Nicholas Stern

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Nicholas Stern (2000)

Nicholas Herbert Stern, Baron Stern of Brentford CH (* 22. April 1946 in London) ist ein britischer Ökonom. Derzeit ist er Professor an der London School of Economics und berät die britische Regierung in Wirtschaftsfragen.

Herkunft, Ausbildung und akademische Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sein Vater, der Schreiner Adalbert Stern (geboren 1917 in Themar, gestorben 1992 in Davos), hatte im Januar 1939 Thüringen verlassen, nachdem seine Mutter Selma[1] zu Julius Moses nach Berlin, Bundesratufer 9 gezogen war – ebenso wie seine ältere Halbschwester Elli Bär[2] mit Artur Plaut.[3][4] Im Sommer 1940 in St Albans bei London aufgegriffen, reiste er auf der Dunera nach Sydney.[5] Zurück aus der Internierung heiratete er Marion Fatima Swann (1921–1993),[6] die Tochter von Naguime Sultan Pistzoff[7] und Schwester von Donald Ibrahim Swann.[8][9] Zu Nicholas’ Geschwistern gehört Richard D. Stern, der bis 2000 Vizepräsident der Weltbank war.[10][11]

Nicholas Stern studierte Mathematik an der Universität Cambridge und Volkswirtschaftslehre an der Universität Oxford, wo er 1972 zum Philosophiae Doctor promovierte. Danach war er über 20 Jahre als Wirtschaftsprofessor an verschiedenen Universitäten tätig: von 1970 bis 1977 an der Universität Cambridge, von 1978 bis 1987 an der Universität Warwick sowie von 1986 bis 1993 an der London School of Economics.

Nicholas Stern ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

Zeit bei der EBWE und der Weltbank[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1994 bis 1999 war er Chefökonom der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. In seiner Arbeit befasste er sich hauptsächlich mit Wirtschaftswachstum und -entwicklung. Durch ihn, und seinen damaligen Kollegen Horst Köhler, erlangte die Bank bei Finanzexperten eine hohe Reputation. In dieser Zeit schrieb er auch einige Bücher über Kenia und die Grüne Revolution in Indien.

Von 2000 bis 2003 war er Chefökonom der Weltbank.

Thesen zum Klimawandel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 30. Oktober 2006 veröffentlichte Nicholas Stern den Stern-Report, in dem er die wirtschaftlichen Folgen eines zukünftigen Klimawandels untersuchte. Der Bericht wurde im Juli 2005 von der britischen Regierung, im Speziellen von Schatzkanzler Gordon Brown, angefordert und sollte die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels behandeln, welche Herausforderungen er für die Wirtschaft mit sich bringt und wie man ihnen begegnen kann, sowohl in Großbritannien als auch weltweit.

Seine wichtigsten Aussagen in dem Bericht sind, dass man schnell handeln müsse, um die globale Erwärmung zu stoppen, da die wirtschaftlichen Kosten eines Klimawandels viel höher wären, als die wirtschaftlichen Einbußen, die durch ein rasches Eingreifen heute entstehen würden. Laut Stern müssten die Ausgaben für Forschung an Technologien zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes verdoppelt werden und sowohl reiche als auch arme Länder zusammenarbeiten, um den Klimawandel aufzuhalten.

Der CO2-Gehalt der Luft sollte bis zum Jahre 2050 unter 550 Teile pro einer Mio. Äquivalenzteile gehalten werden (2015: ca. 400 ppm, vor der Industrialisierung ca. 280 ppm). Dann könnten wir gerade noch mit den Folgen von weiteren 2–3 Grad Erderwärmung leben lernen. Dafür müssten wir nach seinem Modell ab sofort etwa 1 Prozent unseres Bruttosozialproduktes aufwenden. Diese Kosten wären weit geringer als die zu erwartenden Schäden durch Dürre, Hochwasser, Wind, Hitze oder Kälte und die dadurch ausgelösten globalen Völkerwanderungen. Das Abbremsen des CO2-Anstiegsprozesses würde für unsere entwickelten Volkswirtschaften aber eine 60–80-prozentige Reduzierung des CO2-Ausstoßes erfordern. Wir könnten nicht das Risiko eingehen und auf eine technologische Lösung wie zum Beispiel einen „CO2-Staubsauger“ hoffen. Sehr wichtig sei auch die positive Wirkung einer Wiederaufforstung. Auf jeden Fall müssten die Regierungen den CO2-Ausstoß mittels Steuern und Kontingentierungen drastisch verteuern, um den „katastrophalen Marktfehler“ zu beseitigen, dass CO2-Ausstoß zurzeit fast nichts koste.

2009 sprach sich Stern für einen Fleischverzicht aus Klimaschutzgründen aus.[12]

Mitglied des House of Lords[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 10. Dezember 2007 wurde er als Life Peer zum Baron Stern of Brentford, of Elsted in the County of West Sussex and of Wimbledon in the London Borough of Merton, erhoben und ist dadurch seither Mitglied des House of Lords. Im Parlament gehört er der Fraktion der Crossbencher an.

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Veröffentlichungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • The Economics of Climate Change: The Stern Review. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2007, ISBN 0-521-70080-9.
  • Der Global Deal: Wie wir dem Klimawandel begegnen und ein neues Zeitalter von Wachstum und Wohlstand schaffen. Beck, München 2009, ISBN 3-406-59176-0 (englisch: The Global Deal: Climate Change and the Creation of a New Era of Progress and Prosperity. 2009. Übersetzt von Martin Richter).
  • Nicholas Stern: Why Are We Waiting?: The Logic, Urgency, and Promise of Tackling Climate Change. MIT Press, Cambridge und London 2015, ISBN 978-0-262-02918-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nicholas Stern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Datei:ThemarStolpersteinMarkt8SternSelma.jpg
  2. Datei:ThemarStolpersteinMarkt8PlautElli.jpg
  3. Datei:ThemarStolpersteinMarkt8PlautArtur.jpg
  4. https://collections.ushmm.org/oh_findingaids/RG-50.150.0030_sum_en.pdf
  5. https://web.archive.org/web/20160916195035/https://s3-us-west-2.amazonaws.com/themar/2010/08/ShowImage.asp_.jpeg
  6. Marquis Who's Who, 1990; S. 1042
  7. Naguime Swann in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 20. Juni 2022 (englisch).
  8. Current Biography Yearbook, Band 31, S. 410
  9. Herbert Swann: Home on the Neva; 1968
  10. https://oralhistory.worldbank.org/person/stern-richard-d
  11. Mark Atkinson: World Bank accused of nepotism and corruption | Business. In: theguardian.com. 17. März 2000, abgerufen am 5. Februar 2024 (englisch).
  12. Robin Pagnamenta: Climate chief Lord Stern: Give up meat to save the planet, in: Times Online vom 27. Oktober 2009, abgerufen am 14. Januar 2010
  13. Nadine Michel: TU Berlin ehrt Klimawandel-Ökonomen Ehrendoktor Stern, in: die tageszeitung online (taz.de) vom 4. November 2009, abgerufen am 4. November 2009
  14. Leontief Prize for Advancing the Frontiers of Economic Thought. ase.tufts.edu, abgerufen am 12. Oktober 2015 (englisch).
  15. IfW ehrt Klimaökonom mit Bernhard-Harms-Preis. In: ifw-kiel.de. Institut für Weltwirtschaft, 6. Juli 2021, abgerufen am 12. August 2021.