 
 
Priyanka Vadra
* 1972
 
 
 
Varun Gandhi
* 1980
 
 
 
Indischer Nationalkongress (Namen ehemaliger Premierminister sind fett gedruckt)
Bharatiya Janata Party

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nehru-Gandhi-Familie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ramachandra Guh: India after Gandhi: The History of the World's Largest Democracy. Pan Macmillan, 2011, ISBN 0-330-54020-3, Kapitel 14 (Fußnote 2), S. 33 (google.co.in): „Feroze Gandhi was also from the Nehrus' home town, Allahabad. A Parsi by faith, he at first spelt his surname 'Ghandy'. However, after he joined the national movement as a young man, he changed the spelling to bring it in line with that of Mahatma Gandhi.“
  2. Maneka, Varun join BJP. The Hindu, 17. Februar 2004, abgerufen am 25. November 2016 (englisch).