Pierre Martin Ngô Đình Thục

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Pierre Martin Ngô Đình Thục

Pierre Martin Ngô Đình Thục (* 6. Oktober 1897 in Phu-Cam; † 13. Dezember 1984 in Carthage, Missouri, USA) war der erste katholische Erzbischof des 1960 neugeschaffenen Erzbistums Huế in Vietnam sowie einer der bekanntesten Vertreter des Sedisvakantismus.

Sein Name kombiniert westliche Namenstradition (Pierre Martin als Vornamen vor dem Familiennamen Ngô) mit der vietnamesischen (Đình Thục als persönliche Namen nach dem Familiennamen). Sein jüngerer Brüder war Ngô Đình Diệm, Präsident von Südvietnam (* 3. Januar 1901; † 2. November 1963).

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung und Tätigkeit in Vietnam[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Alter von 12 Jahren trat Thuc in das Vorbereitungsseminar von An Ninh ein, in dem er acht Jahre verbrachte. Danach studierte er Philosophie und Theologie am Seminar von Huế und wurde am 20. Dezember 1925 zum Priester geweiht. Nach einem kurzen Lehraufenthalt in Paris studierte Thuc bis 1927 an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, wo er Doktorate in Philosophie, Theologie und Kirchenrecht erwarb.

Am 8. Januar 1938 wurde er zum Apostolischen Vikar von Vĩnh Long und Titularbischof von Saesina ernannt und am 4. Mai vom Apostolischen Delegaten für Indochina, Antonio Drapier OP, als Hauptkonsekrator zum Bischof geweiht. Mitkonsekratoren waren der Apostolische Vikar von Saigon, Isidore Marie Joseph Dumortier, sowie der Apostolische Vikar von Bui Chu, Domingo Ho Ngoc Cân.

Am 15. März 1938 erteilte ihm Papst Pius XI. „außerordentliche Vollmacht“ mit folgendem Dokument:

„Plenitudine potestatis Sanctæ Sedis Apostolicæ deputamus in Nostrum Legatum Petrum Martinum Ngô-Dinh-Thuc Episcopum titularem Sæsinensem ad fines Nobis notos, cum omnibus necessariis facultatibus.“

„In der Vollgewalt des Heiligen Apostolischen Stuhles erteilen wir Unserem Legaten Petrus Martinus Ngô-Dinh-Thuc Titularbischof von Sæsina für die Uns bekannten Zwecke alle notwendigen Befugnisse.“

Hierdurch wurde Thuc insbesondere ermächtigt, notfalls Bischöfe ohne vorherige Konsultation des Heiligen Stuhles zu ernennen und zu weihen. Diese außerordentliche Vollmacht wurde von den Nachfolgern Pius’ XI. nie widerrufen.

Papst Johannes XXIII. erhob am 24. November 1960 das bisherige Apostolische Vikariat Huế zum Erzbistum und ernannte Thuc zum ersten Erzbischof. Im Verlauf der dritten Sitzungsperiode des 2. Vatikanischen Konzils wurde am 30. September 1964 der von ihm 1961 geweihte Bischof von Cần Thơ, Philippe Nguyễn Kim Diên zum Titularerzbischof von Parium ernannt und ihm als Koadjutor beigegeben.

Der Weg zum Sedisvakantismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da er mit den Änderungen des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht einverstanden war, verzichtete Thuc am 17. Februar 1968 auf das Amt des Erzbischofs von Huế. Durch den Vietnamkrieg war eine Rückkehr in seine Heimat ausgeschlossen. Papst Paul VI. ernannte Erzbischof Thuc am Tag seines Amtsverzichts zum Titularerzbischof von Bulla Regia.

Erzbischof Thuc lebte während der folgenden Jahre in einfachen Verhältnissen, zunächst in Italien, dann Frankreich. Dort kam er durch Vermittlung des Priesters Maurice Revaz mit der Palmarisch-katholischen Kirche um Clemente Domínguez y Gómez in Kontakt. Revaz war bis zu seiner Entscheidung für die Gruppe um Domínguez y Gómez als Professor für Kirchenrecht im Seminar der Priesterbruderschaft St. Pius X. von Erzbischof Marcel Lefebvre in Ecône tätig. Diese Tätigkeit musste er wegen seiner Unterstützung der Palmarier aufgeben.[1]

Erzbischof Ngô Đình Thục konsekrierte am 11. Januar 1976 den Laien Clemente Domínguez y Gómez und vier seiner Anhänger (darunter zwei ältere Diözesanpriester, einen Benediktiner und einen Laien) ohne päpstlichen Auftrag zu Bischöfen, womit Thuc sich die Exkommunikation als Tatstrafe zuzog. Spätestens nachdem die Gruppe um Domínguez y Gómez 1978 diesen zum „Papst“ ausgerufen hatte, brach Erzbischof Thuc alle Kontakte zu ihr ab und erklärte öffentlich, dass es sich bei den „Visionen“ von Clemente Domínguez y Gómez um falsche Erscheinungen handle. Kurzfristig schien es zu einer Annäherung mit dem Heiligen Stuhl zu kommen, denn 1977 hatte Papst Paul VI. die Exkommunikation von Thuc aufgehoben und ihn von kirchlichen Strafen absolviert. Doch scheiterte dieser Versöhnungsversuch letztlich an den offensichtlich unüberbrückbaren Differenzen.

Thuc zog nach Toulon, wo er in der Kathedrale als Beichtvater wirkte. Später vollzog er dort weitere unerlaubte Bischofsweihen:

  • Jean Laborie (1919–1996), Bischof der „Eglise catholique latine“, am 8. Februar 1977 (Rekonsekration sub conditione)
  • Jean-Marie Roger Kozik am 19. Oktober 1978 (Rekonsekration sub conditione)
  • Michel Guérard des Lauriers OP am 7. Mai 1981
  • Moisés Carmona und Adolfo Zamora am 17. Oktober 1981
  • Luigi Boni und Jean-Gérard Roux am 18. April 1982
  • Christian Marie Datessen am 25. September 1982 (Rekonsekration sub conditione)

Einige weitere Bischofskonsekrationen werden zwar behauptet, haben jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht stattgefunden. Am Tag der Weihe von Datessen veröffentlichte Ngô in München, wo ihn deutsche Sedisvakantisten um Reinhard Lauth betreuten, eine Erklärung, in der er die Sedisvakanz des Heiligen Stuhles behauptete und Johannes Paul II. als illegitimen Papst bezeichnete.[2]

Auf Einladung des Sedisvakantisten-Bischofs Louis Vezelis reiste Thuc Ende 1982 in die Vereinigten Staaten, wo er am 13. Dezember 1984 unter ungeklärten Umständen verstarb. Vom Heiligen Stuhl wurde in einer Pressemitteilung zu seinem Tod erklärt, dass Erzbischof Thuc am Ende seines Lebens seiner sedisvakantistischen Position abgeschworen habe.

Zur Gültigkeit der Bischofsweihen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf ausdrücklichen Auftrag von Papst Paul VI. veröffentlichte die Glaubenskongregation unter Präfekt Franjo Kardinal Šeper per 17. September 1976 ein Dekret betreffend einige unrechtmäßig vorgenommene Priester- und Bischofsweihen. In diesem Dekret wurden die entsprechenden Sanktionen gemäß CIC 1917, unter anderem die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation, festgestellt. Des Weiteren besagt das Dokument, dass die katholische Kirche die Gültigkeit der Weihen nicht anerkennt und die involvierten Personen als dem Stand zugehörig betrachtet werden, den sie jeweils vor dem Ereignis angehörten.[3]

Vom Heiligen Stuhl wurde Thuc latae sententiae exkommuniziert, was schuldhafte Begehung der Tat voraussetzt, die zur Exkommunikation führt. Zusätzlich wurden andererseits in Stellungnahmen die Bischofsweihen nicht nur als unerlaubt, sondern als möglicherweise ungültig bezeichnet, da Erzbischof Thuc als Konsekrator non compos mentis (also: nicht im Besitz seiner geistigen Kräfte) gewesen sei und daher mangels Zurechnungsfähigkeit das Sakrament nicht gültig habe spenden können.[4]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Oskar Schmitt: Ein würdiger Verwalter im Weinberg unseres Herrn Jesus Christus: Bischof Pierre Martin Ngo-dinh-Thuc, Norderstedt 2006, Books on Demand, ISBN 3-8334-5385-0

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Pitsch: Die ekklesiologischen Irrlehren von Marcel Lefebvre. Verax-Verlag, Müstair, 2008, ISBN 978-3-909065-29-5, S. 252f.
  2. Declaratio Petri Martini Ngô Đình Thục. (pdf, 611 kB) In: Einsicht 28 (1998). April 1998, S. 1–9, archiviert vom Original am 23. September 2015; abgerufen am 16. August 2019 (Faksimile dieser Erklärung mit Übersetzung).
  3. Franjo Šeper, Jérôme Hamer (Glaubenskongregation): Dekret betreffend einige unrechtmäßig vorgenommene Priester- und Bischofsweihen. In: vatikan.va. 17. September 1976, abgerufen am 27. August 2014 (zuerst veröffentlicht in AAS 68 (1976), S. 623).
  4. Anthony Cekada: The Validity of the Thuc Consecrations. In: traditionalmass.org. 1992, abgerufen am 16. August 2019 (englisch).